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Die Rowdies von Lichterfelde . Vor Schluß der Beweisaufnahme im Hakenkreuzlerprozeß.

Der Prozeh der.Helden" von Llchlerfelde gehl seinem Ende entgegen. Nachdem die nationalsozialistischen Zeugen es vergeblich versucht haben, aus Weih Schwarz zu machen und sich als die Unschuldslämmer hinzustellen, über die die kommunistischen wölse hergesallen sind, werden Milte nächster Woche die Plädoyers beginnen können. Gestern fand nur eine kurze Sihung stall. Es lohnt sich kaum, in dieser ganz klaren Angelegenheit der 600 gegen 23 auf die Einzelheiten der nationalsozialistischen Aus- sagen ein.zu gehen, deshalb zwei Stichproben besonders drastischer Art aus der Donnerstagssitzung. Da ist z.B. der Reichswehr - soldat Will ich, ehemaliger Führer der Spandauer natio- n a l soz i a l i st is che n Pfadfinder. Am verhängnisvollen Abend kam er in einem Lastauto zusammen mit seinen Gesinnung»- genossen nach Lichterfelde , um von hier aus nach Berlin zu mar- schieren. Die Polizeibeomten entnahmen dem Auto einen Korb mit 20 bis 30 großen Steinen. Der Zeuge Willich bekundet aber, Steine ün Auto überhaupt nicht gesehen zu haben. Erst unmittel- bar vor der Vereidigung wird er vorsichtiger und gibt zu, daß vielleicht einzelne Steine im Auto herumgelegen haben können, er habe jedenfalls kein« gesehen. Die Steine sind aber in diesem Falle schließlich das geringste, viel wichtiger ist, daß der gestrige Führer der Hitler-Jugend , der sich schriftlich zum unbedingten Ge- horsam Hitler gegenüber verpslichten mußte, heute, nach Austritt aus der Nationalsozialistischen Partei, ein auf die Verfassung ver- pflichteter Reichswehrmann sein kann und zwar in einem in Span -

dau gelegenen Bataillon. Wer weiß, wie viel« solcher ehemaligen Nationalsozialisten die Reichswehr des Herrn Geßler beherbergt. Und nochmals Dr. Goebbels . Der famose Brandenburger Gauleiter der Nationalsozialisten als Zeuge. Der Chauffeur Thimms erkennt in ihm den Mann wieder, in dessen Begleitung der Natio- nalsozialist war, der vor dem Bahnhof einen der verletzten Kom- munisten mit dem Revolver bedrohte. Ich schieße dich nieder, hatte er geschrien. Dr. Goebbels soll nach Aussoge des Chauffeurs seinen tapferen Gesinnungsgenossen vom Schießen abgehalten haben. Jetzt entsinnt er sich dieses Vorfalles überhaupt nicht. Wer weiß, viel- leicht entdeckt er ihn nur. Di« Bestialität der Nationalsozialisten auf dem Bahnhof Lichter- felde offenbart sich aber in ihrer ganzen Nacktheit erst aus den Gut» achten der Aerzte. Sie stellen fest, daß einige Schußverletzun- gen lebensgefährlich gewesen waren, und daß in mehr als in einem Falle die damals Verletzten heute noch an den Folgen ihrer Verwundungen schwer zu tragen haben. So ist einer der Rotfrontkämpfer, Pohle, gezwungen, eine Schien« im Munde zu trogen: außer dem Kieferschuß, der ihm den Unterkiefer zer- splitterte, hat er auch einen Lungen st eckschuh davongetragen. Die Nationalsozialisten können von Glück sprechen, daß niemand von den Komunisten ums Leben gekommen ist. Allerdings werden ja auch dann nicht mehr Angeklagte vor Gericht erscheinen, als es nun der Fall ist. Der größte Dell der Schützen von Lichterfelde lacht sich ja ins Fäustchen. In Lichterfeld « waren sie als aktive Teil- nehmer dabei, in Moabit sind sie bloß passive Zuhörer.

einzige Mann, mit dem sie die Sache machen müsse. Es will fast scheinen, als sei es mehr als Zufall, daß der Zeuge Ion-Marlilt sich im Gcrichtssaal inmier wieder auf die Anklagebank niedersetzte.

