Morgenausgabe this? C\ md
Nr. 97 A 49
45. Jahrgang
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Sonntag
26. Februar 1928
Groß- Berlin 15 Pt. Auswärts 20 Pf.
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Moskau hilft Baldwin.
Kommunistisches Eingreifen im englischen Wahlkampf.
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Daß die unmittelbare Folge dieses Beschlusses ist, die Rüdtehr einer neuen tonservativen Regierung in England zu ermöglichen, darum fümmert man sich hier nicht. Als der direkte Feind wird nicht Baldwin, fondern macdonald betrachtet."
Man muß bei den Kommunisten und ihrem fanatischen| tonservativen Regierung Baldwin- Churchill Haß gegen die Sozialdemokratie auf alles gefaßt sein. Was Chamberlain gegen die Arbeiterpartei. Der Moskauer Beaber die Erefutine der fommunistischen Internationale richterstatter des. ,, Manchester Guardian", Arthur Ran im Hinblid auf die kommenden englischen Wahlen foeben be fome, der seit Jahren in Moskau ansässig und durchaus schlossen hat und worüber ein besonderer Artifel unseres sowjetfreundlich ist, drahtet seinem Blatte: Londoner Korrespondenten an anderer Stelle des Blattes ausführlich unterrichtet, übertrifft an selbst mörderi ( her Dummheit und an bewußter hilfe Leitung für die Reaktion alles bisher Dagewesene. Die Mostauer Erefutive verlangt von den englischen Kommunisten, daß sie in fünfzig Wahlkreisen eigene Kandidaten aufstellen. Sie weiß, daß die KP. Eng- falls eine internationale: Methode. Sie ist mit durch Ist das nicht glatter Wahnsinn? Es ist jeden lands mit ihren rund 5000 Mitgliedern bedeutungslos und schlagendem Erfolg in Deutschland ausprobiert worden, ohnmächtig ist. Ein einziges Mal ist es ihr im Dezember als der Transportarbeiter" Thälmann bei der Reichs1923 in einem einzigen von insgesamt 617 Wahlkreisen präsidentenwahl dem Kandidaten der Rechtsparteien Hin gelungen, ein Mandat selbständig zu erobern. Das war in benburg zum Siege verhalf. Bei den letzten Wahlen in Motherwell in Schottland ; aber inzwischen ist auch dieses Desterreich haben die Kommunisten mit ihrer AbsplitteMandat wieder verlorengegangen. Angenommen, die fom- rungstaftif den Chriftlich- Sozialen zu zwei Mandaten in der munistische Bewegung hätte seitdem wieder Fortschritte ge- Wiener Gemeindevertretung und im niederösterreichischen macht, zum Beispiel dank der Streifunterstützungsgelder der Landtag auf Kosten der Sozialdemokraten verholfen. Für russischen Gewerkschaften( das heißt der Sometregierung) und den kommenden Wahlkampf in Frankreich haben die es wäre ihr gelungen, die Zahl ihrer Mitläufer an einigen Kommunisten beschlossen, ihre Kandidaturen bei der Stich Drten zu erhöhen was übrigens kaum der Fall sein dürfte, weil seit dem Generalstreif vom Mai 1926 die KP. Englands wahl auch dort aufrechtzuerhalten, wo sie selbst teine Aussicht ein Drittel ihrer Mitgliederzahl eingebüßt hat, so würde haben: nur um den Sieg der Sozialisten zu verhindern, das das gerade noch reichen, um vielleicht höchstens drei bis pier und in Deutschland befämpfen die Kommunisten nur das gerade noch reichen, um vielleicht höchstens drei bis vier heißt den Sieg der Boincaristen zu ermöglichen. Mandate zu gewinnen. bie Sozialdemokratie, in der Hoffnung, eine Linksregierung zu verhindern und die arbeiterfeindliche Herrschaft des Bürgerblods zu verewigen.
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Aber der Beschluß Mostaus lautet ausdrücklich: eigene Kandidaturen nicht nur, in solchen Kreisen, wo man irgend welche Aussichten hat, sondern insbesondere in den Wahl= freifen, wo die ,, reformistischen" Führer der Labour Party aufgestellt sind. Gegen diese Führer richtet sich die besondere Kraftanstrengung der Reaktion bei den Wahlen. Groß britanniens per altetes Bahlrecht beruht bekanntlich auf dem. Einmänerwahltreis mit nur einem Wahlgang. Die relative Mehrheit genügt. Eine geringe Absplitterung der Arbeiterstimmen fann genügen, um dem reaktionären Kand daten zum Siege zu verhelfen.
