2. Beilage zum ,, Vorwärts" Berliner Volksblatt.
Nr. 270.
Uv
Missfände auf Baufen. Die Kommission der Bauarbeiter Deutschlands , die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Material zu sammeln über die auf den Bauten herrschenden Mißstände, läßt neuerdings weitere Mittheilungen an die Zeitungsredaktionen gelangen, aus denen hervorgeht, daß die Unternehmer allerorts mit der gleichen Kalt herzigkeit das Leben ihrer Arbeiter aufs Spiel setzen. Wir veröffentlichen von dem uns vorliegenden Material das haupt sächlichste und schicken voraus, daß die betreffende Kommission nicht, wie auch wir irrthümlicher Weise früher angaben, vom Zentralverband der Maurer Deutschlands eingesetzt ist, sondern aus Arbeitern aller Bauberufe besteht. Die Maurer partizipiren Daran nur in gleichem Verhältniß.
Bon Bromberg wird u. a. über den Renovirungsbau an der katholischen Kirche berichtet, daß an derfelben das Gerüst fehr mangelhaft fei. Die Standgerüste feien nicht mit Brustwehren eingefriedigt, sondern es sei nur ein Brett an der äußern Seite hochkantig gestellt, damit nur ja kein Material herabfallen könne. An einem Bau, dieser Kirche gegenüber, war vor kurzer Zeit ein Zimmerer abgestürzt und kurz darauf geftorben, das Borkommniß hatte aber nicht bewirkt, daß nun Schuhrüstungen angebracht worden wären, nein, auch das Standgerüst an diesem Bau war noch jezt außerordentlich lückenhaft.
Aus Kolberg berichtet der Beauftragte über ein Gerüst am Bau einer Apotheke: An das Holzwerk in den Umfassungswänden waren 10-12 3entimeter lange und 4-5 Zentimeter starte Lattenstücke angenagelt, die als Auflager für die Netzriegel dienten. Die Außenseite des Gerüftes bestand aus Gerüstund Streichstangen, auf letteren lagen die Neßriegel mit ihrem anderen Ende auf und waren dort mit Tauen angebunden. Irgend welche Verschwertung, die etwa das Gerüst an das Gebäude heranzudrängen hätte, bemerkte der Beauftragte nicht. An den Giebel des betreffenden Gebäudes grenzte ein kleineres Gebäude, dessen Dach als Auflager für die Streichstange diente; diese hatte sich etwa 8 Meter zu übertragen. Das Gerüst schwankte schon beim Besteigen recht bedenklich, es ist geradezu ein Wunder, wenn die Negriegel nicht abrutschen.
Aus Danzig berichtete der Beauftragte am 10. August: Vor einiger Zeit stürzte vom Neubau des Unternehmers Stier ein Zimmerer aus der dritten Etage bis in den Keller gewiß ein Berreis für die sorgsame Abdeckung der Balken! Jetzt schlugen die Zimmerer an diesem Bau das Hauptgesims an. Zu diesem Zweck hatten sie einige Bretter durchs Fenster gesteckt und innen befestigt; außen waren auf diese noch andere Bretter längs des Gebäudes gelegt, worauf zeitweise fünf Personen
arbeiteten.
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Sonntag, den 17. November 1895.
und
12. Jahrg.
fönne.
