Prügel-Quaah. Oeuffchnationole Wahlmethoden. Eine wüste Sqene spielte sich am Mittwoch abend in einer deutschnationalcn Wöhlerversammlung ab, die im Cafe Sanssouci in Potsdam stattfand. Nach Referaten des dsutfchnationalen Reichs» tozskanÄidaten und bisherigen Abgeordneten Geheimrat Dr. Q u a a tz lind des Stahlbelmführers, Frei Herrn Ms dem, hotte unser Ge- ttosse Adolf Philippsborn in Potsdam dos Wort zur Dis- kufsion erhalten. Als er feine Ausführungen machen wollte, wurde ihm aus der Persammlung zugerufen:.haben denn die Sozialdemo- kraieu kein? christlichen liedner. haben sie denn nur Juden?" Hier- auf erklärte Gcnosie Philippsborn:.Schon einmal während des Wahlkampfcs vor den Stadtverordnetenwohten ist mir ein ahn» licher Zuruf gemacht worden. Da möchte ich denn doch fragen: Ist es wahr, was die.Dresdner Neuesten Nachrichten " im Dezember 1924 geschrieben hoben, dost auch die Müller des Herrn GeHelm- rals Qvah Jüdin gewesen ist? Bei diesen Worten sprang Geheim- rat O u a tz auf und rief:„Beleidigen Sie meine Mutier nicht!" Dabei schlug er mit den F ä u st e n auf den Genossen Philipps- dorn ein. Wenn dieser nicht im letzten Augenblick auf der Bühne, wo er stand, einen halt gefunden hätte, so wäre er in den Saal hinuntergestürzt. Bon allen Seiten drangen nun Stahlhelmer auf den Genossen Philippsborn«in, der nur durch da« Dazwischen� treten von Parteifreunden mtd Reichsbannerleuten aus der bedrohlichen Situation gerettet werden konnte. Inzwischen war eine größere Abteilung von Schupobeamten in den Saal ge« eilt, unter deren Schutz es den Freunden der Sozialdemokratischen Partei gelang, den Saal zu verlassen, w dem die Stohlhelmer sich in überwältigender Mehrheit befanden. Di« Empörung über die Gewalttat des deusschnati analen Geheimrats Dr. Quaatz ist nicht nur w den Kreisen unser«? Partei. freunde außerordentlich groß, sie wird, dos konnte man hören, auch von anständigen Elementen in den Rechtsparteien geteilt.
Das Tagebuch von der Motte. Oer Prozeß endet mit einem Vergleich. Zwischen dem Kapitän zur See a. D. M a x F i s ch e r, dem eh»> maligen Ersten Offizier auf dem Linienschiffkreuzer„Derfflinger". dein Verfasser des Buches„Warum die Flotte zerbrach". Richard Stumpf und dem Redakteur der„Vossischen Zeitung" Dr. M i s ch kam es gestern in der Beleidigungssache nach einem längeren hin und her zu einem Vergleich. Der Kapitän nimmt die Klage zurück. Es wird festgestellt, daß Stumpf an der betreffenden Stelle seines Buches über«in Gerücht berichtet hat. Stumpf war im übrigen bereit, den Beweis zu erbringen, daß Kapitän Fischer bei der Mann- schaft besonders unbeliebt war.
