Sonntag
26. Februar 1928
Unterhaltung und Wissen
Die Ratte.
Bon Edward Gtilgebauer.
Das ganze, ungefähr fünfzehntausend Seelen zählende Universi tätsstädtchen fannte ihn unter dem Namen die Ratte". Diese häßliche Bezeichnung gab man ihm nun schon seit Jahren, alt und jung nannte ihn so, seitdem ihn der Küsermeister Schneider einen fleinen Borraum feines Kellers, der eine Art von Fenster nach der Straße befaß, als Wohnung eingeräumt hatte, zum Lohne dafür, daß er ihm die Rechnungen schrieb und die Korrespondenz mit den Kunden besorgte.
Wenn er in der Zeit der Dämmerung, eingehüllt in einen zerriffenen, alten, grauen Schlafrod, in seiner Spelunke hoďte, menn er die fleinen grauen Augen durch die Gitterstäbe des Kellerfensters hinauf nach der Gasse blinzeln ließ, erinnerte er wirklich an eine Ratte Bielleicht trug auch die in dem Universitätsstädtchen ganz ungewöhnliche Kellerwohnung mehr als sein Aeußeres zu dem aus einem Bergleich geborenen Spiznamen bei.
Selt Jahren hatte er sich daran gewöhnt, die Ratte genannt zu merden, und schließlich dachte er sich so wenig dabei, wie ein anderer bei Schmidt oder Müller. Wenn er des Mittags in seinem abgeschabten und zerschliffenen schwarzen Gehrod durch die Gaffen ging, zu der Zeit, wenn die Gymnasiaften aus der Schule und bie Studenten non der. Universität tamen, dann war er gewohnt, bas Bort, Die Ratte" wohl ein dugendmal hinter sich herrufen zu hören. Aber er drehte fich nicht mehr um und fehrte fich nicht mehr daran. Die Gymnafiaften und Studenten taunten ihn alle. Einem jeden neu angekommenen Fuchse muzde die Ratte als eine der brei Sehenswürdigkeiten des Städtchens gezeigt. Da ist erstens ber gotische Turm der Hauptkirche, den Sie sich ansehen müffen, zweitens die Tochter des Brofeffors Kramer ein so langes Frauenzimmer haben Sie ihr Lebtag noch nicht gesehen und beittens die Ratte, hieß es stereotyp.
wwww
Meistens stand bie Ratte mit den Studenten auf gutem Fuße. Denn wie alle Ratten, jo lebte auch diese vom Abfall und bei den Studenten fiel hier in der Stadt allein elmas ab.
Viele der Studenten hatten auch Gelegenheit gehabt, den eigent lichen Namen der Ratte fennenzulernen. In dem abgefchablen und gerschliffenen schwarzen Gehrod trug nämlich bie Ratte ein Bifiten fartentäschchen bei sich, und in der ganzen Stadt fah man es als einen ber beliebtesten Stubentenuffe an, mit der Ratte zu hängen, daß heißt, mit der Matte eine Stontrabage zu haben. Diese Forde rungen wurden jedesmal tunstgerecht in die Wege geleitet. Cin Rommilitone rebete die Ratte auf der Straße an und lub fie feierlich zum Abendschoppen ein.
Geftatien Sie, mein Herr, Berzeihung, daß ich Sie so gewiffer maßen auf der Straße anrempele, mein Name ist Günther, stud. jur. Bürde uns zur hohen Ehre gereichen, den Herrn diesen Abend auf unserer Kneipe begrüßen zu dürfen." ,, Bird mir ein Vergnügen sein," antwortete jedesmal die Ratte etwas von oben herab in feierlichem Ernfte ,, cand. phil. Schwemmer
mann
Mit diesen Worten zog die Ratte eine schon recht vergilbte Karte aus dem Bisitenkartentäschchen und reichte sie dem, der sie angeredet
hatte. Pünktlich erschien dann die Ratte am Abend auf der Kneipe, und ein Fuchs war eigens für den Rattenul?" inftruiert. Er saß an der Seite des Gaftes und hatte diefem, auf ein Zeichen feines
Leibburschen, auf den Fuß zu treten.
"
Das ging immer so zwischen dem zehnten und zwölften Schoppen vor sich. Es war dies an bestimmten Abenden eine Programm
nummer der rfidelität“.
,, Mein Herr," rief dann die Ratte regelmäßig, haben Sie mich absichtlich auf den Fuß getreten? Bitte zu revozieren und zu deprezieren, bin auch Student wie Sie, widrigenfalls hier meine Karte, mein Herr."
