27. Fortsetzung. „Das sind nun mehr als hundertfünfzig Jahre her, jo ungefähr in der Zeit der amerikanischen Revolution. Da lebte in der Nähe von Huacal ein wvhlsttuierter Indianer, der zu den Häuptlingen der Chiricahuas gehört«. Er hatte«ine schöne Farm und beteiligte sich nicht an den Mord- und Raubzügen der benachbarten Sippen. Die Sippe seines Stammes war hier jehhaft geworden und fand in der Landwirtschaft mehr Freuden und Wohlstand als in den Streifzügen und in den ewigen Kämpfen mit den Spaniern. Der Häuptling hatte nur ein L«id auf der Welt: sein einziger Sohn, Erbe und Erhalter seines Adelsranges, war blind. In früheren Zeiten wäre der Sohn ja getötet worden; seitdem der Stamm ober seßhaft geworden war und die Sippen sich zum Christentum bekannt hatten, war man weitherziger geworden. In diesem Falle sprach auch noch die Tatsache mit, daß der Junge sonst wohlgebaut und kräftig war, und daß er ein selten schöner Knabe genannt werden durfte. Ein Mönch, der herumzog und die Freigebigkeit des Häuptlings bis zur letzten Nagelprobe auszunützen verstand, riet dem Bater, er möge mit seiner Frau und dem Jungen eine Pilgerreise zur gnadenreichen Gottesmutter von Guadolupe unternehmen und mit der Opferung ja nicht sparen, denn dafür sei die Gottesmutter sehr empfänglich, und sie wisse den Wert der Gabe wohl zu schätzen. Der Häuptling ließ sein Gut unter der Aufsicht seines Onkels zurück und machte sich auf die Pilgerfahrt. Er durfte weder Pferd noch Esel, noch Wagen gebrauchen und muhte diese gewaltig« Strecke von beinahe zweitausend Kilometer mit Frau und Kind zu Fuß machen, mußte in jeder Kirche, an der er vorüberkam, drei- biindcrt Are Marias beten und eine Anzahl Kerzen und silberne Augen opfern. Endlich erreichte er Mexiko , und nachdem er viele Stunden in der Kothetü'ale gebetet und gefleht hatte, begann der letzte Teil seiner harten Aufgabe. Dan der Kathedrale bis zum Gnadenbild« in Guadalupe sind fünf Kilometer. Diese fünf Kilometer hotten er, seine Frau und der kleine Junge auf den Knien zu rutschen, und jeder batte dabei eine brennende Kerze in den Händen zu tragen, die trotz Wind und Regen nicht ausgehen durfte. Wenn eine Kerze zu End« ging, dann mußte rechtzeitig ein« neue, die geweiht war und darum mehr Geld kostete als ander«, gewöhnliche Kerzen, an der ausbrennenden angezündet werden. Die ganze Nacht hindurch ging die mühselige Reis«. Der Junge schlief ein, und noch im Schlaf wimmerte er um ein Stückchen Maistuchen und um Wosier. Aber sie dursten weder essen noch trinken. Sie warteten, bis der Jung« sich wieder ein wenig erholt hatte, und dann ging die Prozession weiter. Alle Leute, Spanier und Indianer, die ihnen b«gegn«ten. wichen ihn«n scheu aus und bekreuzigten sich: denn was für eine unerhörte, nichtswürdige Sünde mußte diese Familie begangen hoben, daß sie eine so furchtbare Pilgerfahrt abzu- büßen hatte. völlig erschöpft kamen sie an den Fuß des Cerrüo de Tepeyacac, des Hügels, auf dem die Gottesmutter im Jahre 1SS1 dem Quauhtlatohua-Indianer Juan Diego persönlich dreimal erschienen war und ihr Bild in seinem Ayat «, seinem Ueberwurf zurückgelassen hatte. Hier lagen sie drei Tag« und drei Nächte auf den Knien, betend und flehend. Der Häuptling hatte sein Dieh und seine ganze Ernte der Kirche versprochen, wenn ihm die Gottesmutter in seiner Not hülfe. Doch kein Wunder ereignet« sich. Da versprach er end- lich, dem Rate des Mönches folgend, seine ganze Farm und alles,