Oer Prozeß um Gädecke. Vernehmuag der amtlichen Zeugen. Stetkla, IS. Mai.(Eigenberichts In dem ProzeßgegenKlapprothund Genossen wurde am dritten Verhandlungstag zunächst der Zeuge Amtsgerichtsrat Leitzmann(Küstrin ) vernommen Leitzmonn führte seinerzeit dl« Vernehmungen in Sachen der Munitionsschiebung. an der Gädecke beteiligt war. Der Zeuge sagt aus: Hauptmann Lindig, der da- malige Adjutant der Kommandantur Küstrin , Hobe ihn am Dar- mittag des IS. Juni, dem Tage de, Mordversuches an Gädecke, er- iucht, Gädecke nicht zu oerhaften. Später sei ihm von der Kommandantur die Verhaftung des Gädeck« nahsgelm worden. Die Anklagebehörde folgerte aus dieser später von der Kommandantur gewünschten Verhaftuna Gädeck«, daß sie von Schulz oeran- laßt wurde, um den mißglückte« Mordversuch an Gädecke zu«er- tusche». Der Zeug« Reichs wehrhauptma im Lindig bestätigt die Der- abredung mit dem Amtsgerichtsrat Leitzmann, sedoch habe er gleich- zeitig darum ersucht, die Munstionsschieber nicht nach dem Militär- sirasgeletzbuch zu behandeln, da sie keine Soldaten, sondern nur Angestellte seien. Nach der Beschlagnahme der verschobenen Munition habe er sich mit Schulz besprochen. Gädecke den ordent- lichen Gerichten zu überweisen und dem Leutnant Knüppel befohlen» Gädecke in das Gefängnis überzuführen. Oberst von Hammer. st e i n sagt als militärischer Sachverständiger aus, es sei anzu- nehmen, daß das Arbeitskommando zunächst oersucht habe, die Mu- niiionsschiebung selbständig zu verfolgen. Er hält es auch für möglich, daß Leutnant Knüppel durch ein telephonisches Geheimgespräch dem Angeklagten Schulz Mitteilung davon nach Berlin gelangen lieh. Zeuge G u d o v i u s, seinerzeit Oberst und Kommandant in Küstrin , sagt aus, daß ihm Schulz am Mittag des 16. Juni die Festnahm« Gädeckes vorgeschlagen hob«. Am gleichen Tage abends Hab« er von der Verwundung Gä- deckes erfahren. Die Derhandlunge« werden am Freitag fortgesetzt.
Die Lapantmppeu in China . Sin Zusammeafioß bei Tientsia. Peking . IS. Mai. Bei Tientsin hat sich der erste Zusammenstoß zwischen einem japanischen Dorposten und der chinesischen Südarmee ereignet. Der japanische Dorposten wurde entwaffnet und gefangengenommen. Dem japanischen Oberbefehlshaber in Tientsin haben die chinesischen Südtruppen mitgeteilt, daß sie heute die frühere russische und deutsch « Konzession zu besetzen beabsichtigen. Die Japaner haben Anweisung, die chinesischen Truppen nicht in die Stadt hineinzulassen. Um das Konzessionsgebiet sind Befestigungen er- richtet. Tausende Nordchinesen belagern den Bahnhof, um in die Mandschurei zu flüchten. Wegen der Borgänge in Tsinanfu haben die Japaner an Südchina harte Sühne forderungen gerichtet! Der japanische General Fukuda hat au» Tsinanfu dem Kriegsmimstermm gedrahtet, daß General Tschiangkaischek da» japanische Ultimatum er- hallen und ihm telegraphisch benachrichtigt habe, er lehne eine Eni- schuldigung ab, sei aber bereit, die anderen Punkte des Ultimatums teilweise anzunehmen. Die Schuld an den Zwischenfällen in Tsinanfu trügen auch japanische Truppen: auch er, Tschiangkaischek, er- hebe Forderungen gegenüber dem japanischen Kommando.
Der rumänische Exkrouprinz Carol hat gewissermaßen flucht» artig England verlassen. Er wird voraussichtlich zunächst Brüssel Heglücken. Tod eines Gesandten. Der portugiesisch« Gesandte in Berlin , Da talha de Freito». ist an de» Folg«, einer Operation gcstorbeu,
Traum des Sirelißer Oberstaatsanwalts.
Der Fall Iakubowfti. Antwort des Reichsjustizministers an die mecklenburgische Gtaatsegiemng.
