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Kein Zurück von der Friedenspolitik! Auch wenn poincorä siegt.

! es unier dem Vorwand der Verhältniswahl eine Art politi- sches Lotteriespiel cinpeführt hatte, bei dem man sich Ge- winnchancen nur durch die sonderbarsten Koalitonen sichern konnte. Ein wirklicher Proporz war infolge der prinzipiellen Gegnerschaft der Senatsmehrheit nichi zu erreichen. Daher war die Rückkehr zum System der Einzelwahlkreise immer noch das kleinere Hebel. Unsere Genossen haben für dieses kleinere Uebel gestimmt, und sie brauchen es nicht zu bereuen. Aber das Uebel ist schlimm genug. Denn die politischen Ideen sind in den Hintergrund gedrängt. Der Kampf zersplittert sich in Hunderten von Einzelkämpfen persönlicher und lokaler'Art. Mit Ausnahme der Sozialisten und Kommunisten gibt es in Frankreich keine wirklichen politischen Parteien. Wer über das nötige Geld verfügt, kann unter irgendeiner bürgerlichen Spitzmarke kandidieren. Freilich, ein gewisser persönlicher Anhang ist schon notwendig, und sei es nur um einKomitee" zu bilden, das auf den Wahlplakaten die Kandidatur des Herrn 1 emp­fiehlt. Aber auch dieser Anhang ist unter Umständen käuflich zu erwerben. Eine häufig wiederkehrende Spitzmarke lautet Kandidat indepeudaut",unabhängiger Kandidat". Unter diesem Rubrum treten alle möglichen Männer auf, die kein Mensch kennt und die entweder von einem plötzlichen Fimmel befallen wurden oder die sich einfach auf Bestellung eines ernsthaften bürgerlichen Kandidaten aufstellen lassen, um einige hundert Stimmen abzusplittern und dadurch einen zweiten Wahlgang zu erzwingen, bei dem sich alle möglichen Kombinationen bewerkstelligen lassen. Dann tritt derun- abhängige" Scheinkandidat in einem öste'Ntlichen Aufruf zu- aunsten des ernsthaften Kandidaten zurück. Für diesen ist das eine ganz gute Propaganda. Nur die wenigsten Wähler ahnen, dag es sich um ein abgekartetes Spiel handelt. Manch- mal aber tritt so einunabhängiger" Kandidat auf eigene Faust auf mit der einzigen Absicht, sich seinen Verzicht bei der Stichwahl möglichst teuer abkaufen zu lassen. Meistbietend... Viel häufiger aber als die SpitzmarkeUnabhängiger" ist die BezeichnungRadikale r". Wer will, nennt sich Radikaler", zuweilen auchunabhängiger Radikaler". Es gibt Wahlkreise, in denen drei oder sogar vier Männer als Radikale" kandidieren. Run gibt es eine Radikale Partei, keine Partei nach unseren strengen deutschen Begriffen, aber immerhin eine Art politische Organisation, die jahrzehntelang den stärksten Einfluß sowohl im bürgerlichen Mittelstand wie auch unter den Bauern besaß. Bei allen Wahlen seit 25 Jahren, mit Ausnahme der ersten Nachkriegswahlen von 1919, erlangten die Radikalen sogar bei weitem die stärkste parlamentarische Vertretung. Bei der Bildung von Regie- rungen waren sie bisher meist unentbehrlich. Tlber gerade die Radikalen befinden sich jetzt durch die Schuld ihrer Führer in einem unbeschreiblichen Wirrwarr. Sie gingen 1924 mit den Sozialisten zusammen, um den Nationalen Block zu schlagen, was ihnen auch glänzend gelang. Als kapitalistische Partei versagten sie aber, wo es galt, die Inflation mit wirklichradikalen", d. h. sozialistischen Mitteln zu meistern. Auf dem Höhepunkt der Währungskrise warfen sie sich demRetter" der Bourgeoisie, P o i n c a r ch in die Arme. Seitdem sind sie innerlich gespalten: ein Teil ist offen zur gemäßigten Rechten abgeschwenkt:«in Teil unter Führung Herriots fühlt sich zwar noch immer mit den Sozialisten gegen die Reaktion verbunden, wogt aber nicht, sich von Poincarö loszulösen, weil dieser mit einer neuen Franken» kaiaftrophs droht, falls feine Regierung derNationalen Einigkeit" gesprengt würde; ein weiterer Teil-unter Führung des neuen Parteivorkibenden D a l a d i e r steht in Opposition zur Regierung und hat den Wunsch, in freundschaftlicher Bundesgenossenschaft mit den Sozialisten gegen die Reaktion zu kämpfen. Dieser linke Flügel verkörpert sozusagen die offizielle" Politik der Radikalen Partei. Aber er hat nur noch geringen Einfluß. Bezeichnend ist. daß nur die wenig- sten Kandidaten, die sichRadikale" nennen, eine offizielle Zustimmungserklärung ihres Parteivorstandes aufweisen können. Ihnen treten andereRadikale" entgegen, die sich entweder als Anhänger Herriots oder sogar als Anhänger Poincarös bekennen. Zwischen den Vertretern dieser ver- schiedenen Nuancen desRadikalismus" ist in zahlreichen Wahlkreisen der heftigste Kampf im Gange. Aber auch im Lager der Rechten gibt es die ver- schiedenften Schattierungen. Oft stehen sich in einem einzigen Wahlkreis zwei oder �ogar drei Männer gegenüber, von denen jeder behauptet, Anhänger der Regierung Poincarö und derNationalen Einigkeit" zu fein, die sich aber gegen- scitig ganz besonders rabiat bekämpfen. Tatsächlich soll es vorgekommen sein, daß die Anhänger solcher poincaristischen Kandidaten unter dem gleichen Ruf:Es lebe die Ratio- nale Einigkeit!" mit Fäusten und Stöcken aufeinander los- gingen unter stürmischer Heiterkeit der anwesenden Sozia- listen. Die bisher geschilderte Zersplitterung würde an sich schon genügen, um die llnvermeidbarkeit zahlreicher Stichwahlen zu begründen. Hinzu kommt aber eine Tatsache, die erst nach dem Kriege entstanden ist und die den Wirrwarr noch um ein Vielfaches kompliziert: einst kämpften die S o z i a l i st e n allein als geschlossene Masse und einzige Vertretung der Ar» beiterschaft gegen das Bürgertum, jetzt gibt es in unzähligen Wahlkreisen auch kommunistische Kandidaten, die ihre ganze Kraft darauf konzentrieren, die Sozialisten zu schwächen. Die Zersplitterung der Stimmen im bürgerlichen Lager wird also ergänzt durch die Spaltung im Lager der Arbeiterschaft. Unter diesen Umständen ist es kein Wunder, daß man nur in einem geringen Teil der Wahlkreise eine Entscheidung bereits im ersten Mahlgang erwartet. Für die politische Zusammensetzung des künftigen Parlaments wird der 22. April bestenfalls einige Fingerzeige geben können. Und doch wird der erste Wahlgang besonders für unsere Genossen von großem Werte sein: denn er allein gibt der Partei die Möglichkeit, zum erstenmal seit 1914 und nach der Spaltung ihre Stimmen im ganzen Lande zu zählen. Die Parte» hat unter unsäglichen finanziellen Opfern der einzelnen Ge- nassen in nicht weniger als ZA6 von 629 Wahlkreisen eigene Kandidaten aufgestellt. Oft handelt es sich nur um Zähl- kandidaturen, ausgestellt zu dem einzigen Zweck, die eigenen Truppen in solchen Gegenden zu mustern, in denen die Ar- beiterbewegung erst neueren Datums ist. In anderen Fällen wird zwar der Sozialist nicht gewählt werden, aber den Aus- schlag bei der Stichwahl geben können. Ein Viertel der Kandidaten geht jedoch mit durchaus ernsten Siegesaussichten in den Kampf. Die Stimmung der leitenden Porteigenossen ist unbedingt zuversichtlich. Man rechnet bestimmt mit einem Z u w a ch s an sozialiftschen Mandaten. Wie groß dieser Zuwachs jein wird, darüber

