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Morgenausgabe

Nr. 232

A 118

45.Jahrgang

Böchentlich 85 Bfg., monatlich 2,60. imm voraus zahlbar, Boftbezug 4,32 m. einschl. Bestellgeld, Auslandsabonne ment 6- m. pro Monat.

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Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Freitag 18. Mai 1928

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

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Freie Bahn den Städten!

Der Bürgerblock hemmt den Wohnungsbau in den Gemeinden.

Reichstagswahlen entscheiden nicht nur über die un­mittelbaren Angelegenheiten des Reichs und der großen Außen- und Innenpolitik Deutschlands  . Sie haben heute eine ganz ausschlaggebende Bedeutung auch für die Politit der Gemeinden gewonnen. Der Finanzausgleich, den der Reichstag   beschließt, entscheidet das Schicksal der Gemeinde politik in jedem Sinne des Wortes. Bon seiner Gestaltung hängt es ab, ob in den Gemeinden fortschrittlich gearbeitet werden kann oder nicht. Der Bürgerblod ist immer ein Feind der Gemeinden und der Selbstverwaltung gewefen. Die großen Herren der Wirtschaft", bie dort das Wort führen, find seit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts teine Freunde des Selbstverwaltungsrechtes der Bevölkerung in den Gemeinden. In allen Gefeßentwürfen des Bürgerblocks sind Versuche gemacht worden, die Ge­meinden an die Kandare zu legen.

Sie

Um meisten hat die Politik des Bürgerblocs die Ge­meinden durch die Anleihesperre getroffen, die über sie verhängt worden ist. Trotz aller schönen gelegent lichen Redensarten über den Wert der Selbstverwaltung und über den Freiherrn n. Stein ist die Schachtsche Politit der Anleihesperre eine Politit des Bürgerblods gewesen. hat zu dem grotesten Zustand geführt, daß jedes private Elektrizitäts- oder Gasmert jede beliebige Summe, die es zu Erweiterungszweden benötigt, unter günstigen Bedingun gen erhalten fann, während die Gemeinden sich mit viel teueren furzfristigen Krediten begnügen müssen. Der Rüd­gang der Aufträge durch die Gemeinden hat die Ronjunt fur gefährdet, hat neue Arbeitslosigkeit erzeugt und in den Gemeinden oft fast unüberwindliche Hindernisse für ein Weiterarbeiten aufgetürmt. Die Stadt Berlin   fann von dieser Politif der unverhüllten Feindschaft gegen die Bedürfnisse der Massen und gegen die öffentliche Wirtschaft ein Lied singen.

Seit zwei Jahren bemüht sich Berlin   vergeblich, auch mur die bescheidensten Anleihen zu erhalten. Wenn die

Friedrich Brühne  

Genosse Friedrich Brühne   ist tot! Einer unserer alien

Wirtschaft der Stadt Berlin   nicht trog allen reaktionären Ge­schreis so vollständig gesund und solide wäre, hätte sie längst unter dem Drud dieses brutalen Kampfes gegen ihre Lebens­notwendigkeit alle Arbeiten einstellen müssen. Die wichtigste Entscheidung, die der neue Reichstag für die Gemeinden zu fällen haben wird, mird die Entscheidung über

die Fortführung der Wohnungspolitik sein. Der heutige Zustand, bei dem die Erhebung der Haus inssteuer für Wohnungszwecke von Jahr zu Jahr wieder in Frage gestellt wird und außerdem nur ganz unzureichende Beträge für Wohnungszwecke zur Verfügung gestellt werden, ist auf die Dauer unhaltbar. Deutschland   ist sehr wohl in der Lage, wenn nur der Reichstag   und die Regierung wollen, einen energischen Schritt zur Behebung des Wohnungselends zu tun. Es bedarf doch nur einer planmäßigen Führung und einer zielbewußten Gefeßgebung. Bei wirklich spar­famer Wirtschaft auf den Gebieten, wo gespart werden fann ( Militäretat usw.), lassen sich für den Wohnungsbau durch aus die notwendigen Summen befchaffen.

Erst in der allerfesten Zeit hat man im Reichstag fleine Anläufe gemacht, um sich auch für diese Frage zu intereffie­ren. Der Bürgerblod hielt dieses wichtigste Problem aber offenbar nicht für dringend genug, um durch einen energischen Schritt und Aufstellung eines großzügigen, auf lange Sicht berechneten Wohnungsbauprogramms dem Uebel ein für allemal auf den Leib zu rücken. Die Gemeinden wür­den bei einer energischen vorbildlichen Politik des Reichs­tages

auf dem Gebiete des Wohnungsbaues unendliche Summen sparen.

