Rr. 81 45. Jahrgang
2. Beilage des Vorwärtsreits 17. Februar 1925
Abrechnung mit der Volkspartei.
Innenminister Grzesinski über die Politik der Preußenregierung.
Der Preußische Landtag fezte in feiner Sizung vom Donnerstag die Beratung des Etats des Ministeriums des Innern fort.
Abg. Dr. v. Ennern( D. Vp.): Die Rede des Ministers Grzesinsti auf dem Preußentag der Sozialdemokratie zeigte in der Bersonalpolitik das nackte Machtstreben seiner Bartel. Die Flaggenverordnung hat brutal in die Selbstverwaltung der Gemeinden eingegriffen. Jetzt wollen die Koalitionsparteien den Gemeinden gar noch vorschreiben, wie sie Straßen und Plätze zu beflaggen haben. Die Freiheit der Beamten wird verfassungswidrig beschränft, so hat man ihnen verboten, in den Ausschuß für das Schlageter Denkmal einzutreten. Dabei tut dem deutschen Bolte nichts mehr not, als Nationalhelden aus Deutschlands schlimmster Zeit, der Nachkriegszeit, Nationalhelden von der Art Schlageters zur Erhebung und Kräftigung der deut schen Nation.( Lebhafter Beifall rechts, Lachen und Unruhe links.)
Alle hier im Hause vorgebrachten Beschwerden sind bereits einmal im Hauptcusschuß vorgetragen worden. Soweit sie be= rechtigt waren, find sie längst abgestellt. Aber mein Verbot an die Staatsbeamten, dem Schlageter- Ausschuß beizutreten, bleibt beſtehen.( Bravo ! links.) Ich bin ja nicht daran schuld, daß selbst an sich berechtigte und vertretbare Empfindungen von gewissen Kreisen stets ins völkisch- nationalistische Fahr masser geleitet werden. Heute sind die Schlageter- Ausschüsse jedenfalls einseitig rechtsradital, ein Sammelbeden aller derer, die den heutigen Staat auch mit Gewalt stürzen wollen. ( Sehr wahr lints, große Unruhe und lauter Widerspruch rechts.) In diesen Kreisen haben die politischen Beamten des Freistaates Preußen nichts zu suchen.( Bravo ! lints, große Unruhe rechts.) Ich werde die preußischen Beamten nicht der Gefahr aussehen, daß es ihnen ergeht, wie dem Regierungspräsidenten von Düsseldorf im Jahre 1923, als er am Sarge Schlageters einen Kranz mit schwarzrotgoldener Schleife niederlegen ließ und ihn mit den Worten zurückbekam:
,, Annahme verweigert. Zur Verwendung beim Begräbnis der deutschjüdischen Republik. In wonniger Erwartung des Tages.- Der Denkmalsausschus." ( Lebhaftes Hört! hört! links) Die meisten preußischen Beamten haben übrigens Taft genug gehabt, schon vor meinem Erlaß jede Berührung mit diesen Kreisen abzulehnen. Wenn mun die Rechtsa parteien darüber klagen, auf die preußischen Beamten werde ein unerhörter Druck ausgeübt, so finde ich das einfach komisch. ( Unruhe rechts.) Die Beamten haben jetzt volle Koalitionsfreiheit und volle Freiheit der politischen Betätigung.
Das
Aber wie sah es im alten fonfervativen Staat aus? Ministerium Bismard hat im Jahre 1873 zwei Landräte zur Disposition gestellt, weil preußische politische Beamte als Abgeordnete nicht wichtige Vorlagen der Regierung bekämpfen dürften. Den gleichen Grundsatz hat eine Botschaft Wilhelm I. und ein Beschluß des Staatsministeriums von 31. August 1899 aufgestellt: der Dienfteid der Beamten verpflichte sie zur Unterstützung der Regierung, auch bei den Wahlen.( Hört! hört! links.)