Die Sache endete dann immer damit, daß die Ratte dem Befeidiger ihre Karte gab und behauptete, in solcher Gesellschaft nicht bleiben zu können. Sie würde sich aber erlauben, morgen ihre Kartelträger zu schicken. Und damit hatte es dann sein Bewenden.
Hatte der Ult sich oft genug wiederholt, und vermutete man, daß die Ratte keine Bisitenkarten mehr besaß, dann wurden die an die Füchse ausgegebenen mieder gesammelt und heimlich, ohne daß die Ratte etwas davon mertie, wieder in ihren Gehrod hineinbugftert. Aber nicht nur zu einem Ulte für die Füchse diente die Ratte, fie hatte auch den älteren Semestern ihre Dienste zu leisten. Und aus diesen Diensten stammte der Abfall, von dem die Ratte lebte. Sie besorgte nämlich die Reinschriften der Doktordiffertationen und der Eramensarbeiten, und dabei war etwas zu verdienen, menn man auch der Ratte nur zwanzig Pfennige für den sauber abge. fchriebenen Bogen gab. Die Ratte schrieb mie gestochen, das mußte man ihr laffen, und fertig war sie auf die Minute. Alle Professoren tannten die Handschrift der Ratte, und wenn ein Kandidat einmal die paar Mark sparte, dann hieß es immer: Aber, Herr Kandidat, warum find Sie nicht zu Herrn Schwemmermann gegangen, Ihre Handschrift ist ja das reine Augenpulver, faffen Ihre Arbeit doch noch einmal abschreiben."
-
mar
Bierjungen, während seine Altersgenossen als Assessoren und Hilfslehrer, als prattische Aerzte und Pfarrer in der Welt herumliefen. Man liebte ihn. Er verstand es, die Füchse einzupauten, und feiner hielt so wie er den strammsten Komment. Und eines Tages niemand hatte eine Ahnung davon cand. phil. Schwemmermann in Frack und Zylinder erschienen. Die Studenten hatten die Köpfe zusammengesteckt, und einer hatte dem anderen ins Ohr geraunt:„ Der Schwemmermann ist ins Eramen gestiegen!"
Aber am Abend dieses großen Tages hatte cand. phil. Schwemmermann nur ein einziges Genügend", nämlich in Religion für die unteren Klaffen gehabt. Und weil das für einen Gymnafialprofessor nicht ganz ausreichend ist, hatte er das Studium fahren lassen.
Ein Auditorium fah ihn nicht mehr. Cand. phil. Schwemmermann erschien noch einige Semester auf dem Baukboden und in den Kneipen, dann auch dort nicht mehr. Die Berbindung, der er immer als Inattiver angehört, hatte ihn eines Tages gemimmelt".
Damals starb feine Mutter. Aus Gram, sagten die Leute, weil fie zu alt war, um weiter für ihren Sohn Zimmer zu vermieten und tochen zu fönnen, und weil aus diesem Sohne ein Lump gemorden war,
Haruft
Beilage des Borwärts
Und so ward aus dem cand. phil. Schwemmermann allmählichy und langsam die Ratte, nachdem er endlich in dem Kellerloche bei dem Küfermeister Schneider gelandet war.
Jahrelang fiel der Abfall reichlich von den Tischen der Studenten und der Kandidaten, und fast schien es, als hätte sich die Ratte ein Ränzlein angemästet wie ihre Kollegin im Faust.
Aber von Jahr zu Jahr ward die Handschrift der Ratte schlechter, die neuen Profefforen, die da kamen, verbaten sich diese Handschrift, meil sie die Schrift der Ratte nicht mehr lesen konnten und Fehler über Fehler in ihr entdeckten.
In ihrem fünfundfünzigsten Semester hatte die Ratte zum ersten Male nichts mehr zu tun. Reine einzige Abschrift wurde bei Herrn cand. phil. Schwemmermann bestellt, und der Winter war falt
und lang.
Da, eines Morgens fehlte die Ratte in ihrem Keller. Reiner sorgte sich um sie, nicht einmal der Küfermeister Schneider, dem die Ratte in seinem Hause auch schon längst leid fein möchte.
Rur den Gymmafiaften und Studenten fiel es auf, daß sie nicht mie gewöhnlich um zwölf Uhr mittags der Ratte begegneten.
Am Abend desselben Tages fand man hen cand. phil Schwemmermann ertrunken am Wehr im Flusse, scheußlich anzusehen und naß wie eine Ratte.
Hochzeit im Urwald.
Bon Robert Unterwelz.
