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Die rote Nach einer Wahl Im südlichst«» Teile Ostpreußens   war es, in Masurvn. nicht weit von dem Flecken Tonnenberg, das durch die große Schlacht gegen die Russen so bekannt geworden ist. im Jahre 1913, in dem Jahre, da eine Wahl die andere hetzt«. Die Dahlagitatoren waren durchs Land gesaust, zu Rad oder im Auto, und hatten ihre Wahlreden geschwungen, der eine für rechts", der andere fürlinks", und das Ende vom Liede war. daß es den Landleuten ganz wirr im Kopfe war. Denn was verstanden die guten Masuren   damals von Politik? Wer hatte sich früher groß um Wahlen gekümmert? Sie hatten eben immer treu nach An- weifung ihres Herrn Oberamtmannes   oder des Herrn Ritterguts- besitzers.gewählt" und damit ihrer Pflicht soweit es sich um Politik handelte Genüge getan. Sie waren sich ja darin einig, sie waren froh, daß der Krieg zu Ende war und sie nun wieder im Trockenen saßen. Und die Politik? die ließen sie die Berliner  machen. Bon den vielen Parteisekretären und Agitatoren hatte ja schließlich ein jeder recht! Kam da mal einer vonlinks", ja, der Kerl hotte eigentlich sehr recht und ihnen ganz aus der Seele ge- sprachen: kam aber einer vonrechts", st» hatten sich bestimmt auch die Grohgrunddesitzer eingefunden, und man mußte wohl oder übel zugeben, daß der auch recht hatte. Jedenfalls, sie hatten zur Rot ihr Auskommen und damit waren sie zu bequem zum Nachdenken über Politik. Und über die Wahlen? Na, die richtigen Stimm- zettel wurde ihnen Herr Emil fchon besorgen. Herr Emit war nämlich Jäger und Diener und Chauffeur, alles m einer Person, bei Herrn General von Dunkel, Rittergutsbesitzer auf Klein- und Groß-Gribschinnen, und da Herr Emil in seinen Eigenschaften als Jäger und Diener und Chau-ifeur zur allernächsten Umgebung des Herrn General gehörte, stand«r bei den Köthnern und Büdnern und Bauern in hohem Ansehen. So waren sie denn auch jedesmal hingezogen zum Wahllokal und hatten fleißig den Stimmzettel in die Urne gelegt, den Herr Emil ihnen in die Hand gedrückt hatte. Nun waren die Wahlen voraussichtlich für ein« ganze Weil« vorbei, und die guten Masuren hatten wieder ihre Ruhe. Anders war«s bei den Herren Großgrundbesitzern. Heute saßen die drei Rittergutsbesitzer,«eiche den Wahlbezirk Sribfchinnen ge- bildet hatten, im Städtchen im.Königlichen Hof" zusammen, um das letzt« Wahlergebnis bei einer Flasche Rotspohn eingehend zu besprechen.
Stimme.
Die Leute kommen eben wieder zur Bcrnunst." sagte der eine, denn wenn man bedenkt, wie die beiden ersten Wahlen ausgefallen waren, ganz rot! Wohin sollte das auch führen? Jetzt sieht man doch wieder den Fortschritt, die Einsicht, denn die letzte Wahl hat uns doch«inen glänzenden Rechtssieg gebracht." Ja, bis auf eine einzige Stimme!" mischt« sich jetzt der Nochbar ein,die ein« einzige rote Stimm«! Aeh, lieber General, die ist doch bestiimnt nur von ihrem Emil! Dieser Kerl ist doch schon immer rötlich angehaucht gewesen? Dem Bengel hätte ich längst den Laufpaß gegeben, ihn längst zum Teufel gejagt: es gibt doch jetzt so viel« abgebaute Offiziere, äh, mit anständiger Gesinnung, die den Posten des Emil bei Ihnen, lieber General  , mit Kußhand über- nehmen würden, und wir hätten wieder einen verläßlichen