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BERLIN  Dienstag,

13. März

DEC sty

Der Abend

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Nr. 124

B 62 45. Jahrgang.

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Groener gibt Geßler preis!

Der Marinesfandal.

Erklärungen Groeners im Ausschuß.

Im Hauptausschuß des Reichstags begann heute früh die Be fprechung des gestern veröffentlichten Berichtes über die Geschäfte der Reichsmarine, von dem wir längere Auszüge bereits gebracht haben.

Rar Beginn der Beratung verlangte der fommunistische Abge­oronete Stöder fofortige Borlegung des pollständigen Sämisch­Berichtes. Der Bericht, der nach einer Vereinbarung des Reichs­Panzlers mit den Parteiführern, außer den kommunistischen, nut­mehr vorliege, bedeute eine Brovokation der Deffentlichkeit gegen­über dem Ausschußantrag. In dem vorgelegten Bericht sei alles ausgemerzt, was politisch wichtig und wertnoll sei.

Abg. Müller- Franken bezeichnete die Behauptung Stöckers, daß bie Sozialdemokraten mit dem Reichskanzler irgendwelche Ber­fchleierungen vereinbart haben, als glatte llnwahrheit. Im Gegenteil sei die ganze Rede von Stöder ein Manöver, um die endlich und dringend notwendige Aufklärung aufzuhalten. Deß der Bericht nicht gezeichnet sei, sei ein Fehler. Ob man evil einzelne Partien des Berichts in geheimer Sigung behandeln müffe, werde zu überlegen sein. Zunächst sei das Wichtigste, daß endlich ein mal angefangen werde. Alles weitere werde. fich dann aus der Debatte ergeben.

In der Aussprache bemerkte der sozialdemokratische Abg. Heinig, fomeit ihm befannt, bestehe ei..

Rechtfertigungsbericht Lohmanns

an die Marine. Es sei wünschenswert, daß dieser vorgelegt werde. Der Bericht selbst sei unvollständig und unzulänglich. Er erschöpfe fich in Kleinigkeiten und öffne allen Vermutungen Tür und Tor durch das, was er verschweigt. Ganz feltsam sei, daß

bei allen Geschäften Treuhänder mitspielen, und das gerade diese Treuhänder diejenigen zu sein scheinen, die die größten Geschäfte gemacht haben.

O

Um deren

Die Sozialdemokratie verlange auf Grund der Reichshaushalts­ordnung die Vorlegung aller Phoebus Berträge. Sie merde sonst die im Nachtragsetat verlangten millionen zur Ab­deckung der Verluste nicht bewilligen. Höchst merkwürdig sei auch die sogenannte Bacon Artion. Bisher seien im ganzen höchstens 300 Schweine geschlachtet worden. Transport nach England zu bewältigen, habe man eigene Transportdampfer gebaut. Oder sollten diese Transport­dampfer für andere Zwecke bestimmt gewesen sein? Es werde be­hauptet, daß der Kauf des Hauses am Tiergarten und zahlreiche andere Projette von Lohmann nicht zu seinem Spezialvergnügen, sondern auf direkte Beranlaffung des Marineamtes vorgenommen seien. Wie stehe es mit der Behauptung, daß die Marineabteilung gemeinsam mit der ruffischen Regierung 1926 in Moskau   einen Flugzeugpart und Flugzeuggeschwader unterhalten habe? Die Reichshaushaltsordnung sei auf das schwerste ver­legt. Jedenfalls aber müffe die Liquidation aller Unter­nehmungen sofort dem Finanzministerium übertragen werden. Außerdem fei eine Aufstellung der Ausgaben der See transportabteilung, der bisherigen Verluste und der voraussichtlich noch entstehenden Verluste zu verlangen.

Der Demokrat Haas bezeichnete die Art und Weise, wie man

jetzt die ganze Schuld dem Kapitän Lohmann aufzubürden suche, als wenig schön. Er versuchte dann besonders seinen Parteifreund, ben früheren Finanzminister Reinhold, von einer Mitschuld an den Borgängen reinzuwaschen.

Der Kommunist Schneller verlas einen langen Bericht, der an­geblich ein Teil des Sänisch- Berichts sein sollte. Unmittelbar nach ihm erklärte der Wehrminister Gröner, daß von dem verlesenen Bericht nicht ein Wort in dem fogenannten Sämisch- Bericht stehe. Der verlesene Bericht stamme wohl aus einer Fälscherwert it att.

Der sozialdemokratische Abgeordnete Leber stellt fest, daß es sich der Bericht sehr leicht gemacht hat. Zum Beispiel wird da behauptet, daß del Angestellte gegen die Trayag Beschuldigungen erhoben hätten, die haltlos gewesen seien. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Man hat es ihnen unmöglich gemacht, ihre Be­hauptungen zu beweisen.

In den Lohmann- Geschäften wurden nicht nur millionen deutscher Reichsgelder illegal ausgegeben, sondern in unverantwortlicher Weise verschleudert. In Travemünde   z. B. eriftieren zwei Lohmann- Gründungen: die befannten Raspar. Werte und die sogenannte Trayag( Travemünder   Jachthafen Aktien- Gesellschaft). Später wurden diese beiden Betriebe zu einer Intereffengemeinschaft verschmolzen

( Fortsetzung auf der 2. Seite.)

Der Mörder war eine Frau!

Aufklärung des Mordes in der Charlottenstraße.