v. seh". Paris , 19. April. (Eigenbericht.) Mit Ausnahme der Sozialisten. Kommunisten, Royalisten und eines kleinen Teils der Radikalen bekennen sich all« Kandidaten zur Politik der ltegiming P o i n c a r Besonders die Ratio« n o l i st e n versuchen auf ihren Wahlplakaten mit dem Namen Poincare für ihre Kandidaten Stimmung zu machen. Bisher ist der Ministerpräsident von ihnen nicht abgerückt, er kann«s einst- weilen auch nicht, denn sie gehören ja seiner Koalition an, und er wird erst nach dem zweiten Wahlgang wissen, ob er auf ihre Mit- arbeit angerviesen sein wird oder ob er aus ihre Stimmen ver- zichteir kann. Solange diese Frage nicht entschieden ist. wäre es voreilig, über den künftigen Kurs der Regierung Poincare bestimmt« Prognosen aufzustellen. Rur eine Prophezeiung kann schon jetzt gemacht werden: Die nächste Regierung nach den Wahlen wird ebenfall» von Poincare geleitet werde»». Nun ist man sich in Frankreich bewußt, daß an dem Namen Poin- carä im Ausland und besonders in Deutschland bestimmte Borstel- lungen sich knüpfen, die in der Vergangenheit begründet sind, aber der Gegenwart nicht mehr entsprechen. Deshalb ist es überaus wichtig,»venn einer der Hauptgegner Poincares, roenn der Führer der größten Oppositionspartei in der künftigen Kammer, Genosse Leon Blum , imPopulaire" das deutsche Volk davor iv a r n t, aus einer etwaigen Mehrheit für das Ministerium fast che Schlußfolgerungen zu ziehen. Unter der Ueberschrift:Es gibt kein Zurück!" erinnert Blum zunächst daran, daß das Hauptziel der französischen Sozia» listen, als sie vor den Wahlen von 1924 die Bildung des Links- lartells beschlossen, dahin ging, eine Atmosphäre des Friedens in Europa wiederherzustellen; die Sozialisten wollten vor allem der Svannung, dem Haß, dem Mißtrauen, die damals zwischen Frank- reich und Deutschland herrschten, ein Ende inochen. Das ivar ein Opfer, das sie im Interesse des internationalen Sozialismus brach- ten, aber dieses Opfer wurde belohnt durch die Londoner Einigung über die Reparationsfrage, durch die Verträge von Locarno und durch den Eintritt Deutschlands in den Völker- b u n d. Seitdem hätten beide Völker ihre normalen Beziehungen wieder aufgenommen und immer engxr gestaltet. Dieser Umschwung in der französischen Politik sei so vollkommen gewesen, daß selbst Poincare sich dem Werte Briands angeschlossen habe. Er rvar Ministerpräsident, als Deutschland seinen Einzug in Genf hielt und zur Zeit der Besprechungen von Tho iry. Blum erklärt, daß er dieses Ergebnis für unumstößlich halte und fährt dann wörtlich

