Morgenausgabe
Лr. 189
A 96
45.Jahrgang
Böchentlich 70 Big., monatlich 3,-M im voraus zahlbar. Boftbezug 3,72 2. einschl. Bestellgeld, Auslandsabonne ment 5,50 m pro Monat
*
Der Borwarts erscheint mochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgaben für Berlin und im Handel mit dem Titel„ Der Abend", Illuftrierte Beilagen Bol und Zeit und Kinderfreund" Ferner Unterhaltung und Wissen"," Frauen Stimme" Technit". Blid in die Bücherwelt" und Jugend- Borwärts"
Vorwärts
Berliner Boltsblatt
Sonnabend
21. Apríl 1928
Groß- Berlin 10 Pt. Auswärts 15 Pf.
Die et Ripattige Ronpareiñezel 90 Pfennig Reflamezeile 5.- Reichs mart Kleine Anzeigen" das fettge brudte Bort 25 Pfennig( guläffig amet fettgedruckte Borte). jedes weitere Bort 12 Pfennig Stellengeiuche das erite Bort 15 Rennig. tedes weitere Bort 10 Pfennig Morte über 15 Buchstaben zahlen für wen Worte Arbeitsmarkt Beile 60 Bfennig Familianzeigen für Abonnenten Zeile 40 Pfennig Anzeigen. annahme im Hauptgeschäft Linden traße 3. wochentäal von 81%, bis 17 Ube
Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Tönhoff 292-297 Telegramm- Adr: Sozialdemokrat Berlin
Vorwärts Verlag G. m. b. H.
Bankkonto: Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten Wallstr. 65. Diskonto- Gesellschaft, Depofitentasse Lindenstr. 8
Ms der letzte Reichstag im Januar 1925 einberufen worden war, lagen ihm allein siebzig Anträge und Wünsche vor, die die Besoldungsfrage betrafen. Als die Märzsonne desselben Jahres den Plaz der Republik beschien, waren diese Anträge in die Papierkörbe des Volkshauses gewandert. Die bürgerlichen Parteien verrieten nicht die mindeste Neigung, auch nur einem der von der SPD. gestellten oder unterstützten Anträge ihre Stimme zu geben. Nach den Wahlen zeigten sie den Beamten die falte Schulter, die an die vor den Wahlen gemachten Versprechungen zu erinnern wagten. So war es 1924/25 so wird es bleiben, wenn nicht Die Beamten selber begreifen, daß die Beamtenfragen einen politischen Fragentomplex darstellen. Ganz so einfach wie 1924 wird es in dem bevorstehenden Wahlkampfe den bürgerlichen Parteien nicht gelingen, die Beamtenmassen bei der Stange zu halten. Inhalt und Auswirkungen der letzten Besoldungsreform müßten sollte man meinen über die Theorie hinaus die Beamten für die politische Wahl arbeit besser geschult haben als noch so systematisch angelegte Aufklärungsmethoden es vermöchten.
