Asquich gestorben. Einer der letzten liberalen Staatsmänner. Londo«. 1Z. Februar. Der liberale Politiker Lord Oxford(Asqutth) ist beute nach kurzer Krankheit fLwftrZhreukatarrh und Bronchitis) im Alter von 76 Jahren eines sanften Todes gestorben« * Als der englische Liberalismus auf dem Höhepunkt seiner poli- tischen Macht und intellektuellen Anziehungskraft stand, war Asquich noch ein junger Mann. Das war in de.t achtziger Jahren unter G l a d st o n e. Schon damals spielte Asquich, der 1886 mit 34 Jahren zum Abgeordneten gewählt worden war, eine politische Rolle. Im Jahre 183» wurde er zum ersten Male noch unter(Bkiih stone Mitglied einer liberalen Regierung, zunächst als Staatssekre- tär für Inneres. Seitdem gehörte er fast jeder liberalen Regierung an, 1962 bis 199Z als Säiatzkanzler und endlich 1968 als Mi- nisterpräsident. Zu dieser Zeit war aber der Stern des Liberalismus bereits im Sinken, während die Sonne der Arbeiterpartei immer schneller und gewaltiger ausging. Die Regierung Asquich konnte nur mit Hilfe der irischen Stimmen leben. Diese Hilfe wurde ihr aber gewährt als Preis für die Unterstützung der irischen Autonomiebestrebungen durch die liberale Partei. In diese Zeit fällt auch außenpolitisch der zweifellos aufrichtige Versuch der Regierung Asquith , zu einem freundschaftlichen Einvernehmen mit Deutschland zu gelangen. Das war der Zweck der Mis- sion des Kriegsministers Haldane nach Berlin . Die von Eng - länd vorgeschlagene Verständigungsfonncl für das beiderseitige sKottenoerhältnis 16 zu 19 scheiterte an dem größenwahnsinnigen Panzerschiffssinnnel der Wilhelm, Tirpitz und Konsorten. Von diesem Augenblick an näherten sich die Engländer wieder den Fran- zofen und suchten sie den Ausgleich mit Rußland . Die Regierung Asquith war reich an führenden Köpfen: sie umfaßte Männer wie Lloyd George , Churchill , Grey, Lord M o r l e y und andere, die es zweifellos aufrichtig vorgezogen hätten, den innner drohenderen Weltkrieg zu vermeiden. Als jedoch Deutschlaikd die belgische Neutralität verletzte, da körnte das Kabi- 'nett dem Druck der Konservativen und der öffentlichen Mei.rung nicht widerstehen. Nur einige Kabinettmitglieder wie Morley und Burns legten lieber ihre Aemter nieder, als daß sie ihve Zustim- nmng zu einem Kriegsbeschluß gaben, der ihrer Ueberzeugung nach nicht unbedingt notwendig war. Asquith selbst stand irnerlich diesen Pazifisten näher, aber er wurde mitgerissen durch die jüngeren Heißsporne wie Lloyd George und Churchill . Von diesem Augen- blick an war Asquith nur noch der Schatten eines Premier- Ministers. Lloyd George und Churchill fanden ihn„zu schlapp" und intrigierten gegen ihn: sie hetzten einen Teil der Presse gegen ihn auf, als er der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht wider- strebte. Anfang 1916 mußte Asquith nach achtjähriger Minister- Präsidentschaft zurücktreten, um Lloyd Gcarge Platz zu machen, der ein Koalitionskabinett mit dm Konservatwm bildete, an dessen Spitze er bis zum Sommer 1922 blieb. Seitdem ist Asquith nie wieder Minister gewesen. Sern berechtigter Groll gegen Lloyd George führt» sogar zu einer jähre- langen Spaltung zwischen den„echten" Liberalen, deren Führer er blieb, und den Koalitionsstberalen unter der Leitung von Lloyd George . Erst kurz vor den Wahlen vom Dezember 1923 wurde zwischm