Freitag
23. März 1928
Unterhaltung und Wissen
Der Brief.
Bon Khaiama Hoiciki.
In modernen Japan gibt es zahlreiche literarische und künstlerische Schulen, die in Deutschland noch wenig bekannt sind. Eine der intereffantesten davon ist die Burgaia Gensen"( Rünstlerfront), eine Gruppe revolutionärer Schriftsteller, zu der auch Khaiama Voiciti gehört, ber Berfasser der folgenden Erzählung.
von Fässern beschäftigt.
Matsudo Jodzoo war in einer Zementfabrit mit dem Deffnen Er brach ein Faß auf und ließ den Zement in Risten laufen. Die Maschine erfaßte die Kisten und leitete den Zement auf einem Laufband fort. Die Maschine wartete auf den Mann, und Tag für Tag stand Matsudo mit seiner Schaufel inmitten der Fäffer, Riften und des Laufbandes der Maschine. Während elf Stunden stand et in einer Wolfe von Zementstaub.
Matsudo Yodzoo war ein einfacher Arbeiter. Und während der elfstündigen Arbeitszeit hatte er nur den einen Bunsch: seine Nase von dem Staub zu schneuzen. Kopf, Schultern, Hände, Schnurrbart und Augenbrauen von Matsudo Yodzoo waren mit Zementstaub bedeckt. In seiner Mase wurde der Staub hart wie Eisenbeton. Er hätte sich immerzu schneuzen müffen, aber die Maschine speite zehnmal in der Minute, schnappte unaufhörlich Fäffer und Kiften- die Maschine fonnte nicht warten. Es fehlte dem Arbeiter an Zeit, die Hände an die Nase zu führen. Die elfstündige Arbeitszeit wurde durch eine Pause von einer halben Stunde unterbrochen, um eine Handvoll Reis zu verschlingen, und von zehn Minuten Bause alle drei Stunden; aber diese Zeit reichte gerade, um den Reis hinunterzumürgen und die Maschine zu puzen. Es blieb mur ein turzer Augenblick zum Ausruhen, aber nicht zum Schlafen, der sich des erStarrten Körpers des Arbeiters bemächtigt hatte, auslangte. Seine Hände waren angeschwollen, so daß er die Nase nicht anfassen fonnte. So drang der Zement durch die Nase in die Lunge und dadurch in das Blut seines Körpers.
Und so war es jeden Tag. So war es auch heute..
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Der Tod Puschkins.
Der Dramatifer@tfegole, Mitautor des Dramas Rajputin, bringt in feinem neuen Wert Duell und Tob Buschlins" die nachstehenden interessanten Eingelheiten, die wir aum ersten Male in deutscher Ueberfegung veröffentlichen. Statafia Rifolajemna Gontscarowa war noch taum achtzehn
Jahre alt, als im März 1830 Nitolaus I. gelegentlich eines Aufenthaltes in Moskau auf ihre blendende Schönheit aufmerksam wurde. Den Sommer 1831 verbrachte Buschfin mit seiner Gattin in Barstoje Seine Schwester schrieb Selo, wo auch der Hof anwesend war. ihrem Gatten im Laufe des Monats September, daß die Schwägerin schon der Kaiserin vorgestellt wurde, die von ihr entzückt sei. Das Entzüden fag selbstverständlich mehr auf seiten des Kaisers, der, wie bekannt, stets ein Verehrer schöner Frauen war. Buschkin schrieb damals an feinen Freund Nastschokin, der Kaiser mache feiner Frau den Hof, als wäre er ein junger Offizier, fahre abficht lich morgens ein paarmal vor ihren Fenstern auf und ab, um sie dann abends, während des Balls, zu fragen, warum ihre Stores stets herabgelassen seien.
Dezember 1833 bekam der Dichter den Titel eines Kommer. junters. Buschkin schreibt hierzu in sein Tagebuch: Borgestern wurde ich zum Kammerjunker ernannt, nicht gerade passend für meine Jahre, aber der Hof wollte, daß Natalia Rifolajemna im Anitschkoff- Balais tanzt. Diese Bälle im Anitschkoff- Balais waren der übliche Schauplas von Nikolaus I. verschiedenen Flirts.
