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Nr. 137.

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für 1831 unter Nr. 6403.

Vorwärts

8. Jahrg.

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Fernspredjer: Ami 6, Nr. 4106.

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Die Saison.

Dienstag, den 16. Juni 1891.

Expedition: Beuth- Straße 3.

arbeit beschäftigt haben, geben alle die Uebelstände zu und die Kapitalwirthschaft anrichtet, immer größer werden sie betonen alle ganz richtig, dieselben entständen wesent- und immer mehr Gesundheit und Mark unseres Volkes Die Saison bedeutet gewöhnlich für die oberen Behnlich aus der kurzen Lieferfrist, die wiederum daher zerstören. tausend" erhöhten Waarenabsag und Kapitalgewinn mit kommt, daß der Unternehmer bei der Beschaffung der Roh- Diese Dinge werden ihr gut Theil beitragen, die darauf folgender Erholung und Vergnügung in den Bädern stoffe Preisdrückerei und Spekulation treibt. Ohne Zweifel Ueberzeugung zu verbreiten, daß eine Neugestaltung des und Sommerfrischen; für den Arbeiter bedeutet sie ge- könnten die Rohstoffe zeitig beschafft und dadurch die wüste Produktionswesens an Haupt und Gliedern eine unab­wöhnlich äußerste Anspannung der Arbeitskraft, höchste Ueberhaftung der Saison vermieden werden. Allein die weisbare Nothwendigkeit ist. Leistung, längste Arbeitszeit und keineswegs entsprechenden Unternehmer warten mit der Beschaffung der Rohstoffe, Verdienst. Die Arbeiter, die ganz auf diese Saison an- bis die Preise gesunken sind; manchmal hoffen sie auch gewiesen sind, fristen ein kümmerliches Dasein. Wenn die durch Zuwarten bis zur äußersten Zeit die Preise zu Löhne, die man ihnen während des Saisongeschäfts zahlt, drücken. Die Kosten aller dieser Manipulationen hat der auch höher sind, als sonst üblich, was aber durchaus nur Arbeiter zu bestreiten in Gestalt von intensiverer Arbeit in bestimmten Fällen vorkommt, so kommt dazu in Be- und Ueberanstrengung, die oft schwer seine Gesundheit zu tracht, daß die meisten Saisonarbeiter das Jahr über schädigen geeignet ist.

tommen.

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Die kapitalistische Profitmacherei erreicht in der Saison" einen ihrer Blüthezustände. Die sozialistische Produktion der Zukunft, die alle gemeine Spekulation be­seitigt, wird dann endlich dem arbeitenden Volte seine Saison" bringen und ihm jederzeit nach rechtem M a ß, weder zu viel noch zu wenig zu arbeiten geben.