Sterblichkeit in Berlin -192?. Häufigste Todesursachen: Krebs und Herzleiden. In Berlin starben im Zahre lS27 söhne Totgeborene) 48 742 Personen, um 3330 mehr als im Zohre 1926, wo 45 412 Personen starben. Die Bergleichung mit der durch- schnilllichen Bevölkerungszahl, die in 1927 gegenüber dem Vorjahr wieder beträchtlich gestiegen ist, ergibt als Sterbe» Ziffer für 1927 11,7 pro 1000 der Bevölkerung. für 1926 11,1 pro 1000 der Bevölkerung, hiernach ist die Mehrung der Sterbefälle in 1927 nicht so schwerwiegend. wie es ans den ersten Blick scheinen könnte. Unter den Todesursachen stelzt in Berlin seit einigen Jahren nicht mehr Tuberkulose an der Spitze. In 1927 sbzw. 1926) starben an Tuberkulose 4570(4488) Personen. Die höchsten Zahlen werden jetzt für Krebskrankheiten gebucht, deren Mehrung unier den Todesfällen schon seit einer Reihe von Jahren aufgefallen war. In 1927 starben an Krebs 6443 Personen, gegen- über 6195 in 1926 und 5935, 5752, 5671, 5326, 4465 in den vorher- gehenden Iahren bis 1921 zurück. An zweiter Stelle standen in 1927 Herzleiden mit 5656 Sterbefällen gegenüber 5204 im Vorjahr. Achnlich hohe Zahlen wurden 1927(bzw. Vorjahr) gebucht für Ge- fäßkronkheiten mit 4518(3857) Sterbefällen und für Gehirnschlag mit 5140(4898) Sterbefällen. Herzleiden, Gefäß- krankheiten und Gehirnschlag sind drei Todesursachen, deren Meh- rung und Häufung unsere Zeit kennzeichnet. Dies« drei zusammen forderten in 1927(bzw. 1926) allein 15 314(13 959) Opfer, ziemlich ein Drittel aller Gestorbenen des Jahres. Von anderen Todesursachen, die häufig vorkamen, wurden in 1927(bzw. 1926) gemeldet Lungenentzündung 2419(2263), sonstige Krankheiten der Atmungsorgane 1061(926), Influenza 961(446), Diphtherie 562(249), Scharlach 123(81). Die Zahl der durch Insluenza und durch Diphtherie verursachten Sterbe- falle hat sich gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Die Zahl der Masernsterbcfälle ist mit 93(Vorjahr 91) fast unverändert ge- blieben. Dagegen sind die Keuchhustensterbefälle mit 12(Borjahr 263) auf etwa die Hälfte der Zahl zuckickgegangen. Die Säuglings st erbli-rhkeit hat in Berlin schon seit vielen Iahren nur noch geringen Einfluß auf die Gesomtsterblich- keit. Das erklärt sich zum Teil aus der andauernden Minderung der Geburtenzahl, aber auch die Verzleichung mit der Geburtenzahl ergibt noch einen erfreulichen Rückgamg der Säuglingssterblichkeit. In 1927 starben 3640 Säuglinge, gegenüber 3865 in 1926. Gemessen an den Zahlen der Lebendgeborenen des Jahres(1927: 42 696, 1926: 45 273), bedeutet das für jedes der beiden Jahre, daß auf je hundert Lebendgeborene 8,5 Säuglingssterbefälle kamen. In den acht Jahren 1920 bis 1927 kamen auf je 100 Lebendg�borene 14,0, 12,3, 14,0, 12,3, 9,5, 9,1, 8,5, 8,5 Säuglingssterbefälle. Noch höher« Zahlen als in den ersten Jahren dieser Reihe wurden für Berlin in der Zeit vor dem Kriege errechnet. In 1913 konnte das Gebiet des heutigen Berlin noch 76 665 Lebendgeborene buchen. Es starben aber in dem- selben Jahr nicht weniger als 10 996 Süugling«, das find 14,3 auf je 100 Lebendgeboren«. Den Rückgang der Säuglingssterblichkeit haben wir im wesentlichen den Bemühungen der v o n der Stadt eingerichteten Säuglingsfürsorge zu danken.

Eine Unthan-Ehrunq. Unthan, der jetzt 80 Jahre alt geworden ist, bleibt eine außer- ordentliche Erscheinung in dem Kreise der Artisten. Ein Artist muß sonst Herr seiner Glieder sein. Jeder körperliche Defekt behindert ihn bei der Ausübung feines Berufs. Hier aber tritt ein Mann auf, dem von der Geburt ab beide Arme fehlen und der trotzhem ein großer Art! st wurde. Gerhart Haupt. mann, mit dem Unthan befreundet ist, hat ihm in seinem Roman Atlantis " ein Denkmal gesetzt und Unthan selbst spielte diese

