Nr. 109 45. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Sonntag. 4. März 1928
Die große Schuldfrage
Eine Verkehrsangelegenheit
Es vergeht in der Weltstadt Berlin mit ihrem| fest in beide Hände nehmen. Kann er dann noch mit dem täglich wachsenden Automobilpertehr nicht ein Fuß die Gefahrenbremse bedienen, so geht oftmals noch manches Tag, an dem nicht mehrere Personen Opfer des Verkehrs Unheil abzuwenden. Muß er aber die Gefahrenbremse mit der werden. Die Statistik der Schußpolizei meist für den Hand bedienen, also abwechselnd mit der einen Hand nach dem Monat Januar 1570 Unfälle im Straßenverkehr aus, die Steuer und der Bremse greifen, ist die Aussicht auf Vermeidung zum größten Teil auf die Kraftfahrzeuge des Unglücks weit geringer. Hinzu kommt, daß der Führer entfallen. Die meisten dieser Unfälle werden in den mit der Fußbremse viel elastischer bremsen kann als mit der Beihmgen gar nicht erwähnt. Nur wenn es sich um Handbremse. Es ist jedem Chauffeur bekannt, daß selbst bei Ich were Unfälle handelt, bei denen mehrere Personen trodener Fahrbahn ein Bagen entweder feitwärts ins Schleu verlegt oder getötet wurden, werden derartige Fälle öffent- dern oder ins Rutschen kommt, wenn die Räder mit einem Rud lich registriert.
Berkehrsvorschriften und Bremsvorrichtungen.
durch die Bremse blodiert werden. Während diese Gefahr durch das elastische Bremsen mit der Fußbremse vermieden werden fonn, ist dies bei dem ruckartigen Anziehen der Handbremse im Augenblick der Gefahr nicht möglich. Es wäre sehr angebracht, wenn sich die technische Leitung der Aboag einmal bei ihrem Fahr personal genau darüber erkundigt, wie es über die bremstechnische Neuerung denkt.
Die Gefahren des Schnellverkehrs.
In diesem Zusammenhang sei aber noch auf einige andere verkehrstechnische Mängel hingewiesen. Da ist zunächst die ahr geschwindigkeit der Autobusje. Die Zeit des Schudel
In Erinnerung ist vielleicht noch der 3usammenstoß des Autobus der Linie 5 mit einem Straßenbahnwagen der Linie 70 an der Straßenkreuzung Französische und Friedrich straße am 15. februar, bei dem 21 Fahrgäste verlegt wurden. Die Schuld an solchen Unfällen ist überhaupt ein ganz besonderes Kapitel. Im allgemeinen wird in solchen Fällen immer der Bersuch gemacht, die Schuld dem einen oder dem anderen Fahrer zuzu schreiben, ohne genauer die Frage zu prüfen, ob nicht noch andere Borbedingungen den Fahrer schuldig gemacht haben. Ein AutoJenter tann 3. B. irgendeine Berkehrsvorschrift nicht beachtet trabs", wie der Berliner sagte, ist für unsere Weltstadt endgültig porbei Schnellverkehr ist heute Trumpf. Trotzdem muß aber be und dadurch einen 3usammenstoß hervorgerufen haben, ber aber traz der Mißachtung der Verkehrsvorschrift hätte vermieden tücfichtigt werden, daß der Schnelverkehr auch seine Grenzen werden können, wenn sein Wagen und besonders die Bremsvor- ha, eben wegen des starken Verkehrs. Die Fahrzeiten, wie richtungen fechmisch einwandfrei gewesen wären. Ohne irgendwie fie für die Autobuschauffeure norge chrieben find, fönnen in das Untersuchungsverfahren gegen den Chauffeur des Unglücks- besonders in den verkehrsstarken Zeiten einfach nicht eingehal autobusses der Linie 5 beeinflussend eingreisen zu wollen, jeien hier sinige Ausführungen über die technischen Mängel bei der Aboag gemacht, die non allen Chauffeuren dieses Verkehrsunternehmens täglich empfunden und auch tritisiert werden.
Die Mängel.
