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Ir.-135- 45. Jahrgang So»miag,-tS. März-tS2S
Ms im letzten Frühsommer Berlin   unter dem Zeichen der Wochenendausstellung stand und alle Welt vom Wochen- «ndrausch ergriffen wurde, stellt« sich bald heraus: Das wichtigste fehlte, um der schönen Idee zum vollen Siege zu verhelfen, das Geld! Oer teure Wochenendausflug. Wochenende 50 bis 100 Kilometer von Berlin   entfernt abzu­halten. dort, wo die Mark es wagen darf, sich mit Thüringen  oder gar dem Schwarzwald   zu vergleichen war der Börse de» kleine« Mannes, des Arbeiters, des Angestellten, des Beamten. aber auch den Angehörigen der freien Berufe, wohl einmal im Sommer«ergönnt. Eine solche Fahrt alle Sonnabend zu wieder- holen, dabei mit Familie selbst noch so billig zu übernachten, Jvis wäre ein« Belastung des Budgets gewesen, die nur
Lo sollte es sein!
leichtsinnig veranlagt« Familienväter aus sich nehmen konnten. Da der trübselige nasse Sommer mit den meist extra ver- regneten Sonntagen die Wanderlust an und für sich schon zähmt«. wurde die ganze Wochenendfrage nicht so akut man begnügte sich Jii« 21 u 5 f l Ü g e n, Lei. denen Strotzenbahn und' Dorortverkehr als Fortbewegiingsmittel dienten..Sechst higr. in.der A.U s n u tz.U. n g des Borortvertehrs küs zu seinen äußersten Endpunkten, die knapp dahinter liegen, wo Grotz-Berlin   aufhört, zeigt sich das finanzielle Moment als Gegner der so schönen Idee. Eisenbahntarif bei 30' Kilometer 50 bis 50 Pf., macht bei einer r>i»r- bis fünsköpsigen Familie 4 bis 5 Mark, dazu kommen noch womöglich Berliner   Stratzenbabn- oder Autobusunkosten: ein ganz nettes kleines Kapital mutz ausgegeben werden, wenn man hiisr einmal zu einem herzerhcbenden Eindruck der Natur gelangen will. Damals ist mit Nachdruck auf die schöne holländische Sitte hingewiesen worden, dotz für den Sonmogsousfluzsverkehr alle Bahnen denkbar niedrige«ätze haben, so dah ein wirklicher Derkehr der Bolksmengen auch auf weite Strecken hin . stattfinden kann.
Menschen, Göttern gleich... 47] Roman von Herbert George Wells  . 4. Einen Augenblick," sagte Mr. Hunker,nur einen Augenblick. Wegen dieses Weltreichs-- 1" Ganz recht," sagte M. Dupont, der plötzlich aus einem romantischen Tagtraum erwachte,wegen Ihres Welt- reichs--!" Mr. Cattskill betrachtete sie gedankenvoll und abweisend. Wenn ich Weltreich sage, so meine ich es im umfassendsten Sinne." Ganz recht," fiel M. Dupont ein. Ich habe im allgemeinen an unsere Atlantische Zivilisation gedacht." Mein Herr, ehe Sie anfangen, über die angelsächsische Gemeinschaft und über die englischsprechende Rasse zu reden," sagte M. Dupont mit zunehmender Schroffheit im Ton,ge- statten Sie. mein Herr, daß ich Sie an eine sehr bedeutende Tatsache erinnere, die Sie zu übersehen scheinen. Die Sprache Utopiens, mein Herr, ist französisch. Ich möchte Sie daran erinern. Ich kann nicht umhin, es in Ihr Gedächtnis zurück- zurufen. Ich will hier nicht betonen, welche Opfer und Martyrien Frankreich   im Namen der Zivilisation auf sich ge­nommen hat--" Die Stimme Mr. Burleighs unterbrach:Ein sehr natürliches Mißverständnis. Aber wenn Sie die Aufklärung entschuldigen wollen, die Sprache Utopiens ist nicht französisch." Natürlich hat M. Dupont überlegte Mr. Barnstaple, die Erklärung, der schwer verständlichen sprachlichen Berhältnisie nicht gehört. Gestatten Sie, mein Herr, daß ich den Beweisen, die mir meine eigenen Ohren bieten, glaube." erwiderte der Franzose mu würdevoller Höflichkeit.Die Utopen. ich kann Sie dessen versichern, sprechen französisch nur franzö- fisch_ und zwar ein ausgezeichnetes Französisch." Sie sprechen keine Sprache, überhaupt keine Sprache," sagte Mr. Burleigh. Nicht einmal englisch? spöttelte Duvont. Nicht einmal englisch." Vielleicht völkerbündisch? Aber bah, warum streite ich? Sie sprechen französisch. Nicht einmal ein Deutscher würde das leugnen. Man muß schon ein Engländer sein---" '.Ei» reizender Streit," dachte Mr. Barnstaple. Es war
