Mittwoch
21. März 1928
Unterhaltung und Wissen
Mitchell.
Der Weftzug war gerade in der australischen Station Redfern mit einer Menge gewöhnlicher Passagiere und einem fogenannten Swagman, wie der Ausdruck für einen australischen Gelegenheitsarbeiter lautet, der von Ort zu Ort zieht, angekommen.
Er war von kleiner Statur, stämnig, frummbeinig, mit Sommersprossen bedeckt und mit Sand beschmutzt. Er hatte rotes Haar und Kleine, zwinkernde, graue Augen wie es oft zusammen der Fall zu fein pflegt überhaupt machte er ganz und gar den Eindruck eines geborenen Komödianten. Er trug ein zerfektes, oft gewaschenes, bedrucktes Baumwollhemd, eine alte schwarze Weste mit einem Kaliforücken, ein Baar dunkle, geflicte Molestinhofen mit Flecken auf den Knien, die durch einen geflochtenen Gürtel aus grünem Leder, der lose um feine Hüften lief, gehalten wurden, ein Paar abgetragene, ftruppige, hohe Stiefel und einen weichen Filzhut, der durch das Alter und seine Schäbigkeit grün geworden war und eine Krempe hatte, die nicht einmal der Rede mert war. Der Mann warf seinen Rucksack auf dem Bahnsteig zur Erde nieder, dann schulterte er ihn, zog ein Kochgeschirr und einen Wasserschlauch heraus und begab sich zum Bremswagen des angekommenen Zuges.
Fünf Minuten später tauchte er fnapp vor der Stelle auf, wo die Lohndroschten draußen vor der Station stehen. In seiner Begleitung befand sich ein ängstlich herumblickender Schäferhund, der fich zu feinen Füßen herumwälzte, und den er an einer Rette führte. Gr stemmte jetzt seinen Rucksad gegen einen Pfoften, wandte sein Gesicht gegen die Stadt zu, drückte seinen Hut ein wenig nach vorwärts und kratzte sich dann seinien wohlentwickelten Hinterkopf mit dem fleinen Finger. Scheinbar war er unentschlossen, wohin er seinen Weg einschlagen sollte.
Droidhte gefällig, Herr?"
Der Swagman wandte sich langsam nach dem Rufer um und blickte den Droschfenfutscher mit einem rubigen Grinsen an. Ja, jagen Sie mal, sehe ich wirklich so aus, als ob ich mir eine Droschte mieten wollte?"
Ja, warum denn nicht? Nichts für ungut ich für mein Teil dachte immerhin, daß Sie eine Droschte wünschen."
Der Swagman frazte sich wieder am Kopfe und schien nach denklich zu sein.
"
Sie sind," meinte er dannt. Sie find feit den letzten zehn Jahren der erste Mensch, der auf so einen Gedanken verfallen ist. 2.3 Jollte ich mit einer Droschte anfangen?"
,, un dorthin fahren, wohin Sie zu reifen die Absicht haben." Sehe ich so erschöpft aus?"
Das habe ich doch nicht gefagi!"
hab ich vielleicht gefagt, daß Sie es gefagt haben?.. Nein, mein Lieber, feit fünf Jahren bin ich auf der Walz . Seit den letzten Weihnachten bin ich 2000 Meilen straßauf, ftraßab gewandert, ich sehe daher durchaus nicht ein, weshalb ich die letzte Meile nicht auch noch auf Schusters Rappen marschieren fönnte. Oder denken Sie, daß mein alter Köter eine Droichte wünscht?"
Der Hund wimmerte und heulte: es schien, als ob er den Wunschh hätte, von dem Menschenhaufen wegzukommen.
„ Aber Sie werden doch nicht, hören Sie mal, Ihren Rucksac durch die Straßen schleppen, oder doch?" fragte der Droschkentutscher. Na, marum denn nicht? Wer wird mir's denn verbieten? Da gibts wohl kein Gesetz dagagen, das so was nicht gestattet, glaube ich?" Uber hören Sie mal, es sieht nicht besonders gut aus, verStehen Sie?" ,, 2ch fo! Jetzt weiß ich also endlich, warum Sie mir darüber einen Bortrag halten!"