Diese fünf Kilometer hatten er, seine Frau und der kleine Junge auf den Knien zu rutschen... was er habe, zu opfern, wenn die Gottesmutter feinem Kinde das Augenlicht gäbe. Aber das erwartet« und ihm fo sicher versprochene Wunder vollzog sich auch jetzt nicht. Der Knabe wurde so«rschöpft von dem langen Fasten und der anstrengenden Reise, daß sich �eine Mutter endlich ganz seiner Pflege widmen muhte, um ihn am Leben zu erhalten. Der Häuptling, nicht mehr wissend, was er noch mehr tun könnt«, begann an der Macht der Gottesmutter im besonderen und an der Macht der christlichen Religion im allge» meinen zu zweifeln, und et sagte» daß er nun zu den Medizin- männern seines Stammes gehen wolle, die seinen Vätern oft genug Beweise von der Macht und der Wunderkvaft der alten indianischen Götter gegeben hätten. Die Mönch« verboten ihm, so gottesläster- lich« Reden zu führen, und drohten ihm an, daß seine Familie noch böser« Gebrechen zu erwarten habe, wenn er nicht aufhöre, seine Zweifel zu äußern. Uni» sie sagten ihm, daß er allein die Schuld trüg«, die Gnadenmutter wisie wohl, was sonst kein Mensch wisse, daß er aus der Reis« Fehler gemocht hob«,«in« Kirch« über- schlagen habe, sich bei dem Beten dar Ave Marias absichtlich vsr»
bl«ch dem Absdilub unseres GoMgr&berronMiu bringen vir Aid Nr. 513. Aus den Papieren eines Rc chisan walis. Hier wird ein Stück aus dem Alltag wiedergegeben. Aber dieser Alllag Ist reicher an Konflikten und Verwicklungen, als sie der phanlasferoUsie Dichter xu erfinden rermfidite. Ein einfacher Mensch gerat in das Dickicht, das falsche Erxiehung, veraltete Anschauungen Ober die Ehe und die loten Paragraphen der Gesetze um unser Gefflh'sleben errichtet haben. Er weifi sich nicht anders zu helfen, als dafi er das Leben der Frau,«He er Hebt, und damit sein eigenes leben vernichtet.
zählt habe, um schneller fertig zu sein, boß er gegessen habe, wenn er nicht sollt«, und daß er verschiedene Male des Morgens Wasser getruttken habe, ohne vorher niederzuknien und zu beten. Der Häuptling mußte schließlich zugeben, daß er wohl einmal nicht drei- hundert, sondern nur zweihundertundachtzig Aves gebetet habe» weil es ihm schwer falle, so hohe Zahlen zu behalten. Und gewiß, sagte ein anderer Mönch, habe er verschiedene Sünden anzugeben unter- lassen, als er in der Kathedrale gebeichtet habe, denn noch jedem,
Don Manuel war ein berühmter argentinischer Arzt... der es verdient habe, hat die Gnadsnmutter aus der Bedrängnis geholfen. Darum möge er die Pilgerfahrt nach sechs Monaten wiederholen. Vielleicht ging dem Häuptling das doch zu weit, oder aber— und das ist wohl das, was am wahrscheinlichsten sein mag— er hatte den Glauben an die Wundermacht des Bildes verloren. Jedenfalls ging er zurück noch Mexiko , aß tüchtig und gut und nahm auch seine junge Frau wieder in seine Arme, was er, getreu der Aufgabe folgend, während der ganzen Reise nicht getan hatte. Dann hörte er herum in der Stadt, und man nannte ihm das Haus eines Don Manuel Rodriquez. Don Manuel war ein berühmter spanischer
Arzt, aber er war sehr habgierig und mochthungrig. Er untersucht« den Jung«» und erklärte dem Häuptling, daß er wohrschein- lich sähig sein würde, dem Kinde das Augenlicht zu geben. Was denn der Indianer zahlen könne? Der Häuplling sagte, daß er«ine Farm habe und viel Weh. Das ist ober kein Geld, antwortete ihm Don Manuel, ich brauche Geld, viel Geld. Darauf sagte ihm der Häuptling, daß er den Arzt zum reichsten Manne in ganz Neu»Span!