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Nr. 215 45. 3obraang 1. Beilage des Vorwärts

Der Mensch ist nie zufrieden- taum daß einige Tage hindurch|

Die Sonne scheint, stöhnt er schon über Hize und Trockenheit. Nun, so schlimm ist es nicht: Die Abfühlung der Nächte sorgt dafür, daß die Pflanzen felbst da, wo sie nicht ertra gegossen merden, sich er: hnlen. Gut ist es natürlich, neue Anpflanzungen genügend feucht zu halten, damit die jungen Wurzelit erstarten und das Pflänzchen freudig weiterwächst. Aber mit dieser Mühe muß der Gärmer und Gartenfreund immer rechnen: nur selten, daß der Himmel nach fertigen Pflanzen die Besprengung fosten und mühelos übernimmt.

Die Arbeit drängt.

Sicherlich find mir diesmal mit der Bestellung um 3mei, drei Wochen zurüd. Die falten Märznächte haben selbst die in Kästen herangezogenen Bflänzchen nicht schnell wachsen lassen, und statt Der sonst im April fich drängenden Bflanzenarbeit ist noch heute diese zu leisten: Die Anzuchtfästen stehen noch redyt gefüllt, da die Sibnehmer nicht so schnell das Gefaufte ins Land bringen können. Daß dabei die Gefahr ist, daß die jungen Pflanzen zu überständig merden können, muß ein Grund mehr sein, um mit allen Kräften dos Bilanzgeschäft zu vollenden. Auch die Kartoffeln sind noch nicht alle gelegt, die Bohnen fommen auch heran, dann die Tomaten, Die Gurten dazu die Pelargonien als Baltonschmud, die Dahlien and Gladiolen für den Biergarten. In feuchten Stellen muchert auch fchon mieder das Unfraut, manche Bodenflächen gestatten megen des hohen, durch den vorjährigen Regen bedingten Wasserstandes erit, jezt die Bearbeitung, mit der Düngung hapert es vielleicht auch noch da fängt die Gartenarbeit an. wirklich eine Arbeit und feine Beschäftigung zu sein. Aber geschafft wird es doch, und wenn an folden warmen Tagen wie die jetzigen die Schmeißtropfen den Boden mitdüngen heifen: die Freude, auf eigener Scholle seinen Bedarf heranzuziehen und für Frau und Kind nicht nur Rahrung, sondern auch ein gesundes Ruheplätzchen zu schaffen, läßt schließlich alle Mühseligkeit vergessen.

Winterschäden.

hat

Daß ein Winter mit hohen Rältegraben einer großen Zahl von Eträuchern und Stauden verderblich sein fann, hat sich schon wieder­Fit. gezeigt: am schlimmsten war wohl der Schaden im Winter 1911/12, nach der großen Dürre des Sommers 1911. Aber auch cine andere Erscheinung hat sich in diesem Jahr wieder gezeigt: die I slimme Einwirkung der starten Märzfälle. Wir haben, ungleich Ten meisten Wintern, einen sehr langen non November bis April fich erstreckenden Winter gehabt und die sonst so oft sich bestätigende ofte füddeutsche Wetterregel Matteis( Matthias) brichts Eis er feins, macht er eins" ist nicht ganz mahr gewesen: Der Ende Februar fallende Matthias- Tag hatte Eis, aber er brach es nicht, sondern setzte im März noch etliche Kältegrade mehr darauf. Und tiefe späte Kälte hat den größten Schaden gebracht, da die Natur fich schon mieder unter dem Einfluß der längeren Lichtdauer und Fer allgemeinen Erwärmung geregt und den Pflanzensaft in Be­wegung gebracht hatte. So sind namentlich Rosen vielfach solche, Teren Bedachung mit Delpapier man schon abgenommen

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und

Jack London: Wolfsblut.

Er machte sich jetzt daran, eine Idee, die ihm gekommen war, auszuführen. Er dehnte das Feuer zu einem großen Kreise aus und ließ sich innerhalb desselben auf den Schlaf deden nieder, um sich gegen den schmelzenden Schnee zu schützen. Allein, faum mar er hinter der Flammenmauer verschwunden, als das ganze Rudel neugierig näher fam, um zu sehen, was aus ihm gemorden wäre. Bisher mar ihnen die Nähe des Feuers vermehrt gewesen, nun ließen sie fich dicht um dasselbe nieder, und wie Hunde zwinferten sie mit den Augen, gähnten und dehnten die mageren Glieder in der ungewohnten Wärme. Auf einmal setzte sich die Wölfin nieder, richtete die Nase zu den Sternen empor und begann zu heulen. Sogleich stimmte ein Bolf nach dem andern ein, bis das ganze Rudel mit himmelmärts gerichteten Rasen das Hungergeheut ertönen ließ.

