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Morgenausgabe

Nr. 169

45. Jahrgang

A 86

Böchentlich 70 Bfg., monatlich 3,-M. im voraus zahlbar, Boftbezug 3,72. einschl. Bestellgeld, Auslandsabonne ment 5,50 m. pro Monat.

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Jllustrierte Beilagen Bolk und Zeit" und Kinderfreund". Ferner Unterhaltung und Wissen", Frauen­ftimme"," Technif", Blid in die Bücherwelt" und Jugend- Borwärts"

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Dienstag 10. Apríl 1928

Groß- Berlin 10 Pt. Auswärts 15 Pf.

Die eta palttge Ronparethezelle 80 Pfennig. Reflamezeile 5.- Reichs mart Kleine Anzeigen" das fettge brudte Wort 25 Pfennig( zuläffig zwet fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Bfennig. Stellengesuche das erste Bort 15 Bfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig Borte über 15 Buchstaben zählen für zwet Worte Arbeitsmarkt Beile 60 Pfennig Familianzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig. Anzeigen annahme im Hauptgeschäft Linden Straße 3, wochentägl von 81%, bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Bartei Deutschlands

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Neues Erdbeben in Smyrna.

Wieder viele Häuser eingestürzt.

Der Newyork Herald in Paris meldet aus Konstantinopel , daß in Smyrna am Sonnabend ein neues Erdbeben verspürt worden ist. Jn Smyrna und Umgebung sind 190 Häuser ganz oder teilweise zerstört worden. Zahlreiche Bewohner wurden ver­letzt, jedoch niemand getötet. Die Bevölkerung hat sich panifartig zu Taufenden in die Umgebung geflüchtet.

Deutschen Prozeß in Moskau . Mitte April wird gegen die Ingenieure verhandelt. Mostau, 9. April.

Der Volkskommiffar für Auswärtiges Tschitscherin teilte in einer Unterredung dem deutschen Botschafter Grafen Broddorff- Rangau mit, daß der Prozeß gegen die verhafteten deutschen Ingenieure Mitte April stattfinden wird. Als Gerichtsort jei nach Ueber­windung zahlreicher Bedenken Mostau gewählt worden, und die verhafteten Deutschen befänden sich bereits auf dem Wege nach Mostau.

Einschwenken in die Stalin - Front.

Krestinskis Absage an Trohfi.

Moskau , 9. April.

,, Bramba" veröffentlicht einen Auszug aus einem Briefe Kre­stinstis an Jaroslawski und einem Briefe Antonoff Owsejen­tos, des Sowjetgesandten in der Tschechoslomatei, worin fie ihren Bruch mit der trotistischen Opposition tundtun. In feinem Briefe vom 22. März erklärt Krestinsjfi u. a.:

Meine Briefe an Trogti blieben unbeantwortet und find nur deshalb vielleicht von einigem Interesse, weil sie meine tritische Einstellung gegenüber der Taktik der Opposition in ver schiedenen Augenblicken des innerparteilichen Kampfes zum Ausdruck bringen, die zuletzt meinen ideologischen Bruch mit der Opposition herbeiführte, obwohl ich mit den meisten ihrer Führer in alten und engen Beziehungen stand. Ich spreche vom ideologischen und nicht vom organisatorischen Bruch, weil ich teine organisatori Ichen Beziehungen zur Opposition hatte.

Antonoff Owsejento nimmt in einem Briefe an Stalin vom 4. April Bezug auf sein Schreiben an das Politische Bureau vom 28. Oktober, in dem er den Oppofitionstampf gegen die Partei verurteilte und fein Einvernehmen mit der politischen Linie der Mehrheit des Zentralfomitees, jedoch nichtübereinstim­mung mit der organisatorischen Politik zum Ausdruck brachte, und erklärt jetzt, daß seither eingetretene Ereignisse ihn veranlaßten, die lektere Frage einer Prüfung zu unterziehen, und daß er nunmehr Die organisatorische Politit des Zentralfomitees restlos teile.