Ein großer Teil der Belastungen ihres Wohlfahrtsetats ist auf das Ronto der vollkommen unzureichenden Wohnungs­verhältnisse zu setzen. Eine solche Politit sezt aber im Reichs­

tag einen Willen zur Hebung des Lebensniveaus der arbeitenden Massen voraus. Alles aber, was der Bürger­block getan hat, war gegen eine solche Politik gerichtet. Insbesondere die Großstädte, die unter dauerndem Zuzug vom Lande zu leiden haben, fönnen ihren Aufgaben nicht ge­recht merden, wenn die Gesezgebung nicht die Grundlage für eine solche fortschrittliche Wohnungspolitit schafft.

Die Gemeinden haben in den letzten Jahren immer mehr die Notwendigkeit einer Bereinigung der politischen Ent­scheidungen im Reichstag anerkannt. Die Tagung des Deutschen Städtetages in Magdeburg   im vergangenen Jahre war ein imposantes Bekenntnis zum Einheitsstaat und zu einer Berwaltungsreform großen Stils. Die großen Gemeindeverwaltungen wissen, daß die ihnen gestellten Aufgaben sich nur dann lösen lassen, wenn die gesamte Reichspolitit auf eine fortschrittliche Ent­widlung eingestellt wird. Heute aber werden sie an allen Eden und Enden gehindert.

Wir brauchen nur auf die Berliner   Berhält niffe zu sehen, um das bestätigt zu finden. Wochen­lang muß die Stadtverordnetenversammlung sich abmühen, um einen Etat zustande zu bringen, in dem alle wichtigen Aufgaben nicht gelöst werden können, weil der Finanzaus gleich bewußt gegen die Großstädte und gegen die Gemeinden überhaupt gestaltet wird. An allen Eden und Enden sieht man die Unterlassungsfünden der Bergangenheit, man fit fid) vollkommen darüber im flaren, was zu geschehen hätte, aber es fann nichts durchgeführt werden, weil Herr Schacht Aus­hungerungspolitik gegen die Städte betreibt. Nur eine Aen­derung des Kurses der Politit im Reichstag tann Wandel bringen und auf diese Aenderung wartet in den Gemeinden alles.

Ein Sieg der Sozialdemokratie am 20. Mai ist auch hier erste Voraussetzung für jeden weiteren Fortschritt. Die Zerschlagung des Bürgerblods im Reiche macht auch den Weg frei für eine erfolgreiche Arbeit in den Gemeinden.

Der Weg zur Einheit.

Bortämpfer, einer der Treuesten ist von uns gegangen. Es Suhl   mit 20Ortsgruppen zur GPD. übergetreten.- Das Ende des Lenin  - Bundes

war ihm nicht vergönnt, den Sieg der Sozialdemokratie über den Bürgerblod am 20. Mai zu erleben.

Friedrich Brühne   wurde am 20. August 1855 geboren.

Im Jahre 1876 kam der junge Schuhmachermeister zur Partei. Er hat die Schrecken des Sozialistengesetzes in voller Schwere erlebt, die Grausamkeiten der Bismarckschen Polizei, die an feinem Wohnort Frankfurt am Main   mit besonderer Schärfe gegen die Sozialdemokratie vorging.

Bon 1898 an bis zu seinem Tode war Friedrich Brühne  Bon 1898 an bis zu seinem Tode war Friedrich Brühne  Mitglied der Kontrollkommission der Sozialdemokratischen Partei, seit 1899 Stadtverordneter in Frankfurt am Main  , Mitglied des Reichstags 1893-1898, 1907-1919, 1919-1920 Mitglied der Nationalversammlung  .

Mit ihm fintt wieder einer der Alten ins Grab, ein Zeuge und Mitschaffender am Aufstieg der deutschen   Arbeiter bewegung. Sein Werk fortzulegen, die Bahn zu ebnen für den Sieg des Sozialismus- das ist die Aufgabe, die den Nachfolgenden obliegt, der Dant der Sozialdemokraten an thren Vorfämpfer.

Die Beerdigung des Genossen Brühne findet am Dienstag in Frankfurt am Main   statt.

Reichsfuffizminister a. D. Heinze ist im Alter von 63 Jahren gestorben Vor dem Kriege nationalliberaler Parlamentarier, furz

Dor Ausbruch der Revolution zum fgl. fächsischen Justizminifter er. nannt, gehörte er nach der Revolution der Reichstagsfraktion ber Bolkspartei an. In den Kabinetten Fehrenbach und Stresemann 1920 war er Justizminister. Seine Tätigkeit als Reichstommiffar für Sachfen 1923 ftoht in unfeligem Angedenken. Er gehörte au henen, bie ihre nationalliberal tonjervative Herkunft nicht vergeffen

fonnten.

