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Fünfundzwanzig Jahre.

Wahlagitation im Dorf.

Bon einer Wählerversammlung fomme ich mit dem letzten Zuge müde und abgehegt in mein Heimatdorf. Hier will ich über machten. Morgen ist Sonntag. In zwölf Stunden soll die Rund­reise neu beginnen. Drei Referate an einem Tage. Schön fühlt die Nachtluft, der Himmel ist blau und sternbesät, und die Kastanien blühen. Das Dorf ist mie ausgestorben Langsam schleppe ich mich durch die Straße. Aus dem Schatten der gegenüberliegenden Häuserfront tönt ein leiser Pfiff. Ich bleibe stehen und sehe zwei Beute auf mich zukommen. Herzliche Begrüßung. Es sind zwei alte Parteifreunde, zwei Arbeiter, die ich seit meiner frühesten Jugend kenne.

Unter den Armen tragen sie bunte Papierstreifen. Ich bin zu müde, um zu fragen, und weise nur stumm mit dem Kopfe auf die grünen und roten Rollen. Plakate," sagt der alte Fischer. Die werden heute nacht noch angeklebt. Am Montag abend haben wir unsere erste Versammlung. Die Kommunisten wollten uns schon vor acht Tagen das Wasser abgraben. Sie sind aber schmer hereingefallen. Deren Narrenfram fann doch feiner mitmachen. Mit ihrem Geschrei stoßen sie dem Wähler vor den Kopf. Was ist denn mit ihnen los? Sie versauen uns nur die Arbeit. In der Gemeindevertretung schlagen fie alles taputt, und hinterher haben wir unsere Mühe und Not, die Scherben wieder zusammenzuleimen. Im Kriege haben ihre Bortführer noch feite Railers geburtstag gefeiert, und heute ist ihnen alles nicht radikal genug, und uns schimpfen sie Berräter! Damals, als es noch ge= fährlich war, hat fich feiner von ihnen bei uns blicken lassen, Da haben sie uns noch bekämpft. Heute machen sie es wieder genau so, nur von der anderen Seite aus!"

So erzählen mir die beiden und sch ten sich an, ein rotes Blafat an das Tor zu leistern. Das leuchtet jest in die Nacht. Da erinnern wir uns, als die großen Lettern in das schlafende Dorf sprechen, an 1903, fünfundzwanzig Jahre zurück. Damals maren Dorf und Umgegend noch bäuerlicher. Zentrum und Na­tionalliberale dominierten und versuchten, uns den Wahlkreis ftreitig zu machen. Kein Gastwirt magte es, uns einen Saal für eine sozialdemokratische Bersammlung zur Verfügung zu stellen. Die Broben des Arbeitergesangvereins mußten in einer Schneidermerf stätte stattfinden. Aber eines Tages hatten wir doch einen großen Triumph. August Bebel   sprach in der Stadt. In einer Nacht zum Sonntag, grad wie heute, schlugen wir die Blafate an. August Bebel   spricht!" Wir hatten eine Leiter bei uns und flebten die Berjammlungsanzeigen hoch an die Giebelfront der Häuser, damit man fie nicht so leicht abreißen konnte. Drei Tage später war der große Tag. Mit achtzig Mann und sechs Nachhen sind wir nach mittags um brei Uhr über den Fluß gerudert. Um halb vier Uhr faßen wir schon im Saale und vertrieben uns die Zeit mit Karten­fpielen. Im fünf Uhr war bereits der Saal gefüllt, und immer mehr Menschen famen, und es wurde immer voller. Um sieben Uhr begann man, die Fenster auszuhängen, weil schon die Massen im Garten standen und auf den Bäumen saßen. Um halb acht Uhr murden die Ziegel pom Saalbach abgedeckt, damit die Dachhoder durch die Sparrenherunter in den Versammlungsraum fehen fonnten. Dann endlich fam August Bebel  , brausend begrüßt und bejubelt. Noch tagelang später sprach man in der ganzen Umgegend nur von dieser Bersammlung. Dreihundert Wähler bekamen wir allein in unserem schwarzen Dorfe. Das war ein Triumph! Bei den preußischen Dreitlassenwahlen allerdings, mit der öffentlichen Stimmabgabe, fonnten wir nur achtundsechzig Sozialdemokraten mustern. Ja, wenn der Pfarrer nicht gewesen wäre und die Fabri­fanten, der Bürgermeister und die Eisenbahndirektion!