Amtlich wird mitgeteilt: Der Reichsjustizminifter hat zu dem Erjuchsn, das die Landes- sustizverwoltunz von Mccklenburg-Strelitz in der Angelegenheit Iakubowfki an ihn gerichtet hat, durch das uachstehend mtd- geteilte Antwortschreiben Stellung genommen: „Msbald noch meiner Rückkehr ist mir über das Ersuchen be- richtet worden, dos Herr Ministerialrat Dr. Pagel gestern hier in Ihrem Auftrage vorgebracht hat. Ich bitte, mir dazu einig« grundsätzliche Bemerkungen zu gestatten: Di« Entschließung darüber, ob und welche Maßnahmen seitens der Justizverwallung in der Anglegenheit Iakubowski zu treffen sind, steht nach der verfassungsmäßigen Abgrenzung der Zuständig- leiten zwischen dem Reich und den Ländern ausschließlich der Landesregierung von Mecklenburg-Strelitz zu. Die Verantwortung, die hiernach der Landesregierung zufällt, ver- mag ihr durch die Reichsjustizverwaltung nicht abgenommen zu werden. In der Lage, in der sich die Angelegenheit gegenwärtig befindet, erscheint mir eine Zurückhaltung des Reichs- justizministeriums auch um deswillen geboten, damit auch der Anschein eiiwS Uebergriffs in den Wirkungsbereich der Gerichte vermieden wird. Es kommt hinzu, daß der Fall Iaku- bowski bei den weiteren Verhandlungen über die Strafrechts. reform voroussichtlich im Reichstag erörtert werden wird und daß der unbefangenen Würdigung, die dabei vom Reichsjustiz- Ministerium erwartet werden darf, vorgegriffen würde, wenn ich
der Angelegenhell im gegenwärtigen Stadium irgendwie näher trete. Au» diesen Gründen kann für mich nicht in Frage kommen, in d« Angelegenheit einen Rat zu erteilen: ebensowenig kommt für mich in Frage, etwa meinerjeits eine Pers önlichtel t mit der Prüfung der Angelegenheit zu betrauen oder auch nur Ihnen«in« Persönlichkeit zur Ver- f ü g u n g zu sie l l e n. die mit der Reichsjustizverwaltung in irgendwelcher Verbindung ficht. Indem ich von diesen Erwägungen ausgehe, darf ich Ihr Er» suchen dahin auffassen, daß ich Ihnen auf Grund der Personal» kenntni» des Reichsjustizministeriums eine Persönlichkeit benennen möchte, die Ihnen bei Ihren Entschließungcn in der Angelegenhell zur Sell« stehen könnte. Für den Fall, daß Sie die Unterstützung durch eine Persönlichkeit, die in besonders hoher, t Maße über kriminalistische Kenntnisse und Erfahrungen verfügt, für geboten erachten, darf ich mir gestatten, Ihre Aufmerksamkeit auf Herrn Dr. h. a. Fritz« in Berlin , den langjährigen früheren Staatssekretär im preußischen Justizministerium, Herrn Dr. h. c. Bünger in Dresden , den früheren sächsischen Iustizminister und den Senotspräsidenten beim Reichsgericht i. R. Herrn Richter in Leipzig zu lenken. Da Ihr Ersuchen in der Presse erörtert worden ist, habe ich geglaubt, Ihr Einverständnis dazu voraussetzen zu dürfen, daß ich auch von dem Inhalt dieses Schreibens der Oeffsntlichkeit Kenntnis gebe. gez. h e r g t."
Schutzzoll muß abgebaut werden. Englische Warnungen in Genf . Genf . 16. Mai.(Eigenbericht.) Der englische Wirtschastsredokteur 2 a y t o n zeichnete im Wirt- fchaftsrat die bisher erreichten Resultate der Weltwirtschaftskonse- ratz und den weiter zu verfolgenden Weg m einer Weis«, die an Klarhell und Eindringlichkeit oll« bisher gehaltenen Reden über- trifft. Ausgehend von einer langsam eintretenden Wirkung der Brüsseler Finanzkonferenz betonte Layton, daß demgegenüber sich im deutsch -französischen Handelsvertrag mll der Anerkennung der Meistbegünstigungsklausel durch Frankreich und anderer glücklicher Auswirkungen der Wcltwirtschoftskonserenz ergeben haben. Keines- fall» ab» können di« erreichten Refullate die gefährlich« Tatsach« aufwiegen, daß die Zolltarife heute im allgemeinen höher sind als im Mai 1927. Selbst Länder mll niedrigen Tarifen erwägen die Erhöhung ihr» Zölle. In England wären selbst Schutzzöllner berell, an «man weiteren Abbau der Zölle mitzuwirken. Wenn aber di« Erhöhung der Zölle bei anderen Ländern im selben Maß« wie bis- Her fortschreitet, so müsse sich England sein« Handlungsfreiheit vor» behallen. Ohne mll Repressalien zu drohen, müsse ausgesprochen werden, daß la England wie l« alle« Frrihandelsläudcrn da» Gefühl