-
-
-
-
|
und angewandte Sozialismus helfen fann. Was tönnen lähmen, um sie mit Brosamen abspeisen zu können? die Beamtenmaffen für sich erhoffen, wenn die oberen Der einzige Weg, diese Zustände zu beseitigen, führt Schichten des Beamtentums meiter die Tore verriegelt über den Ausbau der deutschen Republit. Der halten, durch die, immer lauter pochend, die neuzeitliche Wahlaufruf der sozialdemokratischen Beamten stellt mit Entwicklung Einlaß begehrt? Geseze bedeuten wenig, Recht fest, daß rückschrittliche Verwaltungsmethoden zur wenn nicht die Menschen zu ihrer Anwendung im Sinne Festigung antirepublikanischer Gesinnung in den Verwaltun einer neuen Zeit vorhanden sind! Die im alten Geiste be- gen des Reichs, der Länder und Gemeinden geführt haben, fangenen Hüter der Gesetze denken nicht daran, freiwillig und daß in der Reichswehr der republikanische Geist systeauch nur ein Atom ihrer Macht preiszugeben. Noch immer matisch zurückgedrängt worden ist. Noch einmal hat das begehen sie die Torheit, vor dem Schritt der Zukunfts- deutsche Bolt zu entscheiden, ob die in Weimar begonnene bataillone die Ohren zu verschließen. Sie wollen es nicht politische Erneuerung Deutschlands fortgeführt werden soll. wahr haben, daß die neue Zeit marschiert. Regieren be- Die in den letzten Monaten in Ländern und Gemeinden erdeutet für sie herrschen, statt führen. Woher aber soll den zielten Wahlergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. Die Beamtenmassen ein freiheitliches Beamtenrecht, Spuren, in denen die Bürgerblockregierung wandelte, eine auf mitbestimmungsrecht gegründete Beamtenverfchreden. Alles war auf Profit für die befizenden Schichten tretung fommen, wenn das Recht der nichtbeamteten unseres Boltes eingestellt. Und ganz besonders die Beamten Bolfsgenossen mit Füßen getreten wird? Jahrzehntelang politit dieser wahrhaftig nicht einmal in Schönheit gestorbes steht die Forderung eines Besoldungssystems zur nen Regierung des Besigbürgerbiods wir so rückständig, daß Diskussion, das allen Beamten ausreichende Daseinsmöglich bestimmt nicht die Beamtenmassen ihre Fortsegung wünschen feiten schafft. Auch die Beamten leisten produktive Arbeit, fönnen. Ihnen wird im Wahlkampf an Hand einer Fülle die als ein Teil des allgemeinen Wirtschaftsprozesses be- von Tatsachen der Beweis erbracht werden, daß sie nur gemertet und abgegolten werden muß! Solange aber die winnen fönnen, wenn die Demokratie als wegRapitalistentlaffe glaubt, auch weiterhin die Segnungen der bereiterin des Sozialismus fiegt. Wirtschaft in Erbpacht nehmen zu können, so lange werden die Beamtenmassen vergeblich auf eine gerechte Entlohnung warten müssen. Was wollen ausgerechnet die Beamten massen von einem Wirtschaftssystem erwarten, das auf der Seite der Besitzenden hohe Geminnquoten verteilt, sonst aber danach strebt, den Geist der arbeitenden Massen zu
Alle gegenüber dieser Tatsache porgebrachten Argumente müssen versagen, wenn die Beamtenmassen sich zu der politischen Selbstbesinnung durchringen, ohne die ihnen weder politische, noch gewerkschaftliche Erfolge beschieben sein tönnen. Sie gehören in die Reihen der sozialdemokratischen Wähler!
Reudells allerneuester Streich.
Eine ultimative Forderung an die Braunschweiger sozialistische Regierung.
Oben in der Beamtenhierarchie wird alles bleiben, wie es war Die Staatsmaschine meint man dort aben wird meiter von den alten Kräften bedient werden müssen, wenn sie nicht ins Stucken geraten soll. 3u leicht wird dabei übersehen, daß die hinter dem Lagewert unaufhaltsam fortschreitende politische Entwicklung der masen einen nicht wegzudenkenden Fattor in der Um bildung des Staatsapparates darstellt. Seit 1924 hat sich- trot scheinbar gleichbleibender Balance- auch im Beamten tum mancherlei ereignet, mas dem ernsthaft politisch Einge ftellten zu denten geben sollte. Wenn schon alle Beamten politisch zu denken verständen, dann müßte ihnen die hinter uns liegende Regierungsperiode mindestens die eine Er tenntnis beschert haben, daß eine so gut wie alle freiheitlichen Der deutschnationale Parteiminiffer von Seudell hat Beamtenforderungen verneinende Politik nicht ihre Politik zu einem neuen Schlage ausgeholt. Er scheint allen Ernifes blafein fann. Wenn nun auch nicht alle Beamten diese Ermiert vor der ganzen Welt abtreten zu wollen. tenntnis schon jetzt gewonnen haben, so darf man doch hoffen, daß nicht unbeträchtliche Teile der zurzeit noch zu starf in den obrigkeitlichen Gedankengängen Befangenen für die politische Linksorientierung zu gewinnen sind durch einen auf dem Boden unumstößlicher Tatsachen geführten Wahlkampf, der letzten Endes nicht Stimmenfang zum Ziel hat, sondern zur politischen Selbstbesinnung hin
überleitet.