Der Reisende hob seinen Hund gegen sein Senie empor, streichelte
Beilage
des Borwärts
Der Sieg über den Schmerz.
Eine der großen Errungenschaften der modernen Heilkunde ist| Aerztefreise in Boston vorführte, erlebte er einen Mißerfolg, und die leberwindung des Schmerzes, den wir heute durch Betäubungs- als bald darauf andere damit mehr Glück hatten, nahm er sich aus mittel, durch Morphium- und Kolaineinsprigungen und anderes, Berzweiflung das Leben. wenn auch nicht immer ganz beseitigen, so doch stets lindern können. Ein Gnadengeschenk ist damit der leidenden Menschheit gespendet. Aber die Narkose, die seit etwa einem Jahrhundert allmählich ausgebildet wurde, gestattet auch, Operationen vorzunehmen, wie sie früher nicht möglich waren, und hat der Chirurgie neue Bahnen gewiesen. In seiner vortrefflichen„ Kurzen Geschichte der Chirurgie", die der Rostocker Historiker der Medizin, Prof. B. von Brunn, bei Julius Springer in Berlin veröffentlicht, widmet der Gelehrte daher der Narkose eine eingehende Darstellung. Wir wissen von den alten Aegyptern und Chinesen, daß sie bei operativen Eingriffen den Schmerz dadurch zu verhüten suchten, daß sie dem Kranken be rauschende Getränke, die Opium und Hanf enthielten, eingaben. Auch die geheimnisvolle Alraunwurzel hat in der Antike diesem 3weck gedient, und auch schon im Altertum wurden die berühmten Schlaffchwämme" benußt, die mit dem Saft narkotischer Pflanzen getränkt, dann getrocknet waren und beim Gebrauch mit Wasser angefeuchtet wurden. Diese Schlafschwämme, die noch im ganzen Mittelalter verwendet waren. wurden aber nicht etwa dem zu Ope= rierenden aufs Geficht gelegt, sondern von ihm in den Mund ge= nommen, damit er den Saft verschlucken konnte. Von chirurgischen Operationen, die in einem künstlichen Schlaf ausgeführt wurden. mird vielfach in der mittelalterlichen Literatur berichtet, aber es finden sich auch Warnungen, daß man davon schnellig und unfin nig" werden könne. Sicherlich ist durch die Unfähigkeit der richtigen Dosierung mancher Todesfall veranlaßt worden. Ein beliebtes Betäubungsmittel ist seit Jahrhunderten auch der Altohol gewesen.
Die glücklicheren Vorfämpfer der Narkose, die aber auch beide feinen Vorteil von dieser Erfindung hatten und später elend zugrunde gingen, waren der amerikanische Chemiker Charles L. Jackson und der Zahnarzt William Morton . Als Morton 1846 Jadson bat, im ein Mittel anzugeben, mit dem er eine befonders empfindliche Patientin beruhigen fönne, um ihr den Entschluß zum Ziehen eines Zahnes abzuringen, gab er ihm eine Flasche mit Aether, und als dies erfolgreich war, wandte Prof. Warren das Mittel min auch in seiner chirurgischen Klinit an. So wurde am 16. Oktober 1846 die erste 2ethernarkose gu chirurgischen Zwecken vorgenommen, bei der ein Halstumor tadellos herausgenommen wurde. Sun reihten sich Erfolge an Erfolge. Morton berichtete davon nach London , wo am 19. Dezember 1846 das Berfahren bei einer Amputation angewendet wurde. Fünf Tage später machte man in Paris die erste Operation in Nartose, und in Deutschland war der