Einzelbild herunterladen
 

08

Der Kampf der Buchdruder. Geistliche" und weltliche" Musif.

Kein Streit in München  .

Die Kreisleitung des Deutschen Buchdrudervereins der Unter­nehmer hat die Gehilfenschaft am Donnerstag aufgefordert, ent­sprechend der Rechtslage, die durch die Verbindlichkeitserklärung des Schiedsspruches geschaffen wurde, die Kündigungen bis Freitag mittag zurüdzunehmen. Die Vertrauens männer der Gehilfenschaft und die Betriebsräte der Münchener  Druckereibetriebe traten darauf gestern abend erneut zusammen und beschlossen, die Zurüdnahme der Kündigungen zu empfehlen.

Eine gleichzeitig tagende Bersammlung der Buchdruderei. hilfsarbeiter hatte bereits vorher beschlossen, den Streit der Buchdruckereigehilfen nicht zu unterstützen.

Konzert Rundschau/ Von Klaus Pringsheim.  

gewürdigt worden. Und das Publikum, das den Dirigenten, das den Pianisten und die Sängerin herzlich feiert, befundet, daß Schubert über alle Widerstände dieser unschubertischen Zeit triumphiert.

Bom echten Künstler sagt man ein bißchen feierlich, seine Stunft| faßte. Was beide Künstler geleistet haben, ist hier mehr als einmal ist ihm heilig. Man meint ein Gefühl von Gehobenheit, mit dem er sie umgibt. Das gilt, wie von anderen Künstlern, auch vom Musiker. Läßt sich auch umgekehrt behaupten, daß gemeinhin Heiliges ihm Kunst sei, Gegenstand, Inhalt seiner Kunst? Behaupten läßt sich zumindest, Musik ist Kunst des gehobenen Gefühls. Alle Kunstmusit, um die wir wissen. wurzelt im religiösen Rult. Aber das heißt gewiß nicht, daß bis zum heutigen Tage unsere Musik- Mufit als Kunstgreifbare Beziehungen zum Kultischen, zur Kirche also unterhält. Es bedeutet ganz im Gegenteil, daß sie solcher Be

Kündigungen in Hannover   zurückgenommen. iehungen durchaus nicht bedarf: um ihrem Wesen, ihrer Bestimmung die H- Moll- Meffe. Bom gläubigen Brotestanten in den Formen des

Hannover  , 30. März.

In einer Versammlung der Hannoverschen Buchdrucker wurde folgende Entschließung gefaßt: Die Versammlung der Han­nonerschen Buchdruder hat sich auf den Boden des Schieds. spruches gestellt und ein örtliches Borgehen abgelehnt. Kündigungen werden zurückgenommen.

Streitbeschluß in Karlsruhe  .

Karlsruhe  , 30. März.

Der Bezirk Karlsruhe   des Deutschen Buchdruckerverbandes hielt gestern abend eine Versammlung ab, in der beschlossen wurde, vom Sonnabend ab in den Streit zu treten, falls bis dahin bie Hauptforderungen der Gehilfenschaft nicht erfüllt seien.

Auch dieser Streitbeschluß ändert nichts an der Tatsache, daß die Gehilfenschaft sich mit der Verbindlichkeitserklärung des Schieds­spruches abgefunden hat. Die einzelnen Streitbeschlüsse sind immer hin als beachtenswerte Zeichen der starken Erregung der Gehilfen­schaft im Buchdruckgewerbe zu werten über die willkürliche Verbind­chleit des unzulänglichen Schiedsspruches.

Berliner   Gemeindearbeiter Löhne. Die Lohnbewegung beendet.

Die brei Tariftommissionen der im Verbande der Gemeinde und Staatsarbeiter organisierten Arbeiter der Kämmereibetriebe, der Gas- und Baffermerte somie der Elektrizitätswerfe haben der Lohn bemegung zugestimmt, wie sie der Magistrat beschlossen hat.( Siche Borwärts" Nr. 151.)

In der nächsten Funktionärversammlung wird über das Ergeb nis berichtet merden.

Lohnerhöhung in der bayerischen Metallindustrie.

