Entsendung
ciner zivilen Untersuchungstommiffion.
W. Schw. Genf , 5. März.( Eigenbericht.) Veber den am meisten mit Explosivstoffen geladenen Gegenstand der Rätstagung, die
wurde in den heutigen Borbesprechungen eine Einigung noch nicht erzielt. Stresemann und Briand unterhielten sich amar längere Zeit, ebenso Chamberlain und Scialoja, aber es ist zur Stunde noch nicht abzusehen, wie der Rat die Brüs tierung durch Ungarn zurücweisen wird. Der Antrag der Kleinen Entente auf Entfendung einer Untersuchungstommission steht zwar auf der morgigen Tagesordnung, aber er wird zunächst in nichtöffentlich er Sigung beraten. An fich sieht das aus gearbeitete Untersuchungsverfahren die Entfendung einer Militarfommission an den Ort des Deliftes vor. Es ist aber nicht aus geschlossen, daß man sich darauf einigt, in diesem Falle einer be fonderen zivilen Kommission die Untersuchung anzuvertrauen. Die Stellung derjenigen nämlich, die ein scharfes Borgehen gegen die Ungarn fordern, wie der Kleinen Entente , ist dadurch erschwert, daß der Waffenhandel, den sie Ungarn vorwerfen, ihnen selbst erlaubt ist. So wäre es wünschensmert, bei dieser Gelegenheit gegen den internationalen Waffenhandel im allgemeinen norzugehen. Andererseits erfordert es die Autorität des Bölker bundes unbedingt, daß Ungarn zur Rechenschaft gezogen wird. Wenn die deutsche Rechtspresse aber gegen diese selbstverständliche Aufgabe der internationalen Gemeinschaft aufbegehrt, dann gibt fie damit aller Belt die Bermutung an die Hand, daß Deutschland und die Reichswehr eine Untersuchung ablehnen, weil sie sie zu fürchten haben.
Die erste Sigung des Rates.
W. Schw. Genf , 5. März( Eigenbericht.) Der Rat begann unter Borsiz des Kolumbiers Urrutia heute morgen eine umfangreiche Tagesordnung von 30 Bunften abzuarbeiten. In vertraulicher Sizung gab es einen Kampf um das Recht der Danziger Eisenbahnarbeiter und angestellten, den polnischen Staat vor Danziger Gerichten wegen ungerechtfertigter Entlassungen usw. zur Rechenschaft zu ziehen. Der Haager Schieds. gerichtshof hat foeben zugunsten ber Arbeiter entschieden. Das Gutachten fag dem Rat zur Annahme vor. Der Pole versuchte, die Beratung bis zur Junitagung zu verschieben, was ihm aber nicht gelang Gie wird in einigen Tagen erledigt werden. ( Inzwischen ist aber am Freitag, wie WIB. aus Danzig meldet, zwischen der Danziger und der polnischen Regierung ein b tommen paraphiert worden, wonach fich beide Teile verpflichten, das Haager. Gutachten als maßgebend zu betrachten. Gemäß dieser Bereinbarung sollte der Rat erjudt werden, die Angelegenheit als geregelt anzusehen und non der Tagesordnung abzulegen. Sollte diese erfreuliche direfie Bereinbarung den Delega tionen in Genf bis gestern unbekannt geblieben sein? Rad. d. 2.
Nach diefem fozialen Rampf fpielte in den Rat ein Ber faffungstempf hinein. Die portugiesische Diktaturregierung hatte eine Sanierung nach dem Muft er von Desterreich Durch den Bölkerbund beantragt. Jetzt haben die republifanifchen Bartelen Portugals hem Bölferhund gefchleben, fle müthen eine dem Militärregime gewährte. Anleihe nicht anerkennen, fie nicht versinfen und sie nicht zurüd zahlen. Darob entstand unter den Finanz männern des Böfferbundes eine große Ratfnfigteit, und ein Ausschuß soll sehen, wie man dem englisch - französisch- belgischen Finanzfapital froß dieses Einspruches bas Geschäft ermöglichen fann.
Schliche des Bölferrechtes.
