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Gozialpolitik fut not!

Ein Aufruf der hanseatischen Arbeitnehmervertretungen. Gegenüber einem Aufruf der hanseatischen Handelstammern, der als Ziel des Wahlkampfes die Herabsehung der öffentlichen Basten und der sozialen Ausgaben hinstellte, menden sich jetzt die Arbeiterfammer Bremen  , die Angestelltentammer Bremen   und der Arbeiterrat Groß- Hamburg an die Deffentlich feit. Sie bestreiten ben Unternehmerorganisationen das Recht, im Namen der Wirtschaft" zu sprechen, zu der auch die breite Masse der Arbeitnehmer gehört, wie sie in Hamburg   und Bremen   durch die Unterzeichner der Erwiderung vertreten wird. Nachdem der Aufruf gegen die übertriebenen Behauptungen prote ftiert hat, die die Unternehmer zum Beweis für die angebliche Ueber. belastung der Wirtschaft anführen, heißt es 11. a.:

Sozialpolifit ist auch bei unserer heufigen Berarmung keine Berschwendung, fondern die tentabelite Kapitalsanlage. Sozial­politit steht nicht im Gegensatz zur Wirtschaftspolitit, sondern sie ist ihr wichtigster Teil. Ganz besonders in einem Lande wie Deutschland  , beffen hauptsächlichster Reichtum nicht in Rohstoffen, fondern in hochqualifizerben arbeitenden Menschen besteht. Deutsch  lands Bolfswohlstand fann nur durch pflegliche Behandlung dieses michtigsten Produktionsfaktors erhalten und gesteigert werden... Eine Senfung der Gestehungsfestent der deutschen  Wirtschaft auf das Maß erfolgreichen Wettbewerbs ist eine allge. mein erwünschte Forderung. Sie fann aber nicht erreicht werden durch Lohnabbau und Genfuna der sozialen Ausgaben. Die pro­duffive Wirkung der Lohnerhöhungen als Anreiz zu größter Wirt­

EV Bürgerblocks Himmelfahrt  . 13

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fchaftlichkelt für die Unternehmer hat der Reichswirtschaftsrat erst MO1AS

vor wenigen Tagen in einem Gutachten betont.

Der Aufruf wendet sich dann gegen die Annahme einer steuer. fichen Ueberbelastung des Unternehmertums und stellt feft:

Während die Arbeitnehmerschaft durch das Elend der Maffenarbeitslosigkeit ihren Anteil an den Lasten der Rationali­fierung voraus leistete, erhöhte die deutsche Arbeitgeber. fchaft mit Kartellpreisen die Lebenshaltungskosten über die Steige rung der Löhne und Gehälter hinaus.

Mit aller Eindringlichkeit rufen die hanseatischen Arbeiterver. tretungen ben beutschen Wählern zu:

Tretet

Sozialpolitik tut not, heute mehr denn je. deshalb am 20. Mai ein für die Erhaltung und den dringend notwendigen Ausbau der deutschen   Sozial politik. Arbeitnehmer, ener Schicksal liegt in eurer Hand. Gebt nur den Parteien eure Stimme, die den fozialen Fortschritt als ihr erstes und vornehmstes Ziel betrachten.

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Umständehalber erst heute!

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S. P. D.

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Prozeßbeginn in Moskau  .

Alle Entlastungszeugen abgelehnt.

Mostan, 19. Mai

Angeklagten ridtet als die Schädlichkeit bes kapitalismus nach­Bergarbeiter in Schachty   das Gericht zu beeinflussen ver=

der sowjetruffifchen Strafprozeßordnung hat bas Gericht meisen soll Branda" gibt zu, daß das Bezirksplenum der

Reichswehr   und schwarze Reichswehr  . zunächst über die Zulaffung ber beantragten Zeugen zu beschließen. Generalsausfagen im Stettiner Prozeß Gädecke. Stettin  , 19. Mai,

