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Morgenausgabe

Nr. 137

45. Jahrgang

A 69

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Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Mittwoch 21. März 1928

Groß- Berlin 10 Pt.

Auswärts 15 Pf.

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Die et Ripattige Ronparetezele 80 Pfennig Reflamezeile 5.- Reichs. wart Kleine Anzeigen" das fettge brudte Bort 25 Pfennig( zuläffig zwet fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Pfennig Stellengesuche das erste Bort 15 Pfennig, jedes weitere Bort 10 Pfennig Worte über 15 Buchstaben sählen für gmer Worte Arbeitsmarkt 916 Beile 60 Brennig Familianzeigen für Abonnenten Zeite 40 Pfennig Anzeigen annahme im Hauptgeschäft Linden silud noiteslapiedal Straße 3. wochentagl von 8%, bis 17 Ube

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-297 Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin

Vorwärts- Verlag G. m. b. H.

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Der Aufruhr von Langenöls.

Das Landbund Organ hetzt weiter.

Breslau , 20. März.( WTB.) Nach amtlicher Feststellung sind die Meldungen über Ver legungen von Teilnehmern bei den Borgängen in Langenöls, Kreis Rimptsch, nicht richtig. Die Schußpolizei hat zwar von Gummifnüppeln Gebrauch machen müssen, aber Berlegte hat es nicht gegeben. Es ist ferner unrichtig, daß Maschinen­gewehre aufgefahren wurden.

Die Schutzpolizei hat überhaupt teine Maschinengewehre mit sich geführt, sondern es sind lediglich die Karabiner und die Maschinenpistolen geladen worden. Regierungspräsident Jaenide hat sich gleich nach Bekanntwerden der Ereignisse an Ort und Stelle begeben, um mit den maßgebenden Persönlichkeiten des Landbundes die Lage zu besprechen und dafür Sorge zu tragen, daß es morgen bei einem in Langenöls anberaumten Bersteigerungstermin nicht aber mals zu Unruhen tommt. Der Regierungspräsident hat den Landrat des Kreises Nimptsch, Sen bold, der zurzeit an den Beratungen des Staatsrates in Berlin teilnimmt, telephonisch zu­rüdberufen. Morgen früh wird der Landrat an Ort und Stelle sein.

Breslau , 20. März.( Eigenbericht.)

Nach den bisherigen Feststellungen ist es in Langenöls auf fol­gende Weise zu dem bekannten Zusammenstoß getommen: Während der Bersteigerung gab ein Erwerbsloser ein Angebot auf ein Schwein unter der Tage ab und erhielt den Zuschlag. Der den Kreislandbund Nimptsch führende Ritterguts befizer Schimpf mies daraufhin die Umstehenden auf den Erwerb des Schweines durch den Erwerbslosen hin und forderte auf, Er. werbslojen in 3utunft teine Arbeit mehr au geben. Die Schußpolizei nahm den Rittergutsbesitzer daraufhin in Schußhaft, meil er die Menge durch sein Benehmen aufheizte. Mun drängte die Menge gegen die Polizeibeamten und das Grundft üd vor; fie mußte schließlich unter Be. mugung des Gummifnüppels von der Polizei zurückgetrieben werden. Bei diesem Zurückdrängen wurden einige Beamte von der Menge abgedrängt, fo baß der Führer des Polizeikommandos den Befehl gab, die auf dem Wagen bereitgehaltenen Rarabiner und Ma schinenpistolen schußfertig zu machen. Es fam jedoch nicht zur An­wendung ber Baffen. Die Bersteigerung tonnte in dessen nicht fortgefekt werben.

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der zuständigen Regierungsorgane wirklich so weit gekommen, daß ernste Konflikte drohen! Bir haben immer und immer wieder bringend davor gewarnt, Berzwei­felnde mit Gewalt zur Ruhe bringen zu wollen.