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März 1834 betam Buschkin auf kaiserlichen Befehl die Summe pon, 20 000 Rubel, um seinen Aufstand Bugatschews" in Druck legen zu lassen. Gegen den Willen des Dichters aber auf Wunsch Natalia Nikolajewnas wurde ihre Schwester Hofdame. Dantes, der Pufchfins Schwägerin geheiratet hatte, um den Berdacht zu entfräften, daß er selbst sich um die Dichtersgattin bewerbe, wurde von Nikolaus I. beauftragt, Natalia Nikolajemma Geld für das Hochzeitsgeschenk zu überbringen. Bendendorff schrieb in dem Begleitbrief: Bon dem Wunsche beseelt, Ihnen und Ihrem Herrn
Matsudo Dodzoo war ein ganz einfacher Arbeiter. Als er heute den Zement in die Kiste und von da auf das Lauf, Gemahl eine angenehme Ueberraschung zu berreiten, wurde ich band schüttete, entdeckte er in dem Faß eine Kassette. beauftragt, Ihnen die beiliegende Summe einhändigen zu laffen, damit Sie Ihrer Schwester aus Anlaß ihrer Hochzeit ein würdiges Aber es blieb ihm teine Zeit, darüber nachzudenken. Die Ma- Gefchent bieten tönnen. Dieses Geldgeschent offenkundig ein schine wartete nicht.
,, Sonderbar!" dachte Vodzoo.
Er hob die Kassette auf. Sie war leicht. Er steckte sie vorn in die Tasche seines Schurzes und setzte seine Arbeit fort. Die Maschine lief unaufhörlich. Der Arbeitstag ging weiter. Dodzoo vermutete nicht, daß die Kaffette Geld enthielt. Er vergaß fie, während er die Fässer, die zu ihm hinabrollten, öffnete.
Bei Anbruch der Nacht endete die Arbeit. Der Beton war
fertig, die Maschine lief leer. Matsudo musch sich Gesicht und Hände unter dem Schlauch, der die Maschine mit Wasser versorgte. Um den Hals knotete er sich das Taschentuch, mit dem er sein Frühstück eingewidelt hatte. Dann ging er mit ganz anderen Gedanten im Kopf nach Hause. Es waren nicht mehr die Alltagssorgen um gutes Effen, Trinken und Schlafen.
Nein. Er mußte jetzt eine neue Beschäftigung finden. Die elektrische Anlage, an der er arbeitete, ging der Bollendung entgegen.
Hoch am Himmel thronte der Berg Denaŋama mit seiner Schneehaube im Nebel. Zu seinen Füßen schäumte und tobte der Kisfogava- Fluß. Die Natur hatte sich seit tausend Jahren nicht verändert. Die Kälte drang durch Matsubos müden Körper. Von der Erhabenheit der Natur wurde er auf nüchterne Alltagsgedanken zurüdgeführt: feiner Frau stand die Entbindung des fiebenten Kindes bevor. Sie würde das Kind ohne Pflege während der strengsten Kälte zur Welt bringen; sein mageres Einfommen von zwei Yens würde für den Reis nicht reichen, und es würde ihnen noch schlechter ergehen... und... und Matsudos Gedanken waren nicht die angenehmsten. Er verfor allen Mut.
...
Da erinnerte er sich der Kaffette, die sich in seiner Tasche befand. Er zog sie hervor und putte sie an seiner Hose ab. Die Kaffette mar fest verschlossen. Sie trug teine Inschrift, sie hatte ein arm jeliges Aussehen.
Matsudo schlug fie gegen einen Stein, aber sie ging nicht auf. Matsudo fluchte. Als wenn er die ganze Welt hätte zerschmettern wollen, trat er mit fräftigen Tritten mit dem Absatz auf ihr herum. Die Rassette flog in Stücke. Der aufgebrochenen Kaffette entnahm Matsudo ein in Lumpen gehülltes Stüd Papier .
Darauf stand folgendes:
Ich bin Arbeiterin in der Zementfabrit, ich Lähe Zementfade. Mein geliebter Mann war bei der Steinmühle beschäftigt. Am 7. November, in der Frühe, als er einen schweren Stein herunterwälzte, fiel er damit in die Maschine. Man hat die Maschine nicht abgeftellt. Die Steine haben meinen Mann verschüttet. Die Ma schine hat seinen Rörper mit den Steinen zermahlen und hat ihn bann mit fleinen blutigen Steinchen wieder ausgespien. Man hat die Maschine nicht abgestellt und die Maschine hat die Stückchen Jeines Körpers in eine andere Maschine transportiert. Und dann wurde fein Körper in Stahlmühlen unter fürchterlichem Lärm in Staub verwandelt. Und sein Körper und seine Knochen und seine Seele find zu Zementftaub geworden, er, mein Geliebter, ist zu Zement geworden. Nur noch die Lumpen seiner Arbeitskleidung, nur diefe find geblieben. Ich habe die Ueberbleibsel aufgehoben, habe diesen Brief geschrieben und habe alles zusammen in das Faß, Das Sie heute aufgebrochen haben, hineingetan.
Sie find Arbeiter! Wenn Sie Arbeiter sind, haben Sie Erbarmen mit mir. Lassen Sie mir eine Antwort zukommen. Ich will wissen, wo der Zement aus den Knochen meines Mannes hintommen wird. Sind Sie Maurer oder Zimmermann? Ist mein Geliebter eine Zimmerwand in einem Hause oder die Mauer eines Gefängnisses geworden? Sie sind Arbeiter! Verwenden Sie den 3ement nicht zu folchen Bauten?
Schreiben Sie mir, wo mein Mann ist. Wie werde ich ihn finden? Ist er im Orient oder im Dezident? Ift er fern oder nah? Wo in dem Zement ist er und wie wird er wieder auferstehen? Ich schenke Ihnen ein Stüd von seiner Arbeitskleidung. Diese Lumpen sind von seinem Schweiß durchtränkt, von demselben Schweiß wie der Ihre und von demselben Staub, in dem Sie
arbeiten."
Matsudo verließ das Baugelände des Elektrizitätswerks. Der Himmel verfinsterte sich. Der Riffogava- Fluß tobie dura bas
Bormand
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spricht fehr deutlich für die Sympathien, die Niko laus I. für Mme. Puschkin hegte.
Wie weit diese Beziehungen noch zu Lebzeiten des Dichters gebieben, bleibt unbekannt, doch ist anzunehmen, daß es sich nicht um mehr als einen Flirt gehandelt haben dürfte, doch ist es zweifel. los, baß fie eine überaus tragische Rolle in dem Drama spielten, das dem Leben des großen Dichters ein so jähes Ende bereiten sollte. Die Zeitgenossen versuchten, die Wahrheit zu verbergen, doch ift der wirkliche Sachverhalt auf Grund dokumentarischer Belege einwandfrei festgestellt worden.
Dunkel und nur der Benonama- Berg ragte schweigend zum Sternenhimmel empor. Matsudo las den Namen und die Adresse am Ende des Briefes, als er plöglich das Geschrei seiner Kinder, die ihm entgegensprangen, hörte.
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Beilage des Vorwärts
Die Neigung Nikolaus I. für Frau Buschftn wurde bald all gemeines Hofgespräch. Um den„ rasend Eifersüchtigen" zu necken, wurde diese Neigung von feinen Feinden weiblich ausgenügt. Der Hauptstab seiner Feinde war im Salon der Gräfin Nesselrode, der
Gemahlin des Bizefanzlers und Freundin bes holländischen Gefandten Geckeren und deffen Adoptiofohn Dantes. Dantes verkehrte nebenbei viel in homosexuellen Kreisen, was ihn aber nicht hinderte, auch in Frau Puschkin verliebt zu sein.
Das„ Diplom des Gehörnten" wurde von einem Mitglied dieses Streifes verfaßt, nämlich von dem Fürsten Piotr Wladimirowitsch Dolgorufoff( eine graphologische Expertise Salfoffs läßt teinen 8meifel mehr offen). Dieses Diplom, das man Buschfin einschickte, benachrichtigte ihn davon, daß seine Gattin die Geliebte des Kaisers sei. Auf solche Art wurden Puschkin quafi die Hände gebunden. An dieser Ohnmacht wollten sich mun seine Feinde weiden. Die Andeutungen, die in dem Diplom gemacht wurden, waren so unverblümt, daß Buschkin verstehen mußte. Dies beweist auch ein Brief Buschkins am Tage nach Erhalt des Diploms, in welchem er den Finanzminister bittet, seine Schulden zu tilgen( Buschkin mar damals in sehr bebrângter materieller Lage, tat diefen Schritt aber trotzdem). Bur Tilgung seiner Schulden übergab er dem Finanzminister sein Gut Boldino". Bemerkenswert ist der Schluß des Briefes: Ich gestatte mir, Euer Durchlaucht noch mit einer Bitte zu belästigen: Da es sich hier um eine mehr oder weniger unbe= deutende Sache handelt, bitte ich Euer Durchlaucht, Seiner Majestät diese meine Verfügung nicht zu melden, da der Kaiser mir in seiner bekannten Großzügigkeit wahrscheinlich diese Schuld streichen lassen würde, was mich in eine sehr peinliche Lage verjetzt hätte, denn gerade in diesem Falle hätte ich einen solchen faiserlichen Gnadenaft ablehnen müssen, was man vielleicht als Undankbarkeit oder Arroganz ausgelegt hätte."
Es war flar, daß das Geld, das er vom Kaiser bekommen hatte, in seiner Tasche brannte.
Den Autor des Diploms" tonnte Buschfin selbstverständlich nicht ungestraft laffen. Er hielt( vielleicht mit Unrecht) Beckeren für den Urheber. Eine Zeitlang überlegte er, ob er nicht dem Kaiser den Inhalt des Diploms" befanntgeben und auf diese Weise Gederen mit in den Schmuh ziehen sollte. Aber da gerade um diese Zeit wieder Dantes auf den Schauplatz erschien( es war ihm gelungen, Natalia Nikolajewna zu bewegen, ihn in der Gardes favalleriefaserne aufzusuchen), kam es bald zu dem verhängnisvollen Duell.
Zweifellos ist die ganze Tragit des unglücklichen Buschfin, auch unter Berücksichtigung der Schischegolewschen Forschung, noch nicht einwandfrei flargestellt, sicher aber haben die Intrigen Nikolaus I. feine geringe Rolle dabei gespielt.( Deutsch von Arnold Wafferbauer.)
bisher, auf dem Boden ihren Rausch ausschlafen, sondern sie werden sofort einem geübten Personal fiberantwortet, die eine recht rückfichtslose Behandlung mit ihnen vornimmt. Die von der füßen Läh= mung des Rausches Umfangenen werden unter eiskalte Duschen ge
Er hob den Kopf. Da fah er den gewölbten Leib seiner Frau bracht, und darauf folgen falte Badungen. Sind sie auf diese Weise und darin sein siebentes Kind von sieben Monaten...
( Uebersetzt von Helene Masson.)
Der Deutsche Sprachatlas.
Ein großes Wert deutscher Wissenschaft wird jetzt der Allgemein heit durch den Deutschen Sprachatlas zugänglich gemacht, dessen erste Lieferung erschienen ist. Eine langjährige und grundlegende Arbeit, die von Georg Wenter in dem Sprachatlas des deutschen Reiches geschaffen worden war, hatte bisher ein Dasein halb im Verborgenen geführt; dieser fundamentale Sprachenatlas, der in anschaulichster Weise die Bertellung der deutschen Mundarten darstellt, war nämlich nur in zwei handschriftlichen Exemplaren in Berlin und Marburg erhalten und konnte deshalb nur von wenigen eingesehen werden. Runmehr wird dieser Wissensschatz in einer vereinfachten Form der Allgemeinheit dargeboten, und die ersten acht Karten liegen jet, unter der Leitung von Ferdinand Wrede bearbeitet. vor. Auf den einzelnen Karten ist vieles besser und richtiger angegeben, als auf den entsprechenden der Vorlage. Außer den beiden Grundfarten, die die Berteilung der Mundarten im großen festhalten, zeigen die bisherigen Karten des neuen Atlas die Entwicklung der Lautverschiebung und die mannigfachen Bezeichnungen einzelner Worte wie ich"," dir", beißen", der Endung„ en" und die Synonyma zu Pferd und Füße". Die Ich- Karte bietet mit ihren 70 Form bezeichnungen einen besonders schlagenden Einblick in die Buntheit der Sprachformen in den Dialetten. Das Werf wendet sich mit Bewußtsein en einen wetteren Benutzerfreis: alle höheren Lehranstalten und Mittelschulen Deutschlands erhaften ein Eremplar zu gewiefen. Man darf hoffen daß damit eine Bertiefung der allgemeinen Sprachkenntnisse Hand in Hand geht, und zugleich wird auch der Wissenschaft neue Anregung geboten, die besonders für, das Studium der Mortgeographie viel daraus lernen wird.
Ernüchterungsturen in Rußland .
Der Wubti, das ruffische Nationalgetränt, herrscht jeẞt, nachdem er während des Krieges und einige Zeit nachher verboten war, auch im Sowjetreich wie in den alten zaristischen Tagen. Nach den Bolizeiberichten in den Moskauer Blättern müssen die Hüter der öffentlichen Ordnung immer mehr Zeit darauf verwenden, die hilflofen Gestalten, die dem Alkohol zu eifrig zugesprochen haben und nun auf der Straße liegen, aufzulesen und nach den Bolizeistationen zu bringen. Die Behörden haben nun beschlossen, strenge Maßnahmen anzuwenden, um diese unheimlich zunehmende Rückkehr zum Budli zu verhindern. Man hat daher einen Feldzug" ins Leben gerufen, der die wissenschaftliche Behandlung der Gewohnheitstrinfer überall in bem weiten Reich verbreiten soll. In Moskau werden schon jetzt folche wissenschaftliche" Ernüchterungsturen vorgenommen. Asyle, in denen die Betrunkenen untergebracht wurden, erwiefen sich für diese Maßnahmen nicht ausreichend; sie sind daher bedeutend er. weitert und mit besonderen Apparaten ausgerüstet worden. trunkene, die von der Bolizei eingebracht werden, dürfen nicht, wie
Die
unfanft wieder zum Bewußtsein erweckt, dann müssen sie Sauerstoff einatmen, und wenn sie auch dann noch nicht nüchtern geworden find, bekommen sie Brechmittel. Kurz, die Behandlung ist wohl geeignet, dem Trinfer das Erwachen in unangenehmer Erinnerung zu laffen, und da er außerdem für diese Behandlung noch 4 bis 10 Mart bezahlen muß, fo wird er es fich erst dreimal überlegen, bevor er fich noch einmal von der Polizei in trunkenem Zustand erwischen läßt.
Der Ruhen der Mandelenffernung. In der Stadt Rochester Im Staate New York hat man im großen Versuche mit der Ent fernung der Rachenmandeln bei Kindern vorgenommen. Rund 15 000 Schulkindern wurden die Mandeln in einer Spezialffinif ent fernt, weiteren 5000 Kindern durch den Hausarzt. Diese 20 000 mandellosen Kinder blieben dann unter ständiger ärztlicher Beobachtung, und ihr Gesundheitszustand wurde mit dem von 28 000 Rindern verglichen, bei denen die Mandeln nicht entfernt worden waren. leber die Ergebnisse dieser Untersuchungen, die von Dr. Albert
D. Kaiser zusammengestellt wurden, wird in der„ Umschau" berichtet.
Bei den operierten Kindern fam Scharlach bei 7,6 Proz. vor, bei den nichtoperierten bei 16 Bros. Die mandellosen Kinder erwiesen fich als widerstandsfähiger gegen rheumatische Ertranfungen, natürlich nur dann, wenn diese Erkrankungen nicht schon vor der Ope ration hervorgetreten waren. Bei den operierten Kindern zeigten fich Herzfrankheiten auf rheumatischer Grundlage in 450 Fällen, bei den Nichtoperierten in 817 Fällen. Von den 450 mandellofen Kindern hatten aber 83 Broz, das Leiden schon vor der Operation, und nur 17 Broz haben es erst nachher erworben. Man schließt daraus, daß durch die Rachenmandeln die Erkrankung an Schar lach, an rheumatischen Beiden und den daraus entstehenden Herzfrankheiten fehr begünstigt wird.
Die Sumerer das älteste kulturvolf. Die diesjährigen Ausgrabungen an der Stätte des alten Ur der Chaldäer haben überraschende Aufschlüsse über die Kultur der Sumerer gebracht und damit die Anwartschaft der Aegypter, das älteste Kulturvolk der Geschichte zu sein, start erschüttert. Der Leiter der Grabungen, Leonard Woollen, der in der Times" über die letzten Funde berichtet, hebt hervor, daß die vier entdeckten Königsgräber eine Kunsthöhe offenbaren, die über der gleichzeitigen ägyptischen steht Das letzte Grab, das ausgegraben wurde, ist das älteste, denn es liegt unter dem ersten. Es ist zwar von Räubern schon in alter Zeit ausgeplündert worden, aber die Architettur läßt erkennen, daß die Sumerer um das Jahr 4000 v. Chr. bereits imftande waren, großartige Gewölbe zu errichten, und die verschiedenen Schmucksachen, die zurückgelassen maren, laffen auf eine reiche Entwicklung des Kunstgewerbes fchließen, deffen fostbare Infrustationstechnik auf eine lange leberlieferung zurückblidt. Ueberhaupt sprechen alle Anzeichen dafür, daß diese Kultur der Cumerer nicht etwa einen Anfang, sondern ein Ende darstellt.
Die vielen Leichen von Frauen, Leibwächtern, Wagenlentern und Bugtieren, die in den Gräbern gefunden wurden, enthüllen die barbarische Sitte der Opferung von Personen, deren Seelen den Herrscher auf seiner Reise ins Jenseits begleiten sollten. Dieser Brauch ist sicherlich ein Ueberreft aus fernen Zeiten und steht in einem schroffen Gegensatz zu dem Reichtum der fumerischen Kultur uni. den Leistungen ihrer Kunst. Es muß daher bereits Stadium entwickelte, das fic aus den neuen Funden offenbart. eine lange Epoche vorangegangen sein, in der sich allmählich jenes Damit aber werden die Anfänge der Kultur im allen Babylon in eine frühere Zeit zurückverlegt, als sie uns sonst irgendwo entgegen. treten.