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BERLIN  Mittwoch

25. April

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis für beide Ausgaben 70 Pf. pro Woche, 3 M. pro Monat. Redaktion und Expedition: Berlin   SW68, Lindenstr.3

45. Jahrgang.

66 Anzeigenpreis: Die einspaltige Nonpareillezeile

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Otto Braun   rechnet ab!

Der preußische Ministerpräsident gegen den Bürgerblock.

Wir wollen den Volksstaat!

Die gebrochenen deutschnationalen Versprechungen. Königsberg  , 25. April.

Im großen Saal der Stadthalle in Königsberg   hielt am Diens tag abend der preußische Ministerpräsident Dr. Braun eine fast zweistündige groß angelegte politische Rede. Das Ziel der politischen Erziehung müsse darin liegen, den Wählerinnen und Wählern flarzumachen, daß sich diese in den großen, politische Richtung weisenden Parteien zusammenfinden müßten. Als eine solche Partei tomme in erster Linie die große fozial­demokratische in Frage. Sie habe auf den Trümmern des am Kriegsende zusammengebrochenen Staates unter den aller­schwersten Umständen den neuen Volksstaat errichtet und das deutsche Volf, wie dies auch politische Gegner anerkannten, vor dem Chaos und der Vernichtung bewahrt. Schlimmer als die letzte Bürgerblockregierung im Reiche habe vielleicht noch keine Regie­rung versagt. Kläglicher als diese Regierung sei wohl noch teine, auseinandergefallen. Jezt erlebe man, daß die Bürgerblock Roa­litionsparteien sich gegenseitig bekämpfen.

Wenn die Deutsche   Boltspartei, in ihrem Wahlaufruf erklärt, in Preußen sei eigentlich nichts geleistet worden, und das wenige Erreichte nur durch vernünftige Mitarbeit der Deutschen Volkspartei   zustande gekommen, so möchte ich doch erklären, daß ich als Leiter der preußischen Regierungspolitik es nicht als praktische Mitarbeit bezeichnen kann, wenn die Volks­partei für einen fommunistischen Antrag stimmt, mir als Minister­präsidenten das Vertrauen zu entziehen, wenn ich die Außen= politik des Führers der Deutschen   Volkspartei Dr. Stresemann unterstüte.

Die preußische Regierung brauche das Urteil des Volkes nicht zu fcheuen.

Sie hat durch den Mund des dienstältesten Ministers Dr. Hirtfiefer einen Rechenschaftsbericht erstatten lassen, wie es die Re­gierung eines Volksstaates dem Volke, dessen Vertrauen allein die Regierung stützt, schuldig ist. Nachdem sich die Rechtspresse ihrer journalistischen Pflicht entzogen hatte, ihre Leser von diesem Rechenschaftsbericht zu unterrichten, mußte die Regierung von sich aus für dessen weiteste Verbreitung sorgen. In einer aus­führlichen Polemik gegen die Deutschnationalen erklärte der preu­Bische Ministerpräsident, diese Partei habe, um Ministersessel zu er­langen und an, wie sie selbst sage, die Futtertrippe zu ge= langen, Locarno   und den Völkerbund und alles an­dere geschludt, was sie vorher entschieden ablehnte.

Diese Zweideutigkeit der deutschnationalen Politik sei schuld daran, daß in der Außenpolitif nichts erreicht werden konnte.

Auch auf wirtschaftlichem Gebiet habe diese Regie­rungsfoalition versagt. Könne es ein furchtbareres Bekenntnis des völligen Banterotts der deutschnationalen Politik geben, als wenn jetzt in deutschnationalen Wahlaufrufen zum Aus­drud gebracht wird, daß die Landwirtschaft vor dem Zusammen­bruch stehe? Das ist das Ergebnis einer mehr als einjähri= gen Bürgerblodpolitit mit einem deutschnationalen Reichs­

ernährungsminister.

Auch auf sozialpolitischem Gebiet habe die Bürger­blockregierung völlig versagt. Der Ministerpräsident wandte sich dann gegen den Wunsch der Deutschnationalen, troß dieser Notzeit die Ansprüche der Standesherren mit 25 Prozent aufzuwerten und lehnte die deutschnationale Steuerpolitik ab,

Der verhinderte Justizmord.