Fauftschläge und Bombenwürfe.

Heftiger Wahlkampf in Frankreich .

Paris , 9. April. In letzter Zeit nimmt der Wahlkampf in Frankreich immer So wurde in einer Wahlversammlung in schärfere Formen an. Bavillies bei Belfort der französische Arbeitsminister Iar­dieu von dem rabitalsozialistischen Deputierten Miellet mit der Faust ins Gesicht geschlagen, wobei das Augenglas zertrüm. merte. Tardieu tonnte seine Wahlrede jedoch beenden. Er übergab die Trümmer feines Augenglases der Polizei als Beweismittel.

In dem Departement Ariège ist der Wahlkampf von Attentaten begleitet. So wurde in Saint- Girons gegen das Haus des Vor­fitzenden des Wahitomitees, des Deputierten Laffont, eine Bombe geschleudert. Die Haustüre und die Spiegel des Empfangsraumes wurden zertrümmert.

Zusammenstoß auf der New Yorker U- Bahn.

Zwei Zote, mehrere Schwerverlette.

New York , 9. April.

Auf der Untergrundbahn ereignete fich ein schwerer Unfall. Ein Zug, deffen Führer die auf Halt stehenden Signale übersehen hatte, fuhr in einen haltenden 3ug hinein, wobei mehrere wagen ineinander geschoben wurden. 3wei per­fonen wurden getötet und mehrere schwer verletzt. Infolge der frühen Morgenstunde waren die Züge nur schwach befeht, so daß größeres Unglüd vermieden wurde.

Japans Aufrüftung zur See.

London , 9. April

Im März sind nach Berichten aus Tokio drei neue 10 000­Tonnen- Kreuzer, ein Zerstörer und ein Unterseeboot auf japa­nischen Werften vom Stapel gelassen worden. Sie verfügen über eine außerordentliche Geschwindigkeit.

Bostichedkonto: Berlin 37 536. Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft, Depositenkasse Lindenstr. 3

Ringen um ein Welt- Locarno.

Alle Großmächte- außer Sowjetunion - beteiligt.

Washington, 9. April. den Wortlaut des Antikriegspaktes haben einigen

Die Regierungen von Washington und Paris sind können. übereingekommen, ihre diplomatische Korrespondenz

über den Vorschlag eines mehrseitigen Antikriegspattes Frankreichs Zugeständnisse an Italien .

den Regierungen bon England, Deutschland , Italien und Japan zu unterbreiten. Der französische Botschafter teilte dem amerikanischen Außenminister mit, daß Briand bereit sei, den Notenwechsel den vier Nationen sofort zu unterbreiten, damit diese sich über schlüssig machen eine Stellungnahme tönnen. Kellogg war ebenfalls der Meinung, daß die Zeit für die Unterbreitung der Korrespondenz ge­kommen sei.

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Dieser Beschluß, die übrigen Großmächte- außer der Sowjetunion an den Verhandlungen zu beteiligen, bedeutet nicht, daß Frankreich und Amerifa sich über

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Paris , 9. April.

Der Außenpolififer des Matin" schreibt in einer Betrachtung über die Tangerfonfernz in Paris , er glaube nicht, daß alle italienischen Forderungen angenommen werden könnten. Die Ver­handlungen über das Statut der 120 000 3taliener, die in Tunis leben, würden alsbald beginnen. Schließlich würde ent­sprechend den 1915 gegebenen Versprechungen Frankreich prüfen, welche Grenzberichtigungen es vornehmen könne, um das Hinterland von Tripolis freizumachen. Wenn diese Sonder­probleme gelöst und durch einen Freundschafts- und Nachbarschafts­vertrag bekräftigt sein würden, werde die Stunde gekommen sein, die die Stellung Italiens auf dem Baltan und besonders seine Expansion in Kleinasien zu besprechen.

