Großwerdetag des Reichsbanners. Ein halbes Jahrhundert Komiker.
Ausgezeichnete Erfolge der Landwerbung.
Nicht weniger als 17 Berliner Kreisvereine des Reichsbanners Schwarz- Rot- Gold waren am Sonn tag auf Lastkraftwagen aufs flache Land hinausgeeilt, um den Wahlkampf mit eindrucksvollen Werbefundgebungen für die republikanischen Parteien zu eröffnen. Zu den Berliner Kreisvereinen gefellte sich noch eine große Anzahl Brandenburger Ortsvereine. Kurzum: Die Mark stand am Sonntag im Zeichen von Schwarzrotgold. Ausnahmslos wurden die Kameraden überall herzlich empfangen. Jedes Haus wurde mit aufklärenden Flugblättern belegt und die Illustrierte Reichsbannerzeitung" in Taufenden von Exemplaren an die Landarbeiterschaft verteilt. Nach dieser Arbeit gab es dann einen Umzug durch das Dorf, der seinen imposanten Abschluß in einer Rundgebung fand. Es würde zu weit führen, alle Einzelheiten aufzuführen. Mitgeteilt sei, daß zum Beispiel der Kreisverein Köpenick sich mit den Kameraden aus Eichwalde , Wil dau und Königswusterhausen in Friedersdorf traf und hier das Schwarzrotgoldene Tuch zeigte. Nach einem Umzug forderte Klatt ( Röpenid) in einer packenden Ansprache die Dorfbewohner auf, bei den kommenden Wahlen nur den republikanischen Parteien ihre Stimme zu geben. Die Sozialdemokratische Partei insbesondere bemühe sich immer wieder darum, die elende Lage des Landproletariats zu verbessern. Recht schönen Erfolg kompte der Kreisverein Friedrichshain für sich buchen. Er befuhr die Ortschaften Sternebed, Harnekop, Fafelberg, Lüdersdorf , Schulzen dorf , Möglin , Ringenwalde und Reichenow . 68 2andarbeiter Aber erklärten hier ihren Beitritt zum Reichsbanner. auch die anderen Kreisvereine konnten mehr oder minder zahlreiche
Der Wahlkampf beginnt!
Neuaufnahmen mit nach Berlin nehmen. Alles in allem genommen war der Sonntag ein Großwerbetag von ungeheurer Bucht. Er hat den Stahlhelmern und Landbündlern deutlich gezeigt, daß ihre unumschränkte Vorherrschaft auf dem flachen Lande im Schwinden begriffen ist. Auch die nächsten Sonntage werden die Kameraden dazu benutzen, die Landarbeiterschaft im republikanischen Sinne aufzuklären.
Märchen von den„ Stempelbrüdern."
Ein Kapitel von neudeutscher Berlogenheit. „ Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht sorgen." „ Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht sorgen." Die Richtigkeit dieses Saßes hat sich besonders an den Arbeitslofen erprobt. Für den„ guten Bürger" war der Arbeitslose lange Zeit nur ein Arbeitsscheuer", ein Mensch, der nicht arbeiten will. Zumal der Arbeitslose, der nicht noch außer seiner Arbeitstraft auch noch feine Notlage ausbeuten lassen mag, d. h. nicht zu ungewöhnlich schoflen Arbeitsbedingungen Arbeit annehmen wollte, war Bielscheibe jeder gutbürgerlichen Berdächtigung. Die Arbeitslofen aber blieben ihrem Schicksal überlassen, sie erhielten von feiner Seite her Unterstützung. Allmählich mußten die erstarbenden Gewerkschaften dazu übergehen, ihre Mitglieder vor den schlimmsten Schäden der Arbeitslosigkeit zu schützen. Als aber nach dem Kriegszusammenbruch die große Arbeitslosen not einsetzte und die Arbeitslosenfürsorge geschaffen werden mußte, da sekte die Heze gegen diese Fürsorge auch schon mit aller Wucht ein, und die Stempelbrüder" wurden in gleichem Maße verdächtigt, wie die randalierenden Agrarier verhätschelt. Alles, was der Galgenhumor unter den Arbeitslosen selber hervorgebracht hatte, wurde von der kapita listischen Presse in vergröberter und gehäffigster Form gegen die Unterstützungsbezieher gebraucht.
Zielschers Bühnenjubiläum.
Bücken und dem Rotfpon bei Habel den Gelenfrheumatismus holten. Hoff war dagegen alles übrige, wo der Müll der Bürger abgeladen wurde und wo Kater Murr auf Liebesjagd auszog.