Die Magdeburger   Richter Hoffmann und Kölling verdächtigen noch heute einen Un­schuldigen der Teilnahme an einer Mordtat. Unser Bild zeigt sie vor dem Disziplinarsenat am Kammergericht. Im Vordergrund ganz rechts Hoffmann, links neben ihm Kölling.

Der Bilderdiebstahl auf Kadolzburg  

Kunsthändler Arnim Schmidt in Amsterdam   verhaftet.

Gegen Ende Februar dieses Jahres erregte der Diebstahl| nach Fürth   in das Untersuchungsgefängnis gebracht, ebenso der Ein­der Mathias Grünewald   oder Cranach   zugeschriebenen Predella aus der Kapelle der kadolzburg in Fran­fen großes Aufsehen. Die Aufklärung erfolgte bereits vier­zehn Tage später. Mit Wissen und auf Veranlassung des Berliner   Kunsthändlers Friedrich Wilhelm Lippmann, eines Kunsthändlers und-tenners Arnim Schmidt und eines Münchener   Kunsthändlers August Meyer waren zwei gewerbsmäßige Berliner   Einbrecher, ein Ernst Graske und ein Hermann Zahn, der aus der Gegend der Kadolzburg stammt, mit dem Chauffeur Günther Breitfeld von Berlin   in einem Auto nach der Kadolzburg   gelangt..

Die beiden Einbrecher holten in der kurzen Zeit von kaum zehn Minuten die Gemälde aus der Kapelle heraus und jagten mit der Beute nach Berlin   zurüd. Lippmann übergab hier die Altarflügel einem Bildhauer, der sie in vier Einzel­bilder zerlegte, Bei ihm entdeckte die Kriminalpolizei die wert­vollen Gemälde. Lippmann und Meyer wurden festgenommen und

die die Besitzenden entlastet und die Beſizloſen immer mehr belastet, Ein Polizeiauto umgestürzt.

so daß z. B.

das gesamte Steueraufkommen aus der Landwirtschaft nur

3 Proz. betrug, obwohl die Landwirtschaft 30 Proz. der Be­

völkerung darstellt.

( Fortsetzung auf der 2. Seite.)

Bericht 2. Seite

Die Erdbeben auf dem Balkan  .

Bericht 4. Seite

brecher Zahn. Durch eine umfassende Fahndung der Berliner   Krimi­nalpolizei ist es jetzt gelungen, Arnim Schmidt in Amster dam festzunehmen. Seine Auslieferung wird beantragt werden und voraussichtlich auch erfolgen, weil es sich um einen quali­fizierten Diebstahl handelt. Schmidt, ein Mann von 29 Jahren, stammt aus Bonn   und gilt in Kunstfreijen als guter Kenner. Seine Kenntnisse verdankt er besonders dem Umgang mit Lippmann. Die Kriminalpolizei hatte auch früher schon mit ihm zu tun. Im Jahre 1927 spiegelte er der Gattin eines Berliner   Malers vor, daß ihr Mann ihn beauftragt habe, mehrere Gemälde abzuholen, weil fie zum Kauf angeboten werden sollten. Die Frau gab die Bilder auch heraus, war aber so vorsichtig, sich die Erkennungsnummer des Autos zu merken, mit dem Schmidt sie abgeholt hatte. Der Auftrag erwies fich als Schwindel. Die Kriminalpolizei ermittelte Schmidt und nahm ihm die Gemälde, die er für seine Tasche hatte verkaufen wollen, wieder ab. Einen raffinierten Automobilbetrug verübte Schmidt schon am 2. dieses Monats in Gemeinschaft mit dem noch flüchtigen Chauffeur Breitfeld, der dabei unter dem Namen Brettfelder" auftrat, während Schmidt. sich Bergmann" nannte. Die beiden verkauften einem Frankfurter   Händler durch notariellen Vertrag einen Wagen für 4000 Mart. Es ergab sich Bald, daß sie ihn durch falsche Vorspiegelungen sich verschafft hatten. Der Käufer war faum in Frankfurt   angelangt, als ihm der Wagen wieder beschlagnahmt und abgenommen wurde. Breitfeld wird dieses Schwindels wegen noch gesucht. Arnim Schmidt hat in Amsterdam  bereits ein volles Geständnis abgelegt.

Heute abend 730 Uhr: Alle in den Sportpalast!