Kein Geld für die Ostmark. Die Kritik des Reichsrats am Rechtsblock. Mz Berichterstotter für die Ausschüsse ergriff gestern im Reich«. rat Mintstertoldirettor Dr. Brecht da« Wort, um noch einmol die Bedenken gegen die Ctatsgebarung de» Reiches und der Rechtsblock- rnehrheit des Reichstages vorzutragen. Er stellte fest: Die Ansähe für die Grenzgebiete und die Uuwetterschäden. die vom Reichsrat schon außerordentlich mäßig bemessen waren, sind vom Reichstag leider wesentlich herabgeseht worden. Für d i e g a n z e Orenzevon Ostpreußen, Schleswig-Holstein , Pommern , Be- zirk Frankfurt , Grenzmark Posen-Westpreußen , Oberschlesien , Nieder schlesien und die südöstlichen Grenzen Sachsens und Bayerns sind statt 20 nur 9. S M i l l i o n e n zur Versügung gestellt, für die West- grenze trotz der auch dort notwendigen großen Wegebauten— es gibt Gemeinden, die keine Fahrstraß« mehr nach Deutschland be- sitzen— statt 6 nur 2,5 Millionen, für die Unwetterschäden namentlich in Pommern . Brandenburg und Mecklenburg statt 3,5 nur 3 Millionen, und diese einschließlich der Schäden der Donauüber- schwemmungen. Darüber, daß gerade bei diesen wichtigen Positionen so große Abstriche gemacht wurden, während die Streichungsvor- schlüge des Reichsrats' abgelehnt waren, haben in den Reichstags- ousschüssen lebhafte Erörterungen stattgefunden: ein Bermittlungs- Vorschlag des Reichsrats, die Summen um 3 Millionen zu erhöhen, die aus den Streichungsvorschlägen des Reichsrats entnommen würden, wurde nicht angenommen. Die Reichsratsausschüsse schlagen zum Hanshalt für IS28 folgende Entschließung vor: Nachdem die Beratungen des Reichstags zur allgemeinen Finanzverwaltung die Auffassung des Reichsrats bestätigt haben, daß nach den bisher zu erkennenden Merkmalen zu befürchten ist, daß der Haushalt für 1 9 2 9 nur durch weitere wesentliche Ein- schränkungen der Ausgaben ins Gleichgewicht zu bringen fein wird, daß auch bei den Ausgaben des Haushalts für 19 28, insbesondere im außerordentlichen Haushalt, noch vorsichtige Zurückhaltung geboten ist. wird die Reichsregierung ersucht, 1. von der in den neueingeführten Paragraphen des Haus- Haltsgesetzes vorgesehenen Sperrung der Reste und der außer- ordentlichen Ausgaben bis zur Klärung der finanziellen Entwick- lung weitestgehenden Gebrauch zu machen, 2. die Arbeiten für das Panzerschiff, mit Ausnahme der reinen Sonstruktionsarbeiten, nicht vor dem I. September 1928 in Angriff zu nehmen, insbesondere Verträge über Lieferung nicht eher abzuschließen, um zu verhindern, daß infolge einer etwa notwendig werdenden Einschränkung der Ausgaben der Weiterbau vorläufig«ingestellt wird, oder andere wichtige Aus- gaben des Heereshaushalts dafür beschnitten werden müssen. Die Entschließung, der auch der Reichswehrminister zugestimmt hat, wurde dann— wie bereits gemeldet— vom Reichsrat angenommen. Staatssekretär Dr. weißmann gibt noinens der preußischen Regierung folgende Erklärung ab: Statt der geforderten Summen hat der Reichstag für die bedrohten Grenzgebiet« nur den völlig unzureichenden Betrag von 12 Millionen eingestellt: auch die Reich-beihilf« für Unwetterkatastrophen ist ganz unzureichend bemessen. Die preußische Regierung gibt ihrem Bedauern über diese der Rollage der«okleidenden Provinze» nicht gerecht werdenden Beschlüsse Ausdruck.
April, April!
Lleberoll drängten sich die Rittergutsbesitzer zur Zahlung höherer Siukommensteuer.
