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Bürgerliche Filmwelt.

Bon Felix Scherret.

Ein hoher Offizier verliert plötzlich sein Vermögen und rutscht beshalb rapid die foziale Stufenleiter hinab, wird Arbeiter, Kellner, Arbeitsloser und fostet in vollen Zügen das Vergnügen aus, durch angestrengte Körperarbeit Geld zu verdienen. Da die Gegenwart im Zeichen des Glücklichen Endes" steht, geht es nicht an, daß der Unglückliche irgendwo auf einer Bartbant als Arbeitsloser fein Leben beschließt. Er muß aus Gründen der Filmgerechtigteit wieder auf steigen. Schön, warum soll auch der Mann im Glend verkommen? Doch nun gibt es verschiedene Möglichkeiten der Regeneration. Er findet vielleicht, daß die Proletarier ebenfalls anständige Menschen find, bleibt unter ihnen und bringt es schließlich bis zum Wertmeister oder bis zum Oberfellner und Hotelwirt, er gründet sich eine gute Erifteng auf einer neuen Basis. Aber dieser Schluß würde nicht der Einstellung des Films entsprechen, der Mann wäre feineswegs rehabilitiert, er ist es erst, wenn er wieder dieselbe gesellschaftliche Position gewinnt, mit der er früher renommieren konnte.

Abgesehen von einigen Spizenerscheinungen des westeuropäi­schen Films, von Historien, von amerikanischen Grotesten und von den Russen bevorzugt der Film im Durchschnitt eine Welt, in der der Moraltoder einer Courths Mahler herrscht. Es ist eine Welt, in der nur der Arrivierte recht behält, in der die herrschende Klasse, sei sie aristokratischen oder plutokratischen Charakters, als der Inbegriff des Wertvollen, Erstrebenswerten gilt. Opposition dagegen wäre Sünde wider den heiligen Geist. Wer das Glück hat, oben zu figen, würde als Wahnsinniget angesehen werden, wenn er das Paradies frei willig verließe. Darum geht auch Graf Nechludoff in der amerita­nischen Berfilmung von Tolstois ,, Auferstehung" nicht nach Sibirien , sondern begnügt sich mit der Erklärung, hin und wieder den Armen zu helfen, und erreicht damit die Grenze des Claubten.

des

In deutschen Film sind diese Charaktereigenschaften nicht so scharf umrissen ausgeprägt wie im amerikanischen, denn er schildert auch hin und wieder mit ganz sympathischen Farben die vom Glück weniger Gesegneten, und es ist sogar möglich, daß ein Arbeiter im Proletariat bleibt, selbst wenn er zum Schwiegersohn eines Magnaten avancieren könnte, doch wird wenigstens dann der junge Arbeiter, der so fabelhaft Fußbälle zu placieren versteht und allen Lockungen bürgerlicher und adfiger Klubs siegreich widerstanden hat, wegen Goldgehaltes feines Charakters vom Bürgertum gerührt an das Herz gedrückt. Gewöhnlich glaubt der deutsche Gesellschaftsfilm die soziale Frage dadurch zu lösen, daß der Sohn des Fabritbesizers das blonde Proletariermädchen heiratet. Eine Familie ist im Hafen der Bürger­lichkeit gelandet, und man fann ihr, wenn man Neigung dazu ver­spürt, fymbolische Bedeutung verleihen. Die Amerikaner find in dieser Beziehung noch entschiedener. Hier sind die einzigen Ideale der Fordwagen, das Einfamilienhaus und vor allem Anerkennung bei den Leuten mit dem imponierenden Konto. Es ist selbstverständlich, daß das kleine Badenmädchen mit dem unwahrscheinlich tugendhaften Benehmen feinen Buchhalter oder Kassierer heiratet, sondern den zufünftigen Chef aus der Nähe der fünften Avenue. Immer kommt ein Lohengrin, der für die Wunder des dollargefegneten Bürgertums zeugt. Vielleicht hat sich aus diesem Grunde der amerikanische Film die Welt erobert und nicht dant seiner überlegenen Technit, seiner Spannung und feiner Sensation.

Der Film ist zu einer Wunscherfüllung des Bürgertums ge­worden. Er zeigt eine Welt, wie sie der Bürger gerne haben möchte, eine Welt von Eleganz, Lurus und Liebe, in der die Sorgen des

Aftags nur an der Peripherie auftauchen. Er fpiegelt ble beafe des Bürgers, er häuft auf ihn allen Glanz, er macht für seine Wohl­anständigkeit Propaganda. Immer wieder wird offenbar, wie ehr­lich, gutmütig und anständig die Mitglieder dieser Gesellschaftsschicht sind. Warum werden fie gehaßt oder in gegnerischen Zeitungen an gegriffen? Das bleibt völlig unverständlich. Die bürgerliche Gesell schaft setzt sich selbst im Film ein Denkmal und bearbeitet auf diese Weise die Masse der Indifferenten, macht sie indirekt dem Bürger­blod" gefügig. Dies ist das wahre Gesicht des Films, wenn man von den schauspielerischen Leistungen, von den Künften des Re­giffeurs, von der mehr oder minder spannend geführten Handlung abstrahiert.