Rolle in der Verfilmung vor ungefähr fünfzehn Iahren. Der Zirkus Busch ließ es sich nicht nehmen, für den Jubilar einen Ehrenabend zu veranstalten. Auf einer Estrade saßen Unthan und seine Frau und nahmen die Glückwünsche entgegen. Vertreter der verschiedenen Artistcnverbände waren zur Gratulation erschienen. Auf da? persönliche Auftreten des Artisten mußte leider aus G e- sundheitsrückfichten verzichtet werden. Diese Ehrungen, in die das ganze Publikum begeistert einstimmte, sind dem Jubilar von Herzen zu gönnen, der sich um die Ausbildung der Krüppel, besonders aber um die Kriegsinvaliden, große Verdienst« erworben hat, indem er ihnen zeigte, was menschliche Energie zu leisten vermag. Der greise Artist dankte für die Ehrung mit herz- lichcn Worten.

Die Tragödie eines Ehepaares. Aus Furcht vor Strafe iu den Tod. Eine Ehetragödie wurde gestern im Haus« Kochftr. 17 entdeckt. In seiner im dritten Stockwerk des Seitenflügels gelegenen Woh- nung wurde der 50jährig« Zollassistent B. und sein« zwei Jahre ältere Frau Gertrud durch Gas oergiftet bewußtlos auf­gefunden. Di« Rettungsversuch« der Feuerwehr waren ohne Er- folg. Wie aus einem an die Angehörigen gerichteten Brief her- vorgeht, sind die Eheleute im gegenseitigen Einverständnis freiwillig aus dem Leben geschieden. B. war in zweiter Ehe verheiratet, hatte aber gegenüber seiner eisten Frau und zwei Kindern, die außerhalb Berlins woh- nen, groß« Verpflichtungen übernommen. Da auch der eigene Haushalt den Mann finanziell hoch beanspruchte, ließ er sich auf seiner Dienststelle Unregelmäßigkeiten zuschulden kommen. Die Versehlungen wurden vor einiger Zeit bei einer Revision auf- gedeckt und B. sofort vom Dienst suspendiert. Dieser Vorfall lieh in dem Unglücklichen den Plan reifen, mit seiner Frau aus dem Leben zu scheiden, den die beiden Leute dann gestern zur Aus- führung brachten.

Wie man Dumme fängi. Ein neuer Schwindlertrick. E» gibt bekanntlich Lotterien, die im entscheidende« Augenblick erklären, sie könnten beim besten Willen nicht die Gewinne auszahlen. Daß aber Einrichtungen dieser Art bestehen, die Gewinne ohne vorher gekaufte Loose verteilen, ist neuartig und eine originelle Erfindung, aus die ein junger Herr verfiel, der jetzt von der Kriminalpolizei gesucht wird. Am 1. April mietete einGeschäftsmann", der kaum über 18 Jahr« all sein soll, unter dem NamenHans Schmidt" in der Gartenstraße 10 ein möbliertes Zimmer. Bon hier au» versandte er an Landwirte und kleine Besitzer in Pommern jeden Tag ungefähr hundert gedruckte Mitteilungen in guter Auf- machung. Hierin überraschte er die Leute mit der nicht gerade unangenehmen Kunde, daß sie in der grdhen Lotterie, die fei» Unternehmen veranstallet Hab«, um neue Geschäftsverbindungen zu erwerben, den 2. Preis gewonnen hätten. Dieser Preis bestände aus einem kompletten eichenen Schlafzimmer im Wente von 775 Mark. Der Gewinn stehe chnen zur Der- fügung, die einzigen Kosten, die ihnen erwüchsen, seien die Spesen für Verpackung und Fracht. Diese würden etwa 65,70 M. betragen. Zwei Drittel davon Hab« der Gewinner zu zahlen,«in Drittel übernehme seine Firma. Wenn also 46 M. eingesandt würde». so erfolge binnen 14 Tagen die Zustellung der Schlafzimmer, einrichtung. Um den Gewinnern, die von einer Lotterie nichts wußten, klar zu machen, wie sie trotzdem zu dem Gewinn go- kommen feien, stand auf der Rückseite des Briefes gedruckt, dies« Preisverteilung wäre ganz ohne ihr Mitwissen erfolgt. Die Agenten der Firma hätten aus allen Teilen des Reiches Adresse» gesammell und an Hand dieses Materials fei es zu einerdiskreten" Verlosung gekommen. Der Brief enthiell noch die Bitte, Kunde der Firma zu werden, die Möbel aller Art, Küchen- geschirr usw. vertreib«. Zum Schluß wurde noch einmal auf die Kosten hingewiesen, die innerhalb fünf Tagen eingesandt werde»