Die neuen Wagen der Aboag mit den Karosserienummern über 700 haben alle eine entgegengefeßte. Anordnung der Bremsen erhalten als die älteren Wagen. Bei den älteren Magen wurde die Getriebebremje( Gefahrenbremje) mit dem Fuß und die Hinterradbremse mit der Hand gehandhabt. Diese Anordnung, die auch heute noch bei allen anderen Automobilen argutreffen ist, wird von den Chauffeuren fast ausnahmslos als einzig richtig bezeichnet. Bei den oben bezeichneten neueren Bagen muß die Getriebebremse mit der Hand und die Hinterradbremse mit dem Fuß bedient werden. Die moderne Technik hat entgegen den praktischen Erfahrungen der Chauffeure eine Neuerung eingeführt, die nach Ansicht der Chauf fcure die Unfallgejahren erhöht. Die Getriebebremje ist nun einmal die sicherste Gefahrenbremse, da bei ihrer richtigen Bedienung der Wagen nicht so leicht ins Schleudern oder Rufschen gerät mie heim Anziehen der Hinterradbremse. Sieht der Chauffeur plötzlich Die Gefahr eines Zusammenstoßes oder fommt ihm sonst ein HinDernis in den Weg, muß er vor allen Dingen das Steuerrab
Menschen, Göttern gleich...
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Roman von Herbert George Wells . Urthred! Der ist doch keine pierzig!" Der ist dreiundsiebzig. Er sagte es uns fpäter. Sie leben lange hier, eine langweilige Angelegenheit. Unser Leben ist ein schwindsüchtiges Wechselfieber von ihrem Standpunkt aus. Aber wie Tennyson sagte: Beffer fünfzig Jahre Europa als hundert Jahre China ." Hm? Er umging den Kern der Sache Dies ist Lotosland, Sonnenuntergangsland, man wird es uns nicht danfen, daß wir seinen Schlummer geftört haben."
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,, Ich bezweifle ihren Schlummer."
,, Vielleicht hat die sozialistische Wanze auch Sie gebissen. Τα ich sehe, es ist der Fall. Glauben Sie mir, hier ist der vollständige Beweis von Dekadenz, den man sich vorstellen Tann. Bollständig. Und wir werden ihren Schlummer stören, feine Angst, Sie werden sehen, die Natur ift auf unserer Seite auf eine Beije, an die bis jetzt noch niemand ges
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Dacht hat."
Aber ich sehe leine Dekadenz", sagte Mr. Barnstaple. Niemand ist so blind, wie jene, die nicht sehen wollen. Sie ist überall. Ihre üppige Pfeudogefundheit. auf die fie fich fopiel einbilden, wie gemästetes Bich! Und wie sie Barralonga behandelt haben! Sie wiffen nicht, wie der zu behandeln ift. Sie haben ihn nicht einmal festgehalten. Seit tausend Jahren haben sie niemanden eingesperrt. Er raft durch ihr Land, mordend und tötend, Schreden verbreitend und zerstörend und sie sind verblüfft. Herr, einfach verblüfft. Es ist als ob ein Hund in einer Welt voll Schafen Amot Tiefe. Wenn er nicht ausgerutscht wäre, würde er, glaube ich, immer noch einherbrüllen, schnaufen und rafen und Leute töten. Sie haben den Instinkt für gemeinschaftliche Berteitöten. Sie haben den Instinkt für gemeinschaftliche Bertei Digung verloren."
Ich bezweifle bas."
Eine sehr gute Lebensauffassung, wenn man sich ihr mit Maß hingibt. Aber wenn Ihr Staunen vorüber ist, dann werden Sie sehen, daß ich recht habe. Hm? Ah! Da auf jener Terraffe, ist das nicht mein Lord Barralonga und feine französische Bekanntschaft? Er ift's! Sie schöpfen Morgenluft. Mit Ihrer Erlaubnis möchte ich jetzt meiter gehen und einige Worte mit ihnen reden. Welchen Weg. fagten Sie, ist Pater Amerton gegangen? Ich möchte seine
ten werden.
Kehren wir zu unserer Betrachtung zu dem Unglücksautobus
Wer hat nun Schuld?
Andacht nicht stören. Diesen Weg? Wenn ich dann rechts gehe Er grinste freundlich über die Schulter.
4.
Mr. Barnstaple fam zu zwei Gärtnern.