Heute abend wird Guido Thielscher wiederum zur Theaterarbeit| Rafernenpalais Unter den Linden, wo sich die Lataien vom vielen rasen, wie er es feit fünfzig Jahren tut. Er wird wiederum früher als alle anderen Schauspieler im Hause sein und ängstlich, als wenn es zur Hinrichtung ginge, abwarten, daß sein erstes Stichwort fällt. An diesem Berliner Komiker, der aus Görlig stammt und der aus Dankbarkeit für den seinem Unterteil in Oberschlesien applizierten Rohrstod mit dem Stimmzettel ausfuhr, um ein Stück schlesisches Land mitzuretten, an diesem dicken, lebendigen, so gelentigen Spaßmacher fällt vor allem der Ernst auf. Er hat seit Jahrzehnten ungeheuer gearbeitet, damit er anständig spielen kann.
Man stellt sich schwer vor, wieviel Mühe, Gewissenhaftigkeit Man stellt sich schwer vor, wieviel Mühe, Gewissenhaftigkeit und erworbene Technik notwendig sind, damit ein Komödiant die Blödheit der Welt durch sein leuchtendes Beispiel demonstriert.
Thielscher hatte es besonders schwierig, denn er ging frühzeitig in die Breite und in die Runde. Die Borsehung hatte ihm ein stattliches Uebergewicht auf den Bauch gelegt, während sie den Beinen einen ziemlich normalen Umfang beließ. Dafür war Thielscher wiederum nicht sehr groß geraten, gerade einen Spann über das 3wergmaß hinaus, und der kuriose Schädel, der ein wenig nach vorn geschoben ist, aus dem Halse heraus, ein sehr geräumiges und trokdem unproportioniertes Möbel, fein Adonis- Haupt, sondern eine Weltfugel mit allerhand geographischen Abweichungen, berechtigte den Anfänger zu feinerlei überschwenglichen Erwartungen. Ein so unnormaler Schauspieler muß mühselig entdecken, wo seine Be gabung liegt, und er machte es den Liebhabern auch nicht leicht, daß sie ihn entdeckten. Es dauerte immerhin einige Jahre, bis es soweit
tam.
Zunächst spielte Thielscher im alten Belle- Alliance- Theater. Wer fennt das noch? Wer erinnert sich noch an die feenhafte Gasbeleuchtung des Sommergartens, wenn Berlins Lebemänner um hochbufige Damen mit gepolstertem Cue herumschwärmten? Es war das eleganteste Gartenlokal, in dem die Militärkapellen feudal dem Jugverkehr dienten, während im Inneren des Theaterhauses die finsteren Tragöden den Faust agierten. Damals spielte der berühmte Lehfeld den Faust, er war ein berühmter Zungenroller. Sollte er am Abend einen Körig spielen, dann aß er am Tage fein Gulasch. Das ist kein Fressen für eine Majestät." Und in diesem herrlichen Musenstall debütierte Thielscher, um neben Lehfeld- Faust die Blocksbergshere zu jaulen. Er tat es so vortrefflich, daß Lehfeld noch während der Vorstellung schnauzte: Schmeißt mir den Kurendebengel aus der Bude!" Kurendejungen waren die Hoffänger, nein, die Hofffänger, denn Hof sagte man nur für das|
Vom Podium zum Tanztheater.
Wohin die Entwicklung geht.
Aurel von Milloß.( Sturm.) Eine Neuerwerbung unserer Staatsoper. Ungar. Kommt vom Ballett und ist mit Erfolg durch die Schule Hertha Feist gegangen. Startes, männliches Temperament. Wirkt mehr durch die Kraft, als durch die Leichtigkeit der Bewegung. Eigenartige, sehr ausdrucksvolle, abstrakte Handund Armaktion, zuweilen, in der Fingerführung, an javanische Stil formen antlingend. Die Kompofitionen oft schleppend, der Gliederung und Steigerung entbehrend. Die ganze Persönlichkeit mehr fürs Tanztheater als fürs Podium geschaffen.
