\■ v Ostern in Athen . Von Olly Haebler.Hug. Der große Markttag. Karsamstag gilt der Vorbereitung auf das große Osteressen. Die Fastenzeit wird in einigen Tagen vorüber sein; vier lange Wochen hat man sich zurückgehalten, eine Woche fast nichts gegessen: nun aber... Ich gehe auf den Markt. Zunächst hört man nichts als das Blöken und Schreien von tausend und aber tausend Osterlämmchen und das Rufen und Anpreisen und Handeln und Feilschen der Der- käufer. Rührend die unendlich vielen Neinen possierlichen Lamm- lein: aber trotzdem, sie müssen alle ihr junges Leben lassen. Denn eher geht die West unter, als daß der Grieche auf sein Osterlamm verzichtet. Und wenn man zu arm ist, um ein Lamm sür sich allein zu kaufen, so tut man sich mit ein paar Familien zusammen, und das klein« Tier wird gemeinsam verzehrt: ein primitiver Kommu» nismus des Konsums und ein« nahrhafte Zweckgemeinschaft, aber geheiligt durch eine Ueberliefcrung, die sicher älter ist als die grau» fame Sage vom Opferlamm am Kreuz. In der Markthalle ist ein unheimliches Gedränge, und noch un- heimlicher sind die Massen von Lebensmitteln, die für diesen Tag da aufgestapelt wurden, um das hungrige Volk zu sättigen: Fische, wer kennt ihre Namen, mindestens dreißig Sorten, ohne da« sonder» bore Kleinzeug des Meeres, das so fürchterlich aussieht und so de- likat schmeckt, Eeslügel, wundervolle Gemüse, Tomaten, groß und rund wie Spalierobst, Käse. Oliven und was sonst noch da unten in der fabelhasten Sonne nahezu von selbst wächst: und Tausende von rot gefärbten Eiern. Dos Ei spielt neben dem Lamm die Hauptrolle beim griechischen Osterfest. Dann ganze Wagen voll mit dem herrlich gebcckenen Osterbrot, in Form unserer Hefenkränze etwa: aber immer mst zwei bis vier gefärbten Eiern gefüllt, die durch das Backen einen eigenartigen, aber sehr guten Geschmack be» kommen. Eines ist für uns Deutsch « seltsam: auf dem ganzen Markt siehst du nahezu keine Frau. Käufer und Verkäufer sind alles Männer. Die griechische Frau kauft keine Lebensmittel ein: das ist Sache des Mannes. Der Mann geht auf den Markt, mietet sich für ein paar Drachmen einen der vielen kleinen Jungen, die mit Körben ausgerüstet herumstehen: kauft ein, was die Familie braucht: ladet es dem Jungen auf, der es dann nach der Wohnung bringt. Das ist in allen Schichten so, bei reich und arm, immer kauft der Mann ein: die Frauen verstehen sich überhaupt nicht darauf. Und so geht es nun den ganzen Tag, noch abends war die Markthalle gefüllt mit kaufenden und feilschenden Männern, und die Geschäfts« straßen wimmelten voller Käufer. Denn an diesem Tage kauft der Grieche auch seinen neuen Strohhut und seine neuen Schuhe. Beides liebt er sehr, und du kannst oft einem höchst schäbig ge- kleideten Kavalier begegnen, aber einen tipptoppen Strohhut hat er und moderne Schuhe. Auch der Arbester trägt, wenn er nur irgend kann, am Sonntag moderne Schuhe, und es muß einer schon sehr arm sein, wenn er darauf verzichtet. Deshalb ist auch die Gilde der Schuhputzer so verbreitet. Hunderte von Buben verdienen sich damit ihr Essen. Beim Griechen fängt offenbar der Mensch bei den Schuhen an. Leider gibt es in dem wahnsinnig übervölkerten Athen viele, die dann keine Menschen sind. Die Auferstehungsfeier. Es ist zwölf Uhr nachts. Alles hat sich sonntäglich angezogen. Jeder trägt«ine Kerze in der Hand. Ueber diese Tage herrscht ein Massenverbrauch an Kerzen: schon die ganze Woche sind in den Straßen.Luden aufgeschlageu... gewesen, in denen man Kerzen kaufen