Hochzeit! Seit Tagen brauen die Beiber Ralumbo
lezas am Hirjebier; Topf auf Topf, mancher danon mit beachtens mert bidem Bauch, steht schon gefüllt im tühlen Innern der Rundhütten. Der Platz unter den beiden Lamarinden, die inmitten des Dorfes stehen, ist schon zum abendlichen Lanz gesäubert, die Trommeln lehnen an den Stämmen, und die Frauen und Mädchen, heute besonders reich mit Berlichuud behangen, sehen die Biertöpfe im Schatten der Bäume nieder.
Lattfester, rhythmischer Marschgesang wird vom Busch her vernehmbar, dazwischen zerreißen gellende Freudenschreie der Frauen die Luft; in den höchsten Fisteltönen jubeln sie trillernd, indem sie mit den Handflächen auf die Lippen schlagen. Die Freunde des jungen Chekandidaten, seine männlichen Sippengenoffen und Jugendgespielen sind mit dem ersten Hahnruf am Morgen aufgebrochen und mit Gesang nach Ssangwa, dem viereinhalb Stunden entfernten Heimatsdorf der Braut, gezogen, um diese dort abzuholen. Reichlich wurden sie dort bewirtet, Bombe war geflossen und vom Schwiegercuter eine Ziege geschlachtet worden, während sie selbst eine andere mitbrachten. Nun tehren sie mit der Braut und deren Eltern und zahlreichen Berwandten zurück, um die Ehe zu schließen. Vor dem Dorf wird der Zug empfangen, die Braut sofort ins Haus der Schwiegereltern gebracht, und die Vorfeier beginnt. Tanz und Gesang, Essen und Trinken währen die ganze Nacht; an Schlaf ist nicht zu denken. Auch meine Schwarzen sind geladen, weil ich zum Schmausen zwei Ziegen gestiftet hatte und von Kiko herüber zwei wohlgefüllte Töpfe honiggefüßter Bombe bringen ließ. Ich wollte zuerst meine gestern erlegte Leierantilope schenken, aber da machte mich Vilima aufmerksam, daß dies für einen Weißen doch kein Geschent fei. Gib doch eine Ziege!" Die Leierantilope ist doch fünfzehnmal schwerer als eine Ziege, denke an das viele Fleisch, das
es da zu essen gibt."
"
,, Ganz gut, Herr, aber, die Leierantilope tostet dich nur eine Rugel. Ein Geschenk, das den Empfänger ehren soll, muß aber getauft sein." Also belehrt, taufte ich die zwei Ziegen und schenkte dem Bräutigam obendrein die Dede der Leierantilope zum Beziehen seiner Kitanda, seines Bettgestelles, denn er war ein besserer Neger und besaß ein solches Ding, mährend die meisten seiner Dorfgenoffen auf einer Schilfmatte oder einem Fell auf ebener Erde schliefen. Der Abendwind rauscht in den Tamarinden, biegt ihre Aeste und schüttelt die Schotenfrüchte herab, reißt an den Feuerbränden, daß gelbzüngeinde Flammen wie Beitschen herausschlagen und ein unfenregen sprühend in die auftreischenden Mädchen fällt. Ich habe meinen Stuhl an der Windseite des Feuers aufgestellt und schaue dem frohen Treiben der Tänzer zu. Wenn sie nach der Anstrengung des Tanzes schwazend ausruhen, die Trommeln schweigen und die Biertöpfe an der Reihe find, dann kommt mein Roch und bringt mir Tee und Rum, oder Bilmia hält mir das Glas mit Whiskyfoda her. Bis zwei Uhr bleibe ich, lasse mir Liedertexte vorfingen und stelle vorsichtige Fragen nach den margigen Hochzeitsgebräuchen. Den Rest der Nacht verschlafe ich traumlos trotz des Höllenlärms der Ngoma, ich weiß nicht sicher, ob, aus Müdigkeit oder infolge der zahlreichen Whiskyfoda; letzteres muß sich Vilima gedacht haben, da er mir Fleischsalat und Gurten als Frühstück brachte mit der Frage, ob er eine der wenigen noch vorhandenen Bilsnerflaschen einkühlen solle. Doch die sparte ich, denn sie schmeckt zu anderen Zeiten besser.
Und so flossen die harten Taler in die Tasche der Ratte. Die schlechtesten Handschriften fonnte die Ratte lesen und in allen Wissen schaften war sie bewandert, fie malte die griechischen Buchstaben so schon wie die hebräischen, fein ,, Terminus technicus" mar ihr unbezug fannt, und die Zitate aus den Philosophen schrieb sie ebenso richtig wie die algebraischen Gleichungen oder die perziidtesten Formeln der Trigonometrie.