1907, bei den Faschingswahlen, befamen wir immer noch keinen Gaal für unsere Versammlungen. Damals sprachen unsere Redner im Hofe vor der Schneiderbude. Es war Januar. Der Schnee lag einen helben Meter hoch, und trotzdem standen wir um den Redner länger als eine Stunde und spürten doch keine Kälte. Seit der Revolution vom November 1918 ist die Sache anders. Das Zentrum wagt sich kaum noch heraus. Die machen ihre Wahl im stillen und vor allem bei den Frauen. Bekämpft und beschmugt merden wir durch die Kommunisten. Räuber und Mörder werden nicht so hingestellt mie mir. Man muß sich vor dem Bürgertum schämen, daß einem so etwas von eigenen Arbeitskollegen zugefügt mird. Sieht man sich aber um, dann bemerkt man unter diefen heutigen Revolutionären" nicht einen einzigen, der 1903 oder 1907 ober 1912 bei uns gemejen wäre. Damals haben sie alles uns überlassen. Heute müssen wir es auch wieder allein machen. Wenn wir die gewähren ließen, befame die Sache der Arbeiter feine zweihundert Wähler. Das Zentrum und die Rechtsparteien wären noch dreimal stärker als damals, obwohl die Gemeinde viel größer geworden ist, und obwohl es hier faum noch Bauern oder Hand­merfer gibt.

Und troh dem Kriege von 1914 bis 1918," warf der Begleiter des Fischers ein. Gute Nacht," sagen die beiden und suchen ein neues Tor für

ein neues Platat.

Meine Müdigkeit ist vergangen. Seit fünfundzwanzig Jahren fenne ich die beiden und alle die anderen, die immer noch unge­

Woher stammen die Sternschnuppen? Bon Hermann A. Hahne, Sternwarte Gonneberg in Thüringen  . Hier und da, in allen Himmelsrichtungen, Norb, Dft, Süd und West, kann man in einer flaren Nacht Sternschnupen aufleuchten sehen. Abergläubische Menschen knüpfen ihre Wünsche daran, menn sie eine Sternschnuppe fallen sehen; vielleicht weil sie denken, daß es eine seltene Erscheinung gewesen ist. Das ist aber gar nicht so. Viele Sternschnuppen fallen in jeder Nacht, häufen sich gegen Morgen, und in bestimmten Monaten so im Juli, August und im November- tauchen alljährlich an bestimmten Himmelsgegenden unaufhörlich Sternschnuppen auf, die als Sternschnuppenschwärme bezeichnet werden. Der berühmte Alegander von Humboldt be obachtete am 12. November 1799 auf seiner südamerikanischen Reise einen derartigen mächtigen Sternschnuppenfall, von dem er berichtet, daß Tausende von Feuerfugeln und Sternschnuppen stundenlang hintereinander fielen". Manchmal fann man auch ein großes Meteor beobachten, das in dunkler Nacht die Landschaft bligartig erhellt, oft schön intensiv grün erscheint und funfensprühend wieder Derlöscht.

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Sternschnuppen und Feuerfugeln find nun an sich dunkle Körper, die sich durch den Weltenraum bewegen, meist regellos, hier und da auch in ganzen Schwärmen. Gelangen sie in den Bereich der irdischen Anziehungsfraft, fo fallen sie auf die Erde nieder, durch fliegen den Luftmantel der Erde und erhigen sich bei ihrer großen Geschwindigkeit durch die Reibung an der irdischen Lufthülle, werden glühend, flammen auf und verbrennen. Je größer die Masse des Körpers ist, desto heller ist die Leuchterscheinung. Die großen Rörper bezeichnen wir als Meteore. Oft verbrennen diese nicht restlos, der verschlackte Rest fällt auf die Erde nieder, wühlt sich in den Erdboden wie eine Sprenggranate ein oder zersplittert, wenn er auf hartes Gestein oder Straßenpflaster trifft. Ein Säge mertbefizer im Muldental in Sachsen   fand 1920 beim Bersägen einer 90jährigen Eiche einen fauftgroßen Meteorstein, der mindestens 50 Jahre in dem Baum gesessen hatte und ganz umwachsen mar. Der erste Forscher, der sich eingehender mit dem kosmischen Ursprung der Sternschnuppen befaßte, war der italienische Aftronom G. B. Schiaparelli, Direktor der Mailänder Sternwarte, der später durch die Entdeckung der Marstanäle berühmt geworden ist

