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Jlr. 242* 43. Jahrgang

± Beilage des Vorwärts

Donnerstag, 24. Mai 4923

Das Oold des Volkes.

Die Kartoiieln werden sortiert.

Der Kartoffel, die als sin« der wichtigsten Ernährung?- «quellen anzusehen ist, hat auf der AusstellungErnährung" auf dem Berliner Messegelände die Kartoffelbaugesellschast einen stattlichen Raum gewidmet, der mit Dioramen, Photographien, Modellen und graphischen Darstellungen versehen ist, während nebenan eine Kopie des bekannten Kartoffeldenkmals aus dem Harz aus- «Westellt ist. Die Dioramen zeigen die Arbeiten des Landmannes, die der Kartoffelbau, auf die Monate verteilt, erfordert. Von den Photographien geben wir eine wieder, die zeigt, dah es wohl möglich ist, auch auf dem landwirtschaftlichen Gebiet« einige Rücksicht auf Erleichterung der Arbeit zu nehmen; den Frauen, die die Arbeit des Kartoffelauslesens ausführen, wird durch die Anbringung eines Auslefetisches die Vornahme der Arbeit in bequemer Körperhaltung ermöglicht. Von den neuerdings mit Recht so beliebten graphischen Darstellungen mit Ergänzung durch künstlerische Wiedergabe der Hauplmomente hat die Zerlegung der Kartoffelernte nach ihrer Ver- Wendung eine auch den Laien interessierende Bedeutung: mit einem gewissen Erstaunen wird man erfahren, daß Zl) Proz. wieder als Saatkartoffeln in den Boden kommen. Da es nun aber nicht gut ist, miederholt seine eigenen Kartoffeln als Saatgut zu benutzen, so muß auch der Kartoffelanbauer von Zeit zu Zeit in den Geldbeutel greifen, um eine neue Sorte oder Kartoffeln seiner bisherigen Sorte aus einer anderen Gegend zu erwerben. Wie das Verteilungsbild zeigt, kommen ZSProz. derErnteolsSpeisekartoffeln. 3 3 Proz. als T i e r f u tt er. 7 Proz. für technische Ilm- Wandlung in Spiritus, Stärke, Trocknung zur Verwendung. während einSchwund" von S Proz. als Folge der langen Dauer der Aufbewahrung bis in den Juli des nächsten Jahres hinein zu verzeichnen ist. Die �GDldgi-öbern'. So lautet eine Inschrift der Ausstellung, den Wert der Kartoffel ober dach wohl etwas zu sehr betonend. Die Wissenschaft dieser Goldgräberei" hat nun in den letzten Jahren, zum großen Teil durch

deutsche Forschung(von ZYKartoffelzüchtern sind 15 deutsche leider verschweigt die Ausstellung deren Namen) einen sehr beträchtlichen Aufschwung genommen: über Sortenftagen, über das richtige Düngungskapitel, über die Bodenbearbeitung, über Fnihkartnffelzüchtung, Aufbewahrung(Einmietung, Einsäue- rung, Trocknung) der Vorräte usw. hat die von der Theorie bcein- flußic Praxis reiche Aufklärung gegeben. Wenn trotzdem Deutsch- land in dem Ertrage nach dem Hektar(131,6 Doppelzentner) hinter