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Es ist jetzt die allerlegte Minute für die Regierung, maß Ioses Unglüd zu verhindern! Die Vorgänge in Nimptsch werden wie ein Alarmruf wirten, wenn man nicht schleunigst den Bauern die Gewißheit zu verschaffen weiß, daß er nich: zwangs weise um Hab und Gut gebracht werden soll. Gleichzeitig aber muß verlangt werden, daß der Landrat, der durch sein brutales Bor­gehen die Bauern bis aufs Blut gereizt hat, zur Rechenschaft ge­zogen wird. Deffnet man nicht jetzt endlich der Panikstimmung ein Bentil, dann erfolgt die Explosion. Die Verantwortung aber dann über die, die die Zeichen der Zeit verkannt oder mißachtet haben. Wer die Wahrheit so bewußt und absichtlich entstellt, der Ber bie e will neue Zusammenstöße hervorrufen. Der Landbund der in der Reichsregierung immer noch entscheidenden Einfluß befiztspricht die Sprache des Aufruhrs und orga­nifiert den Aufstand gegen die Staatsgemalt. Er macht damit mindestens genau dasselbe, was die Kommu nisten vor fünf Jahren in Sachsen gemacht haben. Wird nun die Reichswehr anmarschieren und den deutschnationalen Reichsminister und Landbundführer Schiele für abgefeßt erklären? Ach nein! Wenn zwei dasselbe tun, ist es nicht dasselbe...!

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Für die Amnestie.

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Kommunistische Kompromißpolitit im Rechtsausschuß. Bon Kurt Rosenfeld.

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Der Kampf um die Amnestie hat im ersten Anlauf nicht zum Erfolg geführt. Am Schluß der ersten Lesung der Amnestievorlage ergab sich im Rechtsausschuß des Reichs­tages, daß von den 28 Mitgliedern des Ausschusses nur die 10 Sozialdemokraten und Kommunisten in der Gesamtab­stimmung für die Amnestie eintraten, sämtliche bürgerliche Parteien aber mit ihren 18 Stimmen dagegen stimmten. Die Amnestie war damit vorbehaltlich einer anderen Entschei­dung in der zweiten Lesung des Rechtsausschusses ge scheitert. oth

Den Beratungen lagen sozialdemokratische, fommu­nistische und deutsch nationale Anträge zugrunde. Die Kommunisten wechselten ihre Formulierungen andauernd und erhöhten damit gewiß nicht die Aussichten ihres An­trages. Der ursprüngliche tommunistische Antrag war un­zureichend. Er forderte Straferlaß lediglich für Strafen, die vom Gericht des Reiches verhängt waren, und auch nur bei Hochverrat, Teilnahme an ungesetzlichen Verbänden und Zuwiderhandlungen gegen das Republikschußgefeß oder damit in Zusammenhang stehender Straftaten. Später erweiterten die Kommunisten ihren Antrag auf die Urteile der Gerichte der Länder und auf alle pegen politischer Verbrechen oder Vergehen abgeurteilten Personen, begrenzten ihre Vorschläge aber bezüglich der Zusammenhangshandlungen so, daß die fozialdemokratische Fraktion erst wieder die Streichung dieser Begrenzung beantragen mußte. Schließlich zogen die Kom­munisten fogar, als die Deutschnationalen mit einem eigenen Amnestieantrag famen, ihren Antrag ganz und gar zurüc,

Die Millionen für die Landwirtschaft. noch dazu ausdrücklich zugunsten des deutschnatio Agrarisches Hilfsprogramm im Haushaltausschuß

angenommen.

Der Hauptausschuß des Reichstages verabschiedete gestern das Hilfsprogramm für die Landwirtschaft Die Verteilung der aus geworfenen Mittel soll auf Grund von Richtlinien erfolgen, die mit Zustimmung des Reichsrats und eines 28gliedrigen Aus schusses des Reichstags festgelegt werden sollen. Bewilligt wurden: 2500.000 Marf zur Berbilligung des Binsfußes für Darlehen für landwirtschaftliche Bodenverbesserungen.

8 Millionen zur Organisierung des Abfahes von Schlachtvieh da namund Fleisch. Die Mittel follen ebenfalls zur Organisation und För derung des direkten Abfazes zwischen Verbraucher- und Erzeuger genossenschaften zur Verfügung stehen.

Aus den vorliegenden Nachrichten geht flar hervor, daß die Bolizei auf die Einsegung ihrer Machtmittel verzichtete und daß die Aufrührer ihren Willen durchsetzten: Die Bersteige rung fonnte nicht durchgeführt werden. Dieses Verhalten der Polizei entspricht den modernen, humanen Grundsägen, den Schutz des Menschenlebens über die Wahrung der Auto­rität zu stellen. In der Kaiserzeit wäre ein solches Verhalten freilich nie möglich gemefen, da hätte man zur Wahrung der Staatsautorität" ohne weiteres die schärfsten Maßnahmen ergriffen.