brochen die Arbeit leisten. Bartei, Gemertschaften, Gemeindener tretung, Bersammlungen, Hausagitation. Flugblätter, Arbeiter­gefangverein, 2lbonnentenwerbung, Abend für Abend, Straße für Straße, Haus für Haus, treppnuf, treppab. Sie sind genau so arm geblieben, wie sie vorher waren. Sie haben die gleiche Mühe und die gleiche Not des täglichen Lebens. Immer Kampf und immer Stampf. Dabei immer belagert von noch Aermeren und Müh. seligeren, für die es gilt, Gesuche zu schreiben, Rat zu geben, zu helfen und immer wieder zu helfen. Und der Lohn: die Freude und Genugtuung, wenn die Sozialdemokratie am 20. Mai statt neunhundert Stimmen eintausend buchen kann.

Die Krematorien der Etruster.

Für die noch wenig bekannte Geschichte der Etrusker, der Bor­gänger der Römer in der Beherrschung Italiens  , deren Macht vom 8. bis 6. Jahrhundert v. Chr. ihre Blüte erlebte, bilden die etrus. fischen Gräberfunde den wichtigsten Anhalt, obwohl die Grab­inschriften angesichts der unüberwindlichen Schwierigkeiten der sprachlichen Entzifferung noch ein Buch mit sieben Siegeln find. In diesen zahlreichen etruskischen Begräbnisstätten findet man ge­räumige Gräber mit zahlreichen Nischen, in denen die Aschenreste Aber sie missen, marum! Und ihre Freude: das Bewußtsein, der Leichen in Urnen aufgestellt wurden. Es sind die Vorgänger der daß es vorwärts geht, daß man uns im Dorfe nicht mehr die sogenannten römischen Kolumbarien. Jede dieser etruskischen Toten­Säle verweigert, daß sich die arbeitenden Klassen Recht und Machtstätten enthält die Aschenreste von hunderttausenden verbrannter errungen haben, daß sie ihr Recht und ihre Macht erweitern werden, und daß es weiter vorangehen wird, troz alledem, bis zum Siege!

Winko.

Zwei Menschen und eine Sprache.

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Mit der Rettung der spärlichen Reste einer ehedem weitver­breiteten Sprache wurde von der New- Yorker Gesellschaft zum Studium der Idiome der amerikanischen Indianer" Dr. Spec von der Pennsylvania  - Universität in Philadelphia   betraut. Es handelt sich um die Sprache der Catawbas, die heute nur noch von zwei alten Indianerfrauen gesprochen wird. alten Indianerfrauen gesprochen wird. Dr. Sped hat sich zu den erforderlichen Studien längere Zeit in der Reservation der Cataw basindianer in Südkarolina aufgehalten, wo er nach den Mitteilun gen der beiden Indianerinnen eine große Zahl von Volkslegenden, Fabeln, Medizin und Zaubersprüchen aufgezeichnet hat. Er ist jezt damit beschäftigt, das Material sprachwissenschaftlich zu bearbeiten. Die Catambas sind ein zur Familie der Siour oder Dakota gehöriger Indianerstamm, dessen Herrschaft sich früher über ein weit ausge dehntes Gebiet erstreckte. Sprachen und Sitten gingen aber infolge der Bermischung der Catawbas mit den Siour und anderen In­Das Er dianerstämmen der Ebene mehr und mehr verloren. scheinen der Weißen in ihrem Territorium wurde den Catambas vollends zum Verhängnis. Noch vor einem Jahrhundert stellten sie rund 1700 Krieger, was einer fünffachen Kopfzahl der Stammange hörigen entsprach. Heute zählt der Catawbasstamm nur noch 30 Krieger bei einem Gesamtbestand von 130 Köpfen. Aber raicher noch als sie selbst trat ihre Sprache in den Schatten der Vergessen heit. Außer den beiden alten Frauen spricht fein Catambaindianer mehr die Sprache, die nach den Feststellungen Dr. Specs ausschließ­lich aus einfilbigen Worten besteht und deshalb ungleich einfacher ist als die zahlreichen anderen Dialekte der Indianer der Südstaaten.