Menschen.Göttern gleich... vis Roman von Herbert George wells . Crystall war über die erste Stufe der Erziehung hinaus, die, wie er sagte, in ausgedehnten Schulgemeinden, die ganz und gar dem Leben der Kinder gewidmet seien, ausgeübt werde. Die Erziehung bis zum elften oder zwölften Jahr schien in Utopien viel sorgfältiger bewacht, behütet und ge- pflegt zu werden als auf Erden. Erschütterungen der Ein- bildung, Furcht und üble Beeinflussungen wurden ebenso sorgsam wie infektiöse Krankheiten und physische Leiden fern- gehalten: mit acht oder neun Jahren wurden die Grund- lagen des utopischen Charakters befestigt, die Gewöhnung an Reinlichkeit, Wahrheit, Offenherzigkeit, Hilfsbereitschaft, Ber- trauen zur Welt, Furchtlosigkeit und ein Gefühl der Verant- wortung für die großen Ziele der Rasse. Erst im neunten oder zehnten Jahre ging das Kind aus dem Garten feiner Kindheit heraus und begann die gewöhn- lichen Wege der Welt kennen zu lernen. Bis zu diesem Alter lag die Pflege der Kinder in der Hauptsache in den Händen von Pflegerinnen und Lehrern; aber später gewannen die Eltern größeren Einfluß, als sie ihn auf das Leben der Jüngsten ausübten. Es war üblich, daß die Eltern eines Kindes in der ersten Jugend zwar in seiner Nähe waren und es besuchten, aber gerade dann, wenn die irdischen Eltern sich von ihren Kindern zu trennen pflegen, sobald diese zur Schule oder in einen Beruf gehen, kamen die Eltern in Utopien ihren Kindern näher. In Utopien herrschte die Ansicht, daß zwischen Eltern und Kindern eine selbstverständliche Gefühlssympathie bestehe: die Kinder strebten nach der Freundschaft und Ka- meradschaft ihrer Eltern und die Eltern hatten das Interesse ihrer heranwachsenden Kinder im Auge. Und obwohl die Eltern praktisch keine Gewalt über einen Sohn oder! eine Tochter hatten, nahmen sie natürlicherweise die Stellung eines Verteidigers, Ratgebers und liebevollen Freundes ein. Die Freundschaft war mangels der Gewalt um so offener und inniger und um so leichter, well die Mopen von Generation zu Generation um so viel jünger und geistig frischer waren als Erdlinge. Crystall«npfand anscheinend große Liebe zu seiner Mutter: auf seinen Bater, der ein wunderbarer Maler und Zeichner war, war er sehr stolz: aber die Mutter besaß das Herz des Knaben. Auf seinem zweiten Spaziergang mit Mr. Barnstaple sagte Crystall, er gehe, um etwas von seiner Mutter zu hören. und Mr. Barnstaple hatte Gelegenheit, den Ersatz für Korre-

spondenz in Utopien kennen zu lernen. Crystall hatte ein Bündel aus Drähten und leichten Stäben bei sich; als sie nun an eine Stelle kamen, wo inmitten eines Rasenplatzes ein Pfeiler stand, spannte er seine Sachen in Form einer Wiege aus und drückte mit einem Schlüssel, den er an einer leichten goldenen Kette am Halse trug, auf einen Taster am Pfeiler. Dann nahm er einen Hörer auf, der am Apparat befestigt war, sprach laut, lauschte dann und hörte nun eine Stimme. Es war eine sehr angenehme Frauenstimme; sie sprach eine Weile ohne Unterbrechung mit Crystall, dann antwortete dieser und später waren andere Stimmen hörbar, einigen ant- wortete Crystall, anderen hörte er ohne Antwort zu. Dann packte er seinen Apparat wieder zusammen. Mr. Barnstaple erfuhr, daß dies der utopische Ersatz für Briefe und Telephon sei. Denn nur im Falle besonderer Ver- einbarung spreche man in Utopien nicht durchs Telephon mit- einander. Eine Nachricht wird an die Station des Bezirks gesandt, von dem man weiß, daß sich der Empfänger dort aufhält, und dort bleibt sie liegen, bis er die angesammelten Nachrichten abzunehmen beliebt. Und alles, was man wieder- holt haben will, kann wiederholt werden. Dann spricht er zurück zu den Absendern und erledigt alle Mitteilungen, die er will. Die Uebertragung geschieht drahtlos. Die kleinen Pfeiler liefern elektrische Energie, für die Verbindung oder für jeden anderen Zweck, den die Utopen wünschen. Zum Beispiel benützen sie die Gärtner, um ihre Mähmaschinen, Eggen, Rechen und Walzen zu betreiben. In weiter Ferne, jenseits des Tales zeigte Crystall die Bezirksstationen, wo diese Korrespondenz gesammelt und ver- teilt wurde. Nur wenige Leute waren dort beschäftigt, fast alle Verbindungen waren automatisch. Die Nachrichten kamen und gingen aus allen Teilen des Planeten. Dies veranlaßte Mr. Barnstaple zu einer langen Reihe von Fragen. Er bemerkte zum erstenmal, daß die Nachrichtenorgani- sation Utopiens vollständige Kenntnis vom Aufenthaltsort einer jeden Seele auf dem Planeten hatte: sie hatte ein Re- gister aller lebenden Personen und wußte, in welchem Nach- richtenbezirk die betreffende war. Jeder war aufgezeichnet und vorgemerkt. Für Mr. Barnstaple, der an die Taktlosigkeiten und Un­anständigkeiten irdischer Regierungen gewöhnt war, war dies eine erschreckende Entdeckung.Auf Erden wäre dies die Ur- sache für nicht endenwollende Erpressung und Tyrannei," sagte er.Jeder wäre der Spionage ausgeliefert. Wir hatten einen Kerl in der Polizeiverwaltung wenn der in eurer Derkehrsabteilung gewesen wäre, hätte er iu einer

