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BERLIN  

Donnerstag, 22. März

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags.

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Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis für beide Ausgaben 70 Pf. pro Woche, 3 M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin   SW 68, Lindenstr. 3

Spätausgabe des Vorwärts

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10 Pf.

Nr. 149

B 70 45. Jahrgang.

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Kinder als Verfuchsobjekte.

Die 13 Opfer vom Sonnblick.

Hous

Der Berg des Unglücks.

Hoher Sonnenblick 3106 Meter. Zittelhaus im Nebeltreiben.

Die Gedanken aller Arbeitersportler weilen heute an der Unglüdsstätte vom Sonnolid in den Hohen Tauern. Dreizehn junge, erholungsuchende Arbeiter sind durch einen überraschenden Schneeffurz begraben worden, und leider scheinen alle Rettungsversuche vergeblich zu fein.

Un dem Unglüd find nach dem Bericht unseres Wiener Mit- neigt zur Ausbildung weniger steiler, weit gedehnter arbeiters nur Mitglieder des Arbeiterbundes der Naturfreunde beteiligt. Es waren 17 Touristen, die auf einem Abstieg vom Jiffelhaus zwischen dem jogenannten Neubau und Kolm Saigurn auf ein Schneebrett traten und etwa 400 meter in die Tiefe geriffen wurden. 13 Personen find vollständig verschüttet, nur vier fonnten sich retten und sind unversehrt, doch sind sie derart erschöpft, daß fie feine 2lusfunft geben fonnfen.

Es herrschte starter Sturm, so daß die ersten Rettungs­expeditionen nicht viel ausrichten fonnten. Zu Hilfe eilten alle Rettungsabteilungen aus der Umgegend. Zufällig hielt zur gleichen Zeit die Gendarmerie einen Stiturfus am Maßfeld nahe Gastein   ab. An diesem Stiturfus haben 35 Gendarmen unter Leitung des Obersten Thilgeri teilgenommen, die gleichfalls fofort zur Hilfeleistung herangezogen wurden. Sie mußten aber einen schwierigen Weg über einen schweren Hochpas im Gebirge nehmen und hatten selbst sehr gefährliche Lawinen­gebiete zu überschreiten. Außerdem wurden aus Gastein   weitere 36 Gendarmen zur Hilfeleistung herangezogen, auch aus Wien  find Rettungsexpeditionen des Bereins Naturfreunde" abgegangen. Die 17 Berunglückten waren untereinander wohl persönlich bekannt, dürften sich aber beim Abstieg vom Ziffelhaus am Sonnblid nur zufällig vereinigt haben. Sie waren über die Hohe Rissel gegangen und haben in öftlicher Richtung Rolm Saigurn erreicht. Die Opfer konnten leider noch nicht geborgen werden. Durch den herrschenden Sturm sind die

Reffungsarbeiten sehr erschwert.

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reichen von den Zillertaler Alpen   im Westen bis zu den Niederen Tauern im Osten und sind im Norden durch den Pinzgau  ( das obere Salzachtal), im Süden durch das Drautal begrenzt. Die nördlich und füdlich vorgelagerten Alpenketten find im wesentlichen Kalt und Dolomit. Das fristalline Gestein der Hohen Tauer: Hänge; Wandbildungen, wie sie für die Kalfalpen charakteristisch find, treten nur in den höchsten Regionen auf. Diesem Umstande verdanken die Hohen Tauern ihre Eignung als Stigebiet, und von Jahr zu Jahr werden sie auch im Winter stärker besucht. Biele Arbeiter touristen legen heute schon ihre tnappen Urlaubs­tage in den Winter, weil auch dann die Alpenwelt schön ist. Die Hauptgipfel der Hohen Tauern sind der Großglockner  ( 3798 Meter) und der Großvenediger( 3660 Meter). Ge­waltige Gletscher fließen von ihren Schultern, von denen die Pasterze am Glodner der größte Eisstrom der Ostalpen ist. Hart östlich des Großglockners, durch das Mölltal getrennt, erhebt sich die Goldberggruppe mit mehreren Gipfeln über 3000 Meter: Hochnarr 3258, Sonnblid 3106, Schared 3131 Meter. Der Sonnblick ist vom Zittelhaus gekrönt, welches

die höchste meteorologische Beobachtungsstation der Ostalpen  trägt. Der hier Sommer und Winter wacherde Wetterkundige fizt noch über 100 Meter höher als der auf dem höchsten reichsdeutschen Berg, auf der Zugspitze   mit ihren 2964 Meter.