Gefrorene Milch.

Ein besonders schwierig zu lösendes Problem der modernen Großstadt ist die Versorgung der Bevölkerung mit frischer Milch. Der allgemein übliche Transport in Kannen von weit her ist in vielen Fällen wenn nicht unmöglich, so doch wenigstens nicht be­Jonders vorteilhaft für die Qualität der Milch. Kritisch wird dies besonders in der heißen Jahreszeit, wo die Kannen oft längere Zeit der Sonne ausgesetzt und dann in schlecht gelüfteten, nicht selten überhigten Güterwagen befördert werden. Aus all diesen Gründen mendet man in dauernd steigendem Maße das Augenmer? anderen Beförderungsmöglichkeiten zu. So hilft man fich in Nordamerika  neuerdings mit dem Transport von Milch in großen Tanfwagen, ähnlich den Wagen der Delgesellschaften, die an Eilzüge gefuppelt, in wenigen Stunden Hunderte von Kilometern ohne Schwierigkeiten überwinden können. Mit ähnlichen Plänen tragen sich auch einzelne europäische, darunter in erster Linie auch deutsche   Großstädte. So foll Berlin   ernsthaft derartige Pläne prüfen. Wesentlich anders geartete Versuche werden dagegen seit einiger Zeit in Frankreich  unternommen, die sicher einiges Aufsehen erregen werden, aber gar nicht so ungewöhnlich neuartig sind. Es wird nämlich versucht. Milch in gefrorenem Zustand zu transportieren. Die Milch wird dabei in den Molkereien und großen Gütern in dünnen Scheiben zum Frieren gebracht. Diese Scheiben haben den Vorteil, daß fie sich leicht bewegen lassen. In besonders dafür gebauten Eisenbahn­magen werden dann diese Milchscheiben weit über Land geführt. Beim Auftauen der gefrorenen Milch zeigt sich, daß sie nicht im geringsten in ihrem Qualitätswert eingebüßt hat. Ebenso soll auch der Substanzverlust nur sehr gering sein und nicht den übersteigen, mit dem auch sonst bei dem Transport von Milch über Land ge­rechnet werden muß. Sicher hat diese Beförderungsart für fleinere Verbrauchsgebiete und für den Bezug besonders hochwertiger Milch, wie dies etwa für Krankenhäuser, Kinderheime und dergleichen zutrifft, vieles für sich und dürfte sich wohl bald allgemeiner Be liebtheit erfreuen.

Schiaparelli sprach 1866 die Bermutung eines Zusammenhanges zwischen den Kometen und den Sternschnuppen aus. Es gelang ihm auch, mathematisch diesen vermuteten Zusammenhang zwischen dem im Juli und August auftretenden Bereidenstrom und dem Kometen 1862/ III nachzuweisen. Andere Astronomen versuchten einige Jahre später den Zusammenhang auch für andere Kometen und Sternschnuppenschwärme zu erfassen. Es gelang aber nur in vereinzelten Fällen. Schiaparelli und später der russische Astronom Bredichin   haben dann weiter untersucht, welcher Art eigentlich der Zusammenhang zwischen den Kometen und Sternschnuppen ist. Bredichin ist dabei der Ansicht, daß innere Kräfte im Verein mit der Anziehung der Sonne   Teilchen von dem Kern des Kometen lossprengen und über die ganze Kometenbahn verstreuen. Kreuzt die Erde bei ihrer Bewegung um die Sonne an irgendeiner Stelle im Weltenraum die von den Kometenteilchen erfüllte Bahn, so fängt sie die Teilchen auf, und in der Lufthülle leuchtet eine Stern­schnuppe auf.

Aus den Ergebnissen der Untersuchungen dieser Epoche der astronomischen Forschung, die etwa von 1860 bis 1880 dauerte, wurde nun gefolgert, daß alle Sternschnuppen von aufgelöften oder sich auflösenden Kometen herstammen. Dabei lag aber gar fein triftiger Grund zu dieser Annahme vor. Nicht zu Unrecht wies daher der englische   Astronom Mond 1886 darauf hin, daß man gar keinen Grund hätte, einen tometarischen Ursprung aller Sternschnuppen anzunehmen.