«n machen wolle, wenn er seinem Sohne dos Augenlicht gäbe. Wie er denn das machen wolle mit seiner Farm, fragt« Don Manuel. Ich weiß eine reiche Gold- und Silbermine, sagt« der Häuptling, und die will ich Ihnen zeigen, wenn mein Sohn sehen kann. Und sie mochten den grausamen Kontrakt, daß Don Manuel dos Recht haben soll«, dem Kind das Licht der Augen wieder auszulöschen, wenn die Mine nicht existiere oder schon jemand anders gehöre. Don Manuel arbeitete und operiert« mit dem Jungen zwei volle Monate und vernachlässigt« alle sein« anderen Patienten, dar- unter sogar den Geheimsekretär des Vizekönigs. Und nach zwei Monaten komtte der Knabe sehen wie ein Adler, und Don Manuel erklärte dem Häuptling, daß nun das Augenlicht dauernd sei. Und das war richtig. Di« Freud « des Häuptlings war grenzenlos, und feine Dank- barkeit kam aus treuem Herzen.„Nun will ich dir sagen, Don Manuel, daß ich dich nicht belogen habe,' war seine Antwort, als der Arzt wegen der Bezahlung fragte.„Die Mine gehört meiner Familie. Als die Spanier kamen, wurde sie von meinem Urvater verschüttet, weil wir kein« Spanier in unserem Distrikte haben wollten, weil wir die Spanier haßten, und weil wir wußten, daß die Weißen das Gold und das Silber mehr liebten als ihren Gottes- söhn. Di« Mine war verraten worden, und die Spanier kamen und rissen meinem Urvater und seinem Weibe lebendig die Zungen aus, um zu erfahren, wo die Mine sei. Aber obgleich sein Mund voll Blut war und die Schmerzen ihn wahnsinnig machen wollten, lachte mein Vater ihnen ins Gesicht, und sie bekamen die Mine nicht. Und mein Urvater zeichnet« die Worte nieder, und nach seinem Tode gingen sie von dem Mund des Sohnes zu dessen Sohn« und so fort bis.zu meinem Munde: Wenn dir oder deiner Familie oder deirrem Stamme von einem Menschen ein großer Dienst erwiesen wird, den dir weder der federgekrönte Gott unseres Volkes noch der blutgekrönte Gott des weihen Volkes erweisen wollte oder nicht erweisen konnte, so gib den Schatz jenem Menschen, und ihm soll er gehören. Du. Don Manuel, host in meinem Sohne mir, meiner Familie und meinem Stamme jenen Dienst erwiesen, den zu erweisen trotz oller m«in«r Mühen und Gebete und Opfer der Gott de» weißen Volkes zu schwach war, und dir gehört darum die Min«. Folg« auf meinem Wege, den ich dir sagen will, nach drei Monaten und sprich zu niemand, was du weißt, und ich will dich zum reichsten Manne machen in ganz Neu�vponien." lFortsetzung folgt.)
N74S DER TAG BRINGT.
Idiotenführer durch den Anzeigenteil. Folgend« appetitliche Ernte stammt aus einer Nummer einer „strengnationalen" Zeitung: „Der biblische Moses! Pulver-, Bomben- und Dynamitfabrikant.(!!) Nie dagewesene Enthüllungen! Preis geheftet nur 0.60 M." Der völkisch-hebräische Moses scheint ja eine originelle Nummer gewesen zu sein. Vor der Erfindung des Puloer» Dynamit in en gros zu fabrizieren— das bringt eben nur so ein„Weiser von Zion" fertig! „Einheiratmöglichteit in mittelgroße Landwirtschaft für Deutschen nicht unter 30 Jahre aus altem Adels- oder gutbürgerlichem Haufe, frei von femiti- schen Beziehungen mit garantiert nordischem Typ.(!)* Patemen Germanen, wenn möglich direkten Nachfolgern des Friedrich Barbarossa , die über einen Garantieschein verfügen, ist hier eine vorzügliche Sanierungschance geboten. Doch weiter: „Wir haben uns verlobt! Erika v. Weyhe-Eimke— Kurt Grienienz. Hermannsburg . Celle . Im Hornung im 10. Jahre der Schmach!" Gut gebrüllt, kleiner Wodan...! „Jeden Montag Geld erhalten vertrauenswürdige Herren von nationaler Veranlagung f!) durch Vertrieb des größten konkurrenzlosen Schlagers, das Kupfertiefdruck- bild Friedrichs des Großen. Wöchentlich bis 200 RM.! Unser großer König gehört in jedes deutsche Haus! Deutscher Heldenverlag, Königsberg ." Den so veranlagten vertrauenswürdigen Herren ein kräftiges Horridoh mit auf den dornigen Weg! Und zum Schluß: „Gesucht zum IS. März junges Kleinmädchen. National- charakter Bedingung.