Erlanger Professor Henfelder der erfte, der am 24. Januar 1847 einen Kranten in Aethernarkose operierte. Die Alleinherrschaft des Aethers dauerte kaum ein Jahr; dann trat das Chloroform daneben, das 1831 von Soubeiran entdeckt und 1832 von Liebig dargestellt war. Der berühmte englische Geburtshelfer James Young Simpson , der zunächst begeistert für den Aether eingetreten war, sammelte in aller Stille 80 Beobachtungen über die Chloroformnartofe und legte am 10. November 1847 das Ergebnis der medizinischen Gesellschaft in Edinburg por mit dem Erfolg, daß man fast allgemein zum Chloroform überging. Aber in dem Wettkampf amischen Chloroform und Aether, der nun begann, hat doch schließlich der Aether gefiegt, und man verwendet ihn heute wieder als das ungefährlichere Mittel. Dazu trägt die Anwendungsform wesentlich bet. Ursprünglich wurde der Aether auf ein zusammengefaltetes und por das Geficht gelegtes Taschentuch geträufelt, dann aber ging man zu der gefchloffenen Methode über, bei der eine Maste auf das Geficht zwanzig- geschlossenen gelegt wurde. Das gleiche geschah bei der Verwendung des Chloroforms. Auch hier aber ist die zuerst von Simpson angewendete Methode, ununterbrochen tropfenweise davon zu geben, die beste geblieben, und beim Aether hat die Rückkehr zur„ Taschentuchmethode" viel zu seiner Bevorzugung beigetragen.
Die eigentliche wissenschaftliche Narkose konnte aber erst geschaffen werden, nachdem gegen Ende des 18. Jahrhunderts die atmung gestattete. Erforschung der gasförmigen Stoffe die Möglichkeit einer Ein Paracelsus hatte schon die schmerzstillende Wirkung des Schmefeläthers gekannt, und man empfahl jetzt Sauer stoff- und Aetherinhalationen. Aber erst als der damals zwanzigjährige Humphry Davy in dem Stickstoffoxydul, das er nach seiner Wirkung Lach gas nannte, ein sicheres Mittel der Schmerzbetäubung gefunden hatte, wäre eine Anwendung auch in der Chirurgie möglich gewesen. Man zögerte aber damit noch lange, und als sich 1828 der englische Arzt Hickman mit der Bitte an den König wandte, an Menschen nachzuprüfen, was ihm bei Hunden gelungen sei, nämlich Operationen ganz schmerzfrei auszu führen, da erklärte man diefen Vorschlag für lächerlich und un finnig. Einer der Ersten, der mit Hilfe betäubender Dämpfe eine Allgemeinnarfose beim Menschen herstellte, war der Bostoner Bahn arzt Horace Wells ; er ließ sich 1844 felbst in Lachgasnarfose einen 3ahn ziehen und erprobte das Verfahren bei einem Dutzend Patienten. Als er aber 1845 bas neue Verfahren einem größeren
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Heutzutage geht man immer mehr bazu über, Schmerzen durch örtliche Betäubung zu beheben oder zu vermindern. Schon Plinius empfahl dafür den geheimnisvollen Stein von Memphis". 3m Mittelalter empfahl man die Umschnürung der Gliedmaßen vor Ausführung der Amputation. Auch der Kälte hat man sich feit bem 16. Jahrhundert bewußt hierfür bedient. Karl Ludwig Schleich trat dann feit 1891 befonders für die örtliche Betäubung ein, und seine Gebanten haben sich mehr und mehr durchgesetzt.