Die Morgendämmerung kam und endlich das Tageslicht. Der Mann machte den Bersuch, den Flammenfreis zu ver laffen, aber die Wölfe stürzten über ihn her, und doch mußte

er Brennholz holen, denn sein Vorrat mar zu Ende und das Feuer heruntergebrannt. Zwar scheuchten die geschleuderten Feuerbrände die Wölfe zur Seite, doch nicht mehr völlig zurück, und als er es endlich aufgab und in den Flammenfreis zurüdtaumelte, sprang ein Wolf auf ihn los, doch zu kurz und fiel mit allen Bieren in die Kohlen. Das Tier schrie erschroden auf, fletschte die Zähne und hintte zurüd, um die Pfoten im Schnee abzufühlen.

Der Mann fauerte auf den Deden nieder. Den Ober. förper nornübergelehnt, den Kopf zwischen den Knien, schien er den Kampf aufgegeben zu haben, nur von Zeit zu Zeit hob er die Augen, um das Niederfinten des Feuers zu beob­achten. Der Flammenfreis begann Lüden zu zeigen, die allmählich immer größer wurden.

Bermutlich könnt ihr bald fommen, um mich zu holen," murmelte er. Auf jeden Fall will ich jetzt schlafen." Einmal erwachte er und sah in einer Lüde zwischen den Flammen gerade vor sich die Wölfin stehen und ihn unver­wandt anblicken. Wiederum wachte er auf, nur wenig später, obgleich es ihm schien, als seien Stunden verstrichen. Allein eine merkwürdige Beränderung war eingetreten, eine jo rätselhafte, daß er verwundert die Augen aufriß. Was fich gugetragen hatte, fonnte er anfangs nicht verstehen, doch bie

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Cottn Blütn Perste Frucht.

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Rantrojen ziemlich start abgefroren, meist sehr ungleichmäßig, je nach dem Schutz, den der Standort bot. Bei Ranfrpfen, die ganz ungeschütt stehen, tommt ein solches Abfrieren häufiger vor, doch treiben fic, ganz zurückgeschnitten, mieder aus aber ein Jahr ift verloren. Auch bei den anscheinend so minterharten ftachligen Mahonien find starte Berlufte zu verzeichnen ihnen ist auch die ipäte Kälte verderblich gewesen, da der Schneeschuh nur recht mangelhaft mar. Von Stauden haben Goldlack und Shefmütterchen starf gelitten.

Die ersten Blüten.

Bald wird der Flieder in dichten Dolden an den Sträuchern hängen und die Luft mit seinem töstlichen Geruch erfüllen. An­scheinend gibt es ein gutes Fliederjahr: gegen Kälte find die Knoipen nicht fehr empfindlich. Die Sonnenstrahlen liebfojen so recht die Fliederheden; selbst solche, die jahrelang feine Blüten bradyten, haben diesmal angefeßt. Und die Tulpen und Narzissen erfreuen das Auge mit ihren leuchtenden Farben, vom grellen Rot bis zum zarten Weiß sind alle Nuancen vertreten. Bei dem gemöhnlichen milderen und feuchten Winterwetter kommen die Zwiebelblumen nor dem Flieder, aber diesmal hat es erst der energisch lockenden

Мил

Bund 10

Die ersten Blüten.

Wölfe waren fort, nur der zertretene Schnee ringsum zeigte, wie nahe sie ihm gewesen. Der Schlaf übermannte ihn von neuem, sein Kopf jant herab, als er plöglich zusammenfuhr. Er hatte Menschenstimmen gehört, das Knirschen des Schnees unter den Schlitten, das Knarren von Lederriemen, das Bellen von Hunden. Bier Schlitten famen vom Flußbett herauf und nach dem Lagerplaz unter den Bäumen. Ein halb Duhend Leute umstanden den Mann, der mitten in dem ersterbenden Feuer hoďte. Sie rüttelten ihn, fie brachten ihn mit Gewalt zu sich. Er blickte sie wie ein Betrunkener an und lallte in seltsam schlaftrunkener Weise: Rothaarige Mölfin Wölfinfam mit den Hunden zum Füttern fraß zuerst das Hundefutter dann die Hunde und hernach Bill- ,, Wo ist Lord Alfred ?" schrie einer der Männer ihm ins Ohr, indem er ihn derb schüttelte. Der andere schüttelte den Kopf.

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,, Nein, den hat sie nicht bekommen. Der ist oben in den Bäumen am legten Lagerplaz."

,, Tot?" schrie der Mann.

Jaund im Rasten," antwortete Heinrich. Dann schüttelte er verdrießlich die Hand des Fragenden von der ulter ab und fuhr fort: ,, Laß mich in Ruh, hörst du? Ich bin ganz taputt. bin ganz faputt. Gute Nacht, ihr alle."