Von

wenig oder Nichts zu thun haben. Die Löhne aber Eine mehr als findliche Naivetät aber ist es, wenn können nur in sehr geringem Maße steigen, weil dies von man, wie so vielfach, glaubt, diese Uebelstände ließen sich Ju der Straffache Nachfrage und Angebot von Arbeitskräften abhängt. Das bei einigem guten Willen" aus der Welt gegen den Redakteur Curt Baate zu Berlin , geboren am Angebot von Händen auf dem Arbeitsmarkt ist aber be- schaffen. Unsere Gelehrten, die diesem Köhlerglauben 24. April 1864 zu Breslau , Diffident, wegen öffentlicher Belei­kanntlich in unseren Tagen so groß und überwiegt die huldigen, haben eben keinen Einblick in den kapitalistischen bigung, J. IA 842, 90., hat das tönigliche Landgericht I, Straf­fammer II zu Berlin aia 21. Februar 1891 für Recht er­Nachfrage so sehr, daß die Unternehmer nur selten ge- Produktionsprozeß. Sonst würden sie nicht dem Unter- fannt: daß nöthigt sind, die Löhne zu steigern, um Arbeiter zu be- nehmer zutrauen, er empfinde die Nachtarbeit als ein 1. der Angeklagte der wiederholten Beleidigung durch die Uebel und trachte darnach, sie zu beseitigen. O nein, die Presse schuldig, deshalb mit zwei Monaten Gefängniß zu be­Die Saisonarbeiter sind vielfach genöthigt, in der Saisonarbeit und ihre geschickte Ausnüßung, die Frukti- trafen und in die Kosten des Verfahrens zu verurtheilen, 2. dem königlich preußischen Kriegsminister die Befugniß Zwischenzeit Schulden zu machen, von denen sie dann in fizirung all der hier die Spekulation so günstigen wirth- zuzusprechen, die Verurtheilung innerhalb vier Wochen nach Zu­der Saison die dringendsten bezahlen. Sie kommen da- schaftlichen Schwankungen dieser Zeit gehören mit zu der stellung des rechtskräftigen Urtheils durch einmalige Einrückung durch um die Möglichkeit, mit dem etwaigen erhöhten unerbittlichen Konkurrenz der Unternehmer des urtheils in die Zeitung Das Berliner Volksblatt" auf Kosten des Angeklagten bekannt zu machen, Verdienst der Saison den Körper so zu pflegen, wie es unter einander. Da handelt es sich garnicht um den 3. die beiden Zeitungsexemplare, sowie die zu ihrer Her­die Neberanstrengung der Saisonarbeit, die vielfach die guten Willen", von dieser Konkurrenz abzulassen, sondern stellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen. Nacht zu Hilfe nimmt, verlangt. Ihr Haushalt muß auf darum, sie zu verschärfen, und es wird den Kapitalisten Rechts Wegen. diese Weise ein chronisches Defizit aufweisen. und Spekulanten garnicht einfallen, die zarten und sanften Den guten Rath einiger Menschenfreunde, die Saison- Ermahnungen gewisser Professoren der Nationalökonomie arbeiter möchten außerhalb der Saison etwas Anau berücksichtigen. Eine energische Fabrik Gesetzgebung Politische Uebersicht. - deres" machen, können wir leider nicht ernst nehmen. könnte das Uebel zwar nicht beseitigen, aber Manches im Ein Schneider kann außerhalb seiner Saison nicht wohl Einzelnen bessern. Die Hausarbeit entschlüpft freilich Berlin , 15. Juni. Zigarrenarbeiter, ein Maurer nicht wohl Bergmann oder aller Kontrolle. Gerade in der Saisonarbeit zeigt es sich, Die Drgane der Agrarier jubeln über die ver bäuerlicher Tagelöhner sein. Wenn man einem akade- was es heißt, wenn die gesetzlichen Bestimmungen zum nichtende Niederlage der Fortschrittler in der letzten Ge= mischen Professor, dem seine Vorlesungen nicht genug ein- Schutze der Arbeiter immer mit zu vielen Ausnahmen trei dezoll debatte des Abgeordnetenhauses- und bringen, den Rath geben wollte, er solle doch in seiner durchlöchert werden, um nur nicht irgend einem Unter- Organe der Fortschrittspartei, z. B. die Vossische Zeitung", welche sich beiläufig in Bezug auf die höchst freien Zeit sich mit Agenturen beschäftigen, so wird er nehmer auf die Hühneraugen zu treten. unfortschrittliche Maßregelung eines ihrer Redakteure noch das entrüftet zurückweisen. Mit Recht, nur wird der Wenn man den Vorschlag machen wollte, die kurzen immer beharrlich ausschweigt- thun trotz dieser Nieder­Herr. Professor in seinem Dünkel nicht begreifen, daß es Lieferfristen zu beseitigen, welch' ein Ach- und Wehe- lage" noch immer, als ob die Regierung aus tiefstem Innern anderen Leuten genau so geht, wie ihm selber. geschrei ginge dann los! Wenn die Damen der Bour- doch auf ihrer Seite wäre, und, gleich einem von heimlicher Ueberhaupt wird es selten vorkommen, daß Jemand geoiswelt nicht mehr nach den allerneuesten, dicht vor Liebe verzehrten Mädchen blos aus Rücksichten auf die in zwei Berufen den an ihn zu stellenden Anforderungen Saisonbeginn erschienenen Moden gekleidet ins Bad reisen, Welt den Gegenstand ihrer Sehnsucht mit Kälte und er­genügen kann. In den meisten Fällen wird man in einem wenn die Stuber nicht sofort die neuesten Gigert"-An- fünfteltem Widerwillen behandle. Beruf eingelernt, in den anderen aber Stümper und Pfuscher züge sich beschaffen könnten! Nun, wir geben gern zu, der Antrag der Fortschrittspartei mit einer mehr als zehn­Das Eine ist genau so lächerlich wie das Andere. Daß sein. Auch fehlte es gerade noch, daß durch den Doppel- daß die Waarenproduktion und Waarenzirkulation in den fachen Majorität( von 11 zu 1: 223 gegen 20) zurück­beruf auch eine doppelte oder wenigstens gesteigerte Aus- Händen der Kapitaliſtenklaſſe ohne Saison", kurze Liefer- gewiesen worden ist, bedeutet an sich für die Fortschritts­beutung der Arbeitskraft ermöglicht würde! Das ist aber partei durchaus keine Niederlage", geschweige denn eine Einige wohlmeinende Gelehrte, die sich mit der Saison- nur ein weiterer Beweis dafür, daß die Schäden, welche" vernichtende". Es könnte höchstens dann als Niederlage

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Feuilleton.

Nachdruck verboten.).

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Die Falkner von St. Vigil . Noman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tyrol

von Robert Sa, weichel.

Die Brust Afra's wogte hoch auf; ihre verschränkten Arme löften fich und sie wandte sich rasch dem nächsten Fenster zu und blickte unverwandt hinaus, um ihre feucht werdenden Wimpern zu verbergen.

Amen!" sagte Jerg mit spöttischer Salbung und er hob sich. Und jetzt, da alles so schön ein End' in Fried' und Freundschaft genommen hat, können wir Eins trinken. Du sollst leben, Lifei!"

frist und Neberarbeit nicht bestehen kann.

würde.