-

nach in den Gefühlsbezirken des Religiösen   heimisch zu sein. Damit find sozusagen die Grenzen des Geistlichen und des Weltlichen auf gehoben, die Begriffe außer Kraft gesezt im Bereich der Mufit; in ihren höchsten Regionen versteht sich das Geistliche" von selbst Nicht das Konfessionelle; doch Frommheit als Erlebnis. Alle Kunstmusit wurzelt im religiösen Kult. Aber Ursprung Aber Ursprung unserer Mustt ist, in irgendwelcher Gestalt, allemal das Bolkslied. Bolksliedhaftes, emporgetragen in die Sphäre gläubiger Gehoben­

Generalmusikdirektor Walter.

heit: man fönnte fo, in menigen Worten, das Besondere, Einmalige definieren, das durch Schubert in die Mufitmelt gekommen ist. hat, um solcher Einmaligkeit willen, feinen besonderen Anlaß Anlaß des

Nicht nur zwischen weltlicher und geistlicher Musik. auch im Bezirk der geistlichen verwischen sich die Grenzen: die Grenzen der Bekenntnisse. Bachs Lebensaufgabe, ein übermenschliches Stück fünstlerischer Arbeit, war: die Reformierung der evangelischen Kirchenmusit; doch das vielleicht größte Wert, das er geschaffen hat: tatholischen Gottesdienstes. Wo aber ist sie heimisch geworden? Im weltlichen Konzertsaal. Im heutigen Berlin   wurde sie es dank Siegfried Och s. Nun hat der faft Siebzigjährige uns wieder( mit dem Hochschulchor) diese Aufführung gebracht, die längst zu den Jahresfesten des Berliner   Konzertminters zählt. Aber Kunst kennt feine Altersgrenze"; mir hoffen, daß es nicht zum letztenmal gewesen.

Stärker als in anderen Zeiten, stand hier neulich zu lesen, drängt heute religiöses Gefühl danach, fünstlerisch erfaßt zu werden. Auch beim Schaffenden. Bor einem Monat hörten wir von der Sing­akademie, als Neuheit geboten, ein Requiem von Richard Wezz: nicht im schöpferischen Sinn ein bedeutendes Werf gewiß; doch ohne Zweifel ein Wert echten Bekenntnisses. Und gestern: Große Messe mit Tedeum von Julius Bittner  . Man fennt ihn bisher fast nur als Operntomponisten, bei dem fräftige Bolkstümlichkeit und Instinkt für Kulissenwirtung überraschend gemischt sind. Und nun ein Wert der tiefsten Innerlichkeit? Nein, eine Messe der prunkhaft­theatralischen Aeußerlichkeit, doch wie sie dem Geist der katholischen Kirche nicht widerstrebt, und urwüchsig in mörtlicher Bedeutung: Musit, die naturhaft gemachsen ist; sehr start in den Einfällen, ehr­liches, naives, doch zwingendes Glaubenstheater, effektvoll ohne allzu Diel Raffiniertheit; aber in allem Wesentlichen durchaus gekonnt und überlegen gestaltet. Ein ungewöhnliches, in keinem Sinn alltägliches Wert; auch nicht in den Anforderungen, die es an die Wiedergabe stellt. Ein imposanter Apparat ist aufgeboten: namhafte und namen­lose Chöre; die Philharmoniker; ein ausgezeichnetes Solistenquartett ( mit dem unfehlbar führenden Sopran von Rose Fuchs Fayer). Diese Meffe gebracht zu haben, sei es auch in einer Aufführung, die von Bollkommenheit weit entfernt ist: das muß der Bruckner­Bereinigung und ihrem Dirigenten, Felig M. Gaz, als Verdienst angerechnet werden.

4

"

Der Lohnfampf in der bayerischen Propinametall­industrie es waren bereits 2000 Metallarbeiter in den Streit getreten ist durch Eingreifen des Sozialministers beigelegt morden. Die beiden Bertragsparteien haben die Entscheidung des Ministers als rechtsverbindlich anerkannt. Dadurch wird der Stundenlohn mit Wirkung vom 1. März 1928 um 5 Bf. und ab 1. Oftober 1928 um meitere 2 Bf. erhöht Die Kamp bunbertjährigen Todestages abzuwarten, feiert Bruno Walter   ihn Marteau: die große Sonate in C- Dur; und das Berliner  , maßnahmen sind eingestellt statt. Durch die Neuregelung erhält die ungelernte Arbeiterin 39,5 Bf., die angelernte Arbeiterin 43 Bf.. der ungelernte Arbeiter 62 Bf., der angelernte Arbeiter 67,5 Bf., der Facharbeiter 74 Bf. und der Qualitätsarbeiter 85 Pf. pro Stunde.

in der Philharmonie mit einem, in jedem Sinn, außerordentlichen Ronzert. So pielfältig das Lebenswert: für den Sinfoniedirigenten ist die Auswahl nicht groß. Kein Wunder, daß Walter im mesent lichen dasselbe Programm bringt wie Klemperer vor ein paar Wochen: die Unpollendete und die große C- Dur. Walter, dem Melodie Religion ist, gibt sein Bestes; damit ist alles gesagt. Und Artur Schnabel   beendet, gemeinsam mit seiner Gattin, im Beethovensaal den Schubertzyklus, der beinahe die gesamte Klavier­produktion und das Bleibendste des unerschöpflichen Liedwerks um­