Yvonne Georgi und Harald Kreuzberg.( The ater am Kurfürstendamm .) Zum Ruhm dieser beiden ist nichts mehr zu sagen. Seit sie zusammen in Hannover wirken, ist
bort nicht nur ein Mittelpunkt der modernen Tanztultur, sondern
auch ein mächtiger Anziehungspunkt für aufstrebende Talente entstanden. Der sterile Boden Berlins wird verlassen, man wandert tatenburstig und hoffnungsfroh zur bonne. Die hochbegabte Ruth Marcus, die an unserer Staatsoper feine rechte Beschäftigung fand, ist das jüngste Kleinod, das Hannover uns entführte. In den Tänzen
Kreuzbergs und der Georgi aber erkennt man immer deutlicher den Einfluß der Bühne und die flare Richtung auf szenische Gestaltung. Einfluß der Bühne und die klare Richtung auf szenische Gestaltung. Und das ist es, was uns jetzt am meisten not tut. Die Eroberung des Theaters ist das nächste Ziel im Entwicklungsgang des modernen Tanzes. Die zwingende wirtschaftliche Notwendigkeit zieht die künst lerische nach sich. Alle Einzelkünstler, alle Schulen, alle Gruppen, ob fünstlerische oder Laienorganisationen, sollten dem Ziel dienen. Leider scheint es, als ob Berlin sich die Führung auf diesem Weg hat entringen lassen. Neben Eſſen geht jetzt Hannover voran. Klug, zielflar und temperamentvoll geleitet von Yvonne Georgi , der Harald Kreutzberg als unbestritten größter deutscher Tänzer zur Seite steht.
J. S.
Das Museum der Lebenden. Die Berliner Nationalgalerie eröffnet am Sonnabend das Obergeschoß ihrer neueren Abteilung im früheren Kronprinzenpalais Jetzt, nachdem die„ Fürsorge" in eine auf Beiträge beruhende mit einer Ausstellung von Werfen neuerer deutscher Künstler aus Versicherung umgewandelt ist, nimmt diese Heze noch weit Berliner Privatbesig. In dem oberen Stockwerk sind einige bau üblere Formen an. Ein Beispiel für viele: In dem kleinen oft- liche Veränderungen ausgeführt und dabei ist ein Rundgang durch preußischen Städtchen Anger burg erscheint der Bote am Mauer- das ganze Stockwerk geschaffen. Dort wird, wie früher, die jüngste see". Dieses Blättchen veröffentlicht unter der Ueberschrift„ Un Malerei und Plastik gezeigt werden. Um nun einmal vorzuführen, glaublich aber wahr?" folgende Schauergeschichte: was der Berliner Privatbesig von dem Schaffen der Künstler etwa von Rohlfs und Paula Modersehn an aus der sogenannten nach impressionistischen Zeit aufgenommen hat, von den Künstlern der Brücke" und der Neuen Sachlichkeit", hat der Kuftos der Galerie, Dr. Thormaehlen, von etwa 150 Berliner Sammlern Werte ausgewählt.
Im hiesigen Kreise sollte in einem Betriebe wieder die Arbeit aufgenommen werden. Von den Arbeitnehmern, die in jogenannten Werkwohnungen untergebracht waren, sagte der eine zu bem Arbeitgeber, daß er ihm doch nicht zumuten könne, jetzt die Arbeit aufzunehmen und sich für 2 M. die Woche mehr, als er Stempelgeld erhält, die Sachen zu verderben. Ein anderer trat an den Arbeitgeber heran mit der Erklärung, er erhalte beim Stempeln 14 M. bie Woche mehr, und er bitte, ihn doch nicht einzustellen, er will sehr gern dafür dem Arbeitgeber 7 M. wöchentlich Abstandssumme zahlen.
Der Gefeßgeber hat es sicher nicht geahnt, daß im einzelnen Falle die soziale Erwerbslosenfürsorge sich so auswirken fönnte! Der öffentliche Arbeitsnachweis des Kreises Anger burg hat nun die in dieser Schauermär gemachten Angaben näher nachgeprüft. Dabei hat sich ergeben, daß die Behauptung, ein Arbeitsloser wollte einem Arbeitgeber 7 M. Abstand dafür zahlen, wenn er nicht eingestellt wird, vollständig erfunden ist. Der in Frage tommende Arbeitgeber hat bei der Berneh mung durch den zuständigen Landjägermeister angegeben, daß ihm dieses Angebot nicht gemacht worden fei, er fönne auch nicht angeben, von wem er den Vorgang gehört hat. Die Redaktion des Bote am Mauerfee" wurde ersucht, eine entsprechende Berichtigung zu veröffentlichen.