Die ganze Gruppe führt ihren Namen nach dem uralten Goldbergbau, der allerdings zum Erliegen gekommen ist. In früheren Zeiten hatte er immerhin Bedeutung. Der Hauptabbau war auf dem gut gestuften, von steinernen Abjäzen durchzogenen war auf dem gut gestuften, von steinernen Abjäzen durchzogenen Nordosthang des Sonnblicks, und in diesem Gebiet ereignete das furchtbare Unglück, dem 13 Wiener   Naturfreunde zum Opfer fielen. Alte Stollen und Hüttenanlagen find noch im obersten Boden des Hüttenwinkeltals vorhanden. Der sonder bar flingende Ortsname

Kolm- Saigurn

Wie uns furz vor Redaktionsschluß gemeldet wird, ist die alpine Gendarmerieabteilung um 6 Uhr früh nach Leberwindung ungeheurer Schwierigkeiten an der Stelle angelangt, ist ladinischen Ursprungs, an die alten Knappen und Gold­wo gestern die 13 Wiener   Arbeiterffier von einer Lawine verbergleute erinnernd. Wenig östlich des Sonnblick durchquert die schüttet worden sind. Eine Turnerabteilung aus Lagenbach Tauernbahn mit dem großen Böcksteiner Tunnel oberhalb Ga traf ungefähr 2 Stunden später ein. Den vereinten Bemühungen iff es bis 10 Uhr gelungen, 3 wölf von den Berjütteten als Ceichen zu bergen. Ein Berunglückter wird noch vermißt. Die Hohen Tauern, von deren Hochgipfeln der Sonn­blid einer ist, gehören der Zentralfette der Ostalpen an, die in der Hauptsache aus tristallinen Schiefern aufgebaut find. Sie

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st ein die Kette der Zentralalpen nach Stärnten hinunter. Gastein  ist auch der Stüßpunft für die Bergungsarbeiten, doch müssen die Rettungsmannschaften zum Naßfeld her erst noch die 2505 Meter hohe Kisselscharte überschreiten, um an die Unglücksstelle zu gelangen. Das erfordert bei dem zurzeit herrschenden Föhn ( warmem Südwind) die größte Vorsicht, so daß die Arbeiten nur langsam fortschreiten können.

Bestechungen bei der Reichsbahn.

Bericht 2. Seite.

Gegen die Experimentiertout!

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Im Abend" vom 8. März hatte ich mich, im Anschluß an Ausführungen im Hauptausschuß des Reichstages, mit einigen besonders krassen Fällen ärztlicher Erperi­mentier wut beschäftigt, die zur öffentlichen Kritik um so mehr herausfordern, als die ,, Dbjekte" dieser Versuche kranke Kinder waren, die man zur Gesundung in öffentlichen Heil­anstalten untergebracht hatte.

Ich gebe zunächst aus dem großen Material, das mir zur Verfügung steht, einige weitere Proben:

,, Es wurden rachitische und nichtrachitische Bersuchskinder mit anorganischen und organischen Phosphaten gespritzt. Rachitische im Winter, und nichtrachitische Säuglinge im Sommer, wurden durch Gürtel und Beinschlingen angebunden(!!!)) und der Urin durch Borlage eines Erlenmeyer- Kölbchens 24stündig gesammelt. Reben den rachitischen Kindern wurden auch zwei gejunde Kontrollfinder mit Phosphat gesprigt."

Aus dem Kaiser- und Kaiserin- Friedrich- Kinder­frankenhaus der Stadt Berlin  . Dir.: Prof. Dr. H. 111 Finkelstein.