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den fünf Staaten Belgien (187,3 Doppelzentner), Niederlande , Sow wegen Großbritannien und Dänemark (138,8 Doppelzentner) rangiert, so ist gewiß das den genannten Ländern zukommende feuchte See- klima für den Mehrertrag in hohem Maße von Bedeutung, aber es wäre falsch, diese natürlich« Quelle der Mehrleistung als die einzelne anzusehen. Denn Sortenoersuche der deutschen Kartofselkulturstatio« haben ergeben, daß der Durchschnitt ihrer Resultate z. B. im Söhre 1926 mehr als das Doppelte des Reichsdurchfchnikts darstellt (241 Doppelzentner je Hektar gegen 108,8 Do�elzentner). Und der gewöhnliche Durchschnittsertrag ist auch im Osten, in Mitteldeutsch­ land . im Westen und im Süden sehr verschieden: für 1921 bis 1927 waren die betr. Zahlen: 129 Doppelzentner, 131,8 Doppelzentner. 132,1 Doppelzentner, 106,6 Doppelzentner. Die Gesamtfläche ist fest Iahren ziemlich gleich geblieben: 2,7 bis 2,8 Millionen Hektar; sie beträgt in den genannten Gebieten 13,9, 13,9, 11,7 und 14 Proz. der Gesamtackerbaufläche. Die Ernten waren 1922 40,6 1923 32,6 1914 36,4 1925 41,7 1926 30,0 1927 37,5 Millionen Tonnen. Die Beemflusiung der Ernte durch Schäden, die ungünstige Witterung hervorruft, ist hier namentlich bei 1926 zu spüren; eine solche Einbuße ist etwa alle sechs Jahre zu verzeichnen Import und Export. Nicht allgemein bekannt wird fein, daß bei den SpeisekartoffelN ei?« Preiserhöhung für weiße, rot« und gelb� f l« i s ch i g« K o r t o f f« l n sich in den letzten Iahren als notwendig ergeben hat.(Oktober 1927 2,71 3,04 3,52 M.) Die gelb- fleifchigen Kartoffeln sind im Westen beliebt, doch wird neben der Einfuhr aus Holland für de« Bedarf de» Industriegebietes durch den bereits bestehenden Anbau gelbfleischiger Kartoffeln in dem Gebiete von Mecklenburg über Pommern bis zur Grenzmark gesorgt, so daß eine Vermehrung der Anbaufläche nicht empfohlen wird. Als Fehler dieser Sorten fft anzunehmen, daß ihr Kraut den Boden nicht so bedeckt wie die weißfleischigen Kartoffeln, die Reinigung resp. Reinhaltung des Bodens vom Unkraut also nicht so günstig ist. Der Gesamtimport von Kartoffeln betrug 1927 639,133 Tonnen? außer den Niederlanden(268,630 Tonnen) waren Belgien ,<100,540 Tonnen) und Italien (120,462 Tonnen) die Hauptliefe- ranten. Deutscher Export nach dem Auslande(auch Saargebiet) war 1927 69,034 Tonnen. Eine Vergrößerung wird nicht leicht sein, da eigentlich nur England, Schweiz und Oesterreich als europäische importbedürftig« Länder in Bettacht kommen. Zu be- achten ist ober weil es die von uns hier schon immer empfohlene Standardierung und Verkaufsorganisierung der landwirtschaftlichen Produktion bestätigt, daß von autoritativer Seite als Ueberlegen- heitsmomente der Einfuhr aus Holland angesehen werden: 1. schnellste Anlieferung, 2. durch Zertifikat eines offizielle« Exe portkontrollbureaus gesicherte einwandfreie Beschaffenheit der Ware. Dieseabsolute Sicherheit" fehlt bei den deutschen Lieferungen. » Im Hinblick auf die verschiedenen hier nur gestreiften Fragen, die der Kartoffelbou hervorruft, wird man wohl zu der Ansicht kommen müssen, daß die Zeit vorbei ist, in derdie dümmste» Bauern die dicksten Kartoffeln hatten".

Raubmord auf der Landstraße. Einer schweren B l u t t a t ist der Kutscher Paul K o l l u s ch, der bei der Olex-Petroleum-Gesellschaft in Oppeln angestellt war, zum Opfer gefallen. Als er mit seinem Gespann am Sonnabend abend auf der Chaussee Iellowa-Königshuld in Echlesie« entlang fuhr, versperrte ihm ein Radfahrer den Weg. In go-- brochenem Deutsch forderte der Unbekannte den Kuffcher zum Holten auf und gab mehrere Schüsse aus ihn, so daß Kollusch vom Bock herunter auf die Landstraße stürzte. Der Raubmörder entriß ihm dann die Geldtasche, in der sich etwa 500 Reichsmart befanden und entkam auf feinem, Rade. Der sterbende Kutscher wurde später von Vorüberkommenden gesunden. Soweit er nach angeben konnte,