Das weiß Mostau. Und gerade deshalb ist der Beschluß der Kominfern erfolgt. Die Sowjetregierung läßt sich den Spaß rund 300 000 bis 400 000 m. fosten. Sie übernimmt somit freiwillig einen Teil der Wahlkosten der
Also Arbeiterperrat auf der ganzen Linie, in allen Ländern. Bon allen Beispielen diefer kommunistischen Taftit ist der neue Moskauer Beschluß für die britischen Wahlen der blödsinnigste. Er wird sich zwar hoffentlich doch ganz anders auswirken, als es sich die bornierten Fanatifer in Mostau gedacht haben, denn selbst die dem Bolschewismus zuneigenden englischen Arbeiter sind politisch viel zu intelligent, als daß jemals sie auf Befehl Moskaus das Spiel der politischen Reaktionäre und industriellen Scharfmacher treiben werden. Aber die Absicht bleibt bestehen. Und diese Absicht werden sich auch die deutschen Arbeiter im kommenden Wahlkampf merken.
Dazu mußte der Gesandte nach Rom .
Wien , 25. Februar.( Eigenbericht.).
Die Meldung von der Abberufung des italienischen Gefandten hat sich nicht bewahrheitet. Es entspricht jedoch den Tat fachen, daß er nach Rom berufen wurde, um dort persönlich über die Südtiroler Debatte im Nationalrat Bericht zu erstatten. Das
Auswärtige Amt wurde davon unterrichtet.
Entschiedene Worte der Seipel- Partei. Wien . 25. Februar. Ueber das Echo der Südtiroldebatte schreibt die„ Reichspoſt": Es darf als ein großer Erfolg der Reden im Nationalrat über Südtirol gebucht werden, daß die öffentliche Meinung der ganzen Welt gezwungen ist, sich mit den Vorgängen in Südtirol zu beschäftigen. Das war ja der 3 med der Reden, sich das Gehör der großen Welt und ihrer Machthaber zu verschaffen, um so vielleicht durch die Ohren sich einen Weg zu den Herzen zu bahnen. Denn es hieße den Glauben an die Menschheit verlieren, wollte man daran verzweifeln, ihr Gewissen aufrütteln zu tönnen, wenn sie nur erst von den
Europas Namen schändenden Leiden der Südtiroler erfährt. Das Echo aus Italien flingt vorläufig etwas unfreundlich. Es wäre denkbar, daß die Antworten der italienischen Blätter unter dem ersten Eindrud ungenauer und mißverständlicher Meldungen entstanden sind. Dann wird gutem Willen in den nächsten Tagen schon die Möglichkeit gegeben sein, die voreiligen UnfreundLichkeiten zu korrigieren. Da für die nächste Woche eine Antwort Mussolinis angefündigt ist, so wird man ja bald vernehmen, wie sich Stalten zu den Südtiroler Klagen stellt. Die faschistische Inter pellation beruft sich unter wenig freundlichen Wendungen auf bie bestehenden italienischen Geseze, die dem österreichi Ichen Parlament perwehrten, sich in Südtiroler Berhält uiffe einzumischen. Aber wenn die italienischen Geseze so beschaffen
wären, daß man mit ihrer Hilfe ein schuldloses Bolf in der vom Abg. Profeffor. Kolb geschilderten Weise völlig entrechten und entnationalisieren fann, die klagerufe der Gepeinigten, die Hilferufe ihrer Brüder können sie nicht verhindern, folange nicht der letzte Rest von Freiheit aus Europa verschwunden ift. Auf teine antere Beise tönnen die so ungern gehörten Appelle an das Weltgewissen zum Verstummen gebracht werden als dadurch, daß die Südtiroler Anlässe aus der Welt geschafft werden.
In der Nacht auf Freitag wurde die„ Gazeta Warszawska" ( nat. dem.) nicht weniger als dreimal beschlagnahmt: zuerst die Abendausgabe von 9 Uhr, darauf die Ausgabe von 3 Uhr morgens und zuletzt die um 5 Uhr morgens erscheinende Frühausgabe. Das Blatt erschien am Morgen aber doch, und zwar in einer Ausgabe, ganz aus unbedruckten weißen Blättern
die
bestand...
Drangfalierung der Minderheitsvölfer.
Der Führer der Weißruffen in Polen , der ehemalige Gejmabg. eremitsch ist verhaftet worden; Begründung ist nicht erfolgt. Während einer Wahlversammlung in der Nähe von Lem. berg verhaftete die Polizei den protestantischen Pfarrer Ba1. lisch, der von den Deutschen als Parlamentskandidat ausgestellt ist. Im Kreise Dubno wurden über 100 utrainische Bolt sleleballen gefchloffen, sie sollen staatsfeindliche Propaganda getrieben haben.
Banffonto: Bank der Arbeiter. Angestellten und Beamten Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft. Depofitentafie Lindenstr 3
Letzter Aft.