W. Schw. Genf , 5. März.( Eigenbericht.) Der Sicherheitsausfub fabrizierte heute eine Reihe von Refolutionen, die die Gedanken des Genfer Protofolls zum Zeil mieder aufnehmen, zum Teil wieder umbiegen. Morgen wird die Sicherheitstagung voraussichtlich zu Ende gehen. Es wird erst dann möglich sein, ein Urteil derüber abzugeben, ob die täglich achtstündige Komiteearbeit, zwei Wochen hindurch, irgendwie einen Fortschritt über das heute geltende Völkerrecht
hinaus bietet.
In der Debatte empfand der Engländer Cord Cushenduu die 3meideutigkeit, die darin liegt, daß England die Schiedspflicht für sich ablehnt, fie aber anderen Staaten empfiehlt. Er versuchte seine Regierung mit dem Argument weißzuwaschen, daß die Beziehungen seines Landes zu anderen Staaten so viel gestaltig feien, daß sie sich nicht über den einen Kamm des Schiedsgerichtsverfahrens scheren ließen. Er fand aber mit dieser These einen Anflang.
ens Mehr Arbeiter!
Zentrumsminister Sirtsiofer berlanate in Duis burg , daß das Zentrum mehr Arbeitervertreter in den Reichstag und in leitende Posten entsende.
Aber, bitte, nicht drängeln!
Sozialistischer Fortschritt in Polen .
61 PPS.Mandate statt 44.- Pilsudskis Wahlerfolg.
Warschau , 5. März.( Eigenbericht.) Das endgültige Wahlresultat aus dem ganzen Lande liegt vor.. Danach haben von den wichtig sten Listen erlangt: 111 Manbate
Regierungswahlblod Viljudskis. Inische Sozialistische Partei, die bekanntlich eine Wahlgemeinschaft mit den Bauernpartei Befreiung", die auf dem deutschen Sozialisten hat sozialistischen Standpunkt und in der Opposition steht
Rationale Arbeiterpartei
trainische Bauernpartei Selrob, rechte
51
30
8
5
linfe
4
21
6
46
Bauernpartei( regierungsfreundliche) Stommunisten 3ionisten Minderheitenblod
Weißzufüsche Hromada:( die bekanntlich in uner hörter Weise von der Regierung terrorisiert wurde) Bereinigte fatholisch nationale Rechts
parteien
4
58
Die übrigen Mandate verteilen fich auf Eleinere Lofalijten. Die einzelnen Mandatsziffern werben noch durch die prämienartige Berteilung der Mandate der jo genannten Staatsliste, die den stärkeren Listen zu gute tommt, eine Verstärkung erfahren. So dürfte bie Regierungspartei 130 Abgeordnete im tommenden Parlament zählen. Die polnischen zialisten, die im alten Sejm 44 Site innehatten, werden nun 61 Mandate besitzen. Der Minder heitenblock dürfte sich auf 55 Mandate erhöhen.
Welchen Anteil an dem Wahlerfolg der polnischen Regierungslisten Terror der Behörden und willkürliche Kassierung oppositioneller Kandidaturen samt den darauf entfallenen Stimmen hat, das wird zahlenmäßig faum jemals genau festgestellt werden. Die Regierung Pilsudski wird dem Parlament eine ftrenge Wahlprüfung gar nicht gestatten. Allein, wie groß der Wahlschwindet auch war mit ihm allein hätte die Regierung nicht diesen großen Erfolg erringen tönnen. Was ist der Grund?