(!!) Gartenarbeit er- wünscht!" Soviel unfreiwilliger Humor schon im Anzeigenteil! Die rechts- radikale Idee hat eine Zukunft: im Kabarett! Ein jüdischer Manager gesucht! K u k a. Die Rache im Gerichissaal. Ein damatischer Zwischenfall ereignet« sich in Eolumbi» (Bereinigte Staaten Amerikas ). Das Gericht hatte eben erst den Letter der Polizei der Stadt Kalera, Blike, von der Anklag«,«in junge» Mädchen namens Louise Montibaro getötet zu hoben, frei- gesprochen. 2m Augenblick, als feine Freunde und Verwandten ihn zum Ausgang des Prozesses beglückwünschten, drückte die Mutter der Getöteten auf ihn einen Revolver ab, traf ihn jedoch nicht. Run stach die Tante der Getöteten aus Blike mit einem Dolch«in und vsr- wundete ihn tödlich am Halse. Bon ähnlichen blutigen Ausschreitungen im Gerichtssaal wurde vor kurzem au» Hindenburg(Obersckil.) berichtet. Der Schau- platz war diesmal das Amtsgericht. Die Frau des Grubenschlägers C i s l o k forderte von ihrem Mann einen Schadenersatz wegen tätlicher Mißhandlung. Plötzlich warf sich Cislok auf seine Frau und schlug auf sie mtt einem dicken Knüppel ein. Die Beschlagene fiel zu Boden. Das hinderte den Wüterich aber nicht, die Blutüber»
strömte noch weiter mit dem Knüppel zu bearbeiten. Die Frau wurde in bewußtlosem Zustand in dos Knoppschaftslazorett über- geführt. Das mörderische Auto. Die Zahl der in den Bereinigten Staaten im Jahre 1S27 durch Automobile getöteten Personen hat gegenüber dem Jahr« 1925 um 1316 zugenommen und betrug insgesamt 26 618. Außerdem erlitten 799 000 Personen durch Kraftwagen ernst« Verletzungen. Der volks- wirtschaftlich« Verlust an Menschenleben, Arbeitskraft und Material. schaden wird auf 672 000 000 Dollar geschätzt. Di« Zahl der Kraft- wagenunfäll« an Bahnübergängen hat ein« leichte Verminderung er- fahren. Dort betrug die Zcchl der getöteten Personen 2120 gegenüber 2414 im Jahre vorher. Pfälzischer Humor, Ein Knabe und ein Mädchen hatten ein Brüderchen bekommen. Das Mädchen sagt« altklug:„Ich Hab' bi« Kist' g'sehne, in der's ankumm« sich, sie steht im Keller,'s steht drusf: Sähnlein trocken" (Schaumweinsirma). Aber der kritische Bruder versetzte:„Do sinn mer ang'schmeert,'s Brüderls sich jo immer naß."
Wer weiß das? Das Taschentuch kam zuerst in Venedig auf. Und zwar zu Anfang des 16. Iahrhundens. Erst in der Mitte des 17. Jahr- Hunderts wurde es in Deutschland eingeführt. Damals diente es als Luxusartikel. Mit der Verfeinerung der Sitten wurde es glück- licherweife Gebrauchsartikel. * Ein Eisberg, der 100 Meter über dem Meeresspiegel emporragt, taucht um das Siebenfach« seiner oberen Läng« in das Meer hinab. * In Süddeutsc�and hat man für„schlafen" die hübsche Umschrei- bung ,chie Augendeckel von innen anschauen". n Hans Sachs , der„Schuhmacher und Poet dazu" soll ein großer Katzenfreund gewesen sein. Er wurde auch von einem Zeitgenossen mit einer Katze auf dem Pult gemalt. * In einem Bienenkorb« befinden sich im Somm-r zwischen 40000 und 50 000 Bienen. * Der best« Tee tostet in China nur rund 25 Pf. da» Pfund. * Onkel Sam(englisch : Unele Samt sit eine scherzhafte Bezsich» nung der Amerikaner, deren Ursprung mit Sicherheit nicht noch- weisbar ist. Bielfach wird behauptet, daß Uncle Sam au» einer witzigen Deutung von U. S. Am. gekürzt für United State« os America entstand« ist.