Leichen. Danach muß die Leichenverbrennung bei den Etruskern im großen Umfang stattgefunden haben. Gleichmohl befand man fich über die Art der Verbrennung noch pöllig im ungewissen. Dieses Beheimnis ist jetzt durch die Entdeckung des römischen Archäologen Costantino Sei enthüllt worden.

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Er entdeckte vier etruskische Krematorien, die bisher der Auf­merksamkeit der Archäologen entgangen waren, obgleich sie sich in unmittelbarer Nähe des großen Friedhofs. bei Viterbo   befinden. Nach der Erklärung braucht man nicht lange zu suchen. Wie man weiß, wurden die alten Ueberbleibsel aus der Römerzeit in Italien  praktischen Zwecken dienstbar gemacht. Heidnische Tempel wurden in chriftliche Kirchen umgewandelt, öffentliche Gebäude zu Festungen ausgebaut, ebenso wie man fleinere Bauwerke zu Wohnungen aus­

baute. So waren auch die erwähnten etruskischen Krematorien als Ralföfen benutzt worden, und obwohl jeder den alten Ursprung fannte, dachte niemand daran, genauer- nachzuforschen. Zei hat festgestellt, daß sie aus dem weichen Gestein herausgehauen waren. nachdem er alle Spuren der früheren Kalkbrennerei beseitigt hatte, traten die efrustischen Krematorien in ihrer ursprünglichen Gestalt zutage. Ueberraschenderweise gleichen sie unseren Krematorien nahezu vollständig. Sie bestehen aus einem fegelförmigen Dfen, der ursprünglich mit einer Erbschicht bedeckt mar. An den Seiten befinden sich Zugfamine, die dem Zmed dienten, das Holzfeuer in Brand zu erhalten, das unter den auf Metallrosten gebetteten Leichen entzündet wurde. Die Defen zeigen einen Durchmesser von rund sieben Meter, so daß es möglich war, mehrere Leichen gleich zeitig zu verbrennen. Ihre ganze Anlage beſtätigt aufs neue, daß die Etruster schon eine ziemlich entwickelte Zivilisation hatten.

Der verfilmte Tolstoi  .

Anna Karenina  " im Gloria Palaft.

Tolstoi aus amerikanischer Perspektive gesehen und für den Ma gazingeschmack hergerichtet. Der Roman wird so lange bearbeitet, bis allein die Liebesaffäre zwischen Anna und Bronsky übrigbleibt. Doch selbst diese Menschen müssen eine moralische Dampfreinigung durchmachen, um der puritanerhaften Anständigkeit der Amerikaner 31, genügen. Die außereheliche Liebe fann nicht verschwinden, aber das Frivole, Spielerische in diesem Berhältnis fällt heraus. Die große Leidenschaft des auf amerikanische   Art veredelten Paares gilt als Entschuldigung. Hinzufommt, um Anna weiter zu entlasten, die Bertreibung aus dem Hause des Gatten, die Trennung von dem Kind, finnige Erfindungen des Bearbeiters, der auch nicht zugibt, daß Anna ihrem Liebhaber langweilig geworden ist. Nein, Anna opfert fich freiwillig mit Rücksicht auf die Karriere. So amerikanisiert ist Tolstois Welt, aus der alles Bodenständige, spezifisch Russische ver schmand. Der Film fann überall spielen. Ganz zufällig tragen die Offiziere russische Uniform, im Herzen bleiben sie prächtige Ameri faner.

Troßdem ein Film von hohem fünstlerischem Niveau. Die Hand­lung, von vornherein start fonzentriert, wird von dem Regisseur Edmund Goulding   mit der Feinheit entwickelt, die Lubitsch   die Amerikaner lehrte. Reine überladene Dekoration, tein falscher Ton, feine leere Geste. Die Schwedin Greta Garbo   als Anna von einer rührenden Innigkeit, von einer nervösen Bartheit und mehen Hin gabe, die das Urbild nicht fennt, feine wild fordernde Frau, sondern eine vom Schicksal Getriebene, zerbrechlich und schmiegsam. Neben dieser bis in die kleinste Geste ausdrudsgesättigten und ausgefeilten, mit ganz weichen Farben arbeitenden Darstellungskunst wirkt John Gilberts Bronsky zu primitiv. Kein Trinfer, Spieler und Frauenverführer aus Passion, eher ein amerikanischer Parsifal, dem die Liebe nach Courths Mahler  - Art den Kopf verdreht hat. Brandon Hurst  , der Gatte, nur vornehme Korrektheit und hinter dieser Maste falter Haß. Ein Minimum an Geste und doch eine Figur von beängstigender Realität. Uebrigens zeigt Goulding, daß die langen Damenkleider, also die Mode um 1910, im Film nicht lächer­lich zu wirken brauchten.

F. S.

hatte Hoffmeister streng die Zeiten zu meiden gesucht, zu denen fometarische Sternschnuppenströme in Tätigkeit sind, um feine per­fälschten Resultate zu bekommen. Das Ergebnis der Hoffmeister­schen Untersuchungen bestätigte glänzend die Annahme des öfter. reichischen Meteorforschers. Rund 75 Proz. aller fallenden Stern­schnuppen überhaupt find interstellaren Ursprungs, stammen also aus dem Teil des Weltenraums, der anderen Sonnen angehört. zur Prüfung seiner Theorie zog Hoffmeister noch zwei alte Beob­achtungsreihen eines deutschen und eines französischen   Astronomen heran, die fast dieselben Werte ergaben.

Woher stammen nun die interstellaren Sternschnuppen? Für die kometarischen Sternschnuppen hatte der russische Astronom Bre dichin ja eine den Beobachtungen befriedigende Erklärung gegeben. Aber von den interstellaren Sternschnuppen weiß man heute noch weiter nichts, als daß sie eben interstellar find. Gibt es unter ihnen auch Ströme, die zu bestimmten Zeiten im Jahr auftreten? Einige Andeutungen scheinen dafür borzuliegen. Der österrei chische Geophysiler Schwinner in Graz   ist der Ansicht, daß unser ganzes Sonnensystem gegenwärtig bei seiner Wanderung durch den Weltenraum in ein Gebiet geraten ist, das von den Trümmern eines zersprengten Himmelsförpers erfüllt ist. Die Forschungen des Direktors der Batikan- Sternwarte in Rom  , Bater Hagen, und des Direktors der Badischen   Landessternwarten auf dem Königsstuhl bei Heidelberg   haben gezeigt, daß der Weltenraum an vielen Stellen mit dunklen, nicht leuchtenden Maffen kosmischen Staubes erfüllt ist. Möglich, daß auch solche Staubmassen zur Erde gelangen und als Sternschnuppen aufleuchten. Eine Sternschnuppe wiegt ja nur wenige Gram. Jedoch, das sind heute bloß Bermu tungen, für die der Astronom noch feine festen Beweise zu liefern vermag.

Noch etwas anderes sprach gegen eine Verallgemeinerung der Theorie, daß alle Sternschnuppen ohne Unterschied von Kometen her stammen. Die Meteore, die sich von den Sternschnuppen nur durch ihre größere Maffe unterscheiden, mußten auf Grund der Unter fuchungen des österreichischen Astronomen Gustav von Nieß! durchweg als nicht von Kometen herstammend betrachtet werden. Borwiegend interessieren sich die meisten Aftronomen heute für Sie schienen aus dem Weltenraum zu stammen, der nicht mehr zu die Erforschung der physikalischen Eigenschaften der Himmelsförper unserem Sonnensystem gehört, waren also interstellaren Ursprungs.| und für die Gewinnung eines flaren Bildes über die Berteilung Durch Nießl wurde auch die Ansicht vertreten, daß sich unter den und Stellung der Weltenförper im Raum. Dennoch werden die Sternschnuppen auch solche befinden, die interstellaren Ursprungs Forschungsergebnisse auf anderen Gebieten der Astronomie sicher find. Der Beweis dieser Annahme blieb dem deutschen Aftronomen eines Tages auch auf die noch ungelösten Probleme von der Her Hoffmeister in Conneberg vorbehalten, der schon als fünf funft der interstellaren Sternschnuppen führen. Dabei wird die zehnjähriger Schüler 1909 mit systematischen Sternschnuppenbeob Wissenschaft von der Beschaffenheit und von den Vorgängen in der achtungen begann und 1922 feine aftronomische Theorie der Stern Lufthülle unserer Erde, die Meteorologie, auch ihren bedeutenden schnuppen veröffentlichte, Bei seinen Sternschnuppenbeobachtungen Anteil haben,