Noch im Jahre 1916 ist Regierungsrat Bartels von einer Beförderung ausgeschlossen worden, weil er fich bei den Reichstagswahlen zu weit nach links vorgewagt hätte er hatte nationalliberal gewählt. ( Große Heiterkeit! links.)
Bei dieser Sachlage sollten die Deutschnationalen von politischer Bedrückung der preußischen Beamten lieber nicht reden. Die Herren der Rechtsparteien werfen mir lebergriffe gegen die Selbstverwaltung vor. Auf der anderen Seite machen fie mich für die sogenannte Lurusausgaben der Städte verantwortlich und fordern llebergriffe gegen die Selbstverwaltung. Die Beschwerde des Abgeordneten v. Ennern gegen die Flaggen notverordnung verstehe ich nicht. Die Notverordnung ist nur die wörtliche Wiederholung eines Erlasses, dem im Jahre 1922 die volteparteilichen Minister von Richter und Bölih zugestimmt haben. ( Stürmischer Widerspruch rechts, insbesondere des Abg v. Richter.) Der Erlaß von 1922 sprach auch einen 3wang gegen die Gemeinden aus. Bei Verfassungsfeiern und anderen amtlichen Anlässen die Reichsfahne zu zeigen.( Erneuter lebhafter Widerspruch rechts.) Uebrigens wäre das in der ganzen Welt eine Selbstverständlichkeit; nur deutschnationale Kreise befißen die Schamlosigkeit, zur Nichtachtung der deutschen Reichsfarben aufzureizen.( Stürmischer Beifall links, großer Lärm rechts.)
Herr v. Eynern hat die Hauptschuld an den Konflikten mit dem Reich Preußen zugeschrieben. Will er das im Fall Luther oder im Fall der steuerlichen Sonderbegünstigung Bayerns wirklich aufrechterhalten? Ich höre aus diesen Bor würfen nur die But der Rechtsparteien heraus, daß auch ihr Eintritt in die Reichsregierung ihnen teinerlei Einfluß auf die preußische Staatsregierung verschafft hat.( Sehr gut! lints.) Wir werden ganz ruhig abwarten, ob nach dieser kurzfristigen Rechtsregierung im Reich die Neuwahlen diesen Herrschaften ein Wiederfommen ermöglichen.( Bravo ! lints, Unruhe rechts.)
Meine Personalpolitif ist durchaus loyal und objektiv. ( Lachen rechts.) Die Beamten des neuen Volksstaates bedürfen vor allem des Vertrauens der Bevölkerung. Der alte Staat hat nicht nur die Arbeiterschaft, sondern auch das liberale und katholische Bürgertum von der Verwaltung ausgeschlossen. In den Kreisen mit Rechtsmehrheit wird mir auch der fachlichst geeignetefte Demokrat oder Sozialdemokrat als Landrat abgelehnt. Danach sind die Deutschnationalen die Letzten, die mir den Vorwurf parteipolitischer Auswahl der Beamten machen dürften.( Sehr gut! links.) Gerade aus der Statistik, die ich auf dem Preußentag verlesen habe, geht hervor, daß der Anteil der Deutschen Volkspartei an der politischen Beamtenschaft ganz unverhältnismäßig groß ist.
Wenn die Volkspartei aber jetzt nicht einmal mehr die Reichsfahne geachtet sehen will, fann das unsere Neigung nicht verstärken, die Deutsche Volkspartei je wieder in der preußischen Regierung zu sehen. ( Große Bewegung, lebhafter Beifall links.)