konnte, mit Blumen und Bändern geschmückte für die Kinder, und schöne weiße Wachskerzen für die Großen. Die Hausfrau über- reicht jedem, der zum Haus gehört, vom Dienstmädchen bis zum Hausherrn, eine Kerze, die aber noch nicht angezündet werden darf: olles geht zuerst in die Kirche, und dort, am ewigen Licht, wird die Kerze«ntzündef. Das ist ein schönes Symbol: ex ariente lux! In der Kirche oder, wenn der Andrang sehr groß ist, auf einem Podium por der Kirch« wird nun die Auferstehungsmesse gelesen und wieder, wie in der Nacht des Karfreitags , ist die Stadt ein Lichtermeer von brennenden und wandernden Kerzen.... Aber nun, wenn die Messe beendet ist und Christ erstanden von
de, Todes Banden, jetzt, mit einem Ruck sprüht«In Taumel auf. Feuerwerk leuchtet bunt und flimmernd, Raketen schießen in die Höhe, Frösche knattern, Pistolen werden abgeschossen, Krach, Radau, alles doppelt und dreifach in der südländischen Lebendigkeit—> wundervoll! Der wirbelnde, rasend«, flammende, lärmend« Aus» bruch eines Vulkans: Christo anesti! Christ ist erstanden! Die Fastenzeit ist vorbei! Mensch, nun kannste wieder!
Was schafft dir deinen Schmerz, Prolet? Daß du dich ganz mit Leib und Leben vich deiner ktrbeit hingegeben, Sie du mit beiner Seele nährst— — Und baß nichts von dir darin aufersteht: Das schafft dir deinen Schmerz, Prolet! Daß Brücke, Haus und Tarn und Tuch Dein Blut trank und der Seele Schmerzen. Nun prangend stehn im Licht von taufend Kerzen— — Und daß man stolz daran vorübergeht: Das ist dein und der Menschheit?luch, Prolet! Und daß dir Herrscher unserer Welt Nur nach dem Gold und unserem Schaffen haschen, Das, kristallisiert aus unserem Blut, ?n ihr« aufgestellten Netze wellt— wir wissen, Haus und Brot sind gut. Doch hat der Lohn, das blank: Geld, Noch nicht das Blut davon gewaschen. So reck' dich auf! Sei stark und groß, Prolet! Und schau: in Brücken, Häusern und Maschinen, Da kreist dein Blut, der Welt zu dienen. Du hältst in deinen harten Händen Das Weltgeschenk: dich selbst zu spenden. — wenn einst die Welt dich und dein Tun versteht, Bist du erlöst. Es kommt dein Tag, Prolet! Heinrich Lersch .
Das Osteressen. Natürlich wird den meisten nachher schlecht. Kunststück: tage- long hat mcn ohne Fett gekocht, die letzten Tage fast überhaupt nichts gegessen, am Karfreitag und Karsamstag richtig gehungert j — und nun ist alles in Hülle und Fülle da! Das Osterlamm am| Spieß oder mit viel Fett gebraten, und dann all die anderen schönen und feinen und nahrhaften Dinge, eine Fülle des Guten! Es ist etwa zwei Uhr morgens. Der Trubel hat sich verlaufen: allmählich ist olles nach Hause gegangen. Dort ist der Tisch fest- lich gedeckt. Nur Kerzenbeleuchtung. Das gibt dem ganzen etwas Feierliches, Sakrales und mildert ein wenig die heißhungrige Hol- tung der Menschheit. Es gibt entweder Hühnersuppe oder Mageritza, ein dickes, suppenartiaes Gericht aus den Eingeweiden der Lämm- chen, mit Reis vermischt. Dann kommen die Eier, die man aber nicht einfach aufschlagen darf: nein, man nimmt das Ei, geht zu einem der Gäste, klopft das eigene gegen das des anderen, sagt dazu .Christo anesti!" und siehe da, Mit Hllf« des auferstandenen Christus springt auch tatsächlich die Schale entzwei und nun kann man sich an soviel Eiern sattessen, als man hat, und man hat viele, denn jeder hält es für feine Pflicht zu schenken. Alles ist in hei- te�ster Sttmmung, man lacht, man singt, die Großen sind wie Kin- der, und alles ist gut wie am letzten Schöpfungstage. Besonders