Man wird sich dieser Forderung gewih annehmen, denn erst dann, wenn der Höchstbetrag des Veförderungspreises im Derhältms zu den sonstigen Zlufenthaltskosten(Essen  , Trinken, Schlafen) ein Minimum darstellt, kann man zu einer wahren V o l k s t ü m- l i ch t e i t der Wochenendidee gelangen. Aber darüber hinaus wäre es nicht wirklich Zeit, mal dem Grundgedanken des Vorortverkehrs zu Leibe zu gehen? Ein späteres Geschiechl wird ja die Köpf« über uns schütteln, wenn es im Museum die Abteil- wagen erblickt, die seit Menschen gedenken den Barartver- kehr vermitteln. Wer eine Stunde und darüber tagaus tagein in diesen Marterkästen zu sitzen hat, um hin zur Arbeits- statte und zurück zum Heim zu gelangen, blickt mit Neid auf die modernen 4.-Klasse-Wagen der Eilzüge... Aber nicht nur durch die Unbequemlichkeit der Fahrt, sondern auch durch den teuren Preis ist unser Dorortverkehr ausgezeichnet Der Glücklich. Unglückliche, der unter Uebernahme von Lasten aller Art sich weit ab von der Stickluft der Weltstadt ein bescheidenes Eigentum geschaffen hat, wird gewissermatzen dafür gestrast. daß er es gewagt hat. dem Ruf der Sozialpolitiker hinaus auf» Land! zu folgen. Hätten wir amerikanische Berdienstmöglichteiten. so würde er auf Ine Bahn verzichten und mit seinem Auto zur Arbeit fahren, was bald die Schaffung eigener Autostraßen nach sich ziehen müßt«. Kort mit den Marterkästen? Aber seil der größeren Ausdehnung der U-Bahue» hat auch der Berliner   einen anderen Matzstab für die Schnelligkeit der Be- sÖrderung erhalten. Mit Recht wendet er sich gegen das jetzige Grundprinzip des Borortverkehrs: je länger du lm Marterkasten sitzest, desto mehr muht du bezahlen. Dieses Prinzip mag feine'Be- rechtigung haben, wenn es gilt, einen einmalgen Orts­wechsel vorzunehmen, eine Reise anzutreten, die als Ausnahme- fall zu gelten hat. Aber hier, wo sich tagtäglich derselbe Borganz
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kein Utope anwesend, um M. Dupont aufzuklären, und so blieb dieser störrisch bei setner Meinung. Mit einem Ge- misch von Mitleid, Spott und Aerger lauschte Mr. Barn- staple dieser kleinen Schar verlorener menschlicher Wesen, die in der Dämmerung einer weiten, fremden und.mög- licherweise feindseligen Welt immer wilder und kühner über die Ansprüche ihrer drei Nationen, Utopien zu be- herrschen, miteinander stritten. Ansprüche, die ganz und gar auf Habsucht und Mißverständnissen beruhten. Ihre Stimmen stiegen schrill empor und oersanken wieder in gefühlvolle Tiefen, als die ewige Eigenschaft des nationalen Egoismus bei ihnen durchbrach. Mr. Hunker wollte nichts von irgendeinemWeltreich" hören: M. Dupont hatte für nichts anderes Ohren, als für die bevorzugten Ansprüche Frankreichs  , Mr. Catskill wand und drehte sich. Mr. Barn- staple erschien dieser Konflikt patriotischer Boreingenommen- heit wie ein Hundkgekläff auf einem sinkenden Schiff. Aber schließlich gewann Mr. Catskill, ausdauernd und erfinderisch wie er war, seinen zwei Widersachern gegenüber die Ober- Hand. Er stand am Ende der Tafel und erklärte, daß er das WortWeltreich" unüberlegt gebraucht habe und deshalb um Entschuldigung