Das Regierungslager bezeichnete als sein Biel die Zu= sammenarbeit mit der Regierung zur SaAm Schluß der Sigung wurde eine wichtige Frage geflärt. nierung Bolens. Da das Regime Bilsudfft unleugDer chinesische Vertreter erhob Einspruch gegen die Annahme bar gegen die tief eingefressene und weitverbreitete Koreines allgemeinen Garantievertragsentwurfes, in dem es heißt, daß ruption energisch vorzugehen begonnen hat, ist es begreiflich, die Rechte eines Staates nur mit seiner Zustimmung geändert werden daß breite Massen Bertrauen in diesen Kurs sezen, zumal dürfen. Der Chinese ging von dem Gefichtspunkt aus, daß China von ihm der Nationalheld, der Vorfämpfer der nationalen den seit 80 Jahren mit den imperialistischen Mächten geschlossenen Wiedergeburt Namen und Führung gibt. Wenn der unungerechten Handelsverträgen auch gegen deren Bitten leugbar antiparlamentarische Charakter dieser Regierung fostommen dürfe. Er vermutete, daß mit dieser Formulierung das nicht stärkere Auflehnung hervorgerufen hat, zu der das Revisionsverfahren des Völkerbundes für überlebte Bergefahrlose Mittel des Stimmzettels zur Verfügung stand, so träge ausgeschaltet werden sollte. beweist dies wohl, daß das Parlament nicht besonders tiefe Nun aber enthielt schon der deutsch polnische Schieds Wurzeln im Bolf geschlagen hat: nicht sehr erstaunlich bei vertrag jeneit Hinweis auf die Rechte der Staaten, die mir mit Bölkern, die allejamt in ganz oder halbabfolutistischer Zeit ihrer eigenen Buftimmung geändert merben bürfen. Der Präsident aufgewachsen sind und denen die junge Demokratie der Redes Sicherheitsausschusses, der tschechische Außenminister Benejch. publif Bolen durch Präsidentenmord, Parteinerbote und begriff fofort, baß die deutschen Bertreter min dem Chinesen Pilsudski - Putsch nicht gerade geheiligt morden ist; noch gar und damit aller Welt erffären würden, daß davon feine Rebe nicht zu reden von den Minderheitvölkern, denen die Ber fein könne, und daß das Revisionsverfahren unsprechungen der Berfassung nicht erfüllt wurden, die freilich bebelligt von den Garantieverträgen erhalten bleiben würde. Gr auf der anderen Seite im Parlament ihre einzige freie Triftellte das jofort felber fest, so daß sich damit eine deutsche Er- büne sahen. Der Bert diefer Tribüne verringerte sich aber flärung erübrigte. Damit ist auch die seinerzeit non dem Deutsch in dem Maße, wie das Barlament willkürlich vertagt und nationalen, Freiherrn v. Freyy tagh- 2oringbonen auf geschlossen wurde. gestellte Behauptung widerlegt, daß die Berträge von Locarno aud) eine friedliche Grenzrevision im Often unmöglich gemacht hätten.
Die hammerwahl in Frankreich ift endgültig auf den 22. April, die Stichwahlen sind auf den 29. April festgefest.
Bromberg heißt jetzt amtlich polnisch Bydgoszcz . Die deutsch fozialistische Boltszeitung" und auch ein deutsch - bürgerliches Blatt maren angeflagt morden, weil sie als Wohnort bes Berantwortlichen Bromberg " angegeben haben, fie find aber in beiden Instanzen freigesprochen morben.
Eine Samojeden- Somjefrepublit wird qufgetan; fle wird aus Teilen der Gouvernements Archangelst, Ural und Tobolsk bestehen, also beiderseits ber geographischen Grenze zwischen Europa und Aften liegen
Die schwere Niederlage der Rechten, der Nationals Demokraten, Nationalen Arbeiterpartei, Klerifolen usw. ift ein höchst erfreuliches Zeichen für die Abkehr Dom Uebernationalismus und den Willen zur Berständigung mit den Nachbarstaaten Goviel auch vom Standpunkt ber Demokratie gegen das Regime. Bilfudffi einzuwenden ist man darf es aber nicht etwa als faschistisch ansehen so unzweifelhaft. hat dieses Regime außenpolitisch Frieden und Berständigung gefucht und gefördert. Sein Bernichtungstampf gegen die Rechte, wenn auch nicht von außenpolitischen Gründen bestimmt, wirft in derselben Richtung.
Der Charakter der Gejmwahl als eines Sieges über ben ertremen Nationalismus wird besonders unterstrichen durch den Wahlerfolg der Sozialdemo
fratie. Noch ist zwar nicht bekannt, ab ein Mandat gewinn der Sozialisten eintritt und wie groß er ist, aber die Teilergebniffe, zeigen überall Steigerung der sozia listischen Stimmenzahl in einem Wahlkampf, wo schon Behauptung des Befißstandes ein großer Erfolg wäre.