Sie hatten zwei leichte filberne Schubbfarren und schnitten morsches Holz und verblühte Sträucher aus einer Reihe von Gestrüpp, das sich über eine raub aufgehauene, steinige Furche ausbreitete, und von farmesinfarbigen und dunkelroten Rosen überwuchert war. Die Gärtner hatten große lederne Stulphandschuhe an, hatten Schürzen aus loh farbener Haut um, und trugen Sicheln und Meffer.
der Linie 5 zurüd. Die Fahrzeit beträgt für diese Linie auf der Strede Stettiner Bahnhof- Stegliz Rathaus 45 Minuten. வபர் dieser Strecke befinden sich 30 Haltestellen( in entgegengesetzter Richfung 34) und außerdem noch 26 Cichtsignale. Ungefähr die Hälfte der Fahrzeit geht beim Haiten an den Haltestellen und Lichtſignalen verloren, so daß es dem Fahrer unmöglich gemacht wird, die Strede in der vorgeschriebenen Fahrzeit zurückzulegen. An der Endhalte stelle Stettiner Bahnhof beträgt die Haltezeit 7 Minuten und in Steglitz . sogar mur 3 Minuten! Diese Haltezeiten sind vorgesehen, damit der Fahrer das Kühlwasser ergänzt, die Brem= fen nach stellt, besonders beanspruchte Teile des Motors abschmiert, schließlich auch nerloren gegangene Fahrzeit aus gleicht und vor allem feine Nerven beruhigen tonn. Aues in 3 Minuten! Zu alledem tommt der Fahrer aber höchst felten, auch wenn er noch so floft gefahren ist. Auf den anderen Linien sieht es nicht piel anders aus. Der Autobuschauffeur ist eben verurteilt, 9 bis 9% Stunden täglich fast ununterbrochen von einem Endhaltepunkt zum anderen in einem Tempo zu fahren, das an sich schon zu Unfällen geradezu ziningt. Sein Dienst wird ihm noch dadurch erschwert, daß die technischen Leitungen der Bahnhose bestrebt find, durch Einsetzen von kleineren Bergaser= düsen und andere Methoden möglichst viel Benzin zu sparen, so daß die Wagen keine große Anfahrgeschwindigkeit entwickeln fönnen. Der Fahrer wird dadurch gezwungen, den Wagen, wenn er erft flott im Gange ist, so lange wie mur möglich mit der höchsten Geschwindigkeit laufen zu laffen. Hinzu kommt noch die ungeheure Belastung der Wagen, die besonders in den Abendstunden sehr starf ist, wenn viele Wagen aus dem Betrieb gezogen und dadurch die Wagenfolge sich in größeren Abstän Den abwidelt. Diese Wagenfalamität wird auch dadurch nicht c= hoben werden, daß man langjam neue Wagen in den Dienit stellt und für jeden neuen Wagen einen alten auf den Schrott haufen wirft, mie es laut Polizeiverfügung geschehen muß. Die Direktion der Abnog fönnte wahrscheinlich auf die Wagenfabriken etwas mehr Drud ausüben, daß die Lieferung der bestellten Bagen etwas schneller nonstatten geht.
Die hier aufgeführten Mängel find in Betriebsversammlungen des Aboag Personals[ chon oft erörtert worden und dürften auch der Direktion nicht unbekannt sein. Hoffentlich geben dieſe Ausführungen der Direktion Anlaß, den Dingen einmal etmes näher aus den Grund zu gehen und auf Abhilfe zu ſimmen.
Anonyme Anzeigen an die Gesundheitsbehörde. Nach§ 4 des Reichsgefeßes zur Bekämpfung der Geschlechtsfrankheiten nomi 18. Februar 1927 dürfen Anzeigen über angeblich Rranfe von der Gesundheitsbehörde nicht beachtet merden, wenn deren Urheber nicht erkennbar sind. Bei Durchficht der zahlreichen beim Hauptgesundheitsamt eingehenden Anzeigen ergibt es sich immer wieder, daß ein großer Teil der Anzeigenden es unterläßt, ihren Namen und ihre Wohnung anzugeben. Da die Verfolgung dieser Anzeigen gefeßlich unzulässig ist, wird im Interesse der Bekämpfung der Geschlechtsfrankheiten die Bevölkerung dringend gebeten, Anzeigen nye mit voller Namensunterschrift und Wohnungsangabe zu erstatten.
,, Aber fönnt ihr nicht jemanden bekommen bezahlen, der für euch danach fieht?"
jemanden
,, D, altehrwürdige Reliquie aus dem grauen Altertum!" antwortete der junge Mann. D, foffile Unwissenheit aus einem barbarischen Universum! Wissen Sie nicht, daß es int Utopien feine arbeitende Klaffe gibt? Sie starb vor ungefähr fünfzehn Jahrhunderten aus. Lohnfflaverei, Kuppelei usw. find mit ihr verschwunden. Wir lesen darüber in Büchern. Wer die Rose liebt, muß der Rose dienen er selbst!"