um
bewahrung des Baumaterials; in diesen Buden nehmen indeß gliedern der bewaffneten Macht vermochte das Urtheil jet och auch auf manchen Bauten die Arbeiter ihre Mahlzeiten ein. In nicht festzustellen. Gegen dieses Urtheil legte die Staatsanwalt Kolberg sind Baubuden selten; es werden in der Regel alte schaft Revision ein, die sich gegen die Freisprechung Dierl's Jahrmarktsbuden, die zu diesem Zweck nicht mehr taugen, als von der Anklage der Beleidigung richtete, während andererseits Baubuden benutzt. In Danzig existiren ebenfalls nicht auf der Angeklagte das Urtheil ansocht, soweit es ihn allen Bauten Buden, und die vorhandenen sind meist sehr wegen Vergehens gegen die öffentliche Ordnung verprimitiv. In diesen Bauten wird zudem noch das Bau- urtheilte. Der Staatsanwalt vermißt in dem Urtheile irgend material, soweit selbiges Schuh bedarf, untergebracht. In welche Feststellungen wegen der Beleidigung, deren VorhandenFrankfurt a. D. find Baubuden Seltenheiten. Der Beauftragte fein einfach verneint worden sei, weil es an einer individuellen hatte Gelegenheit, an einem Bau in der Ferdinandstraße eine solche Person fehle, gegen welche sich die Beleidigung richte. Des in Augenschein nehmen zu können. Diese bildete einen einfachen Bretter- Objekt der Beleidigung sei aber die Gesammtheit der preußischen stall, nicht einmal ein Tisch war darin und dabei lag sie so tief, bezw. deutschen Offiziere, wegen deren seitens des Kriegsministers daß bei Regenwetter sich niemand darin aufhalten tonnte, der auch ein rechtzeitiger Strafantrag gestellt worden sei. Die feine Wasserstiefeln anhatte. In Königsberg bemerkte der Revision des Angeklagten war materieller und formeller Art, Beauftragte bei manchen Bauten Bretterställe, die höchstwahrschein- stützte sich jedoch in erster Linie auf die Rüge der Verlegung lich als Baubuden" dienen sollten! des§ 217 St.- P- D., welcher bestimmt, daß neben dem Angeklagten Aborte find in Bromberg nicht an allen Bauten vor der gewählte Vertheidiger dann zu laden ist, wenn die erfolgte handen, und wo solche existiren, erregte die Besichtigung derselben Wahl dem Gerichte angezeigt worden ist. Das letztere ist nun schon Ekel, weshalb wir die Beschreibung erst recht unterlassen. geschehen, indem der Wahlvertheidiger seine Vollmacht der GeJn Kolberg werden Aborte hergestellt, aber in der schon be- richtsschreiberei terjenigen Rammer überreichte, welche über die fannten Weise. Bei einem Neubau war der Abort des ab- Eröffnung des Hauptverfahrens Beschluß zu fassen hatte. Der gebrochenen Hauses stehen geblieben. Dieser bildet nun zu Gerichtsschreiber der Beschlußkammer verlegte jedoch die Vollgleicher Zeit Abort und Baukomptoir. Der ursprüngliche Raum macht, so daß die Entscheidungskammer ohne Kenntniß davon war nämlich durch eine Bretterrand getheilt, die eine Hälfte blieb. Ta un der Vertheidiger infolge unterlassener bildete die Schreibstube des Poliers. In Danzig sind eben Ladung nicht erschienen war, bat der Angeklagte un falls nicht auf allen Bauten Aborte. Beim Bau eines Unter- Vertagung, Damit der Vertheidiger zur Stelle gebracht vorbereiten sich nehmers in Langfuhr stand die Rückwand des Abortes an der werde Der Präsident Straße und die Wand des Aborts war sehr durchfichtig und Brausewetter lehnte dies ab, da eine Vollmacht, nicht dieser ohne Thür. Auch am Neubau der Husarenkaserne sollen bei den Akten war; wie sich eben später herausstellte, war in dieser Beziehung traurige Verhältnisse bestanden haben. Den dieselbe auf der Gerichtsschreiberei der Beschlußkammer liegen Beauftragten wurde versichert, daß viele Arbeiter einfach an geblieben. Das Protokoll erwähnt auch, daß nur gebeten, aber einem beliebigen Ort im Bau ihre Nothdurft verrichteten. In nicht ein formeller Antrag gestellt wurde. Auch beruhigte sich Frankfurt a. d. Oder fehlten die Aborte fast an allen Bauten, der Angeklagte mit der Erklärung des Vorsitzenden Brausewetter, wo solche existirten, gaben sie den beschriebenen nichts nach. ein Vertheidiger sei nöthig und zu einer Bertagung liege Um Wiederholungen zu vermeiden, schließen wir hiermit kein Grund vor. Der Reichsanwalt erklärte beide Redie Mittheilungen über das Kapitel ,, Mißstände auf Bauten". visionen für unbegründet; die des Staatsanwalts scheitere Was wir von dem darüber vorhandenen Material veröffents an den thatsächlichen Feststellungen des Urtheils über lichten, ist unserer Ansicht nach vollständig genügend, um den die Unbestimmtheit des Objekts. Der Revision des Angeklagten Gesetzgeber zu veranlassen, für Abstellung der Mißstände aus sei allerdings zuzugeben, daß ein Verstoß gegen§ 217 Str.