Menschen mehr!" Bisher hatte der Angeredet« schweigend zugehört, jetzt aber schickte er denOber" mit der Bestellung einer neuen Pulle außer Hörweite und begann schmunzelnd:Meine Herren, was Sie mir da vorschlagen, zeigt mir, daß Sie kein« Diplomaten sind. Den Emil entlassen? R«, solang« ich lebe und... solange wir noch Wahlen haben werden, ausgeschlossen! Ick) will Ihnen jetzt er- zäPen, Diskretion natürlich selbstverständlich, wie das mit unseren Wahlen zugegangen ist. Sehen Sie, der Emil mit seiner verd... roten Gesinnung hatte zu den ersten beiden Wahlen die ganze Bande mit roten Stimmzetteln versorgt und ihnen die anderen abgenommen. Daher der groß« Mißerfolg unserer ganzen Werbe» tätigkeit. Ich war dahinter gekommen und nahm mir den Bengel vor: Hör« mal, alter Bursche, ich weiß, du sehnst dich schon lange nach einer neuen Doppelflinte. Die sollst du haben! Aber... du sorgst erst dafür, daß es bei der nächsten Wahl kein« rote Stimme mehr gibt. Du bekommst dann sofort ei« neue Doppelstinte und noch außerdem 1011 Mark von mir. Mer, wohl verstanden, keine einzige rote Stimme darf dabei sein! Und, meine Herren, der Emil hat's geschafft. Er hat den ganzen Kram geschmissen.Rechts" hat in unserem Bezirk glänzend gesiegt, und Emil muß bleiben!" Ja, aber die eine rote Stimme?" Aber, Herrschaften, die stammt doch von mir selbst. Die einzige rote Stimm« habe ich doch selbst abgegeben. Ich wußte, Emil schafst's. Und wenn keine rot« Stimme dabei gewesen, dann hätte unser Sieg mich bar« 100 Marl und noch'ne neu« Flinte gekostet. Ra, so dumm sind wir nicht. Prost!"
,3 Hinter wieder Mietwucher. Hauptsache die Vermittlergebühr. Alle Transaktionen, die das Gebiet des Wohnungswesens be- tresfen, haben den Geruch der nicht immer ganz einwandfreien Ge- jchästsgebarung. Tausch, Kauf oder Verkauf einer Wohnung ran- gieren unter die sogenanntenGelegenheitsgeschäste", deren Zustande- kommen selten auf der Basis rein kaufmännischer Kalkulation beruht. Kein Wunder, wenn die Unternehmer bzw. ihre Agenten, denen man die Bermittlung solcher Wohnungsangelegenheiten überträgt,, sich diese nicht streng sachlich liegende Situation zunutze machen. So beträgt z. B. die vertragsmäßige Provision für die Vermittlung einer Tauschwohnung S Proz. der ersten Jahresmiete. Bei Abschluß eines Auftrages ist an den Vermittler eine Gebühr von 20 M. zu entrichten, die späterhin bei Zustandekommen des Tausches von den vertragsmäßigen 5 Proz. in Abzug gebracht wird. Nachdem derartige Tauschongelegenheiten sich naturgemäß endlos lange hinziehen können, proponieren die Jmmobilien-Aermittlungs- geschäft« ihren Kunden zur rascheren Abwicklung des Geschäftes den Abschluß sogenannter Eilaufträge, bei welchen die Vermittler. ge b ü h r 3 0 M. beträgt, die jedoch von der eigentlichen Proviswns- summe nicht in Abzug gebracht wird. Dafür verpflichtet sich der Ver- mittler, den Auftroggeber durch besonders eilige Behandlung der Angelegenheit im Berlauf weniger Wochen in die Möglichkeit eines Wohnungstausches zu oersetzen. So lautete wenigstens die Oiferre eines solchen Bermittlungsbureaus im Berliner   Westen. Die Auf- troggeberin, die infolge schlechter finanzieller Derhältnisie gezwungen mar, so rasch als möglich ihren Hausstand zu verkleinern, erteilt« dem Vermittler einen solchen Eilauftrag und bot ihn, die verlangte An- zahlung von 30 M. in zwei Teilbetrögen zahlen zu können, womit sich dieser auch einverstanden erklärte. Bei Empfangnahme des ersten Teilbetrages versicherte er der Austraggeberin nochmals, daß