Es liegt augenscheinlich System in der Ma che, und des halb ist es notwendig, jeder derartigen Schwindelnotiz auf den Grund zu gehen, um die Hintermänner zu entlarven
Im mittleren Stockwerf ist jetzt ein neuer Raum für die Galerie hinzugenommen worden: der Saal, der über dem Schwibbogen über der Oberwallstraße liegt und zu dem man von den Corinth- Räumen gelangt. Er gehört schon zum Prinzessinnenpalais und ist jetzt als Ausstellungsraum für moderne Plastit in Gebrauch genom men. Aufgestellt wurden dort wenige, hier nun um so wirkungsvollere Werte neuer deutscher Bildhauerkunst: im Uebergang das kniende Mädchen von Hermann Haller und sein Kopf der Marie Laurencin , dann die Schlieffen- Büste von Klimsch , Fioris Bildnis des Boyers Schmeling, der Nurmi von Renée Sintenis , dann eine Anzahl von Plastiken von Kolbe und Wilhelm Lehmbruck . Den Abschluß bilden zwei Werke von Rudolf Belling : die Mahagoniplastik Dreitlang" aus dem Jahre 1919 und der Messingtopf, das Bildnis seiner Gattin aus dem Jahre 1925.
Konzert in Adlershof . Der Männerchor Adlershof veranstaltet Sonnabend, 8 11hr, im volal von Wölftein( Bismardstr.) ein Stonzert. Der Chor bringt unter Zeitung von Ludwig Belizer gut ausgewählte Chöre zum Vortrag. Die Herren Hans Prager( 1. Bioline), Wilhelm Graff( 2. Bioline), Kurt Burchard( Biola), Dr. Kurt Prager( Violoncello) spielen zwei Streichquartette.
Bor einem halben Jahrhundert flog Thielscher aus dem Theater heraus. Er ist trotzdem noch immer mitten darinnen. Er spielt 3. B. hundertmal und einige hundertmal hintereinander irgendeinen unfreiwilligen Schwerenöter, der die Anständigkeit selber und zum Unglück noch aus Meferig ist. Und ihm gerade muß es passieren, ihm, dem Pfahlbürger, daß er für einen Höllenpfuhlehrenbürger angesehen wird. Man fleddert ihn und seine Keuschheit bis auf die Unterhosen. Der Spießer, der seinen Obulus bezahlt oder auch sein Freibillett hintenherum erschiebt, tobt sich in Bergnügtheit aus und nimmt sich auch heimlich ein Beispiel an dem, was Thielscher dort demonstriert.
Ja, dieser Thielscher ist populär- mindestens bei der Hälfte aller deutschen Steuerzahler, angefangen beim Außenminister bis hinunter zur Blumenfrau am Kottbusser Tor , angefangen vom Klub bis zur Raschemme. Er hat sämtliche verstorbenen Reichstage, Putsche, Nobelpreisträger, Fememordagenten und Rollkommandomatadoren überlebt.
Charleys Tante
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das ist seine berühmteste Rolle. Als er sie vor ungefähr 30 Jahren einstudierte, hielt ihn der alte Adolf Ernst für viel zu dick. Adolf Ernst hatte sich den Londoner Komiter, der die Sache machte, an Ort und Stelle angesehen, und der Mann war spindeldürr. Was tun, damit Thielscher dem Engländer ebenbürtig werde? Adolf Ernst gab Thielscher einen Haufen Geld, damit er nach Marienbad reise und sich 20 Kilo fortturiere. Thielscher nahm das Geld und reiste nach Marienbad und nährte sich redlich von fettester böhmischer Küche und nahrhaftesten Mehlspeisen, und als er ausfuriert war, hatte er 10 Kilo zugenommen. Er behielt seine Rolle trotzdem und wurde ein weitberühmter Mann.
Sämtliche Verliner Komier werden heute abend zu Ehren Thielschers ein Rabarett aufführen. Sämtliche Berliner Coubretten haben sich zu cer Jubiläumstrup ron Thielscher- Girls zusammengelan. 2 vie braven Künstler toollen his 3 Uhr morgens den Jubilar feiern, und hernach wird Thielscher vielleicht vor lauter Freude nicht zum Schlafen kommen. An das Nichtschlafen ist er übrigens gewöhnt. Der er brauchte vicle Nächte zum Studieren, damit sei. Belk nicht merkte, wie ausdauernd der Komiker Gedächtnis und G stalt trainieren muß. damit er zum beliebtesten Epaßmacher von Groß- Berlin ard auch weit über die Grenzen hinaus wird. Mar Hochdorf.
„ Ehefetten."
( Zauenhien- Palast.)