Der Mandatgewinn der Sozialisten. Warschaut, 5. März.( Eigenbericht.) Der Verlust von zwei sozialistischen Mandaten in Warschau , der lediglich auf ungeschichte Politik der Lokalen Parteiinstanzen zurückzuführen ist, und die Einbuße einiger anderer Mandate founte in anderen Wahlkreisen nicht nur ausgeglichen werden, jonderu fällt angesichts des großen Erfolges der Sozia listenstimmen in der Probing nicht ins Gewicht. Die Polnische Sozialistische Partei hat in einer Anzahl Besirke ihre Mandatzahl von 34 bei den Barlamentswahlen im Jahre 1922 auf 51 steigern tönnen. Da ihr außerdem noch mehrere Mandate auf der Staatsliste ficher find, dürfte sich the Befihstand von 44 Abgc= rednetewide often Sejm auf 61 erhöhen. -Das Märchen non der tommunistischen Gefahr, mit dem die Regierung ihre Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Kommunistische Partei begründet, hat sich als haltlos ermiefen. Es ist mit 100 bis 110 Manbaten für die Regierungsliste zu rechnen. Dieses Ergebnis hält ber ehemalige Senator Rostowfti, der im„ Kurjer Warszawski" das Wahlergebnis bespricht, für nicht sehr günstig; wenn man es mit der überaus scharfen Bahlagitation der Regierung vergleiche, mit den Mitteln, die ihr zur Berfügung standen und die sie auch in vollem Umfang ausgemukt hat, hätte sie einen weit größeren Sieg erlangen müssen. Um so größere Beachtung verdiene daher bas der die fozialistischen. Stimmen; Anwachsen Arbeiter hätten sich durch die Bahlmäßchen der Regierung nicht verwirren lassen. Sie haben geschlossen für die Sozialisten gestimmt, während die Rechte um die Hälfte geschwacht hervorgeht.
Die Deutschen haben bei der Sejmwahl einen großen Erfolg errungen. In Bommerellen und Bosen steigt die deutsche Bertretung von drei auf sieben Mandate( davon ein sozialistisches in Bromberg ). In Dstoberschlesien und in dem ehemals österreichisch- schlesischen Teilgebiet behaupteten sie nicht nur ihre fünf Mandate( zwei Kattowiß, zwei Königshütte und eins TeschenBles), sondern gewinnen noch ein sechstes in Teschen - Bleß. Es erhöht sich somit die deutsche Bertretung in Bolnisch- Schlesien do a acht auf dreizehn Mandate.
In Kongreß polen scheint sicher, daß die Deutschen in loclawek ein Mandat und ein zweites im Landbezirk Lodz behauptet haben. Hingegen ist das deutsch - bürgerliche Mandat im Stadtkreis Lodz durch den Anschluß der deutschen sozialdemokra tischen Arbeiterpartei an die polnische Sozialdemokratie perloren gegangen. Dafür wurde auf der polnisch- sozialistischen Lifte ber Stadt Lodz ein Deutscher( Stronig) gewählt. Auf der Staatsliste find den Deutschen vorfäufig zwei Mandate sicher; ob noch weitere hinzukommen, wird zum großen Teil von dem Erfolg des Minderbeitenblods im Dften, in der Utraine und Weißrußland abhängen.
bisher vorliegenden Ergebnis 17.1284 gegen 100570 StimIn Polnisch- Oberschlesien hat die deutsche Minderheit nach dem men im Jahre 1922 aufgebracht. Damit wurden sechs Mandate gegenüber fieben des Regierungsblods, drei der Korfantn- Partei und eins der Sozialisten besetzt.
nämlich der in Bromberg ansässige Oberlehrer Ferdinand Lang, Anch in Galizien ist ein Deutschbürgerlicher gewählt, der aus Galizien gebürtig ist, in 2emberg.
Polizeiterror.
Roch am Borabend der Wahl wütete der Terror der Behörden felbit in Barfchau, mie erst in der Provinz, vor allem gegen die Sozialisten, beren Wahlversammlungen verboten und deren Agitatoren zu einem großen Teil berhaftet wurden. In Bialostod murden 13 Arbeiter fejtgenonumen, peil sie Flugblätter gegen die Regierungspartei verbreiteten. In Binst murde bie Wählerschaft non ber Bolizei gezwungen für bie Regierungslishe zu stimmen,