-P.-D. reichend zu sorgen. vorliege; fraglich sei, ob derselbe durch das nachmalige Auftreten des Vertheidigers geheilt werde. Daß der Angeklagte sich selbst über die Ablehnung des Vertagungsantrages beruhigte, fann ihm nicht zum Nachtheil angerechnet werden, denn er hörte vom Vors fizzenden, eine Vollmacht des Vertheidigers sei nicht bei den Akten. Anders wird die Sache aber durch das Erscheinen des Vertheidigers, denn der mußte natürlich wissen, daß er die Bollmacht eingereicht habe. Da er sich der Stellung eines Antrages enthielt, war das Verfehen der Nichtladung sanirt. Das Reichsgericht nahm von einem Gingehen auf die materiellen Rügen Abstand und hob schon auf die prozessuale Verlegung des§ 217 St.-P.-D. hin das urtheil auf, soweit es Dierl mit Strafe belegt, da der Verzicht des Vertheidigers nicht genüge, den Verstoß zu saniren. Die Revision des Staatsanwalts wurde ver. worfen, da sie sich gegen die thatsächliche Würdigung richtet. Zwei Jahre sechs Monate Gefängniß wegen Majestäts: beleidigung hat das Landgericht Naumburg gegen den 28jährigen Kaufmann Franz Louis 3ets che ausgesprochen.
Gerichts- Beitung.
Berichtigung. Zu dem Artikel 3wei Hofequipagen" in Nummer 266 des Vorwärts" läßt der Betroffene uns um folgende Richtigstellung bitten: In dem Erkenntniß der Straf fammer ist allerdings gesagt, daß Beklagter die eine prinzliche Rutsche überholt habe. Dagegen ist das Wort„ strafverfchärfend" nicht zum Ausdruck gebracht.
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Frankfurt a. D. Die Aufmauerung eines Neubaues in der Ferdinandstraße geschah über die Hand". Am Aeußeren des Baues waren Schuhgerüste nicht angebracht, obgleich dicht am Bau Arbeiter bei Erdarbeiten beschäftigt waren. Der Bau war in Urtheil der Kammer Braufewetter gegen unseren bereits zur dritten Etage hochgeführt und nun erst fiel es dem Reiteur Dierl ist am Freitag vom Reich 3 gericht wegen Meister ein, über die Ausgänge des Banes Schußdächer annes Verstoßes gegen die Strafprozeßordnung aufgehoben bringen zu lassen. Die Veranlassung dazu ist sicherlich die tags worden. Der frühere verantwortliche Redakteur des Vor vorher abgehaltene Versammlung gewesen, wo die Mißstände aufwärts", Josef Dier!, wurde am 29. Juni 1895 von der Bauten tritifirt wurden. Im vorigen Jahre ist bei diesem zweiten Straffammer des Landgerichts BerlinI wegen Bergehens Meister ein Arbeiter um sein Leben gefomnien, er wurde von gegen die öffentliche Ordnung nach§ 131 St.-G.-B. zu 6 Monaten einem herabfallenden Stein getödtet; über den Arbeiter ist Gefängniß verurtheilt; die Anklage war auch wegen Beleidigung nach mittlerweile Gras gewachsen, der Meister mußte erst durch andre§ 185 St.-G.B. erhoben, wurde jedoch insoweit fallen gelaffen. Maßnahmen zur Raison gebracht werden. In ähnlicher Weise Der inkriminirte Artikel war in der Nr. 61 des„ Vorwärts" vour wird von allen Beauftragten berichtet; überall waren die Gerüste 13. März 1895 abgedruct. In temfelben war, anknüpfend an in der leichtfertigsten Art aufgeführt. eine Aeußerung des preußischen Kriegsministers, der Militarismus auf der Anllagebant" geschildert und die deutschen Heeres- Ans Chemnih wird über folgenden Vorfall berichtet: Bei einrichtungen wurden einer scharfen Kritif unterzogen. U. a. Telephonarbeiten fiel hier auf der Theaterstraße ein Draht wurde getadelt, daß bei geringfügigen Anlässen friedliche Bürger, herab. Gin mit zwei Pferden bespanntes Fuhrwerk kam in den die auf Anruf des Postens nicht gleich stehen bleiben, nieder Draht, die Pferde schleppten ihn ein Stück mit fort und so fam geschossen werden, und des weiteren von einer Dreffur des er mit dem Leitungsdrahte der elektrischen Bahn in Verbindung, Soldaten und von der Zwecklosigkeit der Märsche und Uebungen durch welchen ein ziemlich hochgespannter Strom von 500 Volt gesprochen. Das Urtheil führte dagegen aus, die Soldaten würden geht. Der Strom tödtete die beiden Pferde. Ein Arbeiter, der nur zu militärischer Tüchtigkeit erzogen, die Märsche seien nicht zweck- Den Draht, um ihn zu entfernen, mit bloßen Händen anfaßte, los 2c. Darin wurde der Thatbestand einer Verächtlich machung einer fiel zwar um und konnte den Draht nicht eher wieder loslassen, Staatseinrichtung, der Heereseinrichtung, erblickt. Die von der als bis er durchgeschmolzen war, tam aber mit dem bloßen Anklage erblickte Beleidigung des Kriegsministers und von Mit- Schrecken davon.