den beiden Rwalm Burgsriede geschlossm. Diese Aersöhming gab sogar der Lrderaien Partei vorübergehend neue Kraft. Aber sie war nur von kurzer Dauer. Denn in England kann jede Partei nur«inen Führer haben und der alte Streit brach nach langer Zeit von neuem au». Asquich hatte dos größere 2liffehsn. aber Lloyd George verfügte über die großer« Partsitasse. Ein« neue Spaltung schien unvermeidlich. Sie wurde aber dadurch vermieden, daß bei dm letzten Wahlen Asquich in seinem Wahl. kreis durch dm Arbeiterkandidaten besiegt wurde. Das war ihm zwar schon mehrmals passiert, aber immer wieder hatte man ihm schnell einen sicheren Ersatzwahlkreis zur Verfügung gestellt. Ans ferner letzten Niederlaz« im Herbst 1924 zog er jedoch als Zweiund- siebzigjähriger die Konsequenzm und er verzichtete auf jede weitere Kandidatur. Auf Vorschlag dar konservativen Regierung ernannte ihn der Kom'g zum Pear, und so wurde der neue Lord Oxford aud Asquith Führer der Liberalen im Oberhaus, während der jüngere Lloyd George enM-ch sein Ziel erreicht hatte: die alleinige Führerschaft in der liberalen Unterhausfraktion. Bei den Lords ist Asquich hin und wieder noch rednerisch ausgetreten und seine Aus- führungm wurden allgemein beachtet, aber das Schwergewicht des politischen Lebens liegt nun ernmal in England bei dm Erwählten des allgemeinen Wahlrechts. So verkörpert« Asquich in den letzten Monaten seines Lebens eigentlich nur noch die Erinnerung an dos Zeitalter des Liberalismus, zu dessm fähigstm, ehrlichsten und sympathischsten Köpfen er zählte. Mag auch der Zauberkünstler Lloyd George bei den nächsten Wahten von den unzähligen Fehlern der konservativen Reaktion profitieren und seine Partei vorüber- gehend wieder in die Höhe bringen, die liberale Epoche ist vorbei. Asquich ist ihr mit seinem Tode nur um einige Jahre vorangc- gangm. Das neue Zeitalter gehöht der Arbeiter. schast, dem Sozialismus.
Regierung Mowmkel. Wieder oia Minderheitskabinett in Tlorwegeo. Oslo , 13. Februar.(Eigenbericht.) Die neue norwegische Regierung Mowinkel ist am Montag vom König ernannt worden. D«r Führer der radikalen Linken Mo» winkel übernimmt neben dem Ministerprästdium gleichzeitig das Auswärtige Amt. Das neue Kabinett, das sich ebmfalls nur auf eine Minderheit im Parlament stützt, wird dem Stor- thing am Donnerstag fein Programm mitteilen. Oer Wahlkreis des Kriegsmmiflers. Vicht bei der IriedeuSstadt. Parks, 13. Februar.(Eigenbericht.) Der französische Kriegsminister Painlevä. der seine San- didatur zur Kammerwahl im Wahlkreis Cannes (Riviera) schon nach seiner ersten Propagandarede zurückgezogen hatte, hat sich nunmehr bereit erklärt, ein Angebot des radikalen Parteioerbandes im Departement Am anzunehmen. Dies Departement liegt un- mittelbar an der Schweizer Grenze bei Genf . Madrid verbietet katalaalsches Predigen. Die Regierung hat dre Sirchenpredigten in katalanischer Sprache verboten. Diesem Verbot sitzt der Erzbischof vm, Barcelona . k�bst eis Katalane, de« heftiglte» Widerstand entgegen.
Behütete Jugend.
»Skandalös, diese Arbeiterjugend, Zungen und Mädchen durcheinander. Meine Liebe, da heißt es, seine eigenen Kinder streng fernhalten, damit sie von diesen Proletarierkindern nicht verdorben werden.�
Sozialdemokratie fiirLandwirischast Vorschläge der Reichstagsfraktion zur Behebung der ländlichen Notlage.