Smyma und seine Umgebung wurden am 31. März durch ein schweres Erdbeben heimgesucht. Zahlreiche Gebäude stürzten ein. Bisher wurden über hundert Tote gemeldet. Unser Bild zeigt den berühmten Uhrturm in Smyrna  , der ebenfalls dem Erdbeben zum Opfer fieL
er die Angelegenheit ganz eilig behandeln wolle und sie durch be- sondere Agenten, die ihm zur Verfügung stünden, binnen kürzester Zeit in den Besitz einer Tauschwohnung setzen würde. Als zehn Tage vergangen waren, ohne daß die Betresfende irgendwelche Nach- richt von dem Vermittler erhalten hatte und sich über den Stand der Dinge erkundigte, wurde ihr bedeutet, man könne erst nach Er- halt der vollen Anzahlung etwas unternehmen. Als sie sich daraufhin auf die ihr durch den Vermittler gemochten Angaben berief, oertröstete man sie und wollte die Sache wiederumsofort in Angriff nehmen". Inzwischen waren weitere drei Wochen verstrichen, ohne daß auch nur ein einziges Tauschobjekt angeboten worden wäre. Mit groben Worten verweigert der Vermittler die Rückgabe der An- zahlung. Diese Art des Kundenfanges ist ziemlich durchsichtig und es wäre wünschenswert, daß dieses Vermittlerwesen in reellere Bahnen gelenkt würde. Reklamationen und Klogen der geprellten Auftrag- geber scheinen den Herren Vermittlern nichts neues zu sein. Sie wissen genau, daß si« ihr« Kunden fest in Händen haben, weil diese ja eine Veränderung ihres Wohnungsstandes, hauptsächlich wenn es sich um eine Wohnungsverkleinerung handelt, sehnlichst herbei- wünschen.
Die Aufgaben des kommenden Reichstages. Auf der vom Kreis Kreuzberg   einberufenen Beriveterversamm- lung. die am Montag in Rabes Festsälen abgehalten wurde, nahm der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Artur Cri spien dos Wort zu längeren Ausführungen über die Aufgaben der Sozial- demokratie in kommenden Reichstag. Der Redner verstand es, in geschickter Form die von den Deutschnationalen geleistete Arbeit dem großen Aufgabengebiet, das im kommenden Reichstag   erledigt wenden soll, gegenüberzustellen. Di« deutschnationalen Minister haben es nicht fertig gebrocht, wenigstens die großen Gesetzesvor. lagen, auf deren Verabschiedung seit Jahren gewartet wird, dem Reichstag vorzulegen. Eine Reihe neuer Gesetze sind dringend not- wendig, weil die bestehenden längst veraltet sind. So muß als eine der wichtigsten Arbeiten das Straf- und Eherecht neu gestaltet werden. Auch die endgültig« Gesetzvorlage über den Reichswirt- schaftsrat, der seit Jahren nur.vorläufig' arbeiten kann, ist wichtige Arbeit für das neue Parlament. Auch das Betriebsrätegesetz muß vervollkommnet und ein neues Arbeitsschutzgesetz geschaffen werden. Im Arbeitsschutzgefetz sollen alle Schutzbestimmungen über die Frauen- und Kinderarbeit aufgenommen werden. Der Bottrag fand lebhoste Zustimmung. Der Vorsitzende des Kreises, Schweikardt, referierte dann über die Kandidatenausstellung zum Reichs- und Landtag. Es wurden für jedes Parlament Vorschläge an den Be- zirisoorstnnd weitergegeben.