Prof. Dr. Hermann Boß, Bodes Mitarbeiter als Ruftos in Der Zeichner George Großz gibt die Hintergründe", die er zu der Gemäldegalerie des Berliner Kaiser- Friedrich- Museums, ist zur Biscators Schwejt" Aufführung gezeichnet hat, als Mappe heraus.*) seit cuf einer Studienreise in den Bereinigten Staaten. Er mird Die zusammenfassende Schau bestätigt ben weltweiten Unterschied u. q. im Museum in Detroit eine Vorlesung über italienische Kunst zwischen dem Dichter des Schwejt" und bem Maler. George Grosz ' halten. Auf Grund seiner Eindrücke in den Kunstsammlungen der verbiffener Kampfnatur fehlt gänzlich, was die Unsterblichkeit des Vereinigten Staaten veröffentlicht er in der amerikanischen Kunst Haschetschen Schweit ausmacht: das Menschliche und das Gütige. zeitschrift Art News" eine interessante Vergleichung der jetzigen In Großz wirkt ausgesprochener Intellektualismus, während Schwest, Bage unserer Kunstsammlungen mit derjenigen der Museen drüben. diese unnachahmliche Mischung aus Blödheit und Raffinement, das Die Organisation der amerikanischen Sammlungen findet er der sondern mit wiziger Ein
ihn mit ein paar Patschhändchen, dann richtete er sich felber empo unfrigen weit überlegen. Das Metropolitan- Museum in New Yort falt überwindet. Die Gegenfäßlichkeit der Naturen prägt sich am
und fah den Drostenkutscher scharf an. ,, Nanu, da schauen Sie mal her!" sprach er ernst und eindringlich, „ Tönnen Sie irgendwo etwas Unrechtes an meinem alten Rudjad herausfinden?"
Es war ein dicker, vollgepfropfter, schlecht gepackter Rucksack, mit einer roten Decke auf der Außenseite, die mit blauen Flecken geflict war, am Rande fah man, daß die Innenseite der Dede blau war. Der Rudsack hätte schon ein bißchen neuer fein tönnen: er hätte auch ein bißchen reiner fein dürfen: er hätte auch mit ein bißchen befferen Riemen gebunden sein tönnen als mit diesen paar Stüden Kleider fchnüren und von grünem Leder aber sonst war wirklich nichts Besonderes an ihm zu entdecken, es war ein Rudfad, mie es eben schon solche Rudfäde zu geben pflegt.
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Ich habe diesen Rucksack so manches Jahr herumgeschleppt," meinte der Buschmann jetzt, ich habe diesen alten Rudsad Tausende und Tausende von Meilen weit berumgetragen diefer alte Röter ist mein Zeuge und bisher hat sich noch niemand über seinen Anblick beschwert, auch nicht über meinen eigenen, noch über den meines alten Hundes: und glauben Sie, daß ich mich daher deswegen vor einem Droschkentutscher schämen werde oder überhaupt vor jemanden? Glauben Sie vielleicht, daß ich die Gefühle, die mein Rucksack in jemandem hervorruft, vielleicht gar studieren werde? Niemand auf der Welt ist es eingefallen, die meinigen zu studieren! Es ist geradezu eine Frechheit von Ihnen, so eine anmaßende Sprache mir gegenüber zu gebrauchen!"
Jeht hob er seinen Rucksack vermittels. des zufammengerollten Handtuchs. das ihm als Schulterriemen für den Ruckfac bienie. in die Höhe, warf ihn ins Innere der Droschke, stieg felbft hinein und zog dann noch feinen Hund nach.
Und jetzt fönnen Sie mich gbeliebig wohin fahren, wo ich meinen Rudfad und meinen Hund inzwischen lassen fann, bis ich mir ein paar anständige Kleider bei einem Schneider ausgesucht habe," sagte er nun zu dem Droschkentutscher. Mein alter Röter ist wie Sie wahrnehmen können, nicht gewöhnt, per Droschte zu fahren." Dann jezte er nachdenklich hinzu: Ich selber bin einmal, fünf Dann jetzte er nachdenklich hinzu: Ich selber bin einmal, fünf Jahre lang, felber Droschkentutscher gewesen, in Sydney , ver stehen Sie?" ( Berechtigte Ueberfeßung von S. Reismann)
Barbarel am Remi- See. Jeder Besucher Roms tennt ihn, den geheimnisvollen, von uralten Baumgruppen bestandenen Spiegel bes Nemi- Sees, oben bei Genzano im Bereich der Castelli. Im See liegen bekanntlich die Bruntschiffe der alten römischen Kaifer, und Mussolini hat befohlen, diese Schiffe zu heben. Dazu muß nun das Waffer des Sees umgeleitet werden. Zu diesem Zwed werden Kanäle und Staumerte errichtet. Die Betonmüfte dehnt sich mit jedem Tag mehr aus, die Bäume werden gefällt, das Buschwert gerstampft, der ehrwürdige Boden von Hunderten pon Arbeitern aufgeriffen, Maschinen treischen durch die jahrtausendalte Stille, die ganze Barbarei der Refpeftlofigkeit tobt sich an der Stätte aus, die ben erlefensten Geistern der lebten Jahrhunderte tostbar war.