Gerade die schon erwähnte Tatsache, daß sich aus der Einstellung der höheren Schichten des Beamtentums bei den Wahlen faum wesentliche Aenderungen für die politische Braris ergeben werden, sollte um so mehr den Beamten masjen Klarheit darüber bringen, daß ihnen ein hohes Maß der Berantwortung an der Herbeiführung einer grundlegenden politischen Kursänderung zu= fällt. Ueber den gewerkschaftlichen Trennungsstrich hinaus müffen jezt mindestens alle gefinnungsmäßig zusammengehörigen sich zur politischen Einheit bekennen und unter threm Banner handeln. Auch die Befruchtung der gewerk. schaftlichen Praxis fann nur auf dem Wege des politischen Erfolges erreicht werden. Dieser Tatsache Rechnung tragend, haben die sozialdemokratisch orientierten Beamten ohne fich an ihre gewerkschaftliche Orientierung zu binden- foeben einen Wahlaufruf herausgebracht, der noch einmal die Grundzüge aller fortschrittlichen Beamtenpolitik darzulegen versucht. Dieser Appell an die Beamtenmassen betont viel mehr das politische, als das parteipolitische Moment. Der dem Appell zugrunde liegende Ge-[ bantengang zwingt zu folgenden Schlußfolgerungen:
-
um Verlängerung der Einspruchsfrist ersucht hat, steht noch aus. Er ist aber sicher zu erwarten.
Selbst Bazille folgt Keudell nicht!
Die bayerische Regierung, die fich bisher immer entschieden Sein neuefter Streich richtet sich gegen die sozialistische Regie- gegen die Anwendung des Republikschußgefeßes gewandt hat, ist rung in Braunschweig . Sie hat bald nach ihrem Regierungsantritt dem Ersuchen des deutschnationalen Innenminifters gefolgt. Sie, verfügt, daß die Braunschweiger Schulen teine Betenninisschulen sind und den Charakter von Gemeinschaftsschulen tragen. hat sich damit für das Republifschutzgesetz entschieden. Ein Schritt, Die evangelische Kirche hat natürlich fofort die gegensätzliche Auf- den man sich für die Zukunft merken muß. faffung vertreten und sich hilfeflehend an den deutschnatio. nalen Parteiminister gewandt. Die Folge war, daß er die braunschweigischen Schulen für evangelisch- lutherische Schulen erklärte und die sozialistische Regierung Braunschweigs jeht fozusagen ultimativ aufforderte, bis zum 1. Mai eine Erklärung abzugeben, daß sie einen Ausgleich der gegenfäßlichen Auffassungen für möglich hält. Falls diese Erklärung negativ sein sollte, beabfichtigt fich der deutschnationale Parteiminifter an das Reichsgericht um Entscheidung zu wenden.
Geschlossene Länderfront.
Von den 18 deutschen Länderregierungen haben bisher 15 gegen das Ersuchen des deutschnationalen Parteiministers Einspruch erhoben und die Entscheidung des Reichs gerichts angerufen. Der Einspruch pon Bremen , dessen Senat
In der heutigen Sizung des Finanzausschusses des Landtages wurde die Regierung wegen ihrer Stellungnahme zum Verbot des Roten Fronttämpferbundes von sozialdemo kratischer und kommunistischer Seite befragt. Staatspräsident Bazille erwiderte, daß zweifellos die gefeßlichen Boraussetzungen für das Berbat vorliegen und daß ein Einspruch nach seiner Auffassung, die sich auch mit derjenigen des Innenministers dece , nicht geboten sei. Auch Innenminister Bolz betonte, daß die Gesetzwidrigkeit des Roten Frontkämpferbundes feststehe. Nachdem aber verschiedene Länder Einspruch gegen das Verbot er. hoben haben, sei es 3 wed mäßig, die Durchführung des Berbots bis nach der Entscheidung des Staatsgerichtshofes zurüd=
zustellen.
Fememord auf Befehl!
nicht darum zu tun sein, gerade aus Beamtenfreifen nur Ein Geständnis des Landbundführers v. Bodungen.- Reichswehr und Roßbach.