Die sozialdemokratische Reihstagsftaktion hat zum Etat des Reichsministerrums folgend« Entschließung beantragt: Der Reichstag wolle beschließen, die Reihsregierung aufzufordern, im Hinblick auf die Notlage in einem Teil der landwirt - schaftlichen Betriebe folgende Maßnahmen zur Hebung der land - wirtschaftlichen Produktion zu erwägen und dem Reichstag ent- sprechend« Gesetzesvorschläge zu unterbreiten: 1. An Stelle der Getvcidezölle ein ReUhsmouopol für die Ein- fuhr und Ausfuhr von Getreide und Mühleaprodukle« einzuführen. Für die Prerspalitik dieses Monopols durch ein Reichs gesetz bin- dende Richtlinien auszustellen, die dem Erzeuger ehren angemessenen Ertrag seiner Arbeit und einen Ersatz siiner Aufwendungen sichert, ohne daß dem Verbraucher unnötige Lasten auferlegt werden. Die Monopowerwaltung»nt dem Rechte auszustatten, ausländisches Ge» treibe zollfrei einzuführen: sie soll oerpflichtet sein, auch inlän- d i s ch e- Getreide zu erwerben, soweit dies zur Sicherung der in- ländischen Erntebewegung und zur Stabilisierung der Inlandspreise erforderlich ist. 2. Alle Futtermikkelzöllc aufzuheben. 3. Bestrebungen zu fördern, welche auf Grund fachmännischer und sorgfältiger Prüfung die Ouallkälsoerbeffenmg und die Stau- dardlfierung der landwlrischas flichen Produkte bezwecken. 4. Zum Zwecke der Verringerung der Spann« zwischen Cr- zeuger- und Verbraucherpreis einzutreten für Unterstützung schon bestehende? und Gründung neuer Erzeuger-, Absah, und Per- brauchergenossenschafleu. Bestrebungen zu unterstützen, die durch Selbsthilfe bäuerlicher Betrieb« rationelle Technik in der Betriebs- führung zur Anwendung bringen. S. Die Milch- und Viehwirtschaft und der Moltereibetrieb sind im genossenschaftlichen Zusammenschluß zu fördern und betriebstechnisch auf eine höhere Stufe zu bringen. 6. Die Gemüsekultur zu fördern, insbesondere dann, wenn es sich darum handelt, den Ertrag zu steigern und Früherzeugniss« zu erlangen. Im O b st b a u muß das Streben dahin gehen, durch die Auswahl einiger für unser Klima geeigneter Sorten den Ertrag und die Aufnahmefähigkeit des Marktes zu erhöhen. 7. Bereitstellung öffentlicher Mittel für Meliorationen, Oedlandtultur und alle geeigneten Maßnahmen zur Besse- rung der Wasserwirtschaft. 8. Um in der Betriebsfllhrung die Landwirffchqft zu den höch- sten Leffwngen zu bringen, ist der Ausbau der landwirtfchafMcheu Schulen, der Zwang zum Besuch der Schulen, die Betehrung durch Wandervorträg« zu verlangen. In der praktischen Ausübung ist die Bildung von Ringwirtschaften und weiwerzweigten Beispielwirtschaften zu bevorzugen. 9. Staatliche und genossenschaftlich« Dersichenmg gegen Der- luste bei Viehseuchen und anderen Sachschäden in Verbindung mit einer Gefahrengemeinschaft Wer das ganze Reich.
19. Eine öffentlich« Kontrolle über die Erzeugung und den Bertrieb der für die Landwirtschaft erforderlichen P r o d u k t i on s- mittel einzuführen, besonders für Kunstdünger, Saatgut und landwirtschaftliche Maschinen mft dem Ziel, dadurch die Verbilligung der wichtigsten landwirtschaftlichen Produktionsmittel zu erreichen. 11. Bei übermäßiger Verschuldung landwirtschaftlicher Großbetriebe für den Ankauf durch Reich oder Länder aus der Gruüdlage des Steuerwertes zum Zweck« der Siedlung ein- zutreten. Weitergabe des Besitzes.zur bäuerlichen Sied« l u n g in Erbpacht mit der Sicherung, daß der neue Besitzer bei der eventuellen Abgabe des Besitzes mir die Berechnung eigener Auf- wendunzen beanspruchen kann, nicht aber einen Spekulationsgewinn. 