vor. herrscht, daß sie iu der gegenwärtigen Situation übervorteilt sind. Mau bedenk« ab», daß ein Uebergang England» zum Hochschutzzollsystem ein vernichtender Schlag für die Entwicklung des Freihandels in der ganz«, Well sein würde. Die Notwendig- kell internationaler Frei Handelsmaßnahmen ist darum dringender noch als vor einem Jahr. Vor dem Kriege gingen die Zolltarife infolge de» Fallens der Preise indirekt herab, während heute die Zollsätze direkt und indirekt steigen. Als Beispiel für die Wir- kung der Zollbarrieren wies Loyton auf Amerika hin. Die europäische Einfuhr nach Amerika stagniert seit drei Jahr«,, ebenfalls geht die Ausfuhr Amerikas nach Europa zurück. Die Wirkungen hohen Schutzzolles gehen aus einer Veröffentlichung eine« anderen Hochschutzzollondes, Australien , klar hervor. Die Australische Wirtschaftskammer schreibt in einem Bericht: „Die Resultate unser» hohen Zolltarife sind Preiserhöhungen, Verteuerung d» Lebenshaltung und eine Tendenz der Industrie. sich träge hink« d» Zollmauer auszuruhen. Nicht di« Fabrikamen, sondern auch di« Landwirtschaft fordern weitere Zollerhöhungen, obwohl der Zollschutz in vielen Fällen eine Verminderung der Produktion herbeigeführt Hot und überlobte Ausbeutungsmethoden begünstigt" hrnstchtlich positiver Vorschläge erklärte sich Layion mit den Be- denken Iouhaux' gegen di« Behandlung einzelner Zollsätze gruudsätzSch«noerstandell und fordert«, daß man zum mindesten
die allgemeine prozentual« Herabsetzung der Zölle in Angriff nehmen solle. Di« Dumping-Praktiken, die notwendig die Folgen d» Schutzzölln»« sind, müsse der Wirtschaftsrat bekämpfen. Nötig fei die Aufstellung internationaler Zollindexe, und nach Stabilisierung der Valuta müsse die Frage der Kaufkraft des Goldes und eines Internationalen Preisousgleiches international be- handelt«erden. Mit der Forderung schnellen Arbeitens und dem Hinweis, daß der Wirtschaftsrat nur die UMerstützpng der Oeffentlichkeit finde, wenn er an der Spitze der Bewegung für die Beseitigung der Handels- und Produktionsbarrieren stehe, schloß Layton seil« Au?- führungen. Der Vorsitzend« der Wirtschaftskommission antworte!« auf die Fragen Laytons, für welche speziellen Waren man internationale Zollherobsetzungen einführen wolle, daß z. B. eine internationale Vereinbarung über die Zölle für Stahl, Aluminium und holz wohl denkbar wäre. Der Wirtschaftsrat hat am Schluß der Aussprache zwei Aus- schüsse zur Beratung der Zucker- und der Kohlefrag« eingesetzt. Eft, dritter Ausschuß wird sich mit der Agrarfrage und den eingebrachten Anträgen, soweit sie nicht Kohle und Zuck» be- treffen, beschäftigen. Oer Colmarer Lockspitzelprozeß. Weitere Briefe des Gchandbvben Colmar , 15. Mai. (Eigenbericht.) Im Autonomistenprozeß wurden weitere Briefe des Haupt- belaftungszeugen Riehl verlesen, die lediglich aus B e f ch i m p f u n- gen Frankreichs bestehen. In einem Brief heißt es, Frank- reich sei verseucht bis aufs Mark. In einem anderen wird gesagt: „Wir«ksässisch-lochringischen Bulldoggen werden ganz tief den hals der syphilitischen Mariann« anpacken und ihn eher loslassen, bis sie uns von der Leine läßt." Riehl bekennt sich als Slbsend» der Brief« und behauptet, sie seien der Niederschlag der in Autona- mistenversammlungen ausgesprochenen Gedanken. Schließlich gesteht Riehl, daß er mii dem Stahlhelm und an- d»eu deukschea Organisattonen la v«bindung gelreien ist. um Leziehungen zwischen ihnen und den Aulonomisten festzustellen. Rechtsanwalt P a l m i e r erklärt, er richte aus Ekel gegen den Zeugen keine Frag« an ihn. Der angeklagte Eisenbahnbeamte S t ü r m e l. der von Riehl besonder» belastet ist, wirb vernommen und sagt aus, Riehl fei infolge seiner Spitzeleien au» der Heimatbewegung aus- geschlossen worden. Auf ganz bestimmte Fragen, die Stürme! an ihn richtet, muß Riehl zugeben, daß noch seinem Wissen kein Mitglied der Heimatbewegung Beziehungen zu deutschen chouvi- nistischen Organssationen unterholten hat. Zwei wettere Belastungszeugen, der Chef der Mülhaus» Kri minalpolizei . Victor Boltz, und d» Schulrat Bourgouin aus Colmar sagen nicht« von Bedeutung gegen die Angeklagten aus