Oer Aufsichtsrat einer A.-G. verzichtete auf seine Tantiemen zugunsten notleidender Arbeiter.
Reichskanzler Marx hängte den von Amanullah ver- liehenen Herzogsmantel fort und zog dafür wieder die Reichsbannerjacke an.
Preuße« und die Statem* Zur Reform der preaßeukaffe.
Dt« Reaktion im Preußischen Landtag hatte es darauf«» aelegt, durch ihr« Obstruktion die Berabschiedung des Gesetze» über die Reform der Preußenkasse zu verhindern. Ahr verbohrter Haß pegen Preußen schien ihr wichtiger zu sein als das Schicksat dieses Gesetzes, das in viel bedeutsamerer Weise als das Notprogramm der Reichsregierung die Grundlage zur finanziellen Sanierung der deutschen Landwirtschaft darstellt. So blieb dem preußischen Finanzminifier und dem mn eine wirkliche Hilfe für die Landwirtschast viel ernster als alle Großagrarier besorgten Preußenkabinett kein anderer Weg als das Kom- promiß mit den Obstrukteuren. Di« beiden wichtigsten Punkte der gesetzlichen Reform, die Erhöhung des Kapitals mn 130 Millionen und die privatrechtlich« Ordnung des Anstellungs- Verhältnisses der Preußenkasien l« i t u n g, wurden auch durch dieses Kompromiß noch gesichert. Dagegen bleiben der engere und der weitere Ausschuß der Preußenkass« vorläufig in der bisherigen Weis« bestehen, was angesichts des noch nicht festliegenden Beteili- gungsverhältnisses auch erträglich ist. Immerhin hat die Obstruktion der Deutschnationalen die Position der landwirtschaftlichen Genossen- lchaften verschlechtert, statt verbessert. Jetzt bleibt es zunächst bei der begutachtenden Mitwirkung, während die Regierungsvorlage ihnen die Mitentscheidung einräumte. Da die Fragen der B e triebskontrolle und andere mit der Rationalisierung der Sandwirtschast zusammenhängend« Fragen im Gesetz nicht behandelt sind, wird für die von der preußischen Aentralgenossenschastskasse eingeleiteten Maßnahmen keine Aenderung eintreten. Selbstver. ständlich kann der neue Preußische Landtag nach den Wahlen noch entsprechend« Veränderungen an dem jetzt angenommenen Gesetz vornehmen. Wieder hat die»sozialistische� Preußenregierung beweisen müssen, wem wirklich an der Hilfe für die Bauern gelegen ist. Wäre die Kapitalerhöhung, wie es die Großagrarier wollten, nicht beschlossen worden, für manche der Genossenschaften, für die die Bauern ja hasten, wäre die Existenzfrage gestellt worden.
Aeuernennungen in Preußen. In der preußischen Derwaltnng find zum 1. April eine ganze Anzahl von Neuernennungen erfolgt. II. a. sind Oberregierungsrat Genosse Dr. Hirschfeld vom Innenministerium und Oberregie- rungsrot Genosse Woldt vom Unterrichtsministerium zu Ministe- rialräten, Regierungsrat Genosse Alb recht vom Landwirtschasts- Ministerium zum Oberregierungsrat ernannt worden. An Stelle des zum Oberbürgermeister der Stadt Oppeln gewählten Genossen Dr. B e r g e r wurde der bisherige Regierungsdirektor Genosse Fischer zum Ni.zepräsidenten beim Oberpräsidium Oppeln�ernapnt . Zum Vizepräsidenten im Oberprästdium Oppeln wurde an Stelle des anderwärts verwandten Vizepräsidenten Dr. v. Krause der bisherige Landrat des Saalekreises Holle Genosse Müller ernannt. Beim Regierungsprasidium in Königsberg wurde an Stelle des auf Antrag in den Ruhestand tretenden Regierungsvizepräsidenten Ostendorff Oberregierungerat Genosse P ä h l e r von der Regierung in Münster zum Mzepräsidenten ernannt. Oberregierungsrat Genosse Dr. H o h n- stein wurde zuin Polizeipräsidenten von Kassel ernannt. Staats- onwaltschoftsrat Genosse T i tz e wurde zum Polizeipräsidenten in Königsberg , der bisherige Polizeipräsident in Altona Genosse Barth zum Polizeipräsidenten in Hannover ernannt. An seine Stelle tritt kommissarisch Regicrungsrat Genosse Steinberg vom Polizei- Präsidium Berlin .