tüchtige Familien bleiben, essend und singend und trinkend, die ganze Nacht auf, um am Morgen dann gleich mit dem Braten des Oster- lammes zu beginnen und um nach dieser notgedrungenen Pause das Essen fortzusetzen. Am Ostersonntag ist morgens keine Kirche. Vermutlich well die Priester auch mal essen und ruhen wollen. Sie haben in der Karwoche eine Schwerarbeiterzulage wahrhaftig verdient., Wir jjingen in die Kaserne, um dort einen Bekannten zu be- suchen. Auch die Kaserne war frisch gestrichen, alles war mit Blumen geschmückt, und ein fabelhafter Bratenduft siegte über alle Kommißgerüche. Im Hof hatten die Soldaten sich Lauben ge-
Brief eines Pferdeknechts. Aus dem Ernst-Haeckel-Archiv, mitgeteilt von Prof. Peine . Schmidt. Das Ernst-Haeckel-Archio der Universität Jena verwahrt unter anderen Schätzen auch ein« selzr große Zahl— schätzungsweise mehr als 30 000— Briefe a n Ernst Haeckel , die er im Laufe seines langen und reichen Lebens aus allen Winkeln der Erde, aus allen Gesell» schaftskreisen und Bildungsschichten erhalten hat, von Natur- forschern, Soziologen, Historikern, Geographen, Philosophen, Theo» logen, Juristen, Politikern, Staatsmännern, Publizisten, Künstlern, Arbeitern, Fürsten , Schriftstellern und Dichtern, Handwerkern, In- dustriellen, von Männern, Frauen, Schillern und Kindern. In diesen Briefen ist ein überaus reiches und originelles Material zur Kultur-, Geistes- und Wissenschastszeschicht« des 19. Jahrhunderts enthalten, und außerdem: erst aus diesen Briefen lernt man die ungeheure Arbeit und weltweit« Wirkung dieses Menschen ganz kennen und verstehen. Dieser Tage fiel mir der Brief eines Pferde- knechtes in die Hand, der es verdient, weiteren Kreisen bekannt zu werden: er lautet wörtlich: Bruch bei Metten in Westfalen , 8. September IN?. Sehr geehrter Herr Professor! Der Kampf, der zwischen dem Dersums und Mheismus tobt, hat auch mich, ohne daß ich es wollte, mitgerissen und ist her Grund, wesfjolb ich diese Zeilen an Sie richte, mit der Bitte, sie nicht etwa uugelesen in den Papierkorb zu spedieren. Es mag Ihnen vielleicht recht sonderbar vorkommen, daß ich mich direkt an Sie wende, doch wird es Ihnen erklärlich «erden, wenn ich den Sachverhalt darlege. Doch da ich Ihnen fremd bin. ist es wohl nötig, mich vorerst vorzustellen. Mein Name ist Heinrich Holet, mein Stand Land- arbeiter, oder genauer ausgedrückt, Pferdeknecht. Ich hob« mich vor etwa sechs Wochen in diese Gegend hierher verirrt und arbeite nun bei einem Dauern. Nun ist diese Gegend bis auf einen kleinen Prozentsatz Protestanten streng katholisch: mein Arbeitgeber auch. Doch das würde mich nun auch nicht betrüben. Natürlich fiel es gleich den ersten Sonntag auf. daß ich nicht auch zur Kirche ging wie alle anderen, trotzdem in meinen Legitimationen stand, ich sei katholisch. Der Bauer frug mich deshalb nach dem Grund mid ich sucht« es ihm nun verständlich zu machen, daß es Menschen gibt, die auch ohne Religion leben können, ohne um ein Haar schlechter zu sein, als solche, die in die Kirch« gehen, und daß die Ergebnisse der modernen Wissenschaft mit den Dogmen der katholischen Kirche tn Widerspruch stehen usw. Der Bauer brummte etwas von„gottloser Welt", und ich glaub«, er hätte mich fortgejagt, wenn die Not