Mar Reger, der Orgelkomponist, fommt von Badh; aber seine tiefste Liebe gift Brudner. Wiederum: Kreuzung des Katholischen mit dem Evangelischen. Und seine Orgelmusit, oft non schlechthin frevelhafter Unkirchlichkeit, wie jene symphonische Phantasie und Fuge( op. 57) Traute Wagner, Profeffor Fischers begabte Schülerin, weiß das grandiose Werk gegen die feindliche Akustik des Doms durchzusehen läßt sich immer auf die Situation feines frommen Berufs zurückführen; man spürt den Organisten im Dienſt der Kirche, auch mo er ihre Grenzen sprengt. Den weltlichen Bach präfentiert, als würdigster Repräsentant, der Geiger Henri Publikum nimmt die Gelegenheit seines ersten Konzertes wahr, den einstigen Nachfolger Joachims nun als Heimgekehrten freudig zu begrüßen. Bolksliedhaftes in ungewohnter, um so anregenderer Fassung bringt Otto Müller  , der Vorstand des Philharmonischen Orchesters, als Solist im Bechsteinsaal: Schottische Musik für Harfe, die er als Virtuose meistert. Das geschieht im Rahmen eines schottischen Lieder- und Balladenabends, mit dem Rachel Neill Fraser, eine funstlose, doch fünstlerisch fühlende Naturfängerin ihren Hörern Freude bereitet.

Die vermißte Schülerin Erika Krause. ( Siehe auch 8. Seite.)

Durch Draht und Funk.

A

Sechs Mitglieder des aufgelösten wilden Selbstschutzverbandes in Beuthen   wurden wegen des Angriffs auf den polnischen Schul­verein in Untersuchungshaft genommen.

In Königsberg   trafen Woldemaras und Zaleski ein, um die polnisch- litauischen Berhandlungen über die Wiederaufnahme der feit acht Jahren unterbrochenen Beziehungen zu beginnen.

*

Eine Massenpetition zugunsten der Abrüstung überreichte Rennè Smith, als Selretär des Nationalrates für Kriegsverhinderung, dem englischen Außenminister. Die Petition trägt 100 000 Unterschriften; die Hälfte davon stammt von Frauen.

*

Tschitscherin   hat endlich dem deutschen Konsul in Chartom erlaubt, die verhafteten Deutschen   zu besuchen.

Den Borstoß des Grafen Westarp gegen bie Außenpolitit feiner eigenen Roalition fritisiert die Germania" auf das schärffte. Sie nennt seine Ausführungen Bar, aber unglaublich",

*

Zwischen Merifo und USA  . wurde ein Vertrag über den Petroleumbefit der Amerikaner unterzeichnet. Er geht dahin, daß die Befikregte von Amerikanern, die vor Infrafitreten der Berfaffung von 1917 erworben wurden, unangetastet bleiben jollen.

Paul Wegener  , der Dämon.

Kitsch im Ufa Kurfürstendamm  .

Baus Wegener variiert in dem amerikanischen   Film Der Dämon" sein beliebtes Thema von dem Herrenmenschen mit dem hypnotisierenden Willen, aber leider fällt ihm hier bei den Ameri fanern überhaupt nichts Neues ein. Er gibt einen ganz schwachen Aufguß des Svengali. Selbst den Wahnsinn hat er bereits beffer hingelegt. Schließlich gehört aber Wegener zu den ganz Großen des Filins und schadet sich nur durch solche Belanglosigkeiten.

Bielleicht trifft jedoch die Hauptschulb das Manuskript, das von einer taum erreichten Unbeholfenheit und Unlogif ist. Die Ameri­faner dürfen nicht mit Grausen Geschäfte machen, das gelingt ihnen nicht oder nur dann, wenn der Stoff parodiert wird. Hier gerät die Affäre ins Lächerliche. Ein Wahnsinniger sucht eine reine Jungfrau, um aus ihrem Herzblut das Lebenseligier zu fabrizieren. Dabei stößt er endlich auf eine junge Bildhauerin, die mit einem berühmten Arzt verlobt ist. Entführung und beinahe Ermordung, dann aber unentwegt glückliches Ende, trot Laboratoriumserplosion und ver­sehentlichem Verbrennen des Wahnsinnigen.

Merkwürdig: die Amerikaner verstehen es nicht, diesen Stoff zu formen. Es fehlen Tempo, Eteigerung und Spannung. Es fehlt die Glaubhaftmachung des Wahnsinns. Der Anfang ist gut, beson ders in seinem Wechsel von tragischen und grotesten Situationen, dann wird es entschieden langweilig. Es ist möglich, daß man eine Barodie schaffen wollte, aber die Situationen und Menschen werden nicht genügend überspitzt. Mit alten Mitteln sucht man Stimmung zu erzeugen, etwa mit schaurigen Türmen, mit Unmetter und ähnlichen verbrauchten Requisiten. Dazwischen tummeln sich nun die Menschen. Reiner ift eingehender durchgearbeitet, es bleibt beim flüchtigen Umriß. So ist der Film tm höchsten Grade unerfreulich, besonders da noch die Photographie zu wünschen übrig läßt.