gehen die Meinungen auseinander. Die K o m rn u n i st e n »Verden sich bestenfalls behaupten, eher an Mandaten ver- lieren. Die hauptsächlichen Leidtragenden der Wahlschlacht werden die Radikalen sein. Daran ist kein Znzeisel. Die offiziellen" Radikalen werden nur spärlich in die neue Kammer zurückkehren. P o i n c a r 6 s Taktik, die Radi- kalten zu spalten, ist geglückt. Er wird sein Ziel erreichen, einerepublikanische Konzentration" oller gemäßigten, regie- rungstreuen Kräfte zu bilden und mit deren Hilfe, über die Wahlen hinaus zu regieren. Das ist in großen Zügen das voraussichtliche Ergebnis der Wahlen, so wie es fast übereinstimmend in allen Lagern beurteilt wird. Was ein solches Ergebnis, mnerpolitisch und außenpolitisch, bedeuten wird, darüber wird noch manches zu sagen sein,«soviel läßt sich aber schon jetzt feststellen: selbst in sozialistischen Kreisen befürchtet man keinen außen- politischen Rückschlag von einem Wahlersolg Poin- carös. Die geistige Entwicklung des französischen Minister- Präsidenten gegenüber den Problemen des Friedens»st offen­kundig. Manche sind sogar der Ansicht, daß er nicht nur die Ideen Briands übernommen hat, sondern daß er darüber binaus die Fähigkeit besitzt, die K o n s e q u e n z e n aus diesen Ideen viel energischer zu ziehen als der Außenminister. Briand hat zwar die richtigen Bahnen gewiesen, ist aber immer wieder mit schönen Reden den entscheidenden Taten ausgewichen. Briand krank. Der Ministerrat tagte gestern in Abwesenheit Briands, der an einem Grippeanfall mit 38 Grad Fieber zu Bett liegt. Das Außenministerium hat den Missionen in Berlin . Washington , London , Tokio und Rom den Wortlaut de« französischen Vertrags­entwurfs für einen mehrseitigen Antikriegspatt zur lieber- mittlung an die betreffenden Regienrngen zugeschickt. Der Wort» laut richtet sich nach den Vorbehalten, die Minister Briand in seiner Note an Staatssekretär Kellogg am 29. März gemacht Hot. Der Wortlaut wird später veröffentlicht werden.