3. B. erscheint als eine ganz in sich abgeschlossene Einrichtung mit allen den mechanischen Hilfsmitteln, deren ein solches Riefenmuseum nur bedarf. Und die Leistung, die aufgewandt wird, um mit dem Bublifum Kontakt zu halten, in Vorträgen, Beröffentlichungen, Dienst von Lehrern für Schultlaffen usw. ist erstaunlich groß. Boß erwartet sich davon mertvolle Anregungen für unsere Kunstsamm: lungen. In anderer Weise scheinen ihm diese besser gestellt. In 2fmerita sind die Museen überlaftet mit Berwaltungsstellen und dergleichen, und die Direktoren erscheinen in der Gestaltung der Sammlungen beschränkt. Die Kuratoren und Verwaltungsbehörden tönnen Kunstwerte selbst gegen den Willen der Direktoren hineinbringen.. So etwas erscheint dem deutschen Kunstgelehrten für unsere Begriffe undenkbar. Der Direktor, ein Mann von erprobter wissenschaftlicher Bildung, muß allein entscheiden, welche Kunstwerke die Sammlung nötig hat. Die steigende Wertschätzung der Kunst und des Kunststudiums in Amerika wird diesen Mißstand gewiß bald beseitigen. Ebenso wird die Zeit in manchen der großen öffentlichen amerikanischen Kunstsammlungen für Revision forgen.
Nach dem Urteil von Voß gibt es wohl große Meisterwerke in den dortigen Museen, aber auch sehr viel minder Gutes. Das tommt wahrscheinlich auch daher, daß die Museen die kunsterzieherische und die mehr tennerhafte Art der Museumsleitung so sehr verbinden. Das Kunstmuseum, wie es ber deutsche Gelehrte charafterifiert, foll eine Uebersicht der Geschichte der wirklich großen Kunst bieten, aber nicht all der vielen 3wischenstufen, die es da gibt. Das Metropolitan- Museum z. B. könnte seiner Aufgabe vielleicht beffer dienen, wenn es die schönsten Dinge für sich allein zeigt und die geringeren Werte im Anschluß an Nachbildungen von Meisterschöp. fungen einzig für Unterrichtszwecke verwendet. Ebenso groß ist der Unterschied in dem prinzipiellen Standpunkt europäischer und ameri tanischer Kunstsammler. Bei uns begnügt sich derjenige, der die größten Meisterwerte nicht erschwingen tann, mit Schöpfungen von eines geringeren Malers den minderen Schöpfungen eines Meisters Leuten geringeren Ruhines. Denn manchmal ist das beste Werf durchaus überlegen. In Amerika muß offenbar jedes Bild einen großen Namen tragen. Gemiß hat man dort glänzende und echte Schöpfungen der Großen in reicher Bahl, aber doch auch piele, die unter der Baft ihrer Sufchreibungen" feufzen müßten. In dem Cxpertenwesen stellen sich dieselben Mißstände heraus wie bei uns, is offenbar noch schwerere. Schon befürchtet man, daß die Fülle der Expertisen die ganze Rennerfchaft in miskredit bringt. Brof. Boß sieht also piele große Weißstände auch drüben, nenni es aber fragtes, daß die amerikanischen Sammlungen in einem Zustande des Fortschritts sich befinden und viele der größten Kunstwerte der Welt enthalten. Die übertriebene Bertschägung, die man der Expertife beilegt, werbe ja vorübergehen, und bann erst recht werde man die bebeutenden Bilder her amerikanischen Kunstfammlungen als eines der wichtigsten Befistümer der Nation erkennen.