Andererseits bietet der russische Film kein Gegengewicht, ba' er die Welt aus einer ähnlichen schiefen Perspektive erblickt. Stellt der amerikanische oder der deutsche Film die Gleichung auf: Mensch gleich Bürger, so der ruffische Film: Mensch gleich Bolschewit, und beide Gleichungen stimmen nicht. Was heute noch fehlt, ist eine objektive Gestaltung der Wirklichkeit, wie fie Roman und Drama bennen, das Einbeziehen sämtlicher Gesellschaftsschichten in den Darstellungs­bereich des Films, eine Weltbetrachtung ohne verzerrende oder schön­färbende Brille, ohne Akzentuierung der herrschenden Klaffe. Chaplin allein bedeutet leider noch nicht die gesamte Filmproduktion.

Wagenschmiere.

Bon Bela Szenes .

Hochwohlgeboren Herrn Fabritanten Guftav Schwerreich! Euer Wohlgeboren!

In der Hoffnung, daß das legthin gelieferte Maschinenöl Ihre werte Zufriedenheit erworben hat, erlaube ich mir, Ihnen zum Ver­fauf drei Waggons Wagenschmiere anzubieten, welche Ihnen meine Firma, wie aus beiliegendem Ueberschlag ersichtlich ist, mit Rücksicht auf die langjährige Verbindung mit Ihrem sehr geschätzten Hause zu dem billigsten Preise überlassen würde.

Gleichzeitig mit dieser Offerte hätte ich eine Frage privater Natur, Ihre liebe Tochter betreffend, welche zufolge der von mir eingeholten Informationen in jenem Alter steht, wo man mit ernſten Anträgen näherkommen kann. Meine Frage ist, ob mein Sohn, der weiunddreißig Jahre alt und ein vermögender Ingenieur ist und der gerne in eine Provinzfabrik wie die Ihre hineinheiraten möchte, Ihren Anforderungen entsprechen würde?

Ihre gefällige Antwort sowohl in bezug auf die Wagenschmiere als auch auf meinen Sohn erwartend, zeichne ich hochachtungsvoll

Berthold Geldstart Großhandlungshaus für technische Bedarfsartikel.

Hochwohlgeboren Herrn Berthold Geldſtart.

Ich empfing Thren gesch. Brief und teile Ihnen in dessen höft Erledigung mit, daß ich in meinem Betriebe wohl Bedarf an Wagen­schmiere hätte, aber natürlich nur dann, wenn dieselbe sowohl in puncto Qualität als auch bezüglich Preis entsprechen würde. Ich bitte daher um deren ausführliche, verläßliche und genaue Be­fchreibung.

Was meine Tochter anbelangt, halte ich Ihren Vorschlag für sehr gut. Meine Tochter ist 22 Jahre alt, tann perfekt Englisch,

Branzöfifch, and Riasterspielen und Schlittschuhlaufen. Ihre 2028 gift beträgt 400 Millionen Kronen Bargeld und dreihundert Stüd Hofherr- Schranz- Attien. Falls die Heirat zustande kommt, würde ich Ihren Sohn in meine Fabrit nehmen.

Sowohl darüber als auch über die Wagenschmiere erbitte ich Ihren dringenden Bescheid. Mit besonderer Hochachtung

Gustav Schwerreich, Fabritant.

Hochwohlgeboren Herrn Guftav Schwerreich.

Sehr geehrter Herr!

Ich muß Sie darauf aufmerksam machen, sich bezüglich der dret Waggons Wagenschmiere rascheft zu entschließen, da sich ein solcher Gelegenheitslauf in der nächsten Zeit wohl nicht mehr bieten dürfte. Ich schließe Ihnen den auf Grund der allerbilligsten Preise ver­faßten Kostenvorschlag bei und sende auch gleichzeitig einen Probe­tiegel; weiter habe ich das Bergnügen, mich im Namen meines Sohnes danach zu erkundigen, ob unter den in der Mitgift Ihrer Tochter figurierenden 300 Stück Hofherr- Schrank- Aktien österreichische oder ungarische zu verstehen sind.

Ihre baldige Antwort erwartend bin ich

Telegramm.

Mitgift: Ungarische Hofherr.

Drahtantwort.

B. Geibstart.

Schwerreich.

Heirat in Ordmmg. Was ist mit der Wagenfchmiere?

*

Hochwohlgeboren Herrn Berthold Geldftart. Lieber Berthold!

Du erlaubst doch, nicht wahr, daß ich Dich so anfpreche, nach werden. Da die materielle Angelegenheit in Ordnung ist, bleibt nur dem wir doch miteinander in allernächster Zeit ohnehin verwandt

mehr jene Formalität übrig, daß sich die jungen Leute fennen und

lieben lernen.

Was nun die Wagenschmiere anlangt, mußt Du schon enti schuldigen, aber die Bestellung von drei Waggons Wagenschmiere iſt nicht eine Sache, die sich aus der Entfernung oder auf brieflichem Bege erledigen ließe. Das eingesandte Muster habe ich einer fach fundigen Analyse unterziehen lassen, ich halte es aber trotzdem für nötig, daß ich nach Budapest tomme und dort das ganze Quantum besichtige. Wenn die Wagenschmiere jobann allen Anforderungen entspricht, fönnen wir den Rauf perfettionieren, aber es ist mein Prinzip, dergleichen nicht leichtfertig zu überellen.. Ich umarme Dich mit verwandtschaftlicher Liebe.

Guftan Geldſtart, Budapest Margarete Schwerreich, Beizenboef empfehlen fich als Berlobte.

Statt jeber befonderen Anzeige.

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