Oer neue Sowjetfilm. Tauen tzien-palast. Dieser neue Film E i s» n st e i n s, der im Anschluß an das Buch des amerikanischen   Reporters John ReedZehr Tog«, die di« W-lterschütterten" heißt, dient in viel\ zerem Maße noch als der Pudomkin-Film der Glorifizierunz des Bolschewismus. Das rächt sich auch auf künstlerischem Gebiete. DerPotemkin" bot eine einheitliche, geschloffen« Handlung, die jeden Freund der Freiheit und des Proletariat» ergreifen mußte, auchDas End« von St. Petersburg  " hatte trotz der Patteitendenz stark ans Menschliche greifende Seiten. Aber diese zehn Tage sind ausschließlich eine be- wußte Pattetsache, sie geben einen Abriß der russischen Geschichte vom Februar bis Oktober 1917, und zwar überwiegend �eine.i politifch-militärischen. Hier fehlt ganz das Jntereffe an dem Schick- sal einzelner Menschen: wohl spielt die Masse entscheidend mit, aber im Vordergrund stehen doch die politischen Führer. Der Film denkt gar nicht daran, die komplizietten russischen Problsme und ihre ökonomischen Grundlagen klarzulegen, er nimmt bewußt Pattei für die Bolschewisten und macht alle ihre Gegner lächerlich, zum Teil auf sehr billige Weise. Gerade imPotemkin" war die kühl« Ob- jektioität, mit der auch die Gegenseite behandelt war. äußerst er- sreulich und von größter künstlerischer Wirksamkeit. In den zehn Togen ist K'erenski ein eitler Narr, dessen Wesen durch«inen schillernden Pfau symbolisiert wird oder auch durch«ine Nachäsfung Napoleons  . Nicht viel besser geht es den Menschewiken und Sozial- revolutionären, die bekanntlich das Geschick Rußlands   durch die da- mols bevorstehende konstituierende Derstunmlung bestirmnen laffen wollten und den militärischen Putsch der Bolschewisten ablehnten. Sehr ergötzlich ist es, wie der Film sich um die histottsche Wahrheit drückt, selbst wo Bolschewiken in Frage kommen, die heute in Un- gnade gefallen sind: Trotzki  . Sinowjew   u. o., die damals eine her- vorragende Roll« spielten, sind im Film ausgemerzt. Trotzkis Kopf scheint nur einmal aufzutauchen, aber sonst ist aller Glanz um Lenin  gesammelt. Eisenstein müßte nicht der Regisseur de»Potemkin  " sein, wenn er nicht auch in diesem Fall« seine Klaue gezeigt hätte. Aber der unsilmische Stoff hemmt« ihn. Wohl kann er seiner Vorliebe für Moschinen freien Laus lassen, die große Petersburger Hebebrücke, die die Arbeiterviertel ocnn Stadtinnern trennt, dient als Glanzstück in seiner Regie. Er kann natürlich im übrigen mit einem unge? heuren Apparat auswarten, er hatte alles zur Berfügung. um den historischen Rahmen der Geschichte darzustellen, dos Panzerschiff Aurora wirkt mit, und hunderttauseick» Menschen werden auf die Beine gebracht, um den ersten fehlgeschlagenen Aufstand der Bolsche- wiken vom Juli und dann vor allein den Sturm auf das Winter- palais zur Darstellung zu bringen. Wie in allen russischen Filmen wird der Ausschnitt meisterhaft gehandhabt und die Szenerie der Lokalitäten, insbesondere des Smolny und des Winterpalais, gründ- lich ausgenutzt. In zahlreichen Einzelheiten erkennt man den Eisen- stein von früher wieder, z. B. in der Tanzverbrüderung der kauka- fischen Truppen mit den Bolschewiken: aber wo er der politisckxn Tendenz allzu sehr dienen will, gerät er in die Gefahr der gesuchten Effekthascherei. So z. B., wenn er alle möglichen Götter- und Götzenbilder aufmarschieren läßt, um die angebliche Einheit des Vaterlandes zu verspotten. Recht lebendig wird Elsenstein erst, wenn er die Moffe in Bewegung setzen kann, und dies tut er in einem sehr übertreibenden Sinne bei der Eroberung des Winter- palais. Edmund Weisel hat, wie zum.Potemkin". auch in diesem Film die Begleitmusik komponiert, auch er scheint dem Stoff er. legen zu sein, dies« Musik hat keineswegs den aufpeitschenden und sortreißenden Charakter wie die zumPotemkin". D.
Oeulsche Glückwunschtelegramme au Gorki. Nach einem in Möttau eingetroffenen Schreiben hat Gorki zu seinem Gebuttttage auch Glück- wunschtelegramme von sührenden deutschen   Persönlichkeiten erhalten, darunter von Hauptmann. Max Reinhard  , der Berliner   Universität und dreißig deutschen   Prosejjoren.
Kleine Affären großer Leute. Amerikanischer Versager im Gloria-palast. Regisseur und Schauspieler führen einm heldenhaften Kamps gegen das Manuskript. Verheißungsvoll ist der Einsatz. Stürmische« Tempo, wildbewegte Moffe, aus der sich ollmählich die Haupt- darsteller lösen. Kein toter Punkt dank der Regie Bucha- w e tz t i' Es sieht so aus, als ob sich ein unterhaltsame» Lustspiel entwickeln sollte. Eine südamerikanische Stadt hat«inen neuen Gouverneur erhalten, einen Trottel, der sich einbildet, ein großer Do» Juan zu sein. Roy d'A r c y stellt schon in der ersten Szene mit unbetonter Neigung zur Groteske das Potträt dieses Menschen völlig geschloffen hin. Ein kleines Mädchen durchbricht die Reih« der absperrenden Matrosen, beißt und kratzt und benimmt sich wie Mary Picksord in ihren besten Augenblicken. Alle Voraussetzungen für ein« groteske Komödie sind gegeben. Doch es lommt anders, es wird entschieden sentimental: denn der zerkratzte Matrose verllebt sich in die klein« Dame, und auch der Gouverneur ist nicht abgeneigt. Nun entwickelt sich olles programmäßig: Rivalität, Desettaiion, bei­nahe Mord, beinahe Versühnmg, rauschende Küste unter Kirschbaum- blüte, Begnadigung und unentwegt glückliches Ende auf einem Ozeandampfer. Das ist Schema und billiger Kitsch. Und die Regie, die mit Versprechungen beginnt, versandet. Immerhin versügt Buchowctzki über das genügende künstlerische Format, um zu sentimentale Gesühlsergüss« abzudämmen. Jede große Szene, di« er zeigt, ist meisterhaft abgestust und gesteigert, und doch hinterläßt das Ganze«inen peinlich gequälten Eindruck. Mae M u r r o y spielt die 5)auptrolle. Sie weint und lacht prachtvoll echt und daneben bevorzwgt sie Bewegungen einer Operettendioa und verfällt dabei in wilde Theatralik, die besonders unangenehm gegenüber der Ruhe und Wahrheit ihres Partners Lloyd 5) u g h e s auffällt. Rein, Regisseur und Schauspieler entscheiden nicht allein den Erfolg, das Manuskript bleibt mitbestimmend. Der Import diese» Film» war überflüssig, denn Deutschland   produziert selbst schon zu viele schlechte Filimnanuskripte. F. S.
Die Freude am Bilde. Vortrag in der deutschen   Kunstgemeinschast. Für den«nverbildeien. aber für Kunst empfänglichen Menschen bedeutet dos Kunstwerk kein Geheimnis. Es ist Unsinn zu glauben, daß ein besonderes gelehrtes Wissen notwendig sei, wenn man Kunstwerke verstehen wolle. Die oberflächliche Massenschulung auf dem Gebiet- der Kunstgeschichte hat leider dazu geführt, daß viele Menschen das natürlich« Sehen verlernt haben. Max D e r I be- mühte sich in einem Vottrag, den er im Rahmen derDeutschen Kunstgemeins chaft" hielt, zu zeigen, was wirklich«Freude am Bilde" heißt. Er brachte im Lichtbild Reproduktionen von Gemälden aus den verschiedensten Stil- und Zeilepochen, an denen er di« Sprache der Bilder etläuieri«. Man kann jede« Bild be- schreit-«» nach Farbigkeit. Formengebung, Art der dargestellten Dinge. Doch unter dieser Oberfläche und ebenso klar erkennbar wie diese ruht der Gefühlsausdruck, den das Wert für den Künstler bedeutete. Und jedes Bild, das auf einem Beschauer ein- wirkt, tut das, indem es in ihm Gefühle weckt, die denen seines Schöpfer, verwandt sind. J« unvoreingenommener der Betrachtende vor dem Werk steht, desto klarer wird es sich ihm offenbaren vorausgesetzt, daß er imstande ist, die starten Gefühle de» Künstlers nachzuerleben. Ist der Mensch dagegen nur banaler Alltags- empsindungen sähig. so wird er auch in der Kunst sich von ihnen airgezogen fühlen und also das färb- und strukturlos« Werk, den Kitsch, bevorzugen. Freude an wahrer, starker Kunst heißt aber immer Freude am Kunstwerk, nicht am Künstler. Auch der be- deutende Künstler schofjt neben Gutem Minderwertig«,. Wer«in Bild wirklich nacherlebt, wird das wertlose auch dann als wertlos erkennen, wenn ein berühmter Name über diese Tatsache hinweg- täuschen mochte. T«.