Die Augen fielen ihm zu, jein Kinn sant auf die Brust, und faum hatten sie ihn auf die Decken im Schnee gelegt, jo ertlang fein Schnarchen durch die frostfalte Luft.

Doch ein anderer Ton ließ sich noch vernehmen, schmach und in weiter Ferne das Geheul der hungrigen Wölfe, die auf andern Raub ausgingen, da der Mensch ihnen ent­

gangen war.

Zweiter Teil

1. Der Kampf mit den Zähnen. Die rothaarige Bölfin hatte zuerst den Klang von Menschenstimmen und das Gebell der Schlittenhunde gehört, und sie war auch zuerst von dem Manne im Flammenfreis weggesprungen. Die andern Wölfe hatten nur zögernd die Beute, der fie fo lange gefolgt maren, aufgegeben, und fie verweilten noch ein paar Minuten lang und versicherten sich erst der Töne, bevor sie ihrem Beispiel folgten.

An der Spize hes Rudels lief ein großer, grauer Wolf, einer der vielen Führer. Er zwang die andern, den Spuren der Wölfin zu folgen, und er fnurrte drohend oder schnappte zu, wenn die jüngeren Glieder des Rudels ihn überholen wollten. Auch beschleunigte er den Schritt, als er ihr, die langfam über die Schneefläche trabte, nahe tam.

Dienstag. 8. Mai 1928

Sonne bedurft. Allzu viel Blumenpracht zu gleicher Zeit hat aber der Berufsgärtner nicht gern: wenn das Publikum zwischen Tulpen und Flieder zu wählen hat, bleibt eins non den Kindern Floras ungetauft. Da Blumen nur dann gefragt" find, menn das Wirt­schaftsleben die Kurve nach aben zeigt, ist im Hinblick auf die augens blicklich beffere Gestaltung der deutschen Wirtschaft zu hoffen, daß auch der größere Segen, den die Sonne spendet, glatt abgesetzt mird. Die rote Pelargonie, unter deren Beständen in den Anzucht gärtnereien der Frostwinter auch Berheerungen gemacht hat, ist nach wie vor die beliebteste Balkonblume. Nur die blaue Petunie macht ihr einigermaßen Konkurrenz. Daß man mit richtig ge­mählten, in Folgen blühenden Sommerblumen sehr schöne defora tine Wirkungen erzielen fann, ist den meisten Baltongärtnern nicht bekannt. Allerdings mürden sie, da ein solcher Schmud mehr Ar­heit erfordert, sich doch nicht mit ihm befreunden. Es wäre aber eine schöne Aufgabe für die Stadtgärtnereien, durch Ausstellung Don Musterausschmückungen diejenigen zu gewinnen, die Zeit und Raum für die Heranzucht übrig haben

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Blumen sind Lurus, aber nichts macht sich mehr bezahlt als die Nickel, die man für Blumen ausgibt. Blumen sind ein Kul­turfattor ersten Ranges; fie gewöhnen an Ordnung, Rein fichkeit und wecken den Schönheitssinn. Mit Recht ist deshalb der Schulgarten zu einem wichtigen Faftor der Erziehung geworden. Man sieht die Kleinen und Großen gleich emfig bei der Arbeit on dem allgemeinen Stück oder der eigenen Parzelle. Blumen werden betreut und Gemüse gezogen, die die wirtschaftlichen Kenntnisse der Kinder bereichern. Die ersten Radieschen, der erste Salat melch ein Jubel, wenn die Ernte zu Hause vorgezeigt wird. Und mena Bater dann den ersten selbstgezogenen Spargel und Mutter die ersten zarten Rhabarberstauden hinzufügt, dann gibt es auch ohne Rebrüden oder Kapaun ein lufullisches Mahl, mie es eben nur die eigene Scholle bieten kann. Die Saifon der selbstproduzierten Ge­nüsse ist eröffnet: was nicht gleich in den Magen mambert, spaziert ins Konservenglas. Wird dies dann im Winter geöffnei, denft re mand mehr an die Mühe, die die paar Pfunde Obst oder Gemise cinst im Frühling oder Sommer verursacht haben.

Die Fleischermeister protestieren" ,, Der Bürgerblod ist schuld- wählt den Bürgerbled!"

Eine fonderbare Kundgebung leiffete sich der Deutsche Fleischerverband mit einer am geffrigen Nachmittag im Saalbau Friedrichshain veranstalteten Pro­teffnersammlung", die sich gegen die Bevorzugung der Konjumnereine bei der Reuverteilung des Gefrierfleischtontingents" richtete. Trotzdem man zu diefer Veranstaltung die Organisationsmitglieder aus dem ganzen Reiche aufgeboten hatte, wies der Saal erhebliche Cüden auf.