Im Fall Claas hat das Reichsgericht ausdrücklich ausgesprochen, daß der Verdacht des Hochperrates bestehen bleibe. Das Reichsgericht hat insbesondere festgestellt; daß Claas den General v. Seeft für ein hochverräterisches Unternehmen vergeblich zu gewinnen verfucht hat. Das Borgehen der Bolizei war daher durchaus berechtigt.( Lärm rechts.) Im Gegensatz zu den Rednern der Rechtsparteien, ist es mir mit der Auflösung der Gutsbezirte eilig, und glücklicherweise entscheidet darüber end gültig das Staatsministerium, und nicht der Wille der Rechtsparteien.( Braco linfs.) Zum Schluß verlese ich bie Flaggenper ordnung, die im Jahre 1922 die Zustimmung der damaligen Minister 1. Richter und Böliz gefunden hat. Nach einer Einleitung, in der ausgeführt wird, daß alle, die das Baterland ehrlich lieben und an jeiner Wiederaufrichtung ehrlich mitarbeiten wollen, die Reichsflagge
achten müssen, fährt der Erlaß fort: Es wird daher angeordnet, daß sämtliche Gemeindegebäude am 11. Auguft in den Reichsfarben zu flaggen haben." Wenn jetzt die Volksparteiler noch bestreiten; daß sie in genau derselben Weise in die Selbstverwaltung eingegriffen haben wie die Notverordnung, dann sind die Herren um ihre Eisenstirnigfeit nicht zu beneiden.( Lebhafter Beifall links, andauernde Unruhe rechts.)
Abg. Schwenk- Berlin ( Komm.) führt Klage über die Nichtbestätigung fommunistischer Gemeindevorsteher durch einzelne Regierungspräsidenten. Der sozialdemokratische Minister sichere in Wahrheit nur die Hertschaft der Bourgeoisie und Reaktion.( Lachen bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Dr. Grzimit( Dem.): Nach den Proben der Personalpolitit, welche die Deutschnationalen im Reiche gegeben haben, sollten fie von diesem Kapitel schweigen. Der Gedanke des Einheitsstaates marschiert, auch wenn das Zentrum mit Rücksicht auf die Bayerische Boltspartei abgeschwenkt ist. Der radikalfte Unitarist ist jedenfalls der Zentrumsminister Dr. Brauns mit seiner Reichsarbeitsverwal tung.( Sehr wahr! links.)
Regierungsrat Fauft beantwortet im Auftrage des Ministers die große Anfrage der Sozialdemokraten über das Eindringen des RWE. ins Saarrevier. Geschäftliche Gesichtspunkte dürften nicht
ausschlaggebend sein, das RWĘ. dürfe si v seiner nationalen Ber
antwortlichkeit nicht entziehen.
Abg. Jordan( Wirtschaftsp.): Wir lehnen den Einheitsstaat entschieben ab. Wir wollen im Gegenteil die Steuerhoheit der Länder wieder herstellen. Im übrigen verlangen wir völlige Aufhebung der Polizeistunde.
Abg. Bok( Völt.): Die Rede des Ministers gegen Schlageter hat uns empört.( Buruf links: Aber voltische Schweinehunde haben ihn verraten!) Das Ministerium des Innern ist total verjudet. Abg. Biester( D. Hannov.): Hannover war im alten und im neuen Preußen zurückgesezt.
Ministerialdirektor Dr. v. Leyden erklärt, daß die Sonder fonds in der Brandenburgischen Brovinzialverwaltung etatwidrig feien; aber für strafbaren Eigennutz habe sich kein Anhalt ergeben.
Abg. Steuer( Dnat.) verlangt Eingreifen des Ministers gegen die unerhörte Korruption in der Stadtverwaltung von Berlin . Die Demokraten sollten nicht so viel von Republik reden; die Kaisergeburtstagsreden von Koch- Weser seien ein in poetische Form zufammengedrängter Schrei nach dem Kronenorden gewesen Die weitere Debatte wird auf Freitag mittag 12 Uhr pertagt.
Siedlung und Landflucht.
Die Agrardebatte im Reichstag.
Rückgang der Saisonarbeitslosigkeit.
Die Arbeitslosigkeit in den Gewerkschaften.