,, Aber ihr arbeitet."
,, Nicht für Lohn, nicht weil irgend jemand anderer irgend etwas liebt oder begehrt und zu faul ist, um es zu fördern oder es selbst zu erwerben. Wir arbeiten als ein Teil des Gehirnes, als ein Teil des Willens von Utopien." ,, Darf ich fragen in welcher Weise?" ., Ich erforsche das Innere unseres Planeten, ich studiere Hochdruck- Chemie. Und mein Freund
Er fragte seinen Freund, dessen dunkles Gesicht und braune Augen plöglich aus den Blütenwogen auftauchten. bereite Nahrung."
Mr Barnstaple hatte nie zuvor solche Rosen gesehen, wie die beiden sie hier pflegten. Ihr Duft erfüllte die Luft. Er wußte nicht, daß es im Gebirge gefüllte Rosen geben könne. Er hatte hellrote einzeln wachsende Arten hoch oben in der Schweiz gesehen, aber feine so riesigen, großblumigen Ungestüme, wie diese. Sie ließen ihre Blätter verfümmern. Ihr Gehölz bestand aus langen, dornigen, purpurgestreiften ,, Ich Stämmen, die fich weit verzweigten und an den Felsblöcken rapor fielen wie roter Schnee, wie flatternde Falter und emporrantten, an denen sie wuchsen. Ihre großen Blütenblätter wie Blutstropfen auf den meichen Boden, der zwischen den braunen Felsen eingebettet war.
beit lebe", sagte Barnstaple . Ihr seid die ersten Utopen, die ich mirklich bei der Ar
Das ist nicht unsere Arbeit", lächelte der Zunächst stehende von den beiden, ein blondhaariger, sommerfproffiger, blauäugiger Jüngling. Aber da wir für diese Rofen find, haben wir sie in Ordnung zu halten."
,, Sind es eure Rosen?"
,, Biele Leute sind der Meinung, daß diese gefüllten Gebirgsrofen mit ihren Dornen und weitverzweigten Hesten zuviel Verdruß und Plage verursachen, und viele Leute glauben, daß nur die einzeln wachsenden Rofenarten in diesen Höhen gezüchtet werden sollten, und daß diese liebliche Sorte hier oben dem Aussterben überlassen werden müßte. Sind Sie für unsere Rosen?"
Für solche Rosen wie diese?" fragte Mr. Barnstaple. Ganz und gar!"
,, But, dann bringen Sie mir meinen Karren näher heran für diesen Abfall Wir find für das gute Aussehen dieses ganzen Gestrüpps, das von hier rechts bis hinunter fast zum Wasser reicht verantwortlich."
Und ihr müßt selbst danach sehen?" Wer sonst?"
,, Ein Koch?"
eurer Erdlings- Diät. Sie ist äußerst interessant und feltham ,, So etwas Aehnliches. Gerade jezt befasse ich mich mit - aber, ich meine, ziemlich schädlich. Ich stelle eure Mahl= zeit zusammen. Ich sehe, Sie machen ein ängstliches Gesicht, aber ich habe mich gestern abend um euer Frühstück gefümmert." Er warf einen Blick auf eine winzige Armbanduhr unter der Stulpe feines Gärtnerhandschuhs.„ Es wird in ungefähr einer Stunde fertig sein. Wie war der Morgentee?"
,, Ausgezeichnet!" sagte Mr. Barnstaple.
,, Gut," fagte der dunkle Jüngling ,,, tch tat mein Bestes. Ich hoffe, das Frühstück wird ebenso zufriedenstellend sein. Ich mußte gestern abend zweihundert Kilometer nach einem Schwein fliegen, és töten. felbft ausschlachten und heraus finden, wie es geräuchert werden muß. Das Effen von Sped ist in lltopien aus der Mede gekommen. Ich hoffe, Sie werDen mit meinen Spedfeiten zufrieden sein."
Das Räuchern scheint rajend schnell gegangen zu fein wegen einer Spedchnitte," sagte Mr. Barnstaple, wir wären auch ohne sie ausgekommen."
Ihr Wartführer legte solchen Wert darauf." Der blonde Jüngling fämpfte sich aus dem Gestrüpp heraus und schob seine Karre fort. Mr. Barnstaple wünschte dem dunklen Jüngling Guten Morgen"..
,, Warum follte es tein guter Morgen sein?" fragte ( Fortjegung folgt.)
dieser.