In der geftrigen Berhandlung des Prozesses um Gädede murde Das Kapitel Reichsmehr und Schwarze Reichsmehr an gefchnitten. Es tam bei der Vernehmung der Generale Gudovius und Teschner zu bemerkenswerten Erörterungen. Letterer mar der Borgänger des Generals Gudovius in Küstrin  , Rechtsanwalt Sad fragt die beiden Zeugen eingehend danach, ob sie die Leute der Arbeitstommandos für Soldaten gehalten haben oder nicht. Die Zeugen erflären ungefähr übereinstimmend, daß fie die Leute der Arbeitskommandos als Soldaten gehalten und be­handelt hätten. Die höheren Kommandoftellen der Reichswehr   hätten die Leute zwar als reine Arbeiter eingestellt, bei besonderen kom mandoffellen fel aber eine andere Auffaffung vorhanden gewesen. Jedenfalls hätten die Angehörigen der Arbeitsfommandos das moralische Recht gehabt, sich als Soldaten zu fühlen. Nunmehr greift der Bertreter des Reichswehrminifteriums, Oberst v. Ham. merstein, in die Bernehmung ein. Oberst v. Hammerstein fragt

Auseinandersetzungen darüber füllten ben ersten Berhandlungstag aus. Auf Antrag des Oberstaatsanwalts Arylento hat bas Ge richt fast alle Entlastungszeugen abgelehnt, ebenso die Zulassung der meisten von der Berteidigung beantragten Sachverständi gen und Dokumente. Nur zwei Zeugen für den reichsdeutschen Monteur Maier find zugelassen worden. Die Verteidigung hatte die Bernehmung von Direktoren der fo start angegriffenen Firmen Krupp  , AEG. verlangt.

Die Untersuchung des Geisteszustandes des Angeflagten und Kronzeugen Baschtin, vom Verteidiger beantragt, lehnte das Gericht, gleichfalls auf Antrag Krylentos, ab.

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Mostau, 19. Mai.  ( Meldung des Bertreters bes WIB.) Zweifellos wird der Versuch unternommen, auf das Gericht einen Drud auszuüben, der sich weniger gegen Handlungen der

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die beiden Generale, ob auf die Angehörigen der Arbeitskommandos Wohnungsprofeten und Kirchenanleihen

das militärische Disziplinar gefeß angewendet worden fei und ob sie den militärischen Berpflichtungsschein hätten unterschreiben müssen. Beide Zeugen verneinen. Während dieses Berhandlungsabschnitts, ereignete fich ein Zwischenfall. Als Rechtsanwalt Sad General Gubonius fragt, ob die Dffiziere ber Arbeitstommandos auch an den Sportveranstaltungen der Offiziere teilgenommen hatten, ruft General Gudovius erregt aus: Was wir damals getan haben, um die überetatsmäßigen Formationen zu farnen, das soll jetzt alles an die große Glocke gehängt werden!" Angeflagter Schulz behauptet zum Schluß, daß im Jahre 1923 die Ungehörigen der Arbeitstommandos nie als Arbeiter, sondern ftets gleich als Soldaten eingestellt worden seien.

Bulgarischer Notschrei.

Weiterzahlen nach der Erdbebentatastrophe unmöglich. iferzahle Sofia  , 19. Mai.  ( Eigenbericht.) Die bulgaraffdhe Sozialdemokratie hat an die sozialistische Arbeiterinternationale einen Bericht über die Notwendigkeit einer Aufhebung oder wenigstens einer Stundung, der Friedensverpflich tungen Bulgariens   gerichtet. Darin werden eingehende Ausführun gen über die gewaltigen Verluste gemacht, die Bulgarien   infolge des tatastrophalen Erdbebens erlitten hat. Die beiden perheeren­den Erdstöße vom 14. und 19. April haben 103 Todesopfer, 683 Ber­mundungen und einen Sachschaden von nahezu 3 Milliarden Bewa verursadyt. 279 bevölkerte Pläge sind von den Berwüstungen betroffen. Davon liegen 142 Ortschaften und drei Städte in Trümmern. Am schwersten leidet die arme Bevölkerung, deren Lage nach den andauernden Regengüssen nicht zu be schreiben jei.

In Anbetracht der gewaltigen Summen, die die bulgarische Deffentlichkeit für die Ernährung der betroffenen Bevölkerung und für den Wiederaufbau der zerstörten Städte und Dörfer aufbringen muß, sei das Land außerstande, feine Reparationsleistungen fortzufezen. Bisher hätten die bulgarischen Regierungen diese Ber­pflichtungen auf Kosten der Kleinen Beamten und der unbefriedigten wirtschaftlichen Bedürfnisse des Bandes getragen. Das Rettungswert für die vernichteten reise ließe das nicht mehr zu. Der Neuilly­Frieden gebe in seinem Artifel 122 die Möglichkeit, eine Stundung oder Herablegung der Berpflichtungen Bulgariens   zu erreichen. Die Borbebingung hierzu hätten die gewalttätigen Raturelenente geldhaffen.