Suhl  ( Th  .), 16. Mai.  ( Eigenbericht.) Die heute in Suhl   stattgefundene Kreiskonferens des Lenin- Bundes, auf der sämtliche 20 Ortsgruppen des Kreises durch 29 Delegierte vertreten waren, be schloß mit 27 Stimmen den Hebertritt zur SPD  . Zwecks Verhandlungen wurde eine Kommission von sechs Mitgliedern gewählt. Gleichzeitig sollen die Vertreter der Verlagsgesellschaft Bolts wille" über die Aus. gestaltung der Zeitung zum Organ der SPD. des Kreises Schleusingen   mit den zuständigen sozialdemo­fratischen Vertretern verhandeln.

Der Führer der Suhler   Linkskommunisten, Guido Sehm, erklärte am Schluß der Konferenz: man müsse ijent offen sprechen, das Zentralkomitee der KPD. habe die Suhler   Kommunalpolitik immer als linkssozialdemo­kratisch erklärt, man müsse seht daraus die Konse

quenzen ziehen:

Hinein in die SPD.   und Wahl der Liste 1.

beiter hervor. Er schrieb:

Boden, wo Scholem  , Maslow, Ruth Fischer   uim. stehen. einen Renegaten und Konterrevolutionär bezeichneten und dasselbe Die Stalinisten, die bei allen Gelegenheiten Hugo Urbahns   als auch Bartels gegenüber taten, sie nehmen heute, wie dies gestern hier in Suhl   geschehen ist, Urbahns und Bartels für fich in Anspruch und verteidigen beide in der follegialſten Weise.

Bartels hat einen gemeinschaftlichen Blan mit bew

Stalinisten, die ihn noch vor einigen Tagen in der Stalin­Bresse, besonders in dem Gothaer Ableger, bem Arbeiterwille". als einen Sozialfaschisten bezeichneten, gegen den Bolts­

mille" burch beraten.

Bezeichnend für die politische Charakterfestigkeit der Scho­ lem  , Maslow, Ruth Fischer  , Urbahns und Bartels ist auch die Tatsache, daß sie es waren, die bie Opposition a m schärfften betrieben, die dafür sorgten, daß die Gegensäge ich immer mehr zufpigten, und beute find fie es, die fich vom Zentralfomitee gebrauchen laffen, um die ausgeschloffenen

und passiv beiseitestehenden Genossen wieder in die KPD. zurüdzutreiben. Eine Handlungsweise, die nicht von einem jeden einzelnen ehrlichen und aufrichtigen Politiker durchgeführt werden tann."

Aus diesen Worten sprach eine grenzenlose Enttäuschung. Die tommunistischen Arbeiter von Suhl   haben die Die Kommunisten von Suhl   haben erfahren, was fommu­einzig mögliche Konsequenz aus dem verwerflichen nistische Politit bedeutet. Sie sind mißbraucht worden. Die Spiel gezogen, das die kommunistischen   Führer mit ihnen ge Arbeiter gebraucht, um eine fleine politische Erpressung durch Scholem  , Urbahns, Fischer, Maslow haben die oppofitionellen trieben haben. Aus der letzten nummer des Suhler   Boltszuführen nicht an der Zentrale der RBD., sondern an ben Suhler  , Bolts­mille" leuchtete die Tragödie der betrogenen Ar ruffischen Unternehmern des kommunistischen   Geschäfts. Die Zentrale das sind selbst nur Kommis! Scholem   und Kom­pagnie haben die Reiniger, die Gralshüter, die Enthüller ge­fpielt und jetzt haben sie ihren 3wed erreicht. Moskau   be fiehlt thre Wiederaufnahme, der Weg zu den Stellen und Mandaten ist wieder offen. Und die Statiften, das Balt, bie Oppofition, Suhl   und der Boltswille"? Der Wehr hat feine Schuldigkeit getan, der Mohr tann gehen.

Wir haben von all den führenden Geistern des Lenin  - Bundes Hugo Urbahns   bezüglich feiner Charaktereigenschaf ten und feiner Ehrlichkeit hoch eingeschägt. Nachdem er aber zunächst hinter dem Rücken der Suhler   Genoffen sein elen des Schachergefäft, was durch die gesamte PD.Brelle Be ftätigt wird, geführt hat, stellt sich Huge Urbahns auf den gleichen

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