Nach den Ermittlungen des Allgemeinen Deutschen Gewerf, schaftsbundes stellte sich Ende Januar 1928 bei 10 259 berichtenden Zweigvereinen( im Dezember 10 085) mit 3836 898 Mitgliedern ( 3 747 013), die Zahl der Arbeitslojen auf 437 442( 484 502) oder in Prozenten der Mitgliederzahl auf 11,4( 12,9) und der Kurzarbeiter auf 133 338( 112 618) bzw. 3,5 Pro3.( 3,0).
Die höchsten Prozentziffern der Arbeitslosenzahl( in Prozenten der Mitgliederzahl) sind festzustellen bei: Dachdeckern 56,8 ( 66,1), 3immerern 40,0( 35.2), Baugewertsbund 36,8 ( 52,7), Steinarbeitern 20,5( 32,0), Malern 31,3( 31,4), Gärtnern 28,5( 33,8), Hutarbeitern 23,3( 30,0), Sattler, Tapezierer und Portefeuillern 17,2( 15,2), Fleischern 16,5( 17,6), Beklei dungsarbeitern 15,9( 15,3).
Bei den Kurzarbeitern erreichen die Höchstziffern: Schuhmacher mit 19,8( 26,6), Sutarbeiter mit 13,7( 16,3), Bekleidungsarbeiter mit 12,1( 10,7), Saftler, Tapezierer und Portefeuiller 11,4 ( 8,2), Lederarbeiter 10,3( 6,1).
Nachstehende Tabelle gibt eine Uebersicht über die Gestaltung der Arbeitsmarktlage hinsichtlich der Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit feit Anfang 1927 nach den Ermittlungen des ADGB. in den ihm angeschloffenen Gewerkschaften.
Monat
Februar 1927 März
April Mai Juni. Juli
August September Oktober
November.
Dezember
Januar 1928.
Arbeitslose Kurzarbeiter in Proz. in Proz
15,9
5,7
11,8
4,3
9,0
3,0
7,1
2,8
6,4
2,6
5,6
2,6
5,1
2,8
4,7
2,4
4,6
2,0
7,6
2,1
12,9
3,0
11,4
3,5
Aus diesen Zahlen geht flar hervor, daß die starke Arbeitsa losigkeit Saisoncharakter trägt und mit dem Nachlassen des Frestes ganz automatisch zurüdgeht. Daneben besteht allerdings in einigen Berufen eine anormal hohe und hartnäckige Arbeitslosigkeit, vornehmlich in der Bekleidungsindustrie, was zurückzuführen ist auf die Auswirkung der Saisonarbeitslofig. feit, die Rationalisierung und das Zurückbleiben der Kauffraft gegen. über der Produktivität. Besonders die lettere Tatsache zeigt, wohin. die Unternehmer steuern, wenn sie sich dagegen wehren, daß die Löhne auch der gesteigerten Produktivität angepaßt werden.
Generalversammlung der Schuhmacher.
Die Berliner Schuhmacher hatten am Donnerstag im Gewerfe Im Reichstag richtete Abg. Stoeder( Komm.) vor Eintrittschaftshaus ihre ordentliche Jahresgeneralversammlung. Der Bevoll in die Tagesordnung an das Haus die Frage, ob dieser Reichstag mächtigte or erläuterte den gedrudt vorgelegten Bericht für das noch fortbestehen oder ob er gleich aufgelöst werden solle. Bir Geschäftsjahr 1927 unter besonderer Berücksichtigung der einzelnen fordern die Beratung unseres Antrags, der die Auflösung des Branchen. Reichstags verlangt.
Gegen die sofortige Beratung des Antrags wird aus der Bayer. Bolkspartei Widerspruch erhoben, so daß der Antrag heute nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden fann,
Die zweite Beratung des Haushalts des Reichsarbeitsministe riums wird fortgefeßt beim Kapitel 28ohnungs und Sied lungswesen.