um Arbeiter auf dem Lande nicht so groß wäre. Denn es war Erntezeit. Nach einigen Tagen aber hatte ich den Kaplan auf dem Half«, der nun mit dem Katechisieren anfing. Er schien zu glauben, daß ich nur ein lauer Katholik bin, und dachte, es gelänge ihm, mich zu bekehren, wenn er mir mit dem Jenseits und der Hölle droht. Ich erzählte ihm jedoch zur Antwort meinen bisherigen Lebenslauf uill> entwickelt« ihm nun meine Lebens- und Weltanschauung. Es ist hier wohl der Ort, Ihnen etwas über mich selbst zu sagen. Mein Bater ist Fabrikarbeiter und war in den 70er Jahren, als in Böhmen die sozialistischen Ideen auftauchten, einer der ersten Anhänger derselben. Das bekam ihm schlecht, denn er wurde ver- folgt und sein ganzes Leben ist nur eine Kette von Derfolgungen gewesen. Im Jahre 1885 wurde ich geboren. Natürlich blieb das Elend, das wir zu ertragen hatten, nicht ohne Einfluß auf mich. Ich wurde Sozialist, ohne daß mich mein Vater dazu„hera.ngebil- det" hätte, da er selten bei uns, meist in der Fremde auf Arbeit oder wegen politischer Vergehen im Gefängnis war. Selbstredend war aber mein damaliger„Sozialismus" recht oberflächlich und bestand nur in dem Nachreden der Schlagworte der Agitatoren. Doch war ich ein rechter Lesewolf und las alles, was mir in die Hände kam. Nach und nach lernte ich wirkliche gut« Bücher und Werke von künstlerischem und ethischem Wert« kennen und gelangte so durch die Lektüre der Klassiker(Lessing , Goethe, Schiller, Hehe) auf Umwegen zur Philosophie. Auch über Naturwissenschaft las ich viel, und als ich vergangenes Jahr Weismanns Vorträge über ..Deszendenzlehre" gelesen hatte, war ich meiner Religion, d. h. Resten derselben, die schon durch das Studium der vorgenannten Werke ms Wanken geraten waren, los. Das ging freilich nicht so glatt, wie ich es nun erzähle, sondern ich hatte viel« innere Kämpfe zu bestehen und bin jetzt noch nicht völlig klar über mich selbst. So ungefähr erzählt« ich es auch dem Kaplan. Er lud mich auf den nächsten Sonntag zu sich und nun begann das Disputieren. Zuerst über die Philosophie im allgemeinen, dann die verschiedenen Richtungen. Daß der Materialismus, Pantheismus, auch Spinoza , Descartes. Kant, Hegel, Feuerbach bei dem Kaplan nicht gut an- geschrieben sind, läßt sich denken. Meine Kenntnisse in diesen Sachen sind zwar lückenhaft, doch genügten sie mir, um den Kaplan in Schach zu halten mit seinen Uebertreibungen. Besonders auf Kant war der Herr wütend: ich kann es vollkommen begreifen. Schließlich kamen wir auf die Naturwissenschaft, auf den Darwinis- mus. Dann kamen wir auch auf die Konsequenz desselben, auf den Monismus. Die Müh«, die er sich gab. um mir die Eristenz der Seele zu beweisen, war umsonst. Denn seine Syllogismen waren immer so fehlerhaft, daß es mir leicht war, ihm dieselben zu ent-
zimmert, dort aß man das Osterlamm und trank und trank und cfi. Jeder, der kam, wurde bewirtet: es war alles in Hülle und Fülle da. Und es kamen viele. Es kamen auch sehr hohe Gäste: die Minister, die Generäle und andere hohe Tiere. Und sie alle waren sehr freundlich und nett und vergnügt zueinander, obwohl der Grieche im allgemeinen nicht gern« Soldat ist. Die Generäle taten aber sehr herablassend, als wären sie bei einem Regimentstag oder bei einem Kriegcrvereinsjubiläum, zückten«in Osterei nach dem anderen und wünschten ihren Muskotten ein Christo anesti. Aus- nahmsweise unterblieb heute die schöne Sitte, daß vom Unteroffi- zier aufwärts jeder Fußtritte austeilen darf. Als wir noch Hause kamen, war auch unser Osterlamm ge- braten, und die nahrhcfte Arbeit dieses Tages nahm ihren weiteren Fortgaieg. Nochmittags ging ich in die Kirche: es war sehr inter- essant, denn es wurde die Ostergeschichte in sieben Sprachen gelesen: � griechisch, albanisch, italienisch, russisch, englisch, französisch und deutsch . Die deutsche Sprache klang allerdings etwas seltsam: offen- bar hatte der gute Priester keine oder nur eine höchst mangelhafte Ahnung von der Aussprache der deutschen Worte— denn er las die deutschen Buchstaben mit neugriechischer Aussprache. Aber immerhin: der Sinn dieser Sitte ist ein tiefer und zu respektieren, und der gute Wille bleibt zu loben. Der Metropolit, ein alter ehr- würdiger Greis mit langem Bart, wohnte jedem Gottesdienste bei, geschmückt mit herrlichen altbyzantinischen Gewändern: alles über. und über in Gold. Außerhalb der Festtag« kannst du sie im By« zantinischen Museum bewundern. Auch Montag und Dienstag nach Ostern sind Feiertage, an denen nicht gearbeitet wird. Diese Gelegenheit benützt der Athener , der sonst kaum aus der Stadt herauskommt, um auf eine der Inseln zu fahren. Mit Körben. Bündeln. Säcken bepackt, in denen das Osterbrot und allerlei andere gute Dinge oerstaut hat, kommt er zu seinen Verwandten oder Freunden, ihnen das Christo anesti lnzu- wünschen. Am Mittwoch beginnt nach einer W�che des Fastens und der Freude der griechische Alltag wieder. Die lärmende Einheit der Festtage, wo es keinerlei Unterschiede zu geben scheint, sst vorbei: es gibt wieder furchtbar arme und sehr reiche Leute, es gibt wieder Generäle und Gemeine, es gibt Faulenzer und ungemein geschäfts- tüchtige Leute: nur eines bleibt immer gleich— der strahlend blaue Frühlingshkimmel über Attila !
-100000 Bilder in der Sekunde! Eine der bedeutendsten Erfindungen auf dem Gebiete der Film- technik ist die Zeitlupe, auch Zeitdehner genannt. Mit ihrer Hilfe ist es möglich, Aufnahmen beliebig zu„dehnen", so daß Dinge des täglichen Lebens, die sonst dem menschlichen Auge nur schwer oder überhaupt nicht wahrnehmbar sind, im Bilde festge- halten werden können. E» sei hier nur an die von den Wochen- schauen her bekannten Aufnahmen von Pferderennen und Sport- ereignissen aller Art, fliegende Vögel usw. erinnert. Ueber diesen Zeitdehner. seinen Bau und sein« Anwendung hielt in diesen Tagen Ingenieur Thun in der Deutschen Kino- technischen Gesellschaft in Berlin einen belehrenden Vortrag, aus dem Einzelheiten auch die Oeffentlichkett interessieren dürften. Die Anwendung der Zeitlupe erfolgt vollkommen verschiedenartig. Während für einfache Personen- und Tierausnahmen etwa 200 Bilder pro Sekunde ausreichen, um den betreffenden Lorgang genau zu verdeutlichen, wird sür technische oder physikalische Dinge eine bedeutend höhere Dildzahl benötigt. Für Fräsmaschinen zum Beispiel nimmt man 1000 Bilder pro Sekunde an, für Ausnahmen beim Schleifen sogar 20 000. Besonders die Textil- und Elektro- branche beanspruchen bei der Kompliziertheit und Schnelligkeit ihres maschinellen Betriebes sehr hohe Zahlen. Bis vor kurzem war es nicht möglich, auch nur annähernd derartig hohe Geschwindigkeiten, die die Kamera bei diesen Auf- nahmen benötigte, zu erreichen. Erst die neuesten Apparate, wie die Ernemann-Zeitlupe und der Arkania-Zeitdehner, befriedigen die Ansprüche einigermaßen. Eine besondere Schnelligkeit aber er- geben die sogenannten„Funken-Zeitdehner". Der neueste Apparat von Geheimrat Kranz soll bis zu 100 000 Bilder in der Seku«''»« erzielen, eine Geschwindigkeit, die nur dadurch erreicht werden kann, daß die Filmtrommel auf mehrere Meter vergrößert, das Bild selbst auf 1,4 Millimeter verkleinert wird. Wichtig ist selbst- verständlich dabei, daß die Funken stark abgekühlt werden.