Aber sie selber, die schon Hunderte von Differtationen und Examensarbeiten abgeschrieben hatte, mar niemals zu einem Examen getommen. Denn die Ratte haßte das„ Odhlen" bis in den Tod und hatte ihm ewige Rache geschworen. Es hatte Zeiten gegeben, wo man die Ratte noch im Kolleg gesehen hatte. Damals war die Mutter bes Herrn cand. phil. Schwemmermann, eine biebere Beamten mitme, noch am Leben gemefen. Die hatte Zimmer vermietet unh für Studenten gefocht, damit ber einzige Sohm es weiterbringen follte als der Bater. Deshalb hatte sie vermietet und gekocht, damit dieser Sohn ihre Mitmenpension für seine Studien vermenden und fein Gymnasiallehreregamen machen fönne
Und bamals hatte ihn noch niemand die Statte genannt, und er hätte einen jeden hinter die Ohren geschlagen, der es gemagt hätte, thm feine Butunft zu prophezeien. Denn Schwemmermann war ein fatter Bruder Studio gewesen und ein gefürchteter, meger der Terzen und Quarten , die er schlug. Wo der hingeschlagen, ba muchs fein Gras mehr, pflegten die Studenten damals zu sagen. So waren zehn, zwölf und fünfzehn Semester norübergegangen, imb cand. phil. Samemmermann schlug noch immer Menfuren und trant noch immer
So um sieben Uhr morgens trat eine Erschöpfungspause ein; um zehn Uhr begann der Betrieb wieder im vollen Umfang. Ein Umwurde veranstaltet, wobei der Bräutigam, der einen Bogen, Pfeile, einen Speer und einen geschnigten Stod, mit dem Bebel einer Giraffe als Abschluß, in den Händen schwang, von den Fest. teilnehmern auf den Schultern im Dorf herumgetragen wurde. Die Braut wurde aus der Hütte geholt und ging vor dem Zug gebüt im Tanzschritt einher, während die Menge fang: Ninawinga, felanga, uche uche!"" Braut, geb langfam in gebücter Stellung!" Damit soll sie zeigen, wie schwer fie an den Lasten der Hausfrau in der Che tragen wird. Auch an mein Lager fam der Zug; da ich kein Bombe zum Bewirten hatte, gab ich einige Kilo Salz zum besten, und Braut und Bräutigam befamen je einen Schlud guten Wein brand. Das Gesicht der Braut danach hätte ein prächtiges Bild ge geben! so ähnlich mag der Pavian eines meiner Bekannten ausge jehen haben, als er an der Telegraphenstation in die elettrischen Drähte fam
Schon stand die Sonne start im Besten, als mich Bilima holte, ba mun die eigentliche Eheschließung stattfand. Braut und Bräutigam hoften auf nieberen Stühlen, nach altem Brauch nur befleidet mit ie einer vorn und hinten nom Gürtel niederhängenden Schopf anillopenhaut, dafür überall am Körper mit Rizinusöl gefalbt. Beide trugen reichen bunten Glasperlenschmud, und der Braut perlten die Tränen von den Wangen, ich tonnte nicht unterscheiben, nh vor Rührung oder infolge des heftigen Bombegenuffes. Tiefes
Schweigen lag über dem Kreis der Zuschauer, die sich im bas Braub paar aufgestellt hatten. Die scheidende Gonne spiegelte fich in dan
geölten blanken Rüden, alles foh gespannt auf den Vater des junger Ehemannes, der mun in den Kreis trat und eine Ansprache ans junge Baar hielt. Dann sprach der Brautvater, schimpfte über seine Lochter, fie sei das faulte Mädchen im Band, tönne nicht tochen, nicht Bier brauen, fei unfruchtbar und liefe jedem Manne nach, fie fei häßlich, und ihr Mann merde fie bald fortjagen. Jeden Sah bes gleitete ein dröhnendes Gelächter aller Männer und laute Protestruje der zusehenden Frauen. Dann famen Ermahnungen an den Schwiegersohn, ein Pfeil, mit dem der Brautvater während der Ermahnungen auf den jungen Gatten gezielt hatte, ging in deffen Bests über die Ehe war vor vielen Zeugen geschlossen. Erneut begann das Fest, während die Eheleute vorerst in ihrer Hütte verschwanden, denn dort, so verlangt die Sitte, muß die Frau zum erstenmál fochen und Wasser holen, wofür sie vom Mann ein kleines Geschent, eing Berlkette oder ein Huhn oder etwas Aehnliches, ziemlich Wertloses, bekommt.