Die Bemühungen der Kriminalpolizei, den Mörder

zu finden, der gestern abend das Berbrechen im Hause Charloffenstraße 79 verübte, sind in der Mittags­ffunde von Erfolg gefrönt worden: Der Mörder ist eine Frau!

Amtlich wird berichtet:

Die unter dem Verdacht des Mordes an der Boten­frau Schüler verhaftete 24jährige Kontoristin Erna Anthony hat nunmehr nach hartnäckigem Zeugnen ein Geständnis abgelegt. Der Beweggrund der Tat liegt in Streitigkeiten, die bereits seit längerer Zeit zwischen beiden Frauen bestanden.

Ueber die Ermittelungen der Polizei, vor dem Geständnis der Mörderin wurde im einzelnen bekannt:

Die Leiche der ermordeten Frau Anna Schüler geb. Linom murde gestern abend von Prof. Dr. Strauch an Ort und Stelle noch genauer besichtigt. Es ergab sich, daß der Mörder seinem

Die ermordete Frau Anna Schüler.

Opfer drei furchtbare Schnitte beigebracht hat. Wahr. scheinlich hat er die Frau von hinten angefallen. Ein Schnitt geht ein zweiter von dort aus in entgegengesetzter Richtung bis nach dem von der linken Halsseite über die Kehle bis hinter das rechte Ohr, linken Ohr hinüber. Ein dritter hat die rechte Wange unterhalb des Auges bis zur Nase aufgespalten. Es handelt sich um lang gezogene Schnitte. Die beiden ersten gehen bis auf den Halswirbel, den sie bloßlegten. So ist es kein Wunder, daß der Bluterguß sehr start mar. Der Mörder muß sich deshalb auch nicht nur an den Händen, sondern auch an der

Kleidung ftark besudelt

haben. Das geht auch aus den Spuren hervor, die er on mehre. ren Stellen hinterlassen hat. Er war so mit Blut bedeckt, daß es überall von seinen Händen und der Kleidung tropfte. Bon dem Flurfenster aus ist er die Treppe wieder hinuntergegangen und hat hinter der Bordertür gestanden, um durch deren Glasscheibe Sie Straße zu beobachten. Dann ist er hinaus und schräg über die Straße hinweg in das Haus Nr. 17 hineingegangen. Hier versuchte er, in einen Steller zu gelangen, drückte auf die Klinte, fand aber die Tür verschlossen. Jegt begab er sich zum Müllt aften, suchte dort eine Zeitung heraus, trocknete an ihr Hände und Kleider ab und warf sie wieder hinein. Diese Zeitung, auf die später nach Müll geschüttet worden war, wurde noch im Laufe der Nacht blut durchtränkt gefunden. Notdürftig gesäubert verließ der Mörder das Haus und ging zwei Häuser weiter, bis zur Druderei von Tauffg, an der Ede der Schüßenstraße. Hier liegt die Halte stelle der Straßenbahnlinien 9, 32, 132, 96, 99 und 199, die in der Richtung nach dem Lindentunnel und dem Schloßplay verkehren. Der Täter stellte sich aber nicht unmittelbar an der Haltestelle auf, meil ihm hier der Berkehr bei Geschäftsschluß mohl

Der Seitenflügel des alten Hauses Charlottenstraße 79 in dem die Tat geschah.

zu start war. Er stieg, wie weitere Blutspuren zeigen, die paar Stufen zu dem Eingang der Druckerei empor und drückte sich dort in die finte Türede, um so eine Gelegenheit zum Beglommen ab zumarten. Beim Nachlassen des Verkehrs mag er dann einen Wagen der einen oder der anderen Linie bestiegen haben.

Für die Zeit, in der das Verbrechen verübt sein fann, fommt nur die halbe Stunde von 6 Uhr 10 Minuten bis

6 Uhr 45 minuten in Betracht. Um 6 Uhr 10 Minuten hat man Frau Schüler an der Kabuse, dem Ofen und der Toilette noch framen fehen. 2m 6 2hr 45 minuten ist die Leiche gefunden worden. Daß sich die Frau noch so spät an der Stelle aufgehalten sie einen Brief nach der Lindenstraße besorgen, dann Feierabend und beschäftigt hat, ist bisher ganz unerffärlich. Um 3 Uhr sollte machen und nach ihrer Wohnung in der Neuenburger Straße 18a gehen. Das alles hat sie nicht getan. Statt dessen ist sie in der

Zwischenzeit

zu einem unbekannten Zwede zweimal mit der Straßenbahn und einmal mit der Untergrundbahn irgendwohin gefahren. Die Fahrten müssen furz hintereinander stattgefunden haben, denn fomohl die beiden Straßenbahnfahrscheine als die Untergrundbahn­farte find um 17% Uhr gelocht.

Frau Schüler wird von den Geschäftsinhabern als eine fleißige, stille und ruhige Frau geschildert, die nie mit jemandem Streit hatte. Sie war stets sehr dankbar, wenn man sie etwas früher entließ, damit fie ihr Hauswefen besorgen tonnte. Mit ihrem Manne lebte fie in glüdlicher Ehe. Auch an ihren beiden Kindern, einem 14jährigen Sohn, der jegt eingesegnet wird, und einer 8jährigen Tochter hing, sie sehr. Festgestellt ist, daß sich Frau Schüler gestern 10 Mart hat geben lassen. Bei der Ermor beten fand man aber nur noch 1,45 Mart. Bo das Geld geblieben ist, ist noch nicht geklärt.

Die Hetze des Landbundes.

Berichte auf der 2. Seite.