deutlichsten aus in dem mißlungenen Verfuch des ersten Blattes, Schwejt porträtmäßig zu erfaffen. Der Schweit, den Großz zeichnet, ist nicht der humorvolle Schweit Haschets. Der Unterschied läßt sich vielleicht so formulieren: Von Haschets Schwejt wissen wir beftimmtest, daß er sich auch im Dienst einer Sowjetmacht zu den unmenschlichen Verrichtungen eines Kriegers oder Henters nicht hergeben würde, während bie leidenschaftlichen Anklagen des Zeichners Gross gegen das Morden, Hängen und Erschießen nie den Berdacht ausräumen, daß Großz an diesen Dingen nichts auszusetzen hat, wenn sie von der Gegenseite mit den gleichen barbarischen Mitteln, nur aus anderer Gesinnung, vorgenommen werden. Weswegen Schwejt feiner Umgebung menschlich stets überlegen ist, während Grosz bei allem kämpferischen Glan legten Endes auf der gleichen Ebene mit denen bleibt, die er angreift. Seine satirische Meisterschaft soll damit feineswegs in Abrebe gestellt werden, me: in man auch eine Weiterentwicklung über die Glanzstücke der Mappe Ecce homo" hinaus pergeblich sucht. Grosz ist in seinen satirischen Ausdrucksmitteln ziemlich der gleiche geblieben, der er in den Jahren der Revolution war. Ist dies Stillstand oder Rückschritt? Man wird das Gefühl nicht los, daß manche haẞerfüllte Uebertreibung, die unter dem unmittelbaren Eindruck blutiger Kämpfe und grausamer Siegeregzeise im Bürgerkrieg verständlich erschien, nach acht Jahren verbraucht und gefünftelt wirkt. Haß ist so wenig wie Begeisterung eine Heringsware, die sich einpöteln läßt.
Ein paar Prachtleistungen bleiben von dieser Kritik unberührt. Der vom Baragraphen umwidelte und verwidelte Proletarier, der vergeblich der tödlichen Umstridung des feelenlosen Ungeheuers zu entfliehen sucht, ist eines der besten Symbole für die Klassenjuſtiz. Ebenso stellen die vier Porträts des Stabsarztes und die Reihe der Simulanten" Höchstleistungen der Charakterisierungskunst dar. Für einen Schwejt Illustrator aber fehlt Großz das Hauptsächliche, was uns den braven Schweit so wert macht: man tann bei
Grala nicht lachen. Daß man es so ausgiebig bei distischen Wert dieses unsterblichen Buches. Schweif tann, vermindert nicht, sondern vermehrt den propagan
E. K- T.
Sieben Kinder in zwei Jahren. Mussolini läßt es sich, wie man weiß, mit unermüdlichem Elfer angelegen fein, durch Geldprämien und Steuererlaffe an finderreiche Familien die Bevölkerungszahl zu heben. Ms Shulbeispiel einer guten Stalienerin in feinem Sinne darf eine arme Haufiererin aus Gora in der Provinz Caserta gelten. Die brave Frau namens De Muecio, die im vorigen Jahr bereits Drillinge geboren hatte, hat jegt vier lebende Kinder zur Belt gebracht, die sich, wie die Mutter, besten Wohlfeins erfreuen. Auf den Bericht des Präfetten über das freudige Ereignis hat Mussolini 400 Lire überweisen faffen und die Aufnahme der Wöchnerin und der vier Kinder in die Frauenflinit angeordnet.
George Groß : Hintergrund", Breis 1,70 M., Malit- Berlag AG., Berlin 3. 50.