Die Unfallverhütungs- Vorschriften werden in Bromberg auf den Bauten nicht ausgehängt, und ebensowenig in anderer Weise den Arbeitern bekannt gegeben. In Kolberg hängen die Vorschriften manchmal auf einem Bau aus. In Danzig ist es ähnlich so, nur geben einige Meister diese Vorschriften zugleich mit der gar nicht sauberen Arbeitsordnung" an ihre Arbeiter ab. Auch in Frankfurt a. D. werden nur selten die Unfallverhütungs- Vorschriften ausgehängt; Umfragen ergeben, daß die meisten Arbeiter keine Ahnung von dem Vorha densein solcher Vorschriften hatten. Baubuden existiren in Bromberg nur zur Auf:
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Sonntagsplauderet.
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Gs
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Vermischtes.
Man benutzt die günstige Konjunktur selbst einem Künstler fürsten wie Lenbach gegenüber. Hat man ein Lenbach'sches Bildniß um einen Pappenstiel erworben, so reibt man sich vers gnügt die Hände und hat beileibe feinen Hintergedanken. Man freut sich eben, daß es im Leben so schön eingerichtet sei: der eine versteht nicht zu wirthschaften, und der andere weiß das Kapitälchen zusammenzuhalten. Kann ein Lenbach nicht ins Ge dränge fommen, und wenn er so schlecht wirthschaftet, so geschieht ihm ganz recht. Welche Moral könnte den Großfaufmann hindern, glückliche Fügungen auszunüßen?
und verwüsten konnte! Es ist nüßlich, daß man sich ver- werte, Arbeiten also, auf denen gleichsam die Schutzmarke des gangener Tage erinnert. Dieselben Menschen, die das Schlag ausführenden Künstlers nicht verzeichnet ist, ebenfalls in den Arme Epract, die deutse Spract", so rust mitleidig der wort vom germanischen Wagemuth in die Menge warfen, sind Handel kommen dürfen. Diese Usance spielte nämlich im LenbachGlücksritter Riccaut in Leffing's Minna von Barnhelm aus. heute wie umgewandelt, wenn sie auf den jüngsten Prozeß eine Nebenrolle. Und wenn die Münchener Künstler das Wirklich arme Sprack! Nun studire ich schon eine geraume Weile schwarzen Sonnabend", auf den Börsentrach voriger Woche zu durchsetzen, was haben sie viel gewonnen? Das Profitrecht ohne und zermartere mir den Kopf, wie man nur annähernd den höchst sprechen kommen. Eine halbe Milliarde soll in Wien allein, ein Maß, wie es dein Kapital im Kunsthandel eignet, bleibt im merkwürdigen dolus eventualis übersetzen möchte; so übersehen, paar hundert Millionen sollen in Berlin verspielt worden sein. Wesen unverändert fortbestehen. Großkapitalistische Kunstdaß, wer deutsch versteht, in knappen Worten den verwickelten Spielwuth und Habgier waren wieder einmal ins Große, ins handlungen pflegen ohnedies jetzt schon nur signirte Kunstwerke Begriff fassen fönnte. Da hilft tein Grübeln, mit dem Ungethüm Fieberhafte gestiegen. Ter Klang" Gold, Gold!" berauschte die zu kaufen: hat sie dies jemals verhindert, vom Künstler in der dolus eventualis wird man nicht fertig. Da tommt man immer Sinne. Die Spekulation artete in wüfteste Anarchie aus und Noth, so billig als möglich zu erwerben, und so theuer, als es wieder mit der Abschreckungstheorie. Die Strafe soll nicht gewiffenlose Spetulanten hatten selbst Stadtreisende geworben, fich machen läßt, loszuschlagen? allein Sünde und Verbrechen fühnen, sie soll auch eine die mit Antheilscheinen auf Goldgruben kleinhandeln gingen, um lebendige Mahnung sein, es den Lasterhaften und Frevlern nicht