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Beilage

Donnerstag, 19. April 1928

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Der Abpnd

Shalausgabe des Vorwärts

MEVAST& MOV

Der Mensch fei gefund und froh!

Ein Werk der Arbeiter- Wohlfahrt.

In dem idyllisch gelegenen Dorfe Brodten, in unmittelbarer| und Brausebäder vervollständigen das Heim. Bibliothetssaal und Preis für die volle Pension pro Tag für Jugendliche 2,50 bis Nähe der Ostsee , ist in aller Stille ein Werf der Arbeit für die Schreibzimmer dienen ernsterer Arbeit. Im Warenverkaufs- 13- M., für alle Aelteren 4 M. Es gibt auch Mittag und Arbeiter und die Jugend erstanden, das seinesgleichen in Deutsch - raum tönnen die Gäste der Jugendherberge, des Jugendlandheims Abendessen zu sehr mäßigen Preisen. land nicht findet. Die Arbeiter- Wohlfahrt Lübed faufte hier ein wie die Selbstverpfleger des Ferienheims für Erwachsene alles zwei Heftar großes Bauerngut mit 4 Wirtschaftsgebäuden, das Notwendige zum Lebensbedarf einkaufen. fleißige und geschichte Hände in ein großartiges Erholungsheim umwandelten und das auch Tagesausflüglern an die See freund

Jugendlandheim mit Turndiele und Vortragssaal.

fichen Willkomm bietet. Abseits des Verkehrs und Staubiger Land­straßen, umgeben von Parkanlagen, großem Fischteich, Spiel und Ruhewiesen und weiten Feldern, findet hier der Großstadtmensch alles vereint, was er zur Kräftigung seines Körpers und Beruhi= gung der Nerven notwendig hat. Der Erholungsuchende fann Land­und Geeaufenthalt wechseln, das gesunde Sonnenbad auf satter Rasenfläche mit einem salzigen Bad in des Meeres grünen Fluten nertauschen, sich im törnigen Sande refeln oder meilenmeit und abwechslungsreich am Strande lustwandeln. Reiche Ausflugs. gelegenheit ist geboten.

Ist so glüdlich alles vereint, was den Menschen gefund und froh macht, so bietet das Heim selbst, insbesondere auch für die Jugend, einen angenehmen Aufenthalt. Das Jugendland heim besitzt 8 Wochenendzimmer, Turnsaal, Bortragsfaal, Aufent. haltsraum und Schlaffäle für 100 Jugendliche. Eine große Küche steht allen gemeinsam zur Verfügung. Eine ausgedehnte Spiel

Ferienheim tür Erwachsene.

miese mit Teich schließt sich unmittelbar an. Die Innenausstattung der Jugendherberge ist ein Meisterwerf genossenschaftlicher Arbeit. Eine Edbank mit reichem Schnitzwert enthält neben berühmten Eine Edbank mit reichem Schnitzwerk enthält neben berühmten Lübecker Bauten das Bildnis des Borkämpfers der Lübecker Ar­beiterschaft, dessen Namen das Grholungsheim trägt: Theodor Schwarz

100

Die Jugendherberge enthält einen großen Tagesraum, 4 Schlaffabinen für Mädchen und einen Schlaffaal für 100 Burschen. Auch hier ist Kochgelegenheit vorhanden.

Das Jugenderholungsheim foll jeweils 20 Jugend lichen zu längerem Kuraufenthalt dienen. In ihm sind auch die Berwaltungs- und Wirtschaftsräume untergebracht. 8 freundliche Zimmer in munteren Farben erweden erholungsbedürftigen Groß­stadtkindern neue Lebensfreude. Licht und Sonne haben freie Bahn. Fließendes Baffer und elektrisches Licht ist in jedem Zimmer wie überhaupt in allen Gebäuden vorhanden. Zentralheizung, Wannen­

Brodtener Ufer.

Eine Mustereinrichtung für sich bietet die Küche. Hier tann die Hausfrau sehen, mit welch praktischen Hilfsmitteln rationelle Küchenwirtschaft betrieben wird. Kleine auswechselbare Maschinen mit elettrischem Handbetrieb ersehen mühevolle Handarbeit. Neben einem großen modernen Kochherd ist ein 150 Liter fassender Koch­teffel für die Massenspeisung sowie eine der modernsten Wasch­maschinen vorhanden.

Und nun noch das Ferienheim für Erwachsene. Es ist dazu bestimmt, sowohl Einzelpersonen wie Familien für Tage oder Wochen aufzunehmen. Die 12 Doppel- und 4 Einzel­zimmer, die allerschönste Aussicht und zum Teil Ausblick auf die Ostsee bieten, find alle nett und freundlich gehalten. In den größe= ren Zimmern können auch Kinderbetten aufgeschlagen werden. Zentralheizung, fließendes Wasser und elektrisches Licht sind auch hier Selbstverständlichkeiten. Der Arbeiterfamilie, die mit wenig Geld Erholung sucht, ist hier ein ganz behagliches Heim geschaffen.