Die bulgarischen Sozialisten appellieren an die Internationale, fich bei allen Bruderparteien bafür einzusehen, daß diese durch ihre parlamentarischen Fratationen und Delegierten beim Bolter­bund das Unfuchen Bulgariens   um Ermäßigung oder Aufschiebung feiner Zahlungen unterstüßen, um das unglüdliche Land vor Berzweiflung und 3usammenbruch zu bewahren.

Der ruffische Schauspieler Runitsch, auch aus Somjetfilmen be. tannt, ift in towns( Oftpolen), wo er gaftierte, verhaftet und nach Warschau   gebracht worden, Grund unbefannt

100 Millionen Mart Kirchenanleihen in Deutschland  .

Wir haben fürzlich die vom Reichsbantpräsidenten Dr. Schacht und vom Reidsfinanzminister Dr. Röhler ausgeübte Diftatur über die öffentlichen Auslandsanleihen unter volts. wirtschaftlichen Gesichtspunkten als in hohem Maße schädlich gelenn zeichnet. Wir haben auf die Tatsache hingewiesen, daß im Ausland Dugende von Kirchenanleihen ohne jede Kontrolle auf genommen werden fönnen, während Hunderttausende von Woh nungfuchenden, die aus Rellerwohnungen und Hinterhaus baraden herausmöchten, durch die Röhler- Schachtsche Anleihediftatur, bie Auslandsanleihen für den Wohnungsbau verhindert, auf jede. Berbesserung ihrer Elendslage verzichten müffen.

Unsere Betrachtungen wendeten sich nicht in erster Linie gegen die Kirchenanleihen als solche, sondern gegen das bolts wirt. schaftlich dumme und schädliche System, bas hinter der Anleihediftatur Röhler- Schacht steht.

Es wurden nämlich an Kirchenanleihen im Auslande auf genommen:

im Jahre 1925 mindestens 11,2 Millionen Mark

und

1926

2

1927

48,3 10,2

1928 bis Ende April mind. 20,6

"

"

zufammen also mindestens 90,3 millionen Mart Bir sagen mindestens, denn über die ausländischen Kirchen Bir sagen mindestens, denn über die ausländischen Kirchen anleihen gibt es merkwürdigerweise feinerlei amtliche Statistit. Hundert Millionen ausländische Kirchenanleihen zu schätzen, ist nicht zuviel. Für 100 Millionen Mart hätten aber etwa 12 000 oh­mungsproleten an Luft und Sonne gebracht werden fönnen.

Es ist aber auch falsch, wenn die Germania" meint, es handele sich nur um tieine Anleihen. Ebenso weiß die Deffentlichkeit nicht, wieviel Kirchenanleihen im Ausland aufgenommen wurden. Es find nämlich nicht mehr und nicht weniger als annähern 300 Stud! Die Beträge einzelner Anleihen find außerdem aber fehr respektabel. Dafür einige Beispiele. Anleihen von über 1 mil lion Mart wurden uns folgende bekannt:

Ratholische Gemeinde Düsseldorf   Juli 1925. 1,1 mill. Mart Ratholische Kirche Bayern Juli 1925. Bistum Spener   Dezember 1925

4,8 1,0

Deutscher Caritasverband 1926

12,6

Banerische Diözesen März 1926 Jan. Miff. ev, Kirche November 1926.. 10,5 Deutscher Caritasverband 1928 12,6

21,0

Briefter v. heil. Herz- Jefu Düffelb. Mai 1928 14

Es ist also nichts mit den fleinen Beträgen. Es handelt sich um sehr große Anleihen, die in den einzelnen Fällen im Ausland aufgenommen worden sind, und es ist den Hunderttausenden von Bohmungsuchenden in Deutschland   wahrlich nicht damit geholfen, daß bas Sentralorgan der Sentrumspartei Herrn Reichsfinanzminister Dr. Köhler durch die Behauptung zu deden sucht, er habe teine aus um auslän­reichende Macht. Seine Macht reichte aus, dische Wohnungsbauanleihen zu verhindern!

fuchte, inbem es im Namen von 20000 Arbeitern den Obersten Ges richtshof um ein schonungsloses Urteil ersuchte. Jswestija" hat wohl in Erkenntnis des schlechten Eindruds dieses Schrittes nicht den Gerichtshof, sondern den Staatsanwalt als den Adressaten dieses Ersuchens genannt.