Die Einäscherung Paul Axelrods. Die Einäscherung des verstorbenen Führers der russischen Sozialdemokratie, des Genossen Paul Axelrod, findet heute 1814 Uhr im Krematorium Gerichtstraße statt. » Zum Tode des Genossen Axelrod ist der Redaktion desBor- wärts' das folgende Telegramm des Genossen Pierre Re- n o u d e l zugegangen: Uebermitteln Sie der Familie meines allen Freundes AxArod und den russischen Sozialdemokraten den Ausdruck meine» großen Schmerzes. Axelrod war«in treuer, unbeirrbarer Sozialist. Sein Tod im Exil ist eine schwere Anklage gegen bolschewistische Gemolt- Herrschaft und Unterdrückung."

Arensdorf. Reichsgericht gegen Revision. Die Angeklagten tragen die Kosten. Die Arensdorfer Mordtat an zwei Retchsbannerleutcn beschäftigte am Donnerstag das Reichsgericht als Reoisions- instanz. Die Mörder Schinelzer Vater und Sohn hatten gegen das Zuchthausurtsil Berufung eingelegt. Die Verteidigung machte rechtliche und prozessuale Rügen geltend. Der zweite Skras- senak bestäligle jedoch die Urteile und legte den Angeklagten die nicht »'nerhebiichea Kosten de« verfahren« auf. Der Antrag der Der- teidigung, den Stahlhelmmann Paul Schmelzer wenigstens au» der Hast zu entlassen, wurde ebenfalls abgelehnt, j

l fort:..Unsere Genossen van der deutschen Sozialdemokrati«. deren Wahlkampf bereits im Gange ist, weisen aus die Wichtigkeit eine» gleichzeitigen Sieges der Liakspartelen in beiden Cäudcm und auf die Gefahr hin, die ein doppelter Sieg der nationalistischen. Reaktion bedeuten würde. Sie haben recht. Ein Sieg der Re- oktion in Frankreich am 22. April würde dem deutschen Ratio nalismus die beste Wahlplattform verschaffen. Ein Sieg der Linksparteien in diesen beiden Ländern und später in England und in Belgien würde gestatten, das Werk der Zlnnäherung zu beschleunigen und zu vollenden. Aber selbst wenn bei uns die Wahlschlacht mit einem Erfolg dernationalen Einigung" enden, selbst wenn die Regierung von morgen mit der Regiexung von heut« identisch sein würde, so bin ich überzeugt, daß die fran­ zösische Politik von ihrem gegenwärtigen K;u r s nicht abweichen wird. Niemand besitzt heute mehr die, Fa- higkeit, ihr eine andere Richtung zu geben. Man könnte zwat di« Bewegung durch Verzögerungen und Schikanen verlangsamen,, nie- wand aber könnte ihr offen entgegentreten. Die Maschine rollt, sie wird mehr oder weniger fchtull und mehr oder weniger glatt laufen, aber nicht mehr zurückrollen. Dos entscheidende Zeug- »is bietet in dieser Hinsicht die Stelle der Rede Poincares in Carcassonne über die deutsch -sranzösischen Beziehungen. Wir haben damals sofort auf den ungewohnten Ton hingewiesen, aber nicht nur die Form, auch der Inhal» dieser Rede war sehr lehr- reich, da Poincarä bereit zu sein schien, die Anregung von T h o i r y wieder auszunehmen, die sich ja um nichts anderes dreht als um die Räumung der Rheinlande. Ein etwaiger Wahlerfolg der gemäßigten Elemente in Frankreich würde daher kein Grund zum Verzlveifeln sein, vorausgesetzt natur- lich, daß der Sozialismus stark genug»värc, um seinen segens- reichen Druck auszuüben." Blum fügt hinzu, man dürfe selbstverständlich aus seinen Aus- führungen nicht den Schluß ziehen, daß es demnach gleichgültig wäre, wie die nächste Mehrheit in Frankreich aussehen würde. In allen außenpolitischen Fragen Haltung gegenüber dem F a- schismus, Abrüstung, deutsch -sranzösische Beziehungen fei es von größter Wichtigkeit, in welchem Tempo und in welchem Geiste die Außenpolitik geführt werden.Ich wollte heute nur so schließt Leon Blum uns und vor allem unsere Freunde von der Deutschen Sozialdemokratie gegen den Mißbrauch schützen. den der deutsche Rationalismus wahrscheinlich treiben würde,»venn das Ergebnis der französischen Wahlen nicht den Hoffnungen und den Bemühungen unserer Partei entsprechen sollte."