Noch eine Nacht hindurch murde weitergefeiert; ich tat nicht mehr mit, doch meine Schwarzen waren so bei der Sache, daß fie erst am Morgen ins Lager tamen. Der Zustand eines Roches war so bedenklich, daß er mittags an Stelle des Deles den Inhalt einer Petroleumflasche zum Tomatensalat verwendete. Seine Rene darüber war sicherlich aufrichtig, denn er erbot sich, den Salat aufzuessen. Ich riet ihm aber davon ab, da er ohnehin an den Folgen einer akuten Alkoholvergiftung erfranft und das Petroleum mir nicht als geeignetes Gegenmittel bekannt war.
Kesho safari"( morgen reijen mir weiter). Den stummen Bor wurf, der aus den treuen Regeraugen mir entgegenblickte, übersah ich. Sie hätten noch zwei oder drei Tage mitgefeiert, bis der letzte Tropfen getrunken war. Und in Bilima kam der Sparmeister zum Durchbruch. Serr," sagte er, da wäre eine Biege auch genug gewesen."
Die Hochzeitsfitten, die Höhe des Brautpreises, wie auch die Art der Werbung wechseln bei den verschiedenen Stämmen. Immer aber ist die Heirat ein wichtiger Frauentauf. Bei Lösung der Che wird, wenn die Schuld auf feiten der Frau liegt, der gesamte Brauts preis, manchmal sogar mit 3insen, zurückbezahlt, zum Beispiel bei Ehebruch oder Unfruchtbarkeit. Stets aber bleiben die Kinder dem Bater bei einer Scheidung.
Uralt im Leben der Völker sind Totemismus und die daraus hervorgehenden Tabugesetze, bei den Ostafrikanern ,, mwifo" ge nannt. Da gibt es ein Stammesnewito zum Beispiel bei der Warungut, feiner von ihnen darf Zebrafleisch effen; da gibt es ein Sippenmwiko in Usfangu, das den Sippenmitgliedern das Berthuhn verbietet. Jede Familie hat ihr Mwito, das streng eingehalten wird und fast immer nur in Gestalt eines Spelfeverbotes besteht. Andere Verbote sind sehr selten; ich kenne nur wenige, zum Beispiels nicht auf den eigenen Schatten piffen, nicht über einen fünftlich go fällten Baum steigen u. ä.
( Mit Erlaubnis des Verlages Strecker u. Schröder in Stuttgart dem Buche In Tropensonne und Urwaldnacht" von Robert Untera welz entnommen.)
Wenn die Sonne schrumpff Wenn die große Kugel flam mender Gase, die unsere Sonne darstellt und von der alles Leben auf der Erde abhängt, zu einem fleinen Teil ihrer gegenwärtigen Größe zusammenschrumpft, dann ist es aus mit allem Leben auf unserem Erdball, der in eisiger Unbewohnbarkeit zurückbleibt. Die bedenklichen Zukunftsaussichten eröffnen die neuesten Forschunge die der englische Astronom Prof. J. H. Jeans fürzlich ber Brit fchen Aftronomischen Gesellschaft vorgetragen hat. Prof. Jeans be fchäftigt sich seit vielen Jahren mit mathematischen Beredumgeu über die Lebensgefchichte der Sterne, die durch das Freimerbert der inneren Energie und die Auflösung der Atome bestimmt wird. Nach seiner Anschauung, der andere Aftronomen zugestimmt haben, durchlaufen alle Sterne eine ähnliche Geschichte. Die letzte Phase in dieser Laufbahn find die Sterne, die den Enpus der weißen Diese 3werge" darstellen, von denen verschiedene belannt find. Sterne ftrahlen verhältnismäßig wenig Hige aus, und wenn unsere Sonne in diefe Berinde ihrer Geschichte eintritt, dann werden wir zu menig Bärme und Licht empfangen, als daß noch Leben auf unferer Crde bestehen könnte. Aus seinen Berechnungen hat Beaut ertannt, daß unfere Sonne jenem gefährlichen Suftand ber Schrumpfung ziemlich nahegarüdt ist, so daß ihre Berwandlung in einen fchmachleuchtenben 3werg für einen bestimmten Seitraum erwartet werden muß. Aber ängstliche Gemüter brau hen deshal noch nicht ber Erwarnmg des Beltunterganges nachzuhängen, berwi Beiträume, die nach den aftronomischen Anschaunungen nahe benre stehen, find noch immer unendlich lange Perioden, bie nielleldst Millionen Jahre umfalfen. So tönnen wir also getrost annehmen, baß es mit biefer Schrumpfung der Somme noch gute Welle hat und dürfen uns ihrer lebenspendenden Strahlen ohne Gorge erfreuen.