Für das besonnene und humane Verhalten der Polizei findet aber die Deutsche Tageszeitung" tein Wort der An­erfennung. Im Gegenteil, sie schreibt dazu folgenden hetze rischen Kommentar:

30 Millionen als einmaliger Beitrag zur Behebung der gegen märtigen außerordentlichen Rotstände in der Landwirtschaft. 1 Million zur Förderung der Geflügelzucht und des Absages. Ferner wurde die folgende Entschließung angenommen: Die Reichsregierung zu ersuchen, sofort die notwendigen Maß­nahmen zu ergreifen, um weitere Pfändungen und 3wangspolift redungen bei mit Roggen hypotheten belasteten bäuerlichen Klein und Mittelbetrieben auf zuhalten und die Vermittlungsstellen anzuweisen, fofort die not wendigen Mittel aus dem der Reichsregierung zur Verfügung ge­ftellten Fonds zweds Umschuldung der hochbelafteten bäuerlichen Betriebe anzufordern."

Der Rest des landwirtschaftlichen Notprogramms wurde Rum ist es bant des brüsten und tolpatschigen Einnehmigt, die Beratung des Sozialprogramms auf heute vertagt.

Reichsbetriebe als Unternehmer.

nalen Antrages. Das war das erste, was die Kommu nisten für die Deutschnationalen taten.

Der deutschnationale Antrag wollte natürlich vor allem die Fememörder sichern. Er lautete: Es wird Straferlaß gewährt für die zur Zeit des Infrafttretens dieses Gesetzes noch nicht verbüßten Strafen, die von Gerichten des Reichs und der Länder verhängt wurden wegen Straftaten, die aus politischen Beweggründen begangen wor­den sind." pi

Der sozialdemokratische Antrag ging dahin: ,, Es wird Straferlaß gewährt für die zur Zeit des Inkraft­fretens dieses Gesetzes noch nicht verbüßten Strafen, die von Gerichten des Reichs und der Länder verhängt worden sind wegen Straftaten, die in unmittelbarem oder mittel­barem Zusammenhang mit dem politischen, fozialen oder wirtschaftlichen Kampfe ftehen, ohne Rücksicht darauf, unter welchen rechtlichen Gesichtspunkten die Strafe verhängt ist."

Die Deutschnationalen fritisierten an der sozialdemokra tischen Formulierung, daß zweifelhaft sei, ob auch die Nationalhelden" der schwarzen Reichswehr unter eine solche Amnestie fallen würden, und daß der sozialdemokratische Vor­fchlag auch zur Amnestierung der in wirtschaftlichen Kämpfen mit dem Gesetz und Gericht in Konflikt Geratenen führen würde. Diese deutschnationale Kritit zeigte aber gerade die Borzüge des sozialdemokratischen Antrages. gefangenen sind durch Urteile von Gerichten des Reichs ver Die meisten noch der Freiheit beraubten politischen Ge­urteilt: 124 megen Hochperrats oder Bergehens gegen das Republikschußgefeß und 104 wegen Landesverrats und Ver­rats militärischer Geheimnisse. Zu der ersteren Gruppe ge­hören auch die beiden wegen Beteiligung am Rathenau­Morde Berurteilten und fünf Fememörder( Barchimer Mord). Unter die zweite Kategorie fallen nur drei Personen, die nicht aus Gewinnsucht gehandelt haben. Diese Amnestie würde also 127 politischen Gefangenen die Tore der Straf­

Lohnverhandlungen am Widerstand der Reichsbahn und Reichspost gescheitert.

gescheitert. Die Bertreter der Reichsbahnverwaltung brachten die Die geftrigen Einigungsverhandlungen vor dem Schlichter find alten Argumente gegen eine Lohnerhöhung vor. Erftens fei fein Geld dazu da, übrigens seien die Forderungen des Personals auch nicht fachlich berechtigt. Dr. Homburger suchte mit vielen Zahlen die finanziellen Nöte der Reichsbahn zu beweisen, mußte jedoch zu­geben, daß ganz bedeutende Summen zu baulichen Anlagen ver­wendet wurden, so daß sich über die Rentabilität des Reichsbahn­betriebes fein flares Bild gewinnen läßt.