Beitschrift für Kinderheilkunde." 13. Februar 1928. ,, Es wurden zur Behandlung sechs jugendliche sonst gesunde weibliche Individuen mit reiner Epilepsie ohne feelische Störungen ausgewählt. Alle erklärten sich mit echt epileptischer Unternehmungslust(?!) zu der Kur bereit und feierten fie noch, als sie die Wirkung der Fäulniserreger in ihrem Körper wiederholt zu spüren bekommen hatten, mit einem gemeinsam ver­faßten langatmigen poetischen Erguß." Die Fieberreat­tionen stiegen mit der Stärke der Dosierungen an( 40,9, 41.1, 42,2)(!!!)." Schüttelfrost war bei jedem Kranken zu ver­zeichnen." Pulszahl auffallend niedrig." Das Körpergewicht jant bei unseren sämtlichen Kranken." Der größte Gewichtsverlust betrug sieben Kilogramm."(!!!) Die epileptischen Anfälle hatten sich zum Teil vermehrt anstatt vermindert. Sonach ist es nicht gelungen, eine dauernde Umstimmung des Organismus Epileptischer zu erzielen." Die Saprovitaninjektion in der Sprechstunde vorzunehmen, muß dringend gewarnt werden. Am besten wäre es überhaupt, mit der weiteren Anwendung eines so differenten Mittels abzuwarten."

Saprivitan gegen Epilepsie.( Aus der städtischen Anstalt für Epilepsie in Berlin  , von Oberarzt Dr. Kurz.) Wir haben nur völlig gesunde Säuglinge unter­sucht. Diese wurden entweger eigens zu diesem Zwecke von Eltern, die aus sozialer Not gerne ihre Kinder für einige Zeit in die klinik geben wollten, aufgenommen, oder es handelte sich um Säuglinge, die in der Klinik eine leichte Erkrankung durchgemacht hatten und völlig genesen waren. Zur Vermeidung von Infektionen erfolgte möglichste Isolierung, traten trotzdem Temperaturerhöhungen ein, so wurde der Versuch sofort abgebrochen.

,, Ueber den Einfluß der Nahrung auf die Aus­scheidung organischer Säuren im Säuglingsharn." Bon Friedrich Kruse und Artur Stern.

Beitschrift für Kinderheilkunde", 45. Bd., 3. Heft.

Nach­

Bersuche an sterbenden Kindern. " Versuche an Kindern": a) 2n moribunden Kindern. dem so die Verhältnisse im Tierversuch geklärt waren, war es von Intereise, die Einwirkung des Rußes auf den tuberkulösen Men­ichen zu beobachten. Zu diesem Zwede haben wir moribunden jedesmal 1 Stubitzentimeter bis zu einer Gesamtdosis von 12 Kubik­Kindern Rußölfuspension injiziert( eingefprigt. Red.), und zwar zentimetern in einigen Fällen." b) Versuche zu kurativen Zwecken: ablagerung und ihre Berteilung in der Lunge festgestellt hatten, Nachdem wir so an größere m Material den Sitz der Ruß­gingen wir dazu über, zu furativen Zweden bei tuberkulösen Kin­dern Ruß zu injizieren. Es waren 20 Kinder mit einer Tuberkulose in verschiedenen Stadien. Immerhin können wir an Hand unserer menigen Fälle und in einem so relativ furzen Zeitraum noch feine endgültigen Schlüsse über den Wert unserer Therapie abgeben."

Experimentelle Anthratosis und Tuberkulose. Bon Arno Nohlen. Aus der Akademischen Kinderklinik Düsseldorf. Dir.: Geh. Prof. Dr. Schloßmann. 3eitschrift für Kinderheilkunde", 45. Bd. Heft 1 u. 2. galoppierender Kacherie. Nur vier Patientinnen, die sich diese Alle mit dieser Methode behandelten zwölf Fälle starben an Maffivbehandlung nicht gefallen ließen, tamen zwar lebend aus der Alinit, um bald darauf daheim zu sterben." Wenn man in das Bestrahlzimmer trat, murde man förmlich zurüdgeworfen durch den Gestank, den die Jaudhehöhlen, aus denen Stuhl, Urin und nefroti­sches, verjauchendes Karzinomsetret abflossen, verbreiteten. Die Frauen waren zu Steletten abgemagert, jammerten unausgejezt und manden sich in Schmerzen. Und wie tannien