decken. Ich würde gern seine Ausführungen wiederholen, doch habe ich leider kein« Zeit und bin auch des langen Schreibens unzewohnt und will mich daher so kurz als möglich fassen. Sein Hauptbeweis für die Seele war: man könne den Verstand auch nicht sehen und doch zweifett keiner daran. Auf meinen Einwand, der Verstand sei an und für sich nichts Greifbares, könne daher nicht zu sehen sein, dafür aber manifestierte er sich in der Sprache und den Hand- lungen des Menschen, mußte er schließlich zugeben, daß sein Ver» gleich nicht ganz richtig sei. Doch die folgenden waren nicht besser. Sein« Fähigkeiten für Apologetik und logisches Denken scheinen auch nicht besonders zu sein. Aber was will er machen? Als Priester muß er doch zu allem, was die Kirche lehrt,„Amen" sagen, selbst wenn er anders denken würde. Borausgesetzt natürlich, daß er nicht den Mut hat, daraus die Folgen zu ziehen. Doch sind wir mit unserem Disputieren noch nicht fertig. Ich soll in einiger Zeit wiederkommen. Heute besuchte mich der Pfarrer und knüpfte Bekanntichast mit mir an. Ich glaube, daß mit!) nun beide zu gleicher Zeit werden bearbeiten wollen. Dann hätte ich freilich meinen Stand etwas schwerer: und dann haben die Herren Zeit, sich in aller Ruhe die Scheinbeweise zu sammeln, was mir nicht möglich ist, da ich als Knecht von früh um 4 bis abends um 9 Uhr arbeiten muß, und dann weder die geeigneten Bücher noch Zeil habe, um mir die nötigen Waffen zusammenzusuchen. Das ist nun der Grund, warum ich mich an Sie, geehrter Herr, wende. Ich bitte Sie, so freundlich zu sein, mir einige einschlägige Schriften aus Ihrer Feder oder auch anderer Gelehrter zu senden. Ich würde mir gern selber welche anschaffen, doch ist es mir mit dem besten Willen nicht möglich. Und doch bedarf ich ihrer so notwendig. Ich erbiete mich, das Porto zu tragen und verspreche Ihnen dieselben nachher wieder unversehrt zurückzusenden. Ich will nun meinen Brief schließen und bitte Sie um Nachsicht wegen meiner Verwegenheit und betreffs der Form und Schrift dieses Briefes. Ich schreibe auf der Futterkiste neben den Pferden, jeden Augenblick gewärtig, unterbrochen zu werden. Die Rosse gucken mir zu und kauen ruhig ihren Häcksel, der mit einigen Körnern Hafer vermengt ist. Unwillkürlich denke ich da an die Katholiken, welche auch, durch«in paar Körner der Wahrscheinlich. keit getäuscht, sich ganze Massen von Dogma-Häckerling vorsetzen lassen und behaupten, es sei ein ganz gutes Futter. O ja. aber für....... Entschuldigen Sie bitte den Bergleich. aber er war zu naheliegend. Ich bitte Sie nochmals, meine Bitte zu erfüllen, und hoffe auf baldige Antwort. Hochachtungsvoll Ihr ergebener' Heinrich Haler.