Der Bersammlungsvorsitzende 2amer eröffnete die Beran­staltung mit einem furzen, infolge der leifen Stimme für dett größten Teil der Zuhörerschaft sehr schlecht verständlichen Referat, in dem er die Aufhebung des Gefrierfleischtontingents und die uit beschränkte Einfuhr Don 301lfreiem Gefrier= fleisch forderte. Forderungen, die nur zu begrüßen find! Nach einer feierlichen Versicherung, daß die Kundgebung un politisch" fei, gab er der Bersammlung den Rat, am 20. Mai nur die bürger­lichen Barteien" zu wählen. Eine seltsame Konsequenz! Wie das mit dem vernichtenden Urteil zu vereinbaren ist, das die Versammlung über die Leistungen der Bürgerblockregierung und im besonderen über die Tätigkeit des deutschnationalen Landwirt­schaftsministers Schiele fällte, bleibt das Geheimnis des Herrn Lamery. Man sprach in der Diskussion, in der fich eine starte Opposition gegen die Verbands­fettung bemerkbar machte, von dem ,, infamen Kuhhandel der bürgerlichen Parteien", empfahl als zufünftige Retter die Reichstagsfandidaten einer Mittelstandspartei und schimpfte meid­lich über den schwarzmeißroten Sozialisten" Schiele, der den Konsumgenossenschaften die Käufer in die Läden treibe. Zmischen­ruje wie Aufhängen" und An die Wand stellen!" illustrierten die Unzufriedenheit mit den Vertretern der an der

Sie lief neben ihm her, als sei das der ihr gebührende Plaz, und hielt mit dem Rudel Schritt. Er fnurrte sie nicht an, noch zeigte er ihr die Zähne, wenn sie zufällig einen Sazz ihm voran machte. Im Gegenteil behandelte er fie freund­lich, für ihren Geschmack sogar zu freundlich, denn er drängte sich gern an sie heran, und dann zeigte sie ihm fnurrend die Zähne, und einmal biß sie ihn sogar in die Schulter. Allein er bezeigte teine Empfindlichkeit, sondern sprang nur zur Seite und machte steifbeinig ein paar linkische Säge, wobei er in Haltung und Benehmen einem verlegenen jungen Bur­schen vom Lande glich.

Dies war fein einziger Berdruß, wie er so mit dem Rudel dahinlief, allein sie hatte deren mehr. Auf ihrer andern Seite lief ein hagerer, alter Wolf, ergraut und mit den Nar ben mancher Schlacht bedeckt. Er lief thr immer zur Rechten, denn er hatte nur ein Auge, und zwar das linte. Auch er hatte die Neigung, ihr so nahe zu fommen, daß seine narben­volle Schnauze ihr die Schulter oder den Hals berührie, allein diese Aufmerksamkeiten, wie ähnliche des Gefährten ihr zur Linken, mies sie mit den Zähnen zurüd. Benn aber beide Liebhaber sie zu gleicher Zeit bedrängten, so mußte fie fich nach beiden Seiten hin mit raschen, scharfen Bissen mehren, um fie fortzutreiben, während sie zugleich mit dem Rudel Schritt halten und auf den Weg aufpassen mußte. In solchen Augenblicken knurrten die beiden Nebenbuhler fich drohend und zähnefletschend an. Sie hätten miteinander gefämpft, menn nicht Werbung und Eifersucht vor der drin genderen Not des Hungers in den Hintergrund getreten wären.

Nach jeder Abweisung, menn der alte Wolf den scharfen Zähnen des Gegenstandes seines Verlangens auswich, fties er gegen einen jungen, dreijährigen Nivalen, der auf seiner blinden Seite lief. Dieser junge, aber völlig ausgemachsene Wolf bejaß wegen des schwachen und verhungerten Zustandes des Rudels mehr als durchschnittliche Kraft und Kühnheit. Nichtsdestoweniger lief er neben dem alten Einäugigen stets nur so bin, daß sein Kopf mit der Schulter des letzteren in gleicher Linie blieb. Bagte er sich weiter vor, was nur selten geschah, so schnappte der Alte zähnefletschend nach ihm und trieb ihn an den früheren Platz zurüd. Manchmal blieb er jedoch langsam und vorsichtig zurüd und drängte sich zwischen den Alten und die Wölfin. Dies trug ihm jedesmal zwei-, ja dreifache Ahndung ein. Während die Bölfin ihm nur die Zähne mies, pflegte der Alte sich gegen ihn zu drehen; tat dies jeboch auch einmal die Wölfin, jo mischte sich auch ber junge Führer zur Linken sin, Wortjegung folgt.)