bitte. Er erklärte, daß er die ganze westliche Zivllisation im Sinn gehabt habe, als er von einem Weltreich sprach.Als ich dies sagte," wandte er sich an Mr. Hunker,meinte ich eine allgemeine Brüderschaft Gleich- gesinnter," er blickte zu M. Dupont,ich meinte unsere er- probte und unvergängliche Entente." .Es shd wenigstens keine Russen hier und auch keine Deutschen,  " sagte M. Dupont. Das ist war." sagte Lord Barralonga,wir beginnen hier mit einem Borspruna vor ihnen und können diesen Bor- sprung auch aufrechterhalten." Und ich nehme an." sagte Mr. Hunker,daß die Ja- paner ausgeschlossen sind." ,L in Grund, weshalb wir nicht von vornherein mit einer vollkommen Farbigen Sperre begannen sollten," erwog Lord BarralongaDies scheint mir eine Welt weißer Menschen zu sein." Gleichzeitig." sagte M. Dupont kühl und bestimmt, ..werden Sie entschuldigen, wenn ich Sie um eine deutlichere Definition unseres gegenwärtigen Verhältnisses zueinander ersuche und um eine Garantie, eine wirksame Garantie, daß die ungeheuren Opfer, die Frankreich   für die zivilisierte Welt gebracht hat und noch bringt, angemesiene Aner- kennung und gebührend«» Dank in diesem abenteuerlich«
abspielt, muß die Elle(wie der märkisch« Wanderer Fontane sich mit Vorliebe ausdrückt) anderswo hergenommen werden. Hier mutz das soziale Moment derart in den Dordergrund ge- stellt werden, daß all« fiskalischen, eisenbahnrechllichen Bedenken zu schweigen haben. Heul« wird man noch über diesen Stand- punkt lachen, aber über was alles hat man nicht schon gelacht? Wie das Dergangenheits-Penny-Porto zurzeit den Briefoerkedr revvlu- tionierte, so wird ein Zukunfts-Pfennlg-Taris de» Menschen­verkehr revolutioniere». Draußen liegen Tausend« von Morgen bereit,»m Hunderttausende von haus- und iandhungrigen Menschen aufzunehmen, ober der Berkehr schleppt sich in der alten Weise fort. Und iver Seitenweg« machen, z. B. von Mitten- walde über Zossen   nach Trebbin   gelangen will, der fühlt sich in die Zeit versetzt, da Karl Julius Weber   seine fünf Bände Deutschland   oder Brief« eines in Deutschland   reisenden Deutschen  " schrieb. Damals es sind setzt über 100 Jahre her beurteilt» er die Gröhc der Städte nach der Anzahl der Stunden, die er gebraucht«, um sie zu umkreisen... » Utopien fmd dazu da, um einmal Wirklichkeit zu werden. Sicher wird der eine oder der andere von uns es noch erleben, daß dieser Fall eingetreten ist!
Feinde der Märztämpser. Erinnerungen an die Zeit Wilhelms. Als l« März ISS» die linksstehend« Mehrheit der»er» liner Stadtverardnetenversammlung de» Magistrat aufforderte, zur fünfzig sie» Wiederkehr des IS. März 1848 der Gefalleue» auf dem Ehrenseld der Re» valutian würdig zu gedenken, meldete sich die Aufsicht». behörde, da» Oberpräsidium der Provinz Brandenburg  . zum Wort, um auf Grund der Slädteordnung die Durchführung dieses Beschlusses zu verbieleu. Die Stadt Berliu klagte daraufhin, aber alle Znstauzea bis zum preußische» Oberverwallungsgericht hinauf gaben ihr Unrecht. Heute braucht eine kommunale Derwoltungsstelle, die sich au- schickt, am 18. März die Toten von 1848 zu ehren, kein« Furcht mehr zu haken, daß ein reaktionärer junkerlicher Oberpräsident sich einmischt. Solcbe Oberpräsidenten, solche Regierungspräsidenten sind durch die Revolution ooin November 1918 und die Erneuerung der Verwaltung durch die republikanischen Regierungen des Frei­staates Preußen beseitigt worden! 