Warschau . 51 März. stSgenbericht.» Die polnische» tommumi tischen Abgeordnete» habe» im Sesm eine wüste Lärrnszene veranstaltet. Zu Beginn der dritten Lesung de» Haushaltsvoranschlag» meldete» sich die Vertreter der tom- munissrnnden ukrainischen Parteien zu Wort und hielte«, zum Teil in ukrainischer Spruche, antipoknische Reden, die bei sämtlichen polnischen Parteien unwillige Zwischenrufe verursachte» Als der nächste Redner, der unlängst aus Rußland zurückgekehrte tom- nminstische Abgeordnete Sochazti. eine demagogische Ansprache zu halten versuchte, sah sich der Sejmmarscholl Daszynski g«- nötigt, ihm das Wort zu entziehe» Als Antwort hierauf bearbeiteten die Kommunisten minutenlang die Pult« mit eigen» zu diesem Zweck mitgebrachten Lineale» Da der Lärm ihnen noch zu gering war. zog Sochazki noch eine große Auto» hupe hervor, während zwei andere Kommunisten Signal- pfeifen ergriffen und ein ohrenbetäubendes Konzert veranstalte- te» Nach mehrmaligen oergeblichen Warnungen ordnete der Sejmmarschall schließlich die Entfernung Sochozkis durch die Parlamentswache a» Die Sitzung wurde unterbrochen und sofort erschienen 5 Wächter und da Sochazki ihrer Ausforderung nicht freiwillig folgte, trugen sie ihn unter Anwendung von Gewalt aus dem Saale hinaus. Die übrigen Kommunisten ver- stärkten den Lärm und ließen sich zu feindlichen Ausrufen gegen den sozialistischen Eejmmarschall hinreißen, wodurch sie die neben ihnen sitzenden sozialistischen Abgeordneten aufs äußerste provozier- te» Beide Parteien kamen dabei ins Handgemenge, und eine wüste Schlägerei entstand, in deren Verlauf den Kommunisten ihre Musikinstrumente abgenommen und auf dem Marschalltisch deponiert wurden. Als allmählich Ruhe eintrat, erhob sich Daszynski und erklärte unter dem Beifall des gesamten Hauses. daß er jeden Versuch einer Schändung der Parlament«- rischeu Würde auf das schärfste bekämpfen werde. Zwei weitere Kommunisten, die darauf»och zu lärmen verfuchte» wurden an» dem Saal verwiese» Hierauf wurde ohne weitere Zwischen- fälle der Haushalsvoranschlag unverändert verabschiedet. « Dem neuen Sejmmarschall Daszynski ' wird es nicht leicht gefallen fein, einen Abgeordneten durch Polizei, fei es auch eine eigene Parlamentswoche, hinausschleppen zu lassen, und nur äußerst« Notwendigkeit, die Verhandtungswögtichkeit des Parlaments gegen gewalttätig« Störung zu sichern, wird ihn dazu veranlaßt haben. Es sind jetzt dreißigeinholb Jahre, seitdem die stawif<Hreattionär« Mehrheit des o ltö st err« i ch i fchen Abgeordnetenhaufe» brutal die Geschäftsordnung brach und den.Hausknechtsporagraphen" ein- führte, um die deutschbürgerliche Obstruktion zu breche» Die 14 Sozialdemokraten hatten bis dahin neutral beiseitegestanden: als aber das Parlamentsrecht gebrochen war. ergriffen sie die Osten- swe und verjagten den Präsidenten, der die Geschäftsordnung ver- gewaltigt hatte. Darauf rief die Regierung Polizei herb« und die Sozialdemokraten wurden Mann für Mann gewaltsam hinaus- geschleppt— darunter ihr noch jugendlicher Führer Daszynski ; allein die Arbeiter von Wien eilten zum Schutz der Parlamcntsrechte herbei und nach zwei Tagen revolutionärer Gärung mußr« die Re- gierung samt ihrem Parlamentspräsidium zurücktreten. Niemals wieder hat ein Polizist den Parlamentsjaal während einer Sitzung betreten, obgleich es an Obstruktion und selbst an Exzessen bis zum Ende des Reiches nicht gefehlt hat.