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Mostau, 19. Mai.

Das Gericht hat die Berlesung der Anflageschrift in der Schachin Angelegenheit beendet. 16 Angeflagte bekannten sich [ chuldig, 13 als teilmeise schuldig, darunter der deutsche Monteur Babstieber, der zugab, bei der Unterbringung un tauglicher(?) Maschinen Beihilfe geleistet zu haben. 24 Angetlagte, barunter Otto und Meyer, erklärten sich für nichtschuldig.

Bei der Bertefung der Anklagefchrift wurden sämtliche politischen Hinweise auf offizielle polnische und französische   Stellen weggelassen. Der Teil der Anklageschrift, der die beut schen Angeschuldigten betrifft, wurde verdolmetscht

Ungarische Schredensjustiz.

Drei heimgelehrte Emigranten zu 58 Jahren Zuchthous verurteilt.

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As 1920 die ferbischen Truppen die innerhalb ber damaligen Demarfationslinie gelegene ungarische Stadt Pécs  ( deutsch  : Fünf­firchen, ferbisch: Baranya  ) bejezt hielten, murde in einer öffentlichen Boltsversammlung eine Resolution angenommen, die offenbar unter dem Einfluß der serbischen Besetzung und der gegnerepo­Iutionären Ereignisse in Ungarn  - den Anschluß von Bécs   an Jugoslawien   forderte. Als später die serbische Besatzung die Stadt geräumt hatte, wurde eine große Anzahl Personen megen Teilnahme an dieser Bersammlung zu schweren Freiheitsstrafen ver­urteilt. Obwohl der Frieden von Trianon derartige Bestrafungen un zweideutig verbietet, fümmerte sich feine der Signatarmächte" um diefe armen Opfer der Rachejustiz. Drei Führer der Pécser Arbeiter­bewegung, nämlich Josef Magyar, Josef Pécs und Josef Kovács flüchteten ins Ausland, verbrachten einige Jahre in der Emigration und tehrten später im Bewußtsein ihrer Schuldlofig­feit nach Pécs   zurüd. Raum waren sie daheim, wurden sie ver­haftet und wegen Landesverrats unter Antlage gestellt. Der Gerichtshof erster Instanz verurteilte sie zu je zwölfjähriger 3uchthausstrafe, 10 Jahren Amts- und Rechtsverlust. Dieser Tage änderte die Pécser Gerichtstafel das Urteil dahin ab, daß sie die über Josef Pécs und Josef Magyar verhängte Strafe von 12 auf 15 Jahre, die über Josef Kovács verhängte Strafe aber don zwei auf 10 Jahre Zuchthaus   erhöhte! Mit den in ihrer Abwesenheit bereits früher über sie verhängten Strafen zu­

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fammen beträgt derzeit

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das Gesamtstrafausmaß gegen Jojej Magyar 25 Jahre, gegeu Jofef Pécs   20 Jahre und gegen Josef Kovács 13 Jahre Zuchthaus. Dieses Urteil bringt die Tatsache in Erinnerung, daß von jenem gegenrevolutionären Mob, der seinerzeit die in die Hauptstadt Budapest   einziehenden rumänischen Befagungstruppen mit Jubelgeheul und Tücherschwenten empfangen hatte, niemand megen Landesverrats angeflagt, geschweige denn verurteilt morden ist.

Japan   und der Pefinger Protest.

Bier bin ich, hier bleib ich.

Peting. 19. Mat

Der japanische Gesandte überreichte die Antwortnote Japans  auf die vorlegte Protefinote der Pekinger   Regierung; darin heißt es, daß Japan   folange feine Truppen in China   werde halten müssen, bis der Bürgerftleg erloschen fel. Die Note betont, die Notwendigkeit, Frieden zwischen dem Norden und dem Süden herbelzuführen, um dem Blufoergießen endlich ein Ende zu be­

reiten

Hundert japanische Familien haben Pefing verlassen. Sämtliche japanischen Geschäfte wurden geschlossen.