Jack Lenden: W vlfsblUt. Das junge Tier, das so einen Namen erhalten hatte, lag wartend da. Eine Welle noch machten die Männer ihren Lärm mit dem Munde, dann nahm der Graue Biber ein Messer aus einer Scheide, die er am Halse trug, ging in das Dickicht und schnitt einen Stock ab. Wolf beobachtete ihn. Er kerbte den Stock oben und unten ein und befestigte Nie- men von ungegerbtem Leder in die Kerbschnitte. Den einen Riemen band er um Kisches Hals, dann führte er sie zu einer jungen Tanne, um welche er den andern Riemen befestigte. Wolfsblut folgte und legte sich neben ihr nieder. Lachs- zunge streckte die Hand aus und rollte ihn auf den Rücken. Kifche sah ängsllich zu. Wolfsblut fühlte, wie die Angst wieder in ihm emporstieg. Er konnte ein Knurren nicht ganz unterdrücken, aber er machte nicht Miene, zu beißen. Die Hand mit den gespreizten und gekrümmten Fingern rieb ihm spielend den Bauch und rollte ihn non einer Seite auf die ondere. Es war lächerlich und häßlich, so auf dem Rücken zu liegen und die Beine in die Luft zu strecken. Auch war os eine so äußerst hilflose Stellung, daß Wolfsbluts Natur sich dagegen empörte. Er konnte nichts tun, um sich zu ver- leidigen. Wenn der Mann Böses im Schilde führte, so wußte er. daß er dem nicht entrinnen würde. Wie konnte er, wenn er seine vier Beine in die Luft streckte, aufspringen? Doch bezwang er unterwürfig seine Furcht und knurrte nur leise. Dies konnte er nicht unterdrücken, und der Mann nahm es auch nicht übel und gab ihm keinen Schlag an den Kopf. Allein das Seltsamste war, daß Wolfsblut, wie die Hand ihn hin und her rollte, ein unerklärliches Bcrgnügen emp­fand. Wurde er zur Seite gerollt, so hörte er zu knurren auf. und wenn die Finger ihn am Kopfe krauten, so wuchs die angenehme Empfindung, und als der Mann nach einem letzten Streicheln und Krauen ihn losließ, war alle Furcht m ihm verschwunden. Zwar sollte er noch oftmals in feinem Umgang mit den Menschen vor ihnen Furcht empfinden, doch bereitete sich schon jetzt der furchtlose Verkehr mit ihnen vor. Nach einer Weile hörte Wolfsblut den Ton fremder Stimmen, die näher kamen. Er erkannte sogleich, daß es der Lärm fei, den die Menschen mit dem Munde machten. Einige Minuten später erschien der Rest des Stammes in langer Marschlinie. Es gab noch mehr Männer und viele Frauen und Kinder, im ganzen etwa vierzig Personen, alle mit Lager- und Haus- gerat schwer beladen. Auch viele Hunde waren dabei, und Kiese waren mit Ausnahme der noch nicht erwachsenen eben-