Woche das Leben in Utopien unerträglich gemacht. Du kannst dir nicht vorstellen, was für eine Plage er war." Mr. Barnstaple mußte Crystall erklären, was man unter Erpressung verstehe. Etwas Aehnliches habe es anfangs in Utopien gegeben, sagte Crystall; genau so, wie auf der Erde habe in Utopien die gleiche natürliche Veranlagung bestanden, Kenntnis und Macht zum Rächtest seiner Mitmenschen zu mißbrauchen, und das gleiche Mißtrauen eines jeden gegen das Bekanntwerden seiner Personaldaten. In der Steinzeit hätten die Menschen in Utopien ihre wahren Namen geheim- gehalten, man habe von ihnen nur mit Spitznamen sprechen können. Sie fürchteten zauberischen Mißbrauch.Einige Wilde tun dies auf Erden auch jetzt noch," sagte Mr. Barn- staple. Nur ganz allmählich hätten die Utopen Vertrauen zu Aerzten und Zahnärzten gewonnen und nur sehr langsam seien Aerzte und Zahnärzte vertrauenswürdig geworden. Ein Dutzend Jahrhunderte sei notwendig gewesen, ehe die Haupt- fächlichsten Mihbräuche des Vertrauens, das in einer moder- nen Organisation notwendig ist, tatsächlich abgestellt werden konnten. Jeder junge Utope muß fünf Grundsätze der Freiheit lernen, ohne die eine Zivilisation unmöglich ist. Der erste Grundsatz ist der der Verschwiegenheit. Das bedeutet, daß alle persönlichen Angelegenheiten zwischen dem Bürger und der öffentlichen Verwaltung, der er sie anvertraut, vertrau- lich sind und nur zu seinem Vorteil und mit seinem Einoer- ständnis benützt werden dürfen. Natürlich sind alle solchen Daten für statistische Zwecke verfügbar, aber nicht für die persönlichen Angelegenheiten des einzelnen. Der zweite Grundsatz ist der Satz der Bewegungsfreiheit. Ein Bürger kann, vorausgesetzt, daß er von seinen öffenstichen Verpflich- tungen entbunden ist, ohne Erlaubnis oder Erklärung an jede beliebige Stelle des Planeten gehen. Alle Transportmittel stehen frei zu seiner Verfügung. Jeder Utope kann die Um- gebung, das Klima und die soziale Atmosphäre verändern, wie es ihm beliebt. Der dritte Grundsatz ist der Satz vom unbeschränkten Wissen. Alles, was in Utopien bekannt ist, mit Ausnahme der ganz persönlichen Daten üher lebende Per- sonen, ist registriert und ebenso leicht erreichbar, wie es durch eine vollständige Reihe von Verzeichnissen, Büchern, Museen und Auskunfteien zu erlangen ist. Was immer der Utope zu wissen wünscht, kann er. so weit sein Auffassungsvermögen und sein Fleiß es zulassen, in höchster Klarheit, Genauigkeit und Leichtigkeit erfahren. Nichts wird vor ihm verborgen gehalten und nichts ihm falsch dargestellt. Und dies brachte Barnstaple zum vierten Grundsatz der FreiheU, der lautete� daß die Lüge das schwärzeste Verbrechen sei. lFortsetzung folgt.)