Abg. Bülow( Soz.)
beantragt die Einstellung von 5 Millionen in den Etat zur Förderung der Landarbeitersiedlung für Zinsverbilligung bei Aufnahme von Baudarlehen. Er stimmt der vom Sieblungsausschuß eingebrachten Entschließung zu, die staatliche Förderung der Siedlung verlangt. In einer sozialdemokratischen Entschließung wird eine Frachtverbilligung für die für Siedlerbauten bestimmten Baumaterialien gefordert. Die Wirtschaft vieler staatlich subventionierter Siedlungsgesellschaften sei unter aller Kritil. Hier müsse eine strengere Aufsicht einfegen.
Abg. Jäder( Soz.)
kritisiert die Löhne der Landarbeiter, die viel zu niedrig seien Auch die Mihhandlung von Landarbeitern fomme noch oft genug vor. Der Redner forbert in einer Entschließung Maßnahmen, um der Landflucht der Landarbeiter und ihrer Berdrängung durch ausländifche Banderarbeiter mittels Verbesserung der Lohn, Wohnungs- und Arbeitsverhältnisse für die einheimische Landarbeiterschaft entgegenzuwirken.
Abg. Bed- Oppeln( 3tr.) begründet Entschließungen, in denen verlangt wird, daß die subventionierten Siedlungs= gesellschaften bis zum 1. Juli eine genaue Geschäfts. übersicht für das abgelaufene Kalenderjahr vorlegen. Auf die Länder soll dahin eingewirkt werden, daß fie ihre Siedlungskredite zu den gleichen Bedingungen gewähren wie die Reichskredite. Abg. Westermann ( D. Bp.): Mit Krediten allein fönne die Siedlung nicht gefördert werden, denn die auf der Landwirtschaft im allgemeinen liegende Zinsenlast drücke noch in stärkerem Maße die Siedler. Den Siedlern müßten 90 Proz. des kapitals zinslos gegeben werden.
Ein deutschnationales Geständnis.
Abg. Behrens( Dntl.) wendet sich gegen die Ausführungen des Abg. Jäcker, die viele Uebertreibungen enthalten hätten. Gewiß feien viele Candarbeiterwohnungen in sehr schlechtem Zustand: aber die Schuld daran trage zum großen Teil die preußische Regierung,(!!) die niemals ausreichende Mittel für den Wohnungsbau auf dem Lande zur Verfügung gestellt habe. Die Verbesserung der Landarbeiterwohnungen werde erst möglich sein, wenn die Wirtschaftlichkeit des Landwirtschaftsbetriebes gesichert wird.
Abg. Puh( Komm.) erklärte, die fozialdemokratischen Berbesserungsanträge seien nicht ernft zu nehmen, denn die unter dem maßgebenden sozialdemokratischen Einfluß stehende preußische Regierung habe auch feine befriedigende Siedlungspolitik getrieben. Abg. Meyer- Hannover ( W. Bgg.) wünscht die Unterstellung des Siedlungswesens unter die Zuständigkeit des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Am besten gehe es voran in den fleineren Ländern, während das große Preußen bisher wenig Erfolge erzielt habe.
Abg. Giese( Dntl.) führt aus, die ausländischen Wanderarbeiter feien solange nicht zu entbehren, wie die deut schen Arbeiter in ihrer Mehrheit die Landarbeit meiden.
Präsident Löbe schlägt um 17 Uhr vor, die Weiterberatung auf Freitag, 12 Uhr, zu vertagen.
Abg. Stoeder( Romm.) beantragt, auf die Tagesordnung ber Freitagsigung den kommunistischen Antrag zweds Auflösung des Reichstags zu fezen.
Gegen die Stimmen der Kommunisten und Nationalsozialisten wird der kommunistische Antrag abgelehnt und der Borschlag des Präsidenten angenommen.