Alle 4 Gebäude find räumlich weit voneinander getrennt. Spiel, Liegepläge, Wiesen, Gemüsegärten und Parkanlagen um­fäumen das Ganze, so daß jede Abteilung unbehindert von der anderen ist.

Die Preise im Theodor- Schwarz- Erholungsheim sind außer­ordentlich niedrig. So wird verlangt für Uebernachten im Ferien­heim mit vollständigem Frühstück für Jugendliche 1,50 M., für alle Aelteren 2. M. Das Uebernachten im Jugendheim tostet für Jugendliche 25, für Aeltere 50 Pf. Im Ferienheim beträgt der

So ist denn in selbstloser Arbeit ein Werk entstanden, das wegen seiner vorbildlichen Anlagen bald weit über die Grenzen Lübecks berühmt werden wird. Mühe und Hingabe, die die Are

Verwaltungsgebäude mit Jugenderholungsheim. beiter- Wohlfahrt hier aufgewendet hat, fienden ihren besten Lohn darin, wenn alle Gäste des Heims sich wohlbefinden und durch sorg­fältiges Umgehen mit dem ihnen anvertrauten Gute dazu beitragen, es als Musteranlage zu erhalten.

Entdeckungsreife zu den Kumpels

Bei Engelhorn in Stuttgart ist ein Buch erschienen: Meine| rutschstrede. So ist das ganze Buch eine einzige Anflage gegen Erlebnisse als Bergarbeiter von Graf Stenbod Fermor, das ausbeuterische Kapital, gegen die Hege und das Prämiensystem,

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es ist von dem Verfasser Meinen Kameraden, den deutschen Berg arbeitern" gewidmet. Früher, als die Welt noch groß und nicht mit Bäffen und Borurteilen so verrammelt war wie heute, da ging ein junger Ingenieur während des Studiums oder furz danach ins Ausland, und damals hat man mit Begeisterung hinter Pflug und Schraubftod" von Mar Enth durchgeschmöckert, um daraus zu er fahren, welche Welten doch einem jungen, tüchtigen Kerl offen stehen. Nun ist unsere Welt flein geworden, und unsere Jugend tann nicht heraus, manch ein Studierender muß als Werkstudent" fich Unterhaltsmittel erwerben. So zieht auch Graf Stenbod- Fermor, ein junger Balte, aus ins Ruhrrevier, um ein Jahr lang als Berg­arbeiter zu leben und sein Brot zu verdienen. Nicht nur aus Abenteuerlust, auch von der Not getrieben, denn es ist gerade das lehte Jahr der Inflationszeit.

Als Schlepper fommt er bei der Gewerkschaft Friedrich Thyssen " unter, lebt, ein Kumpel unter den anderen, mit den Berg­arbeitern ein Jahr, ein langes, mühseliges Jahr und entdeckt dabei, daß er inmitten eines Volfes gelebt hat, von dem er nichts wußte, dessen Wesen und Lebensbedingungen ihm fremder waren als die Hochzeitsbräuche Chinas . Aristokrat von Herkunft, Antibolschewist durch seine Erziehung und seine eigenen Erlebnisse, lernt er unter dem Proletariat der Gruben alles verstehen; auch die Verzweiflungs­ausbrüche der Plünderungen, Streiks und die ohnmächtige Empörung der Arbeiter, ihre Berbitterung und ihr Mißtrauen in alle und jede und wenn er unter diesem Volt auch nicht selbst zum Revolutionär politische Führung, dieses: Beschiffen werden wir doch von allen..." wird, wenn er auch zuletzt noch mit seinem besten Grubenfreund eine Unterredung hat, in dem sie sich versichern, daß sie sich unbe: schadet aller persönlichen Hochachtung voreinander im Bürgerkrieg gegenseitig die Schädel einschlagen würden, so doch nur barum, meil er ja weiß, sein Leben in dieser Hölle dauert mur ein Jahr dann fann er wieder zu seinen Menschen zurück.

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Und gerade weil dieses Buch von einem stammt, dem nichts ferner lag, als der Gedanke an politische Agitation, der durchaus nicht die Auffassungen der Arbeiterklasse teilt, gerade darum wirkt das Gemälde, das er von dem Leben seiner Arbeitskameraden ent wirft, um so erschütternder. Wie er das erste Unglück erlebt, nur einer jener alltäglichen Betriebsunfälle, die kaum in der lokalen Presse des Reviers Erwähnung finden, einer der Unfälle auf der Schüttelrutsche", der nur einem Meter hohen Strecke, in der der Bergmann auf dem Rüden liegenb arbeitet. Dem Kameraden ist das Bein von der herunterbrechenden Kohle zerquetscht, in irrfinnger Qual windet er sich brüllend in der niederen Strecke.

Nun sollte der Unglückliche fortgeschafft werden; tragen war bei der niederen Decke unmöglich, nur schleifend ließ er sich fort­schaffen! 3wei Bergleute ergriffen seine Arme und zogen ihn in ber Richtung nach oben. Es mußte eine irrsinnige Qual sein, der Unglückliche brüllte wie ein Stier auf; selbst die abgeftumpftesten Männer fuhren zusammen. Der blutende, zerfezte Beinstummel tanzte am Boden, sprang und hüpfte wie ein Ball, der nachge­

zogen wird!"