falls beladen. Sie trugen auf dem Rücken in Säcken, die ihnen umgeschnallt waren, ein Gewicht von zwanzig bis fünfzig Pfund. Wolfsblut hatte noch nie zuvor Hunde gesehen, aber bei ihrem Anblick wußte er, daß sie, wenn auch ein wenig ver- schieden, doch zu seiner Gattung gehörten. Allein sie unter- schieden sich nicht sehr von Wölfen, als sie Wolfsblut und seine Mutter erblickten. Sie stürzten auf die beiden los. Wolfbluts Haar richtete sich empor, und er knurrte und schnappte zu, als die Schar Hunde mit offenem Maule heran- kam. Doch er wurde um und um geworfen, kam unter ihre Füße und fühfte ihre scharfen Zähne an seinen Körper, während er selber ihnen in die Beine und in den Bauch biß. Es war ein großer Spektakel. Er hörte Kisches Knurren, sah, wie sie für ihn kämpfte, hörte die Rufe der Menschen, den Ton der Knüttel, wenn die Hunde geschlagen wurden, und das klägliche Geschrei der also Geschlagenen. Ein paar Minuten später stand er wieder auf den Beinen. Er sah nun die Menschen, wie sie die Hunde mit Knütteln und Steinwürfen verjagten, wie sie ihn verteidigten und vor den wilden Zähnen seiner Gattung erretteten, die doch auch wieder nicht ganz seinesgleichen war. Wenn auch in seinem Hirn keine ganz klare Vorstellung van der Idee der Gerechtigkeit vorhanden war, so fühlte er in seiner Weise doch den Gerechtigkeitssinn der Menschen, und er lernte sie als das kennen, was sie allein waren, nämlich Gesetzgeber und Wächter des Gesetzes. Zluch lernte er die Macht, womit sie das Gesetz handhabten, schätzen. Ungleich allen andern Geschöpfen, die er bisher angetroffen hatte, bissen sie nicht, auch kratzten sie nicht. Sie unterstützten jedoch ihre lebendige Stärke durch leblose Dinge, die ihr Geheiß ausführen mußten. So sprangen Stöcke und Steine von diesen seltsamen Wesen gelenkt, wie lebende Dinge durch die Lust und brachten den Hunden Schmerz und Pem. Das war eine seiner Meinung nach ungewöhnliche und unbegreifliche Macht, die übernatürlich und darum gatt- ähnlich war. Wolfsblut konnte seiner Natur nach nichts non Göttern wisien, höchstens kannte er Dinge, die unbegreiflich waren, aber die staunende Ehrfurcht, die er vor den Menschen empfand, glich in mancher Beziehung den Empfindungen. die der Mensch beim Anblick eines himmlischen Wesens haben würde, das von einer Bergesspitze Blitz und Donner auf die staunende Welt schleudert. Der letzte Hund war zurückgetrieben. Der tolle Lärm erstarb, und Wolfsblut leckte sich die Wunde» und dachte über seine erste Bekanntschast mit der Grausamkeit eines Rudels nach. Er hatte es sich nie träumen lassen, daß seine eigene Gattung aus mehr als. Eiwmge, der. Mutter und ihm

selber bestehen könne. Diese hatten eine Gattung für sich gebildet, und jetzt hatte er plötzlich noch viele ähnliche Ge- schöpfe erblickt. Er fühlte sich unwillkürlich verletzt, daß diese Verwandten gleich beim ersten Anblick über ihn i?er- gestürzt waren und versucht hatten, ihn zu vernichten. Auch nahm er es übel, daß die Mutter angebunden war, wenn es auch durch die höheren Wesen, die Menschen geschehen war- Es schmeckte noch einer Falle, nach Knechtschaft, wenn er auch von solchen Dingen noch nichts wußte. Frei umher- zuschweifen oder sich hinzulegen, wo und wann er wollte, das war sein Erbteil gewesen, und das war ihm nun verwehrt. Die freie Bewegung der Mutter war durch den Stock, an den sie gebunden war, beschränkt, und so war es auch die seine, denn er bedurfte noch der mütterlichen Räbe. Diese Sache gefiel ihm nicht; es gefiel ihm auch nicht, daß, als die Menschen sich erhoben und den Marsch fortsetzten, ein winziges Menschlein den Stock in die Hand nahm und Kische als Gefangene hinter sich herführte. Wolfsblut folgte ihr, aber durch das neue Abenteuer verstört und geängstigt. Sie gingen das Flußtal entlang und weiter, als er sick) je gewagt hatte, und kamen an die Stelle, wo dos Flüßchcn in den großen Mackenzicfluß mündete. Hier waren Boote hoch in der Luft an Stangen befestigt und Vorrichtungen zum Trocknen der Fische aufgestellt, und hier wurde das Lager aufgeschlagen, und Wolssblut schaute verwunderten Auges zu. Die Ueberlegenheit der Menschen flöhte ihm von Augenblick zu Aligenblick größere Ehrfurