M.ma"t928 Unterhaltung unö
Der Kopf auf dem Tisch. Eine wahre Geschichte aus Slfews Leben. Von Ossip vymow. L Spät in der Nacht fuhr vor dem SebSude der �chrana" im allen Petersburg ein geschlossener Wagen vor. Der am Torweg diensthabende Geheimpolizist sprang rasch herzu und öffnet« den Schlag. Zwei Männer stiegen aus. Einer— wohlgenährt, mittelgroß, mit schwarzem Schnurrbart— trug einen kostbaren Pelz i la Nikolaus über den Schultern: der zweite war hochgewachsen, beleibt, datte einen großen Kopf auf kurzem Hals und abstehend«, unregel- mäßige Ohren. Der Mann im Pelz mußte wohl ein ganz hoher Beamter sein: der wachhabende Spitzel scharwenzelle um ihn herum und stürzte dann voraus, um die Tür aufzureißen. Auf den anderen nächtlichen Besucher warf er nur einen erstaunten, neugierigen Blick, der er- raten ließ, daß dieser ein seltener Gast des Haules war. Sie durchschritten«inen Korridor unö mochten vor einer ver- schlossenen Tür halt. Der mit dem schwarzen Schnurrbart zog einen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Tür. Seine Hand war weiß, schön, fast wie eine Frauenhand Er war in seinen Muße- stunden leidenschaftlicher Klavierspieler und trug besonders gut Chopin vor. Beide traten ein und Ichlossen hinter sich die Tür. In dem Zimmer war es kalt, es roch wie in einem Keller. In der Mitte des Raumes stand ein einfacher, großer ungestrichener Tisch, doneben ein stark mit angetrocknetem Blut befleckter Holz- stuhl. An der Tür ein Kübel mit kaltem Wasser. In einer Ecke bing ein neues, blitzend in Gold gefaßtes Heiligenbild. � Auf dem Tisch lag, in ein nasses Tuch eingeschlagen, ein Gegenstand, der aussah wie eine Melone. Eine an einer Schnur von der Decke herabhängende elektrische Lampe ohne Schirm erfüllte den Naum mit einem unangenehmen, grellen Licht. „Jtei* sagte der Schwarz« und wies mit nachlässiger Kopf. bewegung auf den in das Tuch eingeschlagenen Gegenstand. Der Große begann behutsam mit zwei Fingern das nasse Tuch tzu entfernen. Unter ihm erschien aber nicht«ine Melone, sondern ein scharf am Kinn vom Rumpf getrennter menschlicher Kopf. Der Kopf hatte sichtlich einem fungen Mann« gehört: die Haut war sehr bleich, dig Lippen blau, die Zunge eingebissen. Am linken Ohr war ein trockener Blutfleck. Der Mann mit dem kurzen Hals und den unregelmäßigen Ohren betrachtete gespannt den Kopf, und fsine breit« Brust keuchte schwer. Lange schaut« er hin— bis ihn der Schwarz« fragt«: „Erkennen Sie ihn? Ist er««7* r„Ja. Es ist Serebriakow/ antwortet« der Groß« mit schwerer, gedämpfter Stimm«.„Wie ich Ihnen telegraphiert habe. Ich hob« mich nicht geirrt. Ich weiß schon." „Nim also," entgegnet« der andere und zündet« sich eine Ziga- rette an.„Ich habe Sie hierher gebeten, um endgültig Gewißheit zu erlangen. Um etwaigen Legendcnbildungen der Revolutionäre vorbeugen zu können," fügte er lächelnd hinzu und ließ dabei seine prachtvollen Zähne sehen.„Dann können wir also geben? Decken Sie das. da wieder zu!" wies er durch eine Geste den Besucher am Der aber tat so, als hörte er nicht und schritt zur Tür. Der hohe Beamte brummte etwas und warf mit feinen Musikerhänden das Tuch wieder über den Kopf. Dann verließ er hinter seinem Besucher den Raum und schloß die Tür ab. Sie gingen weiter. Der Schwarze bemerkt«: '„Ja, wissen Sie... Ohne Sie wären wir nie darauf gekommen. Stephens— nach Ausweis des Passes Engländer— und welter nichts. Und da fielst sich plötzlich heraus, daß es ein alter Be- kannter ist! Serebriakow! Der cht doch sscher jetzt noch überzeugt, daß wir ihn als„Stephens" aufgehängt haben. Wenn Sie ihn mal— treffen sollten, sagen Sie ihm doch bill« Bescheid!... Run also, lassen Sie es sich weiter gut gehen... Finden Sie heraus? Immer den Korridor entlang!— Serebriakow! Ra gut!— Fahren Sie gleich wieder nach Finnland zurück? „Ja, Leben Sie wohl!" " Der Große mit den unregelmäßigen Ohren trat auf die nächt- liche Straße hinaus. Niemand außer dem Spitzel am Torweg be- merkte ihn. Er bog um die Ecke zur nächsten Querstraße und schritt sinnend dahin. Trauer log auf seinem großen fleischigen Gesicht. Die Unterlippe hing schlaff herab. Cr dachte an den Gegenstand, der da drin, in dieses nasse Tuch eingeschlagen, auf dem Tisch lag. Cr hatte diesen Kopf im Leben sehr wohl gekannt. Dieses Gesicht hatte er Hundert« von Malen gesehen, voller Leben: lächelnd und auch traurig. Er erinnert« sich an die Stimme, die diesen jetzt blau geschwollenen Lippen einströmt war. Wie oft hatte diese Stimme zu ihm aesprochcnl Der große Mann tat einen schweren Seufzer, als hätte er laut schreien mögen vor Schmerz. n. Der Nochtzug nach Finnland sollte gerade den Bahnhof ver- lassen. E« hatten sich nur wenig« Reisend« eingefunden ein paar Kaufleute aus Finnland , die In Geschäften fuhren und sich angesichts der späten Stund « sofort schlafen legten. Eine Mirnit« vor Abgang des Zuges betrat der große beleibt« Abteil erster Klasse. Er schloß die Tür und blieb die ganze Fahrt über unsichtbar. Zwei Stunden später hielt der Zug auf einer kleinen Station kn Finnland . Hier verließ jener groß« Reisende sein Abteil erster Klasse und sprang auf den Bahnsteig hinab Die Wagen kreischten, der Zug rückt« wieder an und war bald den Augen entschwunden. Draußen vor dem Stationsgebäude hielten ein paar leichte Schlitten, in denen schweigsame Firmen auf Fahrgäste«orteten. Der Ankömmling bestieg einen Schlitten: der Fuhrmann hüllte ihn sorgsam ein. wie ein« Wärterin etn kleines Kind, dann trabte dos .klein« rötlich-zottig« Rößlein flink dahin. Der Große schloß die Augen. Ein« knappe Stund« später erschien eine Ortschaft, und der Schritten fuhr bei einem Holzhaus« vor. E, war schon nah« am Morgen. Der Wind war strenger osworden. Schneeschwer raschelten die Aeste der Fichten. Alle» lag in majestätischer, schwermütiger Ruhe. Der Ankömmling erstieg die hölzernen Stufen. Noch hatte er nicht anpochen können, da öffnet« sich schon die Tür, und eine schlank gewachsen« Frau, mit den Sesichwzüg«, einer sechzigsährigen Akten, trat au» dem Haus«,_._
.Ret» ffifondc ist: wem, bn Rrnsch nttt m«lle» wrlMt, bann erreicht er olles, was er willck(Sinkt.) Das Leben Maxim Gorkis ist wie ein Symbol für da« Schicksal des Proletariats: aus Dunkel, Not und Be- drückung steigt dieser Dichter auf ins Licht: befreit sich, stets im Widerstand gegen die herrschend« Klasse, von den Fesseln der geistigen Knechtschaft und zwingt dem Gegner Achtung ad, weil er ihn erkennt und überwindet. Als Gorki zu Beginn der neunziger Jahre de» vorigen Jahr- Hunderts mit seiner Erzählung„Makar Tschudra" in die Literatur eintrat, war sein Dichtertum Auflehnung gegen die bestehend« Orb» mmg. Für ihn war die russische Well und ihr« Gefells chaftzschich- tung kein Unabänderliches wie für die Dichtergeneration vor ihm, selbst noch wie für seine Zeitgenossen: Gorkis Schaffen zielte aus ein«„Aenderung des Fahrplans". Nicht die Tatsach«, daß er den Bosstaken, den„Barfüßler", den Bagobunden in die Literatur ein. führte, blieb dos Entscheidende: sondern der Protest und das Macht- bewußtsein dieses„Lumpengesindels" war da» Wesentliche. Gor- k i s Helden reden und spintisieren nicht nur. wollen nicht Mit- leid und Duldung wie die typischen russischen Romangestalten: sie stehen in offener Opposition zur Gesellschaft und nehmen sich, was man ihnen vorenthält, kroft ihrer Fäuste, die sie zu gebrauchen wissen. Diese neue Rote, der erstmal» für die Dichtung enldeckle Menschentyp des vagabondierenden Empörer», der sein Anteil am Leben fordert und sich nimmt, wo immer er es bekommen kann. schaffte nicht zum wenigsten Gorkis raschen Erfolg bei der russischen Jugend und den Unterdrückten. Der Leser empfand instinktiv, daß hier ein Dichter spricht, der der herrschenden Schicht kein« As- geständnisse macht: daß nicht Kompromisse geschlossen werden, um die Klassen zu„verhöhnen", die Gegensätze zu oerwischen: daß hier „der Sturmvogel " einhersliegt, der eine neu« aufdämmernde Zeit kündet. Die beiden, erstmals um die Jahrhundertwende, erschienenen Novellenbönde, die Gorkis kleinere Erzählung umschließen. geben ein buntfarbiges Bild vom russischen Menschen und der weiten Landschaft, in der er lebt und leidet. Die Menschen sind olle typisch gesehen und gestaltet, und so groß ihre Vielfalt ist: stets sind sie von der ihnen allein zugehörigen Atmosphäre um- hüllt. Ob in der Erzählung„Die Holzflößer" der Later wider den Sohn streitet und ihm die Frau wegnimmt, oder ob in„Verlorene Leute"(dem Prosaentwurf zum späteren„Nacht- o s y l", das Gorkis Name weltbekannt machte) die Tiefen der Ob- dachlosenherberge in Kasan schauerlich lebendig werden: in seder dieser Erzählungen ist soviel Intensität und dunkle Glut de» dichterischen Ausdrucks, daß Menschen und Umwelt hell, klar und unvergeßlich im Gedächtnis stehen. Die Romane sind unglcichwertiger als die Novellen. Von dem Frühwerk„F o m a G o r d« j.e w"(im„Vorwärts" 1Sl>2 ab- gedruckt), dem Nomon der Kaufleute an der Wolga und der Aus- einandersetzirng mit ihren kapitalistischen Prinzipien und Methoden zu Ende des 19. Jahrhunderts, über„Drei Menschen", dem Hohngesang auf das feige und träge Kleinbürgertum führt die Entwicklung zu den Romanen„Die Mutter "(im„Dorwärts" zu- erst erschienen).„Eine Beichte" und„Der Spitz"« l". In ihnen umschließt Gorki die Well des klassenbewußten, revolutio- raren Proletariats.. Breite Reflexionen, die durch ihr rhetorisches Pathos ermüden, wechseln mit Szenen voll echter Dramatik. Am stärksten und unmittelbarsten, weil mit den einfachsten Mitteln gegeben, sind Gorkis „Ledensertnnenmqen".„Meine Kind- hcit",„Unter fremden Menschen" und in„Meine Universitäten" schildern lebendig Kindhett, Lehr- und Wanderjahre: und das ruf- fische Milieu— Elternhaus, Lehrstellen, Werkstätten, Kellergeschosse, Landstraßen, Wege im Gebirge, am Meer und nicht zuletzt der immer wiederkehrende Strom, das„Mütterchen Wolga"— wird in seiner abgründigen Vielfalt gespiegelt, die Menschendumpfheit unter zaristischem Regime, das seltsame Gemisch aus Heroismus und Feig- hell brodelt, atmet und weht aus diesen„Erinnerungen". Gorkis Leben ist reich und vielfältig wie sein Werk und seine Persönlichkeit. Welches Handwerk hat dieser Dichter nicht be- *) Der Tag wird verschieden angegeben, als 26. oder 27. März. Sogar das Geburtsjahr ist strittig.
Sie streckte ihm beide Arm« entgegen, blickt« ihn mst gequälten Augen an und flüsterte wie gebrochen: „Schon da? Sagen Sie mir die Wahrhelll Die reine Wahr- hell! Er— lebt nicht mehr?" Er nahm liebevoll ihre mageren Hände, als sei er ihr Bruder und sie seine Schwester, und ging mll chr. sie sorgsam stützend, in die Wohnung. „Seien Sie tapfer!" sprach er und erbleichte. „Oh, mein Gott!" flüstert« die Frau, noch ohne zu weinen. Beim Schein der Petroleumlampe war jetzt zu erkennen, daß sie noch jung war, und daß seelisches Leiden sie in dieser einen Nacht hatte altern lassen. „Hat man ihn— hingerichtet?" fragt« sie. Der Besucher nickte. „Ich komm« eben au» Petersburg . Bor drei Stunden haben sie ihn in der Zitadelle hingerichtet.— Wo sind die Kinder?" „Schlafen," antwortete die Frau. „Fragen sie gar nicht nach dem Dater?" Sie antwortet« nicht und faß da mit dem steinernen Gesicht einer Greisin. „Die haben da also herausgebracht, daß er nicht Stephens war?" fragte der Besucher weiter. „Anscheinend. Aber wie? Auf welche Weise?" „Jemand muß ihn verraten haben." antwortete d«r Besucher mll heiserer Stimme.„Ich sag« Ihnen nochmal, Marusia.«c ist «in Spion unter uns,«in Provokateur! Ich bin jetzt fester davon überzeugt denn je." Seine Augen blitzten zornig, sein« Fäuste ballten sich „Ich kann es nicht glauben," entgegnet« sie leise.„Wenn da» wahr wäre, so lohnt« es nicht m«hr zu leben." Sie schüttelt« den Kopf und sagte dann mit imgswöhnxlcher Zärtlichkeit, die Aiqsen in» Leere gerichtet:
trieben, und in welcher Schicht de« russischen Volkes hat er nicht gelebt? Der Knabe wächst, da der Vater früh stirbt, im Hause seiner Großellern aus,„Meine Kindheit" zeigt deutlich, wie Gc- rechtigkeitssinn und Mitleiden schon i n dem Knaben lebendig sind. In wilder, triebhafter Auflehnung greift der Junge seinen Großvater an, weil er die Großmutter, die schlichte fatalistische Märtyrerin, mit den üblichen Faustschlägen des russischen Haus- Herrn tvakttart. In dem Dichter Gorki scheint diese prachtvolle Frau aus dem Volke wieder zu erstehen, die, phantosievoll und sachlich von strahlender Güte und Selbstaufopferung ist: die dos Leben und die heilige Maria siebt und gerne«inen Tropfen trinkt. um den unentrinnbaren Kummer des Daseins zu vergessen. Da die alten Leute verarmen, muh der Enkel auf Straßen nnd in Höfen„Knochen, Lumpen und Alteisen" sammein. Er besucht die Schule bis zur dritten Klasse und geht dann„unter die Leute", denn der Großvater sagt:„Ich Hab' keinen Platz mehr für dich," In den nächsten Iahren sehen wir den jungen Gorki als„Junge" in einem Schuhwarengeschäst, als Zeichner, als Koch auf einem Wolgadampfer, als Heiligenbild-Maler. In dieser Zeit fällt eine maßlose Lesewut, in der er wahllos alles Gedruckt« verschlingt: diese« Mol ungestörter al« ein Jahr zuvor, da ihn die Meisterin verprügelte und die Bücher zerriß. 1885 wendet sich Gorki noch Kasan , um die Universität zu besuchen. Unterweg» ober bleibt er stecken, wird Lastträger. Bogabund unter Vagabunden, Bäcker, Chorist. Laufbursche. End« 1887, hoffnungslos und keinen Ausweg sehend, macht er einen Selbstmordversuch: die Kugel dringt in die Lunge, bleibt im Rücken stecken; er wird wieder gesund, geht aber- mals in die Bäckerei. Zieht mll dem kommenden Frühjahr wieder weller. arbeitet in«wer Fischerei am Kospischen Meer, walzt im Herbst»ach Kasan zurück. Aber da genügend« Vorbildung und Geld mangeln, wechsell er vom angehenden Studenten zum Nachtwächter, Eisenbahnorbeiter, Kwasverkäufer, und wird schließlich Schreiber bei einem Anwalt in Nishnij, wo etwa» Ruhe und Ordnung in sein turbulentes Dasein kommt. Die Liebe zu einer verheirateten Frau und Sehnsucht noch der Landstraße treiben ihn immer wieder fori: er durchstreift ganz Rußland , wandert durch Bessarabten, am Schwarzen Meer entlangt, geht über Odessa und die Krim nach Tiflis , arbeitet hier kurze Zeit in einer Eisenbahmverkstätte, schreibt fai dieser Zeit seine erste Erzählung: wandert im Sommer wieder fort, abermals zum Schwarzen Meer, durch das Kubangebiet und kommt zurück nach Tiflis ,„wo ihn die freudige Nachricht erwartete, daß seine Erzählung von der Zeitung„Kawkas" angenommen sei, In deren Räume dachte er sich sein Pseudonym—„Gorki".