Aus dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, daß an dem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung auch die deutsche Schuhindustrie Anteil hatte, mas am deutlichsten aus den Zahlen über die Ar= beitslofen hervorgeht. Während am 15. Januar des Vorjahres in der Berliner Schuhindustrie noch insgesamt 2514 Arbeiter und Arbeiterinnen erwerbslos waren gegenüber 3717 am gleichen Termin des Jahres 1926, fant diese Baht bis zum 15. Juni auf 1331 gegenüber 2990 im Jahre 1926. Von diesem Zeitpunkt ab stieg die Zahl der Arbeitslosen aber wieder auf 1628 bis zum 15. September 1927 und dann jogar bis auf 2254 am 15. Dezember. Dabei muß jedoch berücksichtigt werden, daß ein großer Teil dieser Arbeitslosen zettweiße bis zu 800 auf die handwerksbetriebe entfielen. Immerhin sind diese Zahlen sehr hoch, wenn man bedenkt, daß in den Fabrikbetrieben durchschnittlich etwa 5500 Beschäftigte vorhanden sind und in den Handwerksbetrieben rund 1400, insgesamt also etwa 6900
Arbeiter und Arbeiterinnen.
Neu aufgenommen wurden im Berichtsjahr 1013 Arbeiter und 922 Arbeiterinnen, mithin insgesamt 1935. Leider war die Fluftuation in der Mitgliederbewegung wieder sehr groß, so daß die Orts= verwaltung am Jahresschluß 1927 nur 52 Mitglieder mehr buchen fonnte als am Jahresschluß 1926. Die Berliner Zahlstelle hatte am Schluß des Berichtsjahres 2430 männliche und 1231 weibliche Mitglieder, zusammen also 3661.
Gut entwickelt haben sich die Kaffenverhältnisse. Der Bestand der Lokalkasse hob sich von 9974,66 m. am Jahresschluß 1926 auf 17 798,75 m. bis zum Schluß des Berichtsjahres, aljo um 7824,09 Mart. Die Zahl der Beiträge ausschließlich der Beiträge der Arbeitslosen ist gegenüber 1926 um 27 397 oder 26,1 Prozent gestiegen.
Der Geschäftsbericht wurde ohne Diskussion entgegengenommen. Im Anschluß daran wurden die Neuwahlen der Ortsverwaltungsmitglieder vorgenommen, die alle Jahre zu wählen sind.
amtes
Achtung, Bauarbeiter!
Die Baustelle des Telegraphentechnischen Reichsa in Berlin Tempelhof , Schöneberger Straße 11-15, ist für die organisierte Bauarbeiterschaft ge= fperrt.
Die örtliche Bauleitung des Telegraphen- Reichsamtes hat den dort beschäftigten Bauarbeitern den Zutritt zur Baustelle untersagt, solange diese nicht eine von ihr einseitig aufgesetzte Hausordnung durch Unterschrift anerkennen. Unsere Kollegen haben diese Unterschrift mit Recht verweigert, da sie fämtlich unter eine von ihren Firmen aufgemachte Arbeitsordnung fallen.
Wir fordern unfere Kollegen auf, Arbeit dort nur anzunehmen, wenn auch den anderen Kollegen die Weiterarbeit ohne Anerfennung dieser einseitig festgesetzten Hausordnung gestattet wird
Deutscher Baugewerksbund, Baugewerkschaft Berlin . Bergarbeiterentlaffungen im Saargebiet. Aus Saarbrüden wird gemeldet: Die französischen Bergwerksdirektionen haben mit den angekündigten massenentlassungen von Bergarbeitern beretts begonnen. Auf der Grube Belsen" wurde eine Anzahl Arbeiter mit einer Schichtnergütung fristlos entlassen. Auf der Grube Hostenbach" wurde den Bergleuten, die im Alter von 54 bis 62 Jahren stehen, gekündigt. Man spricht sogar von einer Stiflegung diefer Grube.
Streit bei der fchwedischen Marine.
Die feit längerer Zeit schwebenden Lohnverhandlungen des zivilen Maringpersonals bei der schwedischen Marine find gescheitert. Die Arbeiter forderten eine Lohnerhöhung von 15 Broz. Der Konflitt umfaßt insgesamt 2300 Mann