Der Abend
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Spätausgabe des„ Vorwärts
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Nr. 162
B 81 45. Jahrgang.
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Das Wunder von Taschfent.
Ein Riefenprozeß in dem sowjetrussischen Zentralafien.
Die verrieselten Millionen.
Ju Taschkent, der Hauptstadt von Turkestan , ist soeben ein Prozeß gegen eine Reihe leitender Persönlichkeiten der Wasserwirtschaftsbehörden der mittelasiatischen Sowjetrepubliken zu Ende gegangen. Mit Ausnahme dreier Angeklag ten, die freigesprochen wurden, find fast alle übrigen zu schweren Kerterstrafen ver urteilt worden: 3 zu sechs Jahren Kerker, 7 zu fünf Jahren, 1 zu bier, 3 zu drei, 3 zu zwei, 1 zu anderthalb, und 1 zu einem Jahr Kerker. Hier die Darstellung des Falles. Es ergibt sich daraus, daß nicht nur in Deutschland Phoebus und Reichsbahnskandale vorkommen.
Monstreprozeß in Tashkent . Zwei Monate Berhandlungsdauer, 150 Seiten Anflageschrift, 50 Bände Untersuchungsaften, 23 Angeklagte leitende Beamte der Wasserwirtschaft der mittelasiatischen Sowjetrepubliken. Fünf Tage und Nächte waren die Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, der Staatsanwalt, die Berteidiger aus Mostau unterwegs, bis sie an die Gerichtsstätte gelangten.
Die Union der Sowjetrepubliten ,,, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten". Der Film wird hier zu lebendiger Birklichkeit. Die Wirklichkeit zum Film. 120 Millionen Mart wurden in den Sandwüsten Mittelafiens verpufft. Berieselungsprojekte sind in Angriff genommen worden, deren Ausführung unmöglich war; Kanäle wurden gebaut, die der Sand sofort wieder verschüttete; Wasserdämme errichtet, die bis heute noch, nach Monaten auf trodener Erde stehen. Das Berieselungssystem führte nicht Baffer den Flachsfeldern zu, sondern Millionen von Rubel in die Taschen der hohen Beamten. Den einheimischen Arbeitern wurde aber das Fell über die Ohren gezogen: sie waren dem Meutern nahe, da das Geld für ihre Entlohnung nicht langte.
Das Ganze flingt wie ein Märchen aus Tausend und eine Nacht. Jede Einzelheit von einer unaussprechbaren Groteste. Deshalb hier mur das wesentliche:
Die Wüste sollte berieselt werden.
Die Berieselungspläne. Für fünf Jahre war die Berieselung von 1195 695 Hektar Landes vorgesehen. Der Unfostenanschlag belief sich auf etwa 660 Millionen Mart. Man versprach sich unermeßliche Reichtümer von der erweiterten Flachsanbaufläche. In den Jahren 1924 bis 1929 sollten etwa 327 000 bis 426 000 Tonnen Flachs produziert werden. Die Pläne waren von der Staatsplanierungskommission in Moskau bestätigt. Das Ergeb nis der vierjährigen Tätigkeit: einige wenige Hettar berieselten Landes. Der einheimischen Bevölkerung lief aber das Wasser im Munde zusammen, als man ihr die Zukunftsmusit vorspielte. Sie vernachlässigte ihr eigenes primitives Berieselungssystem in Erwartung des Rommenden. Die Folge: erschwerte Wafferzuführung für das Land Buchara .
Die Berieselung der Wüste segte die Erbauung eines großen Kanalsystems voraus. Unter diesen Kanälen follte der Trans- Karatum- Kanal den Fluß Amur- Darja mit dem Raspischen Kanal verbinden, also auch mit der Wolga; ein anderer Kanal follte die Wolga mit dem Asomschen Meer verbinden. So sollte Mittel afien den Zutritt zum offenen Meer finden. Ein phantastischer Plan! Der Ingenieur Morgunentow fand aber im September 1924 für diesen Plan ein geneigtes Ohr bei der Staatsplanierungskommission. Millionen wurden ausgeworfen, Forschungskommis fionen geschaffen, ja man schritt, ohne entsprechende Bestätigung, zur Schaffundg eines Zufuhrweges des Kertinschen Kanales. Am 17. April 1927 flog ein Telegramm nach Mostau:„ Der Kanal
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Der tote Portier in der Loge.
Bericht über einen rätselhaften Leichenfund 2. Seite.
Wählst Du Nationalisten?