1898, als der Wilhelminismus   in seiner Sündcnniaienblüte stand und Wilhelm die Worte von den.materlandslosen Gesellen" und dem Auisichnehman der Sozio ldemokratie" herausposaunt hotte, mar es unier großer Führer August B« b e l, der im Reichstag der Reaktion gerade am 18. März die Leviten las. Genosse Bebel sagte:Der Herr Kriegsminister(General o. Gotzler) hat erklärt, die Erinnerung an den 18. März gehöre zu dem raurigsten Blättern der deutschen  Geschichte. Ganz mit Recht hat' ihn beeits ein fortschrittlicher Ab- geordneter daran erinnert: ohne den. März kein deut­sches Reich! Ware 1648 geworden, was die damaligen Kämpfer des Voltes aus ihm niachen wollten, dann war 1870 u n- nötig, dann wäre das deutsche Reich in ganz anderer Macht und Herrlichkeit schon damals gegründet worden. Hätte damals der König von Preußen sein Wort gehalten, dann mären die. späteren Kämpfe nicht notwendig gewesen, dann brauchten wir keinen Bismarck  : um die deutsche Einheit herzustellen... IMer- essiert hat mich bei der ganzen Sache nur, dah die S o z i a l d e m a- kratie, die keinen besonderen Grund hat, den Verherrlicher einer bürgerlichen Revolution zu spielen, der einzige Verteidiger dieser bürgerlichen Revolution ist. ausgenommen der (fortschrittliche) Abgeordnete Munckel." So sprach August Bebel  . während in der gleichen Sitzung ein konservativer Abgeordneter, Herr o. Puttkamer-Plauth, die Frechheit besessen hatte,
Unternehmen finden werden... Ich verlange nur Ge- rechtigkeit!" sagte M. Dupont. 5. Die Entrüstung machte Mr. Barnstaple kühn. Er stieg von seinem hohen Sitz auf der Mauer herunter und kam an den Tisch. Sind Sie verrückt oder bin ich es?" fragte er.Dieses Gekeife über Flaggen, Länder, eingebildete Rechte und Ver- dienste es ist hoffnungslos töricht. Sind Sie sich nicht«in- mal jetzt der Lage bewußt, in der wir uns befinden?" Die Stimme oersagte ihm für einen Augenblick und dann fing er wieder an. Sind Sie unfähig, über menschliche Angelegenheiten zu denken, außer in Ausdrücken, die sich auf Flaggen, Kampfe, Eroberungen und Räubereien beziehen? Können Sie sich den Maßstab der Dinge und die Art dieser Welt, in die wir hin- eingefallen sind, nicht vorstellen? Wie ich bereits sagte, gleichen wir einer Bande von Wilden auf einem Rummel­platz in Carls Court, die ein Komplott zur Unterwerfung Londons   schmieden. Wir gleichen unterdrückten Kannibalen im Herzen einer großen Stadt, die vom Aufleben ihrer alten und vergessenen Scheußlichkeiten träumen. Was für Aus- sichten haben wir in diesem phantastischen Kampf?" Mr. Ridley sagte tadelnd:Sic vergessen olles, was man Ihnen eben gesagt hat, alles. Die halbe Bevölkerung hat Faulenzia und Malern. Und in ganz Utopien gibt es keinen gesunden Äampfwillen mehr." Ganz richtig!" sagte Mr. Catskill. Gut. angenommen. Sie hätten Aussichten. Wenn das Ihren Plan hoffnungsvoller macht, so macht es ihn um so fürchterlicher. Hier sind wir allen Beschwerden unserer Zeit enthoben, wir befinden uns in einer Bision, in einer Wirk- lichkeit von Zivilisation, wie sie unsere Welt nur in einer Reihe van Jahrhunderten zu erreichen hoffen kann. Hier ist eine Welt, friedlich, prächtig, glücklich, voll von Weisheit und Hoffnung. Wenn unsere winzige Kraft und unsere niedrige Schlauheit es zustandezubringen kann, müssen wir sie ganz und gar zertrümmern. Wir planen die Zerstörung einer Welt. Ich sage Ihnen, dies ist kein Wenteuer. es ist ein Derbrechen, es ist eine Ungeheuerlichkeit: ich will nicht daran teilhaben. Ich bin gegen Sie bei diesem Unternehmen." Pater Amerton wollte sprechen, ober Mr. Burleigh hielt ihn durch eine Bewegung zurück. Was würden Sie uns vorschlagen zu tun?" fragte Mr. Burleigh.(F-rtsetzung folgt.)