„der Bittere"— aus. Langsam findet Gorki jetzt den Weg zur Literatur, nicht zuletzt durch die selbstlose Hilfe des tapferen Wladimir Korolenko, der älter und in seinem dichterischen Schaffen durchaus Antipode ist. 1992 wird Gorki von der zaristischen Regierung verbannt, im gleichen Jahr wähll ihn die„Akademie der Wissenschaften" zum Ehrenmitglied, macht aber die Ernennung rückgängig, da Nikolaus der Zweite diese Wahl„mehr als originell" findet. 199? wird Gorki mit vielen anderen Unschuldigen wegen de« Blutigen Sonn- tags verhaftet: ein Jahr später geht er ins Ausland, agitiert„gegen die Gewährung einer Anleihe cm die russische Regierung", gründet 1999 auf Copri eine Schule zur Ausbildung russischer Arbeiter als Berufsrevolutionäre. Kurz vor dem Kriege darf Gorki zurück in die Heimat. Nach der Revolution von 1917 widmet er sich kultureller Arbeit, kommt aber bald, nachdem die bolschewistische Regierung am Ruder ist, in Konflikt mll ihr. Später macht er seinen Frieden mit ihr, kehrt aber noch Italien zurück. Gorkis Menschen sind sozial im Mitgefühl und in der Hilfs- bereitschaft: asozial in ihrer Unfähigkell sich festzusetzen(in eineni Beruf, in einem Pflichtenkreis ihr Leben zu verankern): ihnen ist der Trieb zur Pflichtgebundenhell unbekannt. Vielleicht hindert den Dichter Gorki das bewußte oder unbewußte Gefühl seines „fahrenden Sängertums", um ein Vorkämpfer für den Sozialismus im prinzipiellen Sinn zu sein. Aber au« der Well seiner Werke, der Atmosphäre seiner Romane strohll die Suggestion brüderlichen Klassenbewußtseins: flammt Kampf für die Entrech- teten und darüber hinaus Liebe zum Menschen, die große All-Liebe schlechthin. Kurt Offenburg.
„Ierogemj... Liebllng... In der Schlinge.., Am Galgen.., Mein Shenja..." Kärgsiche Tränen rollten über ihr Antlitz. „Weinen Sie, Marusia, weinen Sie— dos wird Ihnen Er- leichterung bringen," redete ihr der Besucher zu.„Ich geh« zu den Kindern." Er ging ins Nebenzimmer! In sauberen Holzbett chen schliefen zwei Knaben. Einer von ihnen streckte«in rundlich strammes Beinchen unter der Decke hervor. Der Besucher bückte sich und deckte den Kleinen sorgfältig zu. Cr stand unbeweglich und be- trachtet« die schlafenden Kinder. Das Gesichtchen des älteren hatte Aehnlichkeit mit dem toten Gesicht, das er vor wenigen Stunden auf dem Tisch im Haus« der„Ochrana " gesehen hatte... „Marusia," sagte er, al» er wieder zu der Mutter zurückkehrt«.„Sie haben Kind er! Sie müssen an sich denken." Sie lehnte schluchzend auf einem Wachswchsofa, das Gesicht in die Kissen vergraben. „Ich werde mich der Knaben annehmen," fuhr er dann fort. „Sie sollen beide keine Not leiden. Marussa, Sie dürfen sich aber nicht so gehen lassen! Iewgenis sst gestorben wie«in Held!" JÜa, fa. Sie wissen«... Dr war ein Held. Sie sind sein Freund gewesen. Er hat Sie lieb gehabt..." rief die sunge Frau krampfhaft schluchzend und preßte fest sein« Hand. „Verlassen Sie mich nicht, sonst versier« ich den Berstand..." Und der große Provokateur mühte sich, die Frau d« Gr- richteten zu trösten. Cr sprach von dem Gehenkten, de« ein Schirrt« verraten habe, und dessen Tod er rächen werde... Als später dl« unglückliche Frau eingeschlafen war, betrachtete er st« kummervoll, und seine gewaltige Stierbrust hob und senkte sich«regt in stummem, unterdrücktem Schluchzen. (teBtetUtete Ueftafefens«m ckoltt i