Einzelbild herunterladen
 
  

BERLIN  Dienstag,

3. April

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags.

"

Zugleich Abendausgabe des Vorwärts. Bezugspreis für beide Ausgaben 70 Pf. pro Woche, 3 M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin   SW68, Lindenstr. 3

Spätausgabe des Vorwärts

10 Pf.

Nr. 160

B 80 45. Jahrgang.

Anzeigenpreis: Die einfpaltige Nonpareillezeile 80 Pf., Reklamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Poftfcheckkonto: Vorwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin   Nr. 37536. Fernsprecher: Donhoff 292 bis 297

Der Esel als Paradepferd.

Oder: Kommunistische Wahrsagerinnen.

Die Kommunistische Partei Deutschlands   trifft ungeheure Anstrengungen zur Durchführung des bevorstehenden Wahlkampfes. Rampf gegen Bürgerblod und große Koalition" ist das Schlagwort, in dem die Agitationsrichtlinien der KPD  . den sachlichen Inhalt ihrer Wahlarbeit zusammenfassen. Tat­sächlich verbirgt sich aber hinter dieser Parole ein ganz anderes Ziel, nämlich der

Der Skandal bei der Reichsbahn.

Kampf gegen Sozialdemokratie und die Republik  . Deutschnationale, Deutsche Bolkspartei, Zentrum, Demo­traten werden in den Agitationsrichtlinien, die volle sechs eng­geschriebene Schreibmaschinenseiten umfassen, kaum erwähnt. RC sid till s Wo das Wort bürgerliche Parteien" überhaupt auftaucht, da geschieht es lediglich zu dem 3med, um die angebliche Hilfsstellung der Sozialdemokratie und der preußischen Regierung zu dem Bürger­blod zu entlarden" und die ganze Stoßtraft der Bolemit gegen diese zu richten.

Nicht die Schwächung der Reaktion, sondern die Schwächung der großen sozialistischen   und demokratischen Arbeiterpartei ist das einzige Kampfziel der angeblichen Arbeiterfreunde auf der äußersten Linken.

-

Wie soll nun dieses Ziel erreicht werden? Eine große Rolle spielt dabei die Radikalisierung der um ihren Arbeitsertrag ringenden Boltsmassen. Die Kommunisten wollen die Lohn. bewegungen und Tariffämpfe rüdfichtslos für die Bolfchemistenpropaganda ausschlachten und rechnen da auf das wohlwollende Verständnis jener reattionären Unter­nehmerfreise, die in dem zynischen Willen zur Niederringung der freien Gewerkschaften die besten Bundesgenossen der KPD. sind. Wörtlich heißt es da:

Die Organisierung großer Wirtschaftskämpfe ist die wichtigste und entscheidendste Wahlvorbereitung. Die Radikalisierung der Arbeitermassen ist einer der entscheidenden Gründe, die die parlamentarischen Schwierigkeiten der Bürgerblodregierung fowie andererseits diese parlamentarischen Schwierigkeiten und in der Folge die vorzeitige Reichstags- und Landtagsauflösung die Kampffituation für die Arbeiterschaft günstiger gestalten, indem fie die bürgerlichen und sozialdemokratischen Parteien zu Kon zeffionen zwingen. Wir müssen in der Wahlagitation diese Wechselwirkung der parlamentarischen und der Wirtschaftsfämpfe den Arbeitermaffen zeigen und sie dazu erziehen, daß sie bewußt die Wirtschaftskämpfe zu kämpfen gegen den Bürgerblod steigern." Selten hat die Kommunistische Partei   offener als hier ein­geftanden, daß sie die Not der fämpfenden Arbeiter nur für ihre parteipolitischen Ziele ausnuten will, ohne ernsthaft an der Hebung der Notlage zu arbeiten! Sehr ausführlich beschäftigt fich dann das amtliche kommunistische Agitationsrezept mit der Sozial demokratie. Wir entnehmen ihm folgende Stellen:

In der Agitation ist eine ständige, sorgfältigere Beobachtung der Gegner, in erster Reihe des Haupt­feindes innerhalb des Proletariats, der Sozialdemokratie, notwendig. Der Agitprop- Apparat muß schlagfertig fofort auf alle plöglichen Angriffe des Feindes offensiv, fachlich und über. zeugend zu antworten verstehen. Im gesamten Wahlkampf müssen wir eine absolut offensive Linie innehalten.

Unser Gegenangriff gegen die Preußenpolitif als die ver. längerte Front des Bürgerblods muß fich zu 75 Broz. auf die Schlichtungspolitik der Preußenregierung tonzentrieren, in der fie ihre Rolle als Agent der Bürgerblodregierung und des Unternehmertums auch dem rüdständigsten(!) Arbeiter bewiesen hat. Wir müssen die Sozialdemokratie in den Fragen der Miete, Steuern und 3ölle, der Kulturreattion, der Reichswehr  , der Personalpolitit angreifen, aber die entscheidende Frage ist die tatsächliche Aufhebung des Streit und Roalitionsrechts durch die für verbindlich erklärten Schiedssprüche. Dieses abgefartete Spiel der sozial demokratischen Gemertschaftsbureautratie, der sozial demokratischen Schlichter, der Preußenregierung, der Bürgerblod. regierung und des Unternehmertums, in dem die Schlichter die Zentralfigur sind, bieten die beste Angriffsfläche gegen die Preußenregierung."

Die Kommunisten müssen danach fest überzeugt sein, daß die Zahl der politischen Analphabeten in Deutschland   über alles ( Fortsetzung auf der 2. Seite.)

Berichte auf der 2. Seite.

Die Polizeischlacht in Prag  .

In Prag   kam es vor einigen Tagen wegen Verschlechterung der Sozialversicherung zu Zusammen stößen mit der Polizei. Im Bilde: Berittene Polizei geht gegen die Demonstranten vor. Rechts das Hus- Denkmal auf dem Altstädter Ring.

-

Metalldiebstähle im Großen.

15 Diebe und Hehler verhaftet.

Seif einem halben Jahre wurden in Großbetrieben Me-| 300-400 3entner abgefahren wurden, so fann man sich vorstellen, falle aller Art in größtem Umfange gestohlen. Bei Abschlüffen ergab sich endlich, daß viel mehr Abfälle, Späne und der­gleichen die Werke verlassen haben mußten, als die Bücher auswiefen. Wo fie geblieben waren, erschien rätselhaft. Man wandte fich deshalb an die Kriminalpolizei. Lange und forg­fältige Beobachtungen führten zur Berhaffung der Diebe. Die großen Werte stehen dauernd mit Firmen in Verbindung, die von ihnen die Abfälle zur weiteren Berwertung faufen und mit eigenen Fuhrwerken abholen lassen. Kutscher  , Mitfahrer und Trans­portarbeiter dieser Firmen wurden als die Diebe entlarot. Die Abfälle wurden in den Kellern der Großbetriebe in Tonnen gefüllt und auf Karren zunächst nach der geeichten Werkswage gebracht und dort abgewogen. Vom Bruttogewicht wurde das Gewicht der Transportgefäße und Karren, das ja feststand, abgezogen und so erhielt man das Nettogewicht. Nach seiner Feststellung wurden die Gefäße auf die Transportwagen ausgeschüttet. Aeußerlich war alles in schönster Ordnung. Mit der Abholung betraute Rutscher usw. aber hatten es verstanden, durch unmerkliche Manipulationen an den Tonnen und Karren deren Gewicht um je 5 oder 6 bzw. 10 Kilo­gramm zu verringern. Weil nun von der Bruttomenge das ur fprünglich festgestellte höhere Gewicht abgezogen wurde, so hatten die Diebe jedesmal einen entsprechenden Ueberschuß an Metall. Bei 10 Gefäßen machte das schon 50-60 Kilogramm und bei 10 Karren 100 Kilogramm aus. Wenn man nu bedenkt, daß sich das drei- bis viermal bie Boche wiederholte und daß mit einem einzigen Baftauto

daß im Laufe der Zeit Tausende von Zentnern den Dieben in die Hände fielen. Um sich den Ertrag, der später mit den Hehlern und allen Mithelfern geteilt wurde, zu sichern, mußten die Diebe ihre Beute stets schon auf dem Wege vom Werk zu ihrer Firma absetzen. Das war ihnen auch nicht allzuschwer, denn sie waren mit Hehlern, darunter einer größeren Firma in der Friedenstraße, die außer Lumpen auch Abfall- und Altmetalle vertrieb, so eng ver­bunden, daß ein Fernruf während der Fahrt genügte, die Trans­portwagen der Hehler auf den Gegenweg zu bringen. Dazu waren auch Stichworte verabredet, wie Gruß vom Lodentopf", hier Karl Schulze" usw. usw. An der bestimmten Stelle traf man sich dann zum lleberladen des Mehrgewichtes, das ja die Abfuhrkutscher und ihre Begleiter immer fannten. Die Hehler verließen sich auf ihre Lieferanten, daß sie auch schon im voraus ihren Kunden nach deren Bedarf bestimmte Sorten Abfälle anboten. Die Lieferanten" mußten dann dafür sorgen, daß sie diese Sorten von hier oder dort heranschafften. Sie wurden so unmittelbar zu den Diebstählen ver­anlaßt. Das Treiben wurde jezt von der Kriminalpolizei enthüllt, eine große Menge gestohlenes Metall tommte noch beschlagnahmt merden. 15 Personen, Diebe und Hehler, wurden festgestellt, aber einstweilen auf freiem Fuß belassen, weil alle ge­ständig sind und Fluchtverdacht oder Verdunkelungsgefahr nicht mehr vorliegt. Der Betrieb in der Friedenstraße wurde geschlossen, das ganze Material murde der Staatsanwaltschaft übergeben. Die Be teiligten werden sich demnächst vor dem Strafrichter zu verantworten haben