Seltene Offertage.

Ausflugsverkehr in Riefenmaßen.- Ein Toter bei einem Paddelbootunglück.

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mit

den Schaltern der Stadt- und Borortbahnhöfe bildeten sich die Ketten der Anstehenden, auf den Berrons stauten sich die Scharen der Aus­flügler und dann begann der Kampf um die Plätze, um das ,, Mit­kommen". Von dem, was sich beispielsweise auf dem Lehrter Bahn­ hof zu den Zügen nach Staaten abspielte, fann sich einer, der nicht dabei war, faum eine Vorstellung machen. 3usammen gequetscht, bis zu vierzig Reisende in einem schmalen Drittertlaffe Abteil, wurde die halbstündige Fahrt zu einer Folter. Aehnlich sah es zeitweise in den Zügen nach den nördlichen und östlichen Vororten aus.

Die Reichsbahn hatte, wie uns mitgeteilt wird, zwar alles ver­fügbare Lokomotiv- und Wagenmaterial in Betrieb gefeßt, hatte auch für eine reibungslose Abwicklung nach bestem Können gesorgt, aber ein Sonntagsvergnügen war eine solche Fahrt keinesfalls.

Der Reiseverkehr am Sonnabend hatte noch eine weitere starte Belebung erfahren und zahlreiche Vor­und Nachzüge zu den Hauptzügen mußten eingesetzt werden. Die Züge waren durchweg zu voll besetzt.

Das schlimme Wetter am Freitag hatte den Freiheitsdurft all, am geftrigen Tage war der Andrang übermäßig starf. Bor der vielen Reise- und Wanderlustigen mit einem Male zum Ter fiegen gebracht und getreu der alten Bauernregel: Freitag zeigt's Sonntag neigt's", sah man betrübten Herzens, aller Feiertagsfreude bar, einem feucht- traurigen Ostersonntag entgegen. Aber erstens fommt es anders und zweitens als man denkt! Am Himmel des Ostersonnabends zeigte sich bereits eine starke Wendung zum Besser werden und mit Sonnenschein und Himmelsbläue zog der Oster fonntag ins Land. Und nun begann der beängstigende Sturmlauf der vielen armen, durch Wettertücke zurückgedrängten Startfuftigen. Die Bahnhofspläge glichen Riesenameisenhaufen, das wogte und drängte und wartete voll zappelnder Ungeduld. Kleine Modedamen ete voll diesmal im Osterstaat und dem unvermeidlichen Stadttöfferchen als Weekendtresor mit Stullen und Kaffeekuchen gefüllt ihren scharfgebügelten, lackbeschuhten, wassergewellten Kavalieren, Sportjugend mit Rucksack und Wimmerknochen( auch Gitarre ge­nannt) und raus ging's zu froher Fahrt ins junge Grün. Ein Massenaufgebot aller Verkehrsmittel! Autobusse im raschen Minutenverkehr vollbepadt bis zum Ueberlaufen, die Straßenbahn mit zwei Anhängewagen, draußen voll, drinnen voll. Ein atem­betlemmendes Gedränge von jung und alt mit Kind und Kegel, das flemmt und quätt und quarrt und drückt, und man steht sich die Beine in den Bauch und drückt dem Nebenmann wacker die Fäuste in die Weichen. Der Köter strampelt, der Nachwuchs ist wunsch und fragelustig und das Köfferchen ist halt überall im Wege. Aber auch diese fahrbare russisch - römische Schwiz - und Massageangelegen­heit nimmt einmal ein Ende. Erste große Ausladestation: Grunc wald oder Grünau . Hier tauscht Groß- Berlin den langersehnten Dftergruß mit der neuerwachten Natur. Zwischen zartblühenden Sträuchern und sonstigen Frühlingsboten schlendert man frohgemut dahin. Mit der Wärme ist es noch nicht allzu weit her und von den heimischen Gewässern weht eine frische Brise. Um die Kaffeestunde wird es in den Kaffeegärten recht lebendig Ain fertigen Kaffee oder beim Selbstgebrühten"( nebenbei gefagt ist die Warmwassergebühr von 80 Pf für eine Familienfanne reichlich gerechnet) erfreut man fich. Auf dem Wasser herrschte nicht minder lebhaftes Treiben. Segler, Paddler, Ruderer, alle sind sie da, viele sogar schon in Sportdreß mit Ruderleibchen und Kniefreiheit.

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Was sich am Vor- und Nachmittage als harmlos- fröhliches Ge. pläntel abspielte, das wird in den Abendstunden zum offenen Rampf: die Rudbeförderung. Was da an Fluchen, Büffen und sonstigen gesprochenen und getätigten Komplimenten verteilt wird, das zeigt den Menschen im erbittertften Kampfftadium der Selbstverteidigung. Abends seßt sich das Leben und Treiben in den Tanzfälen, Kinos und Kaffeehäusern fort. Auf daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen, unften die Herren Wetterwarte bereits am Sonnabend: Montag schlechtes Wetter! Natürlich falsch geraten. Der Montag sette fort, was der Sonntag versprochen hatte und wieder begann vom frühen Morgen an die Kavalkade. Befreites Aufatmen in furzen Feierstunden.

Am Ostersonntag, wie auch am Oft ermontag hatte die Reichsbahn einen Riesenverkehr zu verzeichnen. Besonders

Oftersport siehe 3. Geite.

Leichtsinnige Paddler.

Am Ostersonntag vormittag ereignete sich auf der Spree ein schweres Bootsunglüd. Unweit des Großkraftwerkes Klingen­berg fenterte durch die Unachtsamkeit der Insassen ein mit zwei Per­fonen besetztes Paddelboot. Ein 19jähriger Hilfsarbeitr Walter W. aus der Sanderstraße und seine Begleiterin stürzten ins Wasser. Auf die Hilferufe der verzweifelt mit den Wellen Kämpfenden eilten vorüberfahrende Wassersportler hinzu, denen es nur gelang, das Mädchen zu retten. Der junge Mann fonnte zwar nach turze Zeit geborgen werden, doch blieben alle Wiederbelebungs­verfuche erfolglos Seine Leiche wurde in die Buckower Helle gebracht.

Bolfsflugtag in Staaten.

Bu einem großen flugsportlichen Ereignis gestaltete sich wieder die traditionelle Flugschau der Fliegerschule in Staaten. Ein unübersehbarer Menschenstrom ergoß sich vom Bahnhof und den Haltestellen der Aboag zum Flugplatz. Der Zuftrom wollte fein Ende nehmen. Nach vorsichtiger Schätzung dürften hunderttau­fend Besucher, die große Zahl der 3aungäste nicht eingerechnet, den Platz bevölkert haben. In flotter Folge wurde ein reichhaltiges Programm abgewidelt! Udet , Fieseler, Thea Rasche, das bekannte Kunstfliegertrio, zeigte in schwindelnder Höhe die hohe Schule des Kunstfliegens, die an Wagehalfigkeit faum noch überboten werden fann. Eine besondere Sensation bildete wieder das Flugzeug der Raab- Kazenstein- Werte mit seinem Schleppzug, einem motorlofen Anhänger. Ruhig und elegant umfreifte der Schleppzug zweimal den Flugplay. Dann wurde das Schlepptau zerschnitten, und in einem eleganten Gleitflug ging der ,, Motorlofse" zur Erde nieder. Bum Schluß wurde der Blériot- Eindeder vorgeführt, mii dem im Jahre 1909 die erste Ranalüberquerung vorgenommen wurde Ein Abschiedsreigen fämtlicher Flugzeuge, die in fühnen Kurven Schleifen im sonnentiaren Aether treiften, beschloß die e Beranstaltung.