Und so sieht der Arbeitsort aus: Ein Meter hoch, vier Meter breit, in der Mitte die Schüttelrutschen", schmale Rinnen aus Eisen von wechselnder Länge, die auf Rollen bewegbar durch Motorkraft in rudende Hin- und Herbewegung gefegt wurden. Die Kohle, die die Bergleute ständig auf die Rinnen schütten, rutscht so fortwährend herunter und fällt in die Wagen auf der Förderstrecke. Die Arbeit in der Schüttelrutsche wird von den Bergbefizern besonders gern angewandt, da erheblich mehr Kohle geschafft werden kann, als bei der üblichen Gewinnung und viel zeitraubende Nebenarbeit. Es geschehen aber auch nirgends so viele Unfälle wie in der Schüttel­

das über Blut und Leichen dem Profit nachjagt.

Dann, als Zeitdokument wertvoll, erstehen uns schnellebenden, schnellvergeffenden Menschen noch einmal die Nöte der Inflations zeit, die Kämpfe der Stabilisierungstrife". Bejagungswillkür und Schikanen, Streif und Niederlage und immer wieder das Bild eines Proletariats, in dem das Menschentum elend geschändet und zermalmt wird. Die Wohnungsverhältnisse sind fürchterlich in der Feierschicht liegt der Schlafgänger bei der Frau, die fünf zehnjährigen Mädel schon haben wechselnde Freunde", die Kinder verkommen in den überfüllten Wohnungen und auf der erbarmungs lofen Straße. Einziger Tröfter der vielen: Der Alkohol, der doch auf Stunden das Elend vergessen läßt. Und erschüttert bestätigt der Weißgardist" das Wort der Frau des neugewonnenen Freundes: Wer reich ist, braucht noch nicht glücklich zu sein, aber wer im Elend lebt, tann es überhaupt nicht sein." Und neu gewonnen, neu begriffen, bringt er aus dem Leben unter den Kumpels, 500 Meter unter der Erde, das Wort des Dichters Arno Holz mit: Ja, recht hat, o du süße Mutter, Dein Wort, vor dem mir stets gegraut: Was soll uns Shakespeare , Kant und Luther­Dem Elend dünft ein Stückchen Butter

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Erhabner als der ganze Fauft!" Rose Ewald,

Sabotage der Naturgeschichte.

Chang", eine saubere Arbeit von hohen Qualitäten, die in die Einer der besten Filme des vorigen Jahres war zweifellos Dschungeln entführte und einen Blick in das primitive und gefahren­umbrohte Leben der Bewohner des indischen Urmaldes gewährte. Höhepunkt des Films war der Ansturm einer Elefantenherde gegen ein Dorf: Den Bewohnern ist die Ankunft der wilden Tiere signali fiert worden. In rasender Eile pacen sie ihre Habseligkeiten zu fammen und flüchten sie. Kurze Zeit darauf brechen die Elefanten dann auch in das verlassene Dorf ein. Eine Orgie der Zerstörung vollzieht sich. Die Häuser zerbersten und die Pfähle zersplittern. Die Elefanten toben weiter und was sie zurücklaffen ist eine trostlose Trümmerstätte... Nun war es flar, daß diese Bandalenszene nicht gut eine unverfälschte Naturaufnahme fein konnte. Der zoologische Laie hielt es für möglich, daß es wilde und mit Zerstörungsinstinkten begabte Elefanten gäbe, aber dann war es ausgeschlossen, daß sie Zeitpunkt und Verlauf des Generalangriffes dem Filmoperateur vorher mitgeteilt hatten und überhaupt erweckte die Syftematit ihrer Vernichtungskampagne größtes Mißtrauen. Da meldet sich nun in einem Berliner Blatt ein Auslandsdeut scher zum Wort, der um die Einzelheiten des Zustandekommens des Filmes ,, Chang" weiß, und er teilt mit, daß der Elefantensturm auf das Dschungeldorf eine einzige Unmöglichkeit sei. Der Elefant sei ein durchaus scheues Tier, das gar nicht daran denke, in menschliche Siedlungen einzufallen und in Wahrheit sei das, was im Film als wütender Amoflauf angriffsluftiger Bestien wirke die wilde Flucht verängstigter und völlig zahmer, braver, ehrlicher Arbeitselefanten vor den Schieß-, Johl- und Trommelgeräuschen, mit denen man auf sie eingewirkt und sie in sinnlose Furcht versetzt habe.

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Die Kinoindustrie schildert nun die Natur so: Der Mensch der die Tiere mit Flintenschüssen und Lärmattaden vor sich her treibt, wird zur verfolgten und bedauernswerten Unschuld und die verfolgte und bedauernswerte Unschuld flüchtender Tiere wird zur feindseligen Hand­lung reißender Bestien. Aber darin eben unterscheidet sich der Mensch vom Tier, daß er die Dinge auf den Kopf stellen und für die Bestie das Tier ausgeben fann Hane Bauer.