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Man ist verwundert, diesen Amerikaner im Tauengien- Palast vorgeführt zu bekommen, wo man doch sonst für gewöhnlich auf Nipeau hält. Der Film ist nach einem Bühnenwert gearbeitet. Er hätte ein hohes Lied der Mutterliebe und ebenso gut eine aufrüt. telnde Anklage gegen die Justiz Dollarifas werden können, aber er wurde urechter amerikanischer Kitsch. Um Logit bemühte man sich nicht einen Augenblid, sondern ließ, um der Sentimentalität und der Sensation wegen, eine glüdliche Ehe auseinandergehen, den Mann einen Meineid leisten, die Frau unschuldig ins Gefängnis tommn und nach der Flucht aus der Strafanstalt hochbeglückt ihr frankes Kind in die Arme schließen. Ende gut, alles gut.
Charles Bra bin führte die Regie in gänzlich überholter Ma. mädchen, schmerzverzogenen Gesichtern der Stars und Großaufnahmen. Die letzteren werden Doris Kenyon sehr gefährlich, da bei ihr weder Zahnstellung nach Mundpartie ideal find. Den männ lichen Darstellern tut man den größten Gefallen, wenn man ihre Namen verschweigt.
nier; er hat eine direkt naive Freude an Sensationen, Revue.
Recht interessant waren die Aufnahmen aus dem Zyklus Schaffende hände", die diesmal in wirklich sehenswerter Weise die Arbeitsmethode des Bildhauers Joseph Therat veran schaulichten.
Guter Geschmack.
-g.
Ueber den Geschmad soll man nicht streiten. Einmal, weil
meistens doch keine gemeinsame Anschauung dabei herauskommt und
hängig ist. Nichtsdestoweniger hat der Reftor der Universität Wis. zum anderen, weil er bestimmt von Zeit, Ort und Umständen ab= fonsin( USA .) eine Definition geliefert, die bestimmt den Reiz der Neuheit für sich hat. Er teilte kürzlich in der New Yort World" mit, daß er der bekannten Propagandistin der Ehen auf Probe, Frau Bertrand Russell , Berlesungen über ihr Thema vor dem Auditorium seiner Universität verboten habe, Er halte Erörterungen der Sexualbeziehungen vor und nach der Ehe vor Studenten beiderlei Geschlechts, bie gemeinsam die Anstalt besuchten und ihre Beranstaltungen gemeinjam belegten, für einen Berstoß wider den guten Geschmad.
Daß Serualbeziehungen zwischen den Hörern der Universität Wiskonsin bestehen, bestreitet der Herr Rektor nicht. Nur über die menschlich wie sozial zweckmäßigste Art ihrer Regelung darf in seiner Anstalt nicht gesprochen werden. Das ist der Ausdruck der typischen Bürgermoral, die alles erlaubt, aber nur das notiert, was ihre Kreise nicht stört. Wir wissen nun ganz genau, was gutem Geschmad entspricht im wohlgesitteten und ebenso situierten Bürgertum: man muß das Zweckmäßige unterlassen, wenn es mit Kritik verwandt ist!
Der nächste Zola- Film. Nach dem großen Erfolg, den der deutsch - französische Gemeinschaftsfilm Therése Raquin" soeben in Berlin davongetragen hat, wird demnächst auch Zolas Börsenroman Das Geld" auf der Leinwand erscheinen. Der Verfasser des Manuftripts, Marcel L'Herbier , hat, um ein möglichst lebensechtes Bild des Milieus zu vermitteln, die Börse und den Betrieb in den Banten eingehend studiert, um sich die nötigen technischen Kenntnisse zu ver
schaffen.
Ernst W. Freißler spricht heute über Joseph Conrad . Der Vortrag findet m Mommsen- Gymnasium, Wormser Straße 11, abends 81, Uhr, statt. Tolstoi und Gotti werden von der Volksbühne E. V. durch eine schlichte Veranstaltung geehrt, in der Nora Bepler aus ihren Werken vortragen wird. Die Ehrung findet statt am Freitag, 8 Uhr, im Bürgersaal des Rathauses. Starten 0.60 WT.
Ein historisches Monument e'ngeflürzt. Der aus dem reunten Jahr dundert stammende Turm Karls des Großen in Tours ( Frankreich ) ist hestern eingestürzt. Der Turm war einer der legten Ueberreste der frühegen Martins- Bafilila, in der die Königin Hildegard, die Gemahlin Karls res Großen, beigefekt war.