Da feine Einigung herbeigeführt werden tonnte, machten die Barteien ihre Vorschläge für die Zusammenfehung einer Schlich fungskammer, die heute um 10% Uhr verhandeln wird. Es dürfte also heute zu einem Schiedsfpruch fommen.

Die Lohnperhandlungen bei der Reichspoft.. bie bereits am Montag begannen, find bis jetzt nicht vom Fled ge­fammen. Durchgreifende Erhöhung der Grundlöhne und Sicherung des Achtstundentags das find die beiden Hauptforderungen ber Facharbeiter, um die es bei diesen Ber­handlungen geht. Die Organisationsvertreter verlangten Anpassung her Löhne an den Friedensreallohn. Stundenlang wurde darüber geftritten, was bei dieser Anpaffung als Berechnungsgrundlage zu bienen habe. Die Organisationen wollen, daß die höchstlöhne

Reichsdurchschnittslohn als Berechnungsbalis zugrunde gelegt werden; die Reichs post dagegen will nur einen gelten lassen, obwohl auf der Hand liegt, daß mit einem berartigen Durchschnitt nicht viel anzufangen ist, sondern davon ausgegangen werden muß, wieviel der Reichspostarbeiter am Ende der Woche tatsächlich in die hand betommt. Am Dienstag wurde in erster Linie die Bertürzung der Arbeitszeit beraten. Auch in Linie die Verkürzung der Arbeitszeit beraten. Auch in dieser Frage zeigte die Reichspoft feinerlei Entgegenkommen. Die Tattit der Reichs post geht allem Anschein nach ba­hin, die Berhandlungen in die Länge zu ziehen. Sie will a b warten, bis im Lohnstreit der Reichsbahn, der bereits bei dem amtlichen Schlichter anhängig ist, ein Schiedsspruch gefällt ist, um danach ein Angebot zu machen.

Auch bei den Lohnverhandlungen der Reichspost also dasselbe Bild wie vor kurzem bei den Parteiverhandlungen der Reichsbahn: die Unternehmerseite führt teine ernsthaften Parteiverhandlungen, fon­bern macht von vornherein alles von der Entscheidung des amtlichen Schlichters abhängig. Die Reichsbahn hat so schnell wie möglich die amtlichen Schlichtungsinstanzen in Bewegung gefeßt, und der Spruch im Reichsbahnlohntonflitt foll nun nicht er für die Reichsbahn­arbeiter. sondern auch für die Reichspostarbeiter, wie für die Reichs und Staatsarbeiter richtungweifend und entscheidend sein.

anstalten öffnen und außerdem, da auch die Niederschlagung von noch schmebenden Strafverfahren durch das Amnestie­bere auch des Verfahrens gegen eine Anzahl gefeß angeordnet werden soll, zur Einstellung von etwa 70 noch schwebenden Strafverfahren führen, insbeson= fommunistischer Abgeordneter.

Die außerdem im sozialdemokratischen Amnestieantrage vorgeschlagene Einbeziehung der Urteile der Länder­gerichte in die Amnestie würde ferner mehr als 400 Ber­fonen befreien, die allermeistens nur zu fleineren Strafen verurteilt find. Freilich befinden sich unter den durch Ländergerichte Berurteilten auch die preußischen und med lenburgischen Fe memörder. Die Länderamnestie würde, menn fie auch die noch schwebenden Verfahren betreffen würde, auch den zahlreichen Berfolgungen gegen geflüchtete und noch nicht entdeckte Fememörder ein Ende machen und ferner die Erzberger- Mörder endgültig vor Strafe schützen. Gegen die Ausdehnung der Amnestie auf die Urteile der Ländergerichte erhoben fast alle Landesregierun gen scharfften Widerspruch, weil eine solche Am­nestie einen verfaffungswidrigen Einbruch in die Justiz­hoheit der Länder" bedeute. Infolge dieser nahezu einmüti­gen Erflärung der Landesregierungen hätte der jeßlge Reichstag eine solche Amnestie nicht mehr durchsehen können, da der Reichsrat nur Einspruch zu erheben brauchte und der