Regisseur und Manuskriptverfasser werben scheu verschwiegen. Nur eine furze Andeutung, daß der um nach einem Roman Somerfit Maughams gearbeitet worden ist. Das Beste des Pro. gramms der fleine Beifilm ,, intel   unter der Sonne  ", ber Bilder aus dem Leben der Kleingärtner gibt. F. S.

3m Kup'erichfabinett wird am Sonntag eine Ausstellung von Rabte. rungen, Steinbruden und Zeichnungen( Bobas eröffnet, zur Erinnerung an bie 100. Wiederkehr feines Todestages.

Die Aleiftstitung wählte in ihrer Rabiesveriammlung Dr. Pub Weltmann in den Vorstand. Der Vertrauensmann für das Rabr 1928 ift Hans Henny Jabnn  , Hamburg   37, Rotbe baumchaussee 187. An diesen allein find spätestens 31. Augufi Bewerbungen um den Kleistpreis einzureichen.

bis

Was der Nordpol   braucht Im Auftrage des Bapftes wird Mobile über dem Nordbol außer der italienischen Krilolore ein 1% Meter großes Eichenkreuz abwerfen.

" Der Faschingstönig."

Beba   Palast Atrium.

Der Faschingstönig" ist bestimmt tein Filmtitel, um Anspruchs­volle anzuloden, aber da Nordisk- Film der Hersteller ist, verliert man trotzdem die Hoffnung nicht. Aber es ist leider ein für ameri fanischen Geschmack zugeschnittenes Machwert, das versehentlich in Berlin   seine Uraufführung erlebte. Darüber war das Publikum gerade nicht erbaut, und wäre norher nicht eine wahrhaft vorzügliche Bühnenschau gewesen, die Klagen über den verlorenen Abend wären etwas unwilliger erflungen.

Der Filminhalt ist genau so unmöglich wie seine lebertragung ins Filmische. Mitten im Karnevalstreiben verunglückt ein junger Bildhauer infolge eines Automobilunfalls. Der Sterbende verlangt nach einem Notar, dem er Bild und Briefe seiner ehemaligen Ge­liebten, einer jezigen Dame der Gesellschaft, zur Bernichtung über­gibt. Der Notar bemußt diese Briefe zu Erpressungen allerschlimmster Art. Zum Schluß sieht man dann ein glücklich liebend Paar und den perhafteten Notar,

Das alles ist nicht nur findlich, nein, direkt findisch erzählt. Man schwankt zwischen Verdruß und bedauerndem Lächeln. Georg Jacoby   fann als Regiffeur gewiß etwas; das sah man an mancher Kleinigkeit, dennoch ist seine Blamage restlos. Henry Edwards  ist ein guter Schauspieler und endlich mal ein anderer Typ, cr müßte nur eine beffere Rolle haben. Gabriel Gabrio   spielt teinen Generalfonful, sondern eine Bulldogge. Die weiblichen Darsteller, Renée Héribel   und Elga Brint, sind sehr schön. Elga Brint war mal eine Filmhoffnung, doch wurde ihr Können in letzter Zeit durch schlechte Filmmanuskripte direkt vergewaltigt. e. b.

Hanns von Gumppenberg   ist im Alter von 62 Jahren in München   gestorben. Er ist dant seiner vielseitigen Begabung auf mannigfachen Gebieten literarisch tätig gewesen. In den neunziger Jahren schrieb er außer wenig bühnengerechten Dramen offultistische Romane. Zur 11- Scharfrichter Beit steuerte er für deren Kabarett bewußt verrückte Ueberbramen, graziäse Chansons und die besten Parodien bei, die überhaupt in deutscher Sprache erreicht find( Das teutsche Dichterroß"). Dant feinem starten formalen und Ein­fühlungstalent war Gumppenberg   auch einer unserer feinsten Ueber­fezer. Kaum einer hat besser den Schweden Bellmann oder den Franzosen   Berlaine übersetzt. Der philosophische und kritische Kopf setzte sich mit den Problemen des Offultismus auseinander. Sein Bestes und Tiefstes aber gab Gumppenberg in seiner Lyrit, die Durchdachtes und innerlich Erschautes in prägnanter Form gestaltete.

In der Staatlichen Kunflbibliothet, Bring- Albrecht- Straße 7 a, wird Gonntag 12 Ubr eine Ausstellung von Modezeichnungen aus den Jahren 1888-1915 eröffnet.