den kleinen Mann zu födern. Heute sind darüber Banken in die Brüche gleichzuthun. Taufende und Abertausende nun haben von der gegangen und mancher ihrer Juhaber mochte den Sturz nicht Verurtheilung Liebknecht's gelesen. Im Juristenlatein sind sie überleben. Uns liegt es sicherlich ferne, irgend welde sentimentalische nicht bewandert. Sie möchten aber doch gerne wissen, was Sympathie mit niedergetretenen Schwindelexistenzen zu äußern. dieser sündhafte Alte denn mit dem dolus eventualis eigentlich Wo bleiben aber jene, die für den germanischen Wett- und begangen hat. Sie möchten ihrerseits eine Lehre daraus ziehen, Wagemuth hazardspielender Offiziere schwärmten? Ja, wenn wie man diesem Dolus, der in ihren Vorstellungen unflare, der Hazardier Rosenblüh heißt, ist es etwas Anderes. Da mystische Gestalt anzunehmen droht, eigentlich entrinne. Ich er- faltet man pharisäisch die Hände und deklamirt: Ein warnendes innere mich noch aus der Zeit meiner germanistischen Studien her: Wie Strafgericht ist niedergegangen. stolz waren wir damals, als uns Lehrer und Bücher bedeuteten, welch' Das ist die Toppelmoral unserer Gesellschaft, wie sie nahezu Kapital und Kunst, Kapital und Presse; es ist dieselbe Leier; foftbaren, faum auszuschöpfenden Wortschatz unsere Sprache um als typisch vollendetes Bild sich dieser Tage auch in einem dieselbe doppelte Gesellschaftsmoral. Wie wurde sie in der fasse, welche Mannigfaltigkeit von feiner Nation sonst erreicht, Gerichtsprozesse offenbarte, in dem der famose Begriff Ufance letzten Woche durch ein fleines Vorkommniß so köstlich illustrirt. einmal fam. ober und niederdeutscher Voltsgeift zu prägen verstand. Was( Geschäftsgebrauch) wieder zu Ehren Die gutbürgerliche Vorfämpferin für Duldsamkeit, die sich um nun mit dem großmächtigen Stolz? Bei dem vertrackten dolus handelt den sogenannten Lenbach Prozeß Bossische Zeitung", hat sich ein modernes, stolzes Heim errichtet. eventualis versagen die deutschen Begriffe. Nicht einmal der be- München . Wäre es ein Geringerer als Lenbach, der Prozeß Sie ließ ein großes, neues Gebäude aufführen, wie es sich für rühmte Germanist und besondere Kenner deutschen, alten Rechtes wäre in sozial- ethischer Beziehung nicht so beweisträftig, eine Fürstin im Bereiche der Presse ziemt. Ein Festmahl soll Gierke wüßte etwas mit dem dolus eventualis anzufangen. Die als er ift. In einer vornehm- ruhigen Straße steht Lenbach's der Bedeutung des abgeschlossenen Werkes würdigen Ausdruck Teutschthümler unserer Zage, die Ruhmredner unserer Herrlich- Villa, felbft eine Sehenswürdigkeit Münchens . Wie ein Künstler- geben; der Bauherr versammelt die Gäste. Das Festmahl würzen keit, berufen sich sonst so gerne auf altgermanische Sitte, alt- fürst früherer Zeiten lebt der geniale Maler. Sein Haus, feine feierliche Reden und der feierlichste unter den Mannen des Baugermanisches Recht. Götter und Halbgötter aus germanischem Werkstätte selber sind Kunstwerke von großem Luxuswerth. herrn tritt auf, er, der würdevolle Schriftleiter des gesammten Eagentreis find in unferen Tagen durch besondere Diesem Manne werden Bilder, halbfertige, und nahezu vollendete Blattes und bewegt gedenkt er großer vergangener Zeiten. Sein Anlässe wieder volksthümlich geworden; zumindest ihre gestohlen. Was seine Marte trägt, wird im Handel mit Gold Pathos reißt ihn fort und er weist hin auf die Gestalten, die Namen. Neue