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Mir auch recht," sagte er gleichmüthig und steckte die übrigens nicht mehr allein. Er hatte eine ältere Hände in seinen Leibgurt. Innerlich aber verdroß es ihn, Schwester volt fich, die unverheirathet geblieben Saß seine Braut so wenig Umstände mit ihm machte. Nun, war, zu sich genommen. In seinem Verhältnisse die Zeit war ja nicht mehr fern, wann er der Meister sein zu seiner Gemeinde hatte sich jedoch nichts ge ändert. Allerdings hatte er den Triumph genossen, daß Afra war unterdeffen von dem Fenster zurückgetreten der Dechant von Enneberg ihn in sein Amt hatte einführen und Lisei reichte auch ihr die Hand, nachdem sie dem müssen, dafür aber war er in der nächsten Nacht und auch Müller zum Abschiede versprochen, nächstens wiederzu- noch in einigen späteren durch einen Höllenlärm vor seinem kommen. Afra nahm jedoch ihre Hand nicht an, sondern Hause aus dem Schlafe geschreckt worden. Es war eine fagte:

" Ich hab' noch mit Dir zu reden; komm!"

Sie drückte ihren flachen Hut fester in die Stirn und ging nach der Thür. Jerg rief Lisei noch nach, daß er Abends auf den Klosterhof kommen würde; dann schob er sich einen Stuhl an den Tisch und sagte:

Musik von Kuhglocken, Bratpfannen und Milchtrichtern, die als Trompeten dienten. Der Unfug hätte sich wohl noch häufiger wiederholt, wenn Lacedelli nicht den guten Einfall gehabt hätte, am nächsten Sonntage auf der Kanzel für die Ständchen sich zu bedanken. Er hatte zwar nur wenig Zuhörer, doch wurde seine Aeußerung bald genug bekannt und seitdem hatte er Ruhe. Um so ge

" So, jetzt wollen auch wir ein vernünftiges Wort mit einander reden, von wegen dem, was ich der Lifei als schlossener wurde der passive Widerstand gegen ihn; Heirathsgut zubringe. Denn das könnet Ihr doch nicht denn Mutschleiner, der Bäcker und Färber, das Gams­Er ergriff eines der vollgeschenkten Gläser, schwenkte denken, Bater, daß ich als dem Klosterbauer sein Eidam mit manndl, der Jöchlbauer blieben nicht unthätig und imme es gegen Lisei und leerte es. Lisei achtete seiner nicht; leeren Händen auf den Hof ziehen werde. Wer nichts hat, zahlreicher wurden im Vigilthale die Mitglieder des Bundes sür sie hielt noch immer die Hand des Müllers in der ihrigen stellt auch nichts vor. Die Schneidemühle möget Ihr die Befreiung des Vaterlandes. Lacedelli hatte nicht die und er flüsterte mit einem Wink auf seine Frau: meinethalben behalten und was zu ihrem Betrieb und Eurem Unterhalt an Land nöthig ist."

" Sei auch ein wenig gut zu ihr, sie ist so unglücklich." Laut setzte er hinzu, indem er aufstand: Lasset uns Alle jezt etwas essen."

" Sprich nur weiter," versetzte der Alte kurz und griff nach seinem noch immer unberührten Glase.

leiseste Ahnung von der Existenz dieser Verschwörung, ebenso wenig die Landjäger, obgleich fein Hokuspokus mit Dolch und Todtenkopf und schrecklichen Schwüren und Androhung blutiger Behme gegen die Verräther, wie sie sonst von Ver Lisei vermochte jedoch nicht, seiner Einladung Folge zu Unterdessen gingen Lisei und Afra schweigend neben schwörungen unzertrennlich zu sein pflegen, die Mitglieder leisten. Das Herz war ihr zu voll und auch Afra rührte sich einander den Bach aufwärts und über die Brücke. Die zum Schweigen verpflichtete. Es war die merkwürdigste nicht. Lisei schickte sich zum Fortgehen an und Jerg sab sich Landjäger spielten vor ihrem Quartier auf dem Kirchen- Verschwörung, von der die Geschichte weiß, und trotzdem nach seinem Hute um, um sie zu begleiten. Es war ihm plaze Boccia. Vom Stande am Saum des Bannwaldes zuletzt an die sechszigtausend Menschen und darunter viele ganz erwünscht, auf gute Art aus der Mühle fortzukommen. tönte das Knallen der Büchsen den beiden Frauen entgegen. Frauen im Geheimniß waren, so fand sich dennoch kein Lisei lehnte jedoch seine Begleitung mit der Aeußerung ab, Angelo Lacedelli saß lesend in seinem verwilderten Pfarr- Berräther unter ihnen, und der Ausbruch überraschte die daß sie noch zu Stast hinauszugehen beabsichtige. garten. Seitdem er seine Vokation erhalten, hauste er Bayern und Franzosen völlig unvorbereitet.