ver leidenschaftlich bewegten Szenen der Wiener Nooembertoge von 1897 wird Daszynski wohl gedacht haben, als er jetzt selbst, durch sein Amt gezwungen. Abgeordnete aus dem Parlament entfernen ließ, weil fie da, Parlament Kim Raufboden und zur Kaschemme erniedrigte» Man tan» den krmmumistischeu Abgeordneten in Polen , wo ihre Partei und deren Betätigung oerboten sind und grimmig und brutal verfolgt werde» wo man bei Wahlen ihnen in großen Teilen des Staates einfach das Kandidieren verwehrt und ihnen die Stimmen kassiert, schon die Berechtigung zugestehen, gereizt zu sein: ober Abgeordnete sind erwachsen« Leute und haben ihre Zunge, noch mehr aber ihre Hönde zu beherrschen.
Knegsieilnehmerkongreß in Oeuisthland Ciamac, nicht Kidac. Wir veröffentlichten kürzlich einen Bericht aus Paris über einen Kriegsteilnehmerkongreh, der dort stattfinden soll. Wie uns der.Reichsbund der Kriegsbeschädigten"' dazu mitteill, handelt«s sich hierbei jedoch nur um eine Veranstaltung des»Fidac"(Fedä- ration Interalliee des Anciens CombatUnts), einer mterallierton Kriegsteilnehmerorganisation. An ihrem Kongreß beteiligten sich weder der Reichsbund, noch das Reichsbanner, noch die Kriegs- teilnehmerorganisattonen der anderen besiegten Länder. Denn diese interalliierte Organisation wird durchaus reaktionär geleitet: ein Faschist ist ihr Vorsitzender. Di« für den'Frieden und die Verständigung arbeitende Orga- msatton ist die �Internationale Vereinigung der Kriegsbeschädigten und Kriegerhinterbliebenen" in Genf (Eiamac), der der Reichsbund angeschlossen ist. Dies« Organisation hält ihren nächsten Kongreß in Berlin ab. Ihr gehören alle großen Kriegsteilnehmerorganisationen an.
Die Aechiung des Krieges. Pari». 31. März.(Eigenbericht.) Die heute veröffentlicht« französische Antwort an Kellogg erklärt sich bereit, wörtlich die nordamerikanischen Vorschläge eines jeden kriegverdammenden Paktes anzunehmen. Sie schiebt allerdings den Vereinigten Staaten die Verantwortung für diese Formel zu und erhebt dann drei Vorbehalte: 1 Der Pakt tritt erst in Kraft, wenn alle bestehenden oder zum mindesten alle interessierten Staaten ihm beigetreten sind. 2. Der Patt be- schränkt nicht dos Berteidigungsrecht und verstößt nicht gegen den Völkerbund, gegen Locarno oder bestehende regionale Sicherhett-verträge. 3. Sobald ein Staat den Antikriegspatt ver- letzt, sind die übrigen ihm gegenüber aller Bindungen enthoben. Zum Schluß gibt die Not« an, daß man sich die Berurteilungs- forme! so denkt:„Die unterzeichneten Mächte erklären, ohne ihr Recht auf regelmäßige Verteidigimg im Rahmen der bestehenden Verträge beschneiden zu lassen, feierlich, den Krieg als Instrument der nationalen Politik, d. h. als Aktionsmittel ihrer persönlichen, spon- taittn und unabhängigen Politik zu verurteilen. Sie ver- pflichten sich, einander weder anzugreifen, noch zu überfallen/
Kampf um die Angeslelltenoersicherung. Unsere gestrige Notiz enthält in ihrem Schlußsatz einen sinnentstellenden Druckfehler. Es muß heißen: Als verändert gelten auch solche Vorschlagslisten, in denen die Rechenfolge der Vorgeschlagen«: geändert ist.