12. Di« Pächter durch ein Gesetz gegen zu kurze Pacht- fristen, gegen willkürliche Kündigung und gegen Pachtwucher zu schützen. Der Nutzen, den sie durch eine besser« Bodenkultur dem Besitz gegeben haben, muß ihnen bei Aufgabe der Pacht ersitzt werden. 13. Vereinfachung des Steuersystems: öffantlichc Aus, läge der Steuerlisten. 14. Reichszesetz für die Errichtung van Landwirtschofts» ka m m e r n. die eine gleichmäßig« Vertretung aller land Wirtschaft- Lchen Berufsstände aufnehmen, und zwar in der Weise, daß Ilmer- nehmer und Arbeiter in gleicher Zahl vertreten sind unter Berück« sichitigung der Betriebsgrößen bei der Vertretung der Unternehmer. IS. Bau von Landarbciterwohnungen, in erster Linie Mietwohnungen, aber auch Eigenheime der Landarbeiter. Beim Besttzwechsel landwirtschaftlicher Unteritehnrungen ist der Staatszuschuß abzulösen, der zum Bau von Landarbeiterwohnun- gen gegeben wurde, die im Besitz des Unternehmers bleiben 16. Der Abwanderung aus den landwirtschaftlichen Betrieben zu begegnen durch Ausdehnung der bäuerlichen Sied- lung und durh Hebung der sozialen Lage de? Land- arbeite?. Es muh die Stellung des Landarbeiters in der Gesetzgebung gleich sein der der übrigen Arbeiter und de? Lohn sich' über das Niveau des gegenwärtigen Zustandcs erheben. Jnsbeson- dere ist der Abschluß von Tarifverträgen filr die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter zu fördern. » Um die deutsche Schweinezucht zu fördern und die Ausfuhr von Schweinefleisch zu ermöglichen, hat die sozialdemo- kratische Reichstagsfraktion beantragt, daß diejenigen Mengen von Futtergetreidc, die zur Erzeiigung des ausgeführten Schweinefleisches erforderlich sind, zollfrei eingeführt werden dürfen. Der Antrag bezweckt also, die Belastung der Schweinezucht durch den Zoll auf Futtermittel zu beseitigen. »■■»»»»»»■»■■»■—' r i i—
„Ich bin nur ftoh.. Schlange von Schöningen windet sich durch. In die Zeit der Abstimmung über die Dawe»»Gesetze wurde kürzlich durch einen Beleidigungsprozeß zurückgeführt, den der v S l- tisch« Abg. von Graefe gegen einen deutschnationalen Parteiredner aus Mecklenburg angestrengt hatte� Bei der Gelegen- heit wurde auch der deutschnationale Abg. Schlange-Schönin- gen über gewisse Vorgänge in der„Fraktion Mampe" vernommen, und er mußte unier seinem Zeugeneide zugeben, daß er unmittel- bar nach der halbbierten Abstimmung seiner Fraktion erklärt Hab«: „Zch bin nur froh, daß genügend 3a- Sager da waren und ich mir das Nein leisten konnte!" Freilich wollte Schlange-Schöningcn als Zeuge diese Redensart nur als„Scherz" gelten lassen. Mer der mecklenburgische Richter hat sie doch sehr e r n st genommen, denn er riet— wie im Graefe» Blatt zu lesen— dem beklagten Deutschnationalen zu einem Der- gleich, weil e$„doch[ehr peinlich w«deck könnte, wenn die
Angelegenheit Schlange nach dessen Aussagen noch weiterim einzelnen verhandelt werden müßte." „Ich bin nur ftoh..." ist die Parole der Deutschnationalen , nicht nur beim Dawes-Gesetz, sondern auch bei dem Älufwertungs- schwindet und dem Antikarsergesetz:„Ich bin nur froh, daß genügend Jasager da waren, damit— Ich mir dos Nein leisten konnte." Ei.ie wundervolle Partei mit solchen wundervollen Grundsätzen!
Fabrikfeuer in Charlottenburg . Vier Löschzüge der Feuerwehr wurden gestern abend gegen 22 Uhr nach der Murchstraße 23 in Eharlottenburg gerufen. Dort war in der vierten Etage des Onerqebäudes in der Schmelzerei einer Moschmcnfabr'k aus noch unbekannter Ursache Feuer ausgebrochen, das sich in kurzer Zeit auf die anschließenden Räume ausbreitete. Di« Feuerwehr gab aus zahlreichen Schlauchleitungen großm Kalibers Wasser. Nach etwa zweistündiger Tätigkeit war die Gefahr de seitigt. Der Schaden ist hoch.