Mitläufer zu gewinnen. Eine Partei, die nicht nur wegen ihrer ziffernmäßigen Stärke, sondern vor allem wegen ihres der Zententwicklung dienenden Grundsazprogramms wie teine andere Partei berufen ist, über den Weg des Kampfes um die politische Macht die alten Regierungsgewalten abzu lösen, gebraucht zur Bedienung der Staatsmaschinerie Kräfte, die mehr als automatisch funktionierende Maschinenteile sind. Ihre Arbeit muß aus festgewurzelter politischer Ueberzeugung heraus geleistet mer ben. Diese Kräfte müssen wissen, daß sie nicht um ihrer selbst willen öffentlichen Dienst tun, sondern daß sie berufen find, dem wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg der Volks. gesamtheit die Bahn frei zu machen. Um diefer 3wedsezung ihrer Amtstätigkeit im Rahmen der Verfassung gerecht wer den zu können, dürfen sie feinesfalls tlassenmäßig, wenn nicht gar parteipolitisch orientierte Berwaltungsarbeit verrichten. Was aber die eben entschlafene Besisbürgerblad regierung auf fast allen Gebieten getrieben hat, ist einseitige Rlaffenpolitit schlimmster Art!
Soll es anders werden, dann müssen an erster Stelle bie Beamten erkannt haben, daß gegen diese brutale Art, Klaffeninteressen zu vertreten, nur der fonsequent durchdachte
Stettin , 20. April. merffam gemacht, daß er demnach eventuell als Anstifter Im Mittelpunkt der heutigen Berhandlung im Fememord - in Betracht kommt, versucht sich der Landbundführer auf die Linie prozeß stand die Bernehmung des damaligen Stabschefs von zurückzuziehen, daß er den Fall Heines speziell nicht im Auge Stettin , General a. D. v. Pawelsz und des Führers des gehabt habe... Bommerschen Landbundes, Major a. D. v. Bodungen.
Es handelt sich um die Frage, ob die Roßbacher das Recht hatten, fich als Reichswehrsoldaten zu fühlen und daraus alle Konsequenzen zu ziehen, oder ob sie lediglich Zivilangestellte der in Frage kommenden Gutsbesitzer waren.
Die bisherige Gegenüberstellung Pamelsz- Badungen ergibt, daß Bamelss ganz entitieden in Abrede stellt, daß die Roßbacher zu der fraglichen Zeit eine militärische Organisation waren, während Bodungen das Gegenteil behauptet. ces tommt zu außerordentlich scharfen und intereffanten Auseinanderlegungen zwifchen beiden, wobei bie militärpolitische Lage Deutsch lands in den Jahren nach dem Rapp Butsch mit einer Offenheit behandelt wird, wie es bisher noch nicht geschehen ist.
Die Situation im Gerichtsfaal spizt sich dramatisch zu, als v. Bodungen fich zu dem Bekenntnis hinreiken läkt, dak der Befehl, Berräter zu beseitigen, von ihm ausgegangen fel. Darauf auf
Das Beweistheme.
Zu Beginn der Bernehmuna erflärt General v. Bawels, hos er die Aussagegenehmigung vom Reichswehrministerium erhalten hat. Der Vorsitzende umreißt das Bemeisthema folgendermaßen: Nach dem Kapp- Butsch erschien Oberleutnant Roßbach bei dem damaligen Chef der Generalstabes, Oberst v. Pawelsz, und sprach mit ihm über die Verwendung bzw. Berfügungsstellung der Organisation Roßbach für die Reichswehr im Falle non Un ruben. Den Werbandlungen wurde ein ausgearbeiteter Blon augrunde gelegt. Ueber bie Stammquartiere der Roßbacher im besonderen führte dieser Blan auch die einzelnen Baifen auf, die die Organisation Roßbach als Reichswehrwaffen Don früher belaß. Bei der Auflösung sollten die Waffen abgegeben werden. Tatsächlich erfolgte unter den Augen der Reichswehr jedoch die Berpadung der Waffen und die Versendung nach Bommeru. Die 25hnung der Roßbacher erfolgte durch den