C
Ein Bild aus dem Wahlfilm der Sozialdemokratischen Partei, der heute Abend im Lehrervereinshaus in Berlin zum ersten Male aufgeführt wird. Szene auf dem Friedhof. Die anklagenden Hände der Hinterbliebenen fragen Dich:" Wählst Du Nationalisten? Willst Du neues Kriegselend?"
Der Speditionsarbeiterstreif beendet. der Organisation propagiert. Nöllinger warnte in feinem Schluß
Geschlossene Wiederaufnahme der Arbeit.
Die zu heute vormittag nach dem Gewerkschaftshaus einberufene Bersammlung der freitenden Speditions. arbeiter war schon vor ihrer Eröffnung zum Bersten überfüllt. Der Vertreter des Verkehrsbundes nöllinger gab zunächst einen eingehenden Bericht von den geftrigen Berhandlungen vor dem Schlichtungsausschuß. Wie Nöllinger betonte, fonnte die Forderung nach einer 15prozentigen Lohnerhöhung nicht voll durchgesetzt werden. Es ist den Unterhändlern aber dennoch gelungen, einen ansehnlichen Erfolg zu erreichen. Die Spediteure haffen den ersten Schiedsfpruch abgelehnt, weil ihnen die darin festgefehte Lohnerhöhung von 3 Mart ab 1. April und einer weiteren Mark ab 1. Oktober zu hoch war. Die Unternehmer find nunmehr gezwungen worden, nicht nur diesen Schiedsspruch anzuertennen, fondern darüber hinaus schon ab 1. Juli insgesamt 4 Mart Cohnerhöhung zu
wort vor solchen unüberlegten Schritten, durch die man die besten Funktionäre der Speditionsarbeiter der Willfür der Unternehmer ausliefern würde. Die Versammelten folgten schließlich der Aufforderung der Organisation und gingen nach Schluß der Berfamm
lung geschlossen in die Betriebe zurüd, um die Arbeit wieder aufzunehmen.
Keine Erhöhung der Verkehrstarife.
Der Magistrat feilt mit:
In der Presse verbreitete Meldungen über eine drohende Erhöhung des Einheitsfahrpreises sind in allen Teilen unwahr. Eine Erhöhung des Tarifes der Berkehrsunternehmungen ist von teiner Stelle beabsichtigt.
ift in Betrieb genommen, das Waſſer iſt hineingeleitet." Drei zahlen. Sie find weiter verpflichtet worden, den Karfreitag und Ueberschwemmungsgefahr bei Smyrna . Wochen später war er verschüttet. Der Bau hatte aber einige Millionen geloftet.
Ein undurchführbarer Plan.
Dann der phantastische Verbindungskanal zwischen Amur- Darja und dem Kaspischen Meer! Die Pläne waren seit Jahrzehnten von der Moskauer Kaufmannschaft erwogen worden. Forschungs tommissionen, die Hunderttausende von Rubel verschlungen hatten, waren mit den wissenschaftlichen Vorarbeiten beschäftigt gewefen. Auch amerikanische Ingenieure hatten sich für die Sache interessiert. Wortsetzung auf der 2. Seite)
den zweiten Osterfeiertag zu zahlen, sowie alle Arbeiter mit ihren alten Rechten wieder einzustellen. Damit ist auch die Taffik der Unternehmer durchkreuzt worden, die unverkennbar darauf abgestellt war, den Streif in die Länge zu ziehen, um sich vor de Bezahlung diefer Feiertage zu drücken.
In der Diskussion wurde von allen Rednern anerkannt, daß die Cohntommiffion und die Organisation alles getan haben, um den Stampf mit dem größtmöglichsten Erfolg zu Ende zu führen. 2- gemein fritisiert wurde, daß auch diese Vereinbarung genau jo wie der letzte Schiedsspruch ein Jahr gelten soll. Von einer Anzahl Redner wurde die Weiterführung des Streits ohne die Unterstützung
Die Erdbebenstöße halten an.
Wie aus onftantinopel gedrahtet wird, halten die leichten Erdbebenstöße noch weiter in den Gebieten von Smyrna und Adana an. Als eine Folge des Erdbebens ift der 3 amanli-Fluß. einer der Hauptnebenflüffe des Seihun Fluffes, über die Ufer getreten, und es besteht in Adana große Befürchtung, daß sich die Ueberschwemmung auch auf die Stadt ausdehnen wird. Berittene Patrouillen wurden ausgesandt, um die Bevölkerung rechtzeitig warnen zu können.