Die Schlußtagung des sterbenden Reichstage beginnt. Morgen gehen die Reichstagsabgeordneten der weiland Bürgerblockparteien mit Seufzen wieder an die Arbeit. Als fie vor einer Woche nach Hause fuhren, hatten sie eine Woche
Schonfrist vor sich. Ein tröstlicher Gedanke für eine Koolition, die politisch fümmerlich von der Hand in den Mund lebt, und nicht weiß, was der kommende Tag bringen wird. Eine ganze Woche Schonfrist wenn auch mit der Fleißaufgabe in der Tasche
Die Woche ist vorüber. Der Batient die sterbende Koalition-ist apathisch geworden, sein Zustand hat sich nicht gebessert. Das. Erzitationsstadium des letzten Wochenendes, in dem der Patient Selbstmord begehen wollte, ist besänftigt worden aber wer fann wiffen, wann der meiden lassen, daß der Patient etwas aufgeregt wird, auf die Erregungszustand aufs neue eintritt. Es wird sich nicht verGefahr hin, daß die Aufregung die Auflösung beschleunigt.
Es ist nun einmal das Wesen des Parlaments, daß über die Bildung von Mehrheiten und über Scheitern oder Gelingen von Vorlagen nicht in Kabinettssigungen, fontdern in den Ausschüssen und im Plenum des Reichstages entschieden wird. Das Notprogramm nicht aus der Not des Staates, sondern aus den
geboren
Möten einer zusammengebrochenen Parteienkoalition will in aller Deffentlichkeit begründet, verteidigt und durchgesezt werden. Das ist etwas mehr, als eine bloße Ratifischlossenen Abmachung durch einfaches Erheben von Len zierung einer von Führern im stillen Kämmerlein bePläßen und Abstimmen. Denn das Volk hört nicht nur die offiziellen Begründungen zu diesem Programm der Nöte, sondern auch die Stimme der Opposition.
Diese Stimme ist für die beteiligten Parteien eine ständige Gewissensmahnung, eine Erinnerung an die Abrech nung, die der Erledigung der Fleißaufgabe des Blocks folgt. nung, die der Erledigung der Fleißaufgabe des Blocks folgt. Brauchbares herauszunehmen, Berwerfliches zu bekämpfen und zu verwerfen, das ist die selbstverständliche Taktik jeder parlamentarischen Opposition. Die Sorge für das Zusammenhalten der Regierungsmehrheit das ist nicht die Aufgabe der Opposition. Sie wird vielmehr danach streben, für das, was sie im Interesse des Volkes für nötig hält, unter Benutzung von sichtbaren Rissen in der Regierungsmehrheit Mehrheiten für ihre Ziele zu bilden.
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Der sterbende Blod fürchtet, daß er sich in der fommen den Tagung auseinanderreden und auseinanderstimmen fönnte, er macht sich deshalb von vornherein stark für ,, das einige und unteilbare Ganze" des Notprogramms. Nun, es ist Aufgabe und Absicht der Opposition, dies ,, einige und unteilbare Ganze" nach Möglichkeit zu zerbrechen, ihm die Bürgerblockzähne auszuziehen. Wenn darüber ein neues Erzitationsstadium ds sterbenden Blocks eintritt um so schlimmer für ihn.
Diese Tagung des Reichstags wird alles andere fein als eine friedliche Liquidation eines Restprogramms vor Reichstagsschluß. Es sind Fragen von einschneidendem Charakter, die in vier Wochen entschieden werden sollen, von großer Bedeutung für die Verteilung des Volkseinkommens. Die Aufschrift st a atspolitische Notwendigkeit" deckt Bürgerblodkonterbande. Sie ist ebenso anmaßend und irreführend wie das Wort vom staatsbürgerlichen" Bürgerblock. Erledigung von Etat und Nachtragsetat sind formell staatspolitische Notwendigkeiten, damit die Bureaukratie nur nach festgebundenen Richtlinien über das Steueraufkommen verfügen kann der Inhalt des Etats aber hat mit dieser formellen Notwendigkeit nichts zu tun. Der Inhalt des Etats ist die Quintessenz der Reichspolitik, und wer wagt zu sagen, daß der Inhalt der Bürgerblockpolitik eine staatspolitische Notwendigkeit" sei!
Hilfe für die Landwirtschaft? Es kommt darauf an, was man unter dem Begriff die Landwirtschaft" versteht, es kommt darauf an, welche Maßnahmen man unter volkswirtschaftlichem Gesichtspunkt für heilsam und zweckmäßig, unter dem Gesichtspunkt der Wohlfahrt des ganzen Boltes für erträglich und gerecht hält. Das, was die Blockparteien untereinander an landwirtschaftlichen Hilfsmaßnahmen vereinbart haben, als„ staatspolitische Notwendigkeit" anzusehen, verbietet sich nach den Vorgängen der letzten Wochen von selbst. Das byfterische Geschrei des von den Deutschnationalen beeinflußten Landbundes hat diesen Teil des Notprogramms" so start ins Agitatorische gerückt, daß die parteipolitische Zweckbestimmung jedem llar sein wird.