X Die Angst, die Angst! DieDeutsche Allgemeine Z e i tu na", deren politische Stellung dadurch gekennzeichnet»st, datz sie mit gleichem Eifer Sympathie für Mussolini uird für Luther und den Verwaltungsrat der Reichsbahn zeigt, sieht die Weimarer Koalition aus der Wahlurne hervorsteigenz- Eine neue Weimarer Koalition würbe bedeuten, daß die acht' schweren Kmnpfjahre seit 1929 sd gut wie verloren, daß hie Optzck der Deutschen Volkspartei und der Deutschnationalen in diesen Iahren umsonst gebracht wären. Wir würben auf die halb- revolutionäre Epoche der Weimarer Nationalversammlung zurückgeworfen, auf ollen Gebieten, in der Außenpolitik, im Innern. in der Wirtschast, in der Kulturpolitik. Die Folge»väre entweder hoffnungsloser Derfall oder Vürgcrkrieg." Sachte, sachte? Gleich Bürgerkrieg, wenn der Bürger- block zerschlagen wird? Das ist doch etwas zu mussoli- n i sch. Man muß doch nicht so deutlich zeigen, daß man die demokratische Verfassung nur respektiert, wenn die Wahl- entscheidung für die Reaktion fällt! Man muß aber auch nicht so deutlich die hemmungslose, schlotternde Angst enthüllen, die die I n t e r e s s e n t e n des Bürgerblocks bei dem Gedanken an einen sozialdemokratischen Wahlsieg überkommt!

Keudetts Vorwand. Ein kläglicher Zusammenbruch. Den Borivand zu der Aktion des deutschnationalen Innen- Ministers gegen den Roten Frontkämpferbund bildete ein blutig« Zusammenstoß zwischen Anhängern dieser kommimistisckien Organi­sation und Stahlhelmleuten in Altenburg . Das war an» ver- gangenen Sonntag. Tags daraus erschien von Keudell mit seinein Ersuchen auf dem Plan. Inzwischen hatte die Rechtspresse den Dor­fall in Altenburg ausgeschlachtet, um für die Absicht des deutsch nationalen Parteiministers die notwendige Stimmung zu machen. Jetzt wird bekannt, daß sich in Allenburg nicht nur Rote Front- bündler und Stahlhelmer geschlagen haben. Die Stahlhel- mer haben noch ein übriges getan und sich unter- einander ebenfalls nach allen Regeln der Kunst verprügelt. Ein Anhänger des Iungstahlhellns aus Leipzig wurde dabei durch Stockschläge seiner schlvarzweißrotenFreunde" so zugerichtet, daß er besinnungslos in das Kranken» Haus gebracht werden mußte. Aber: einen Gefährdung der.Wahlfreiheit" durch den Stahl­helm kommt natürlich nicht in Frage!

Gelber Sumpf! Die Wahlen stehen vor der Tür, und da schön»«» sich wieder einmal gewisse Leute ihr« Verwandtschaft. So machen die S t a h l- Helm« r. die jetzt gerne die Arbeiter vor ihren reaktionären Karren spannen möchten, ihrer Bundesleitung den Borwurf, daß sie zu sehr die W e r k s g e�n e in s cha st en begünstige. Die Göppinger Ortsgruppe des Stahlhelms hat sogar» besonderes Schreiben an die Bundesleitung gerichtet, in dem sie sich gegen die Begünstigung der Werksgemeinschasten richtet und erklärt: Wir lehnen die Werksgemeinschaslsuwpie gruird sätzlich ab. Den Kampf der Gewerkschaften um die wirtschaftliche Existenz der Arbeitnehmerschoft bejahen wir in seiner Form und in seiner Zielsetzung." Vor den Wahlen gewerkschastssreiindlich, nach den Wahlen wieder werkgemeinschastssreundlich. Die Arbeiterschaft kennt ihre Pappenheimer. Stahlhelmer. Wirtschastssriedlich«, Wert- gemeinschaftler alles gelbe Sumpfblüten,