Seefahrzeuge Aegir getauft; aufgewogen. Und nun kommt das Lehrreiche. Trotzdem finden dereinst zur Größe des Blattes beitrugen, furz auf der einen Seite der schwärmerische Hang, sich Kunsthändler, die es nicht für verdächtig halten, Lenbach'sche Bildnisse dafür am Baudenkmal zu liebevollem Angedenken an= unsere Borwelt aufleben zu lassen und dann wieder Einführung Blätter um Spottpreise anzukaufen, um sie mit enormen Ge- gebracht sind. Unter ihnen glänzt auch das Bildwerk, das den von Begriffen, die nie und nirgend etwas mit germanischem winnen wieder loszuschlagen. Ihnen wurde fein dolus eventualis großen Gotthold Ephraim Lessing darstellt, der einftmals Mits Es ist Usance, daß man spottwohlfeil die arbeiter der Voffischen Zeitung" war. Wenn die Begeisterung Voltegeist zu thun hatten und die der Vollsseele nebelhaft, nachgewiesen. Es ist Ufance, daß geheimnißschwer vorkommen müssen. Arbeit des Künstlers erwirbt und der Geschäftsbrauch dem Menschen die Zunge löst, so wägt er nicht allzu sorgsam Es sieht überhaupt seltsam um manche unserer sehnsüchtig macht nicht einmal vor Arbeiten eines Lenbach Halt. Wie mag die Worte; und so entfuhr dem gewaltigen Schriftleiter, als er germanistischen Schwärmereien. Als der olle ehrliche Seemann es da erst den armen Schluckern gehen? Wenn das dreimal in höchst anerkennenswerther Demuth vor dem Dichter des weisen noch lebte und seinerzeit der hannoversche Spielerprozeß verhandelt heilige Wort Usance ertönt, da verstummt die Gerechtigkeit. Die Nathan die Knie beugte, das merkwürdige naive Geständniß: wurde, da hatte man im Hinblick auf die betheiligten Offiziere Münchener Kunsthändler wurden freigesprochen und im Gerichts- Die Spötter werden fragen, wie kommst Du, großer Gotthold Schlagwort das ausgegeben: Wett Altdeutscher und faal flatschten die Zuhörer, wackere Münchener Bürger, be- Ephraim zu uns, was baben wir heutigen Herren der Die Geschäfts- und Profitethik war gerettet, Bossischen" mit Dir gemein?" Weiser Taniel, gerechter Daniel! Wagemuth offenbare sich im Spiel um hohen Einsatz; und die friedigt Beifall. geschichtliche Erzählung wurde ausgeframt, wie freie Deutsche im das Recht des Handelsmanns auf eine unbeschränkt hohe Aus- Wie wahr ist Deine Frage, wie tief innerlich wahr. Und wenn Die Münchener Gotthold Ephraim Lessing , der milde Verkünder freier Mensch= Epielerfanatismus selbst um ihre Freiheit würfelten. Hammer- beute an der Arbeit des Nächsten gesichert. fein, der Wagehals, stand damals noch in seiner Sündenblüthen Künstlerschaft sinnt nach dem Ausgang des Lenbach- Prozesses auf lichkeit, gewisse Prozeßaften kennen würde, er würde lächeln über die Fülle an der Spiße der Kreuz- Zeitung " und noch hatte kein Palliativmittelchen, um wenigsten den größten Mißständen ent- theatralische Pose des Mannes, der bei seinem Angedenken Etöcker die wehmüthige Jeremiade angestimmt: Welche grauen gegenzutreten. Künstler sind häufig, Optimisten von Geblüt. fd, wört, und abwehrend fagen: Echwör' nicht mein Freund! hafte Mecht hat der Böse, wenn er solch' kraftgeschwellte Eiche, So meinen sie auch jetzt, Wunder wirken zu können, wenn sie Echwör' nicht bei mir, such andre Kameraden! Du fd wäist " Usance" umstürzen, nach der unsignirte Kunst- nicht bei dem Rechten! Geh' mir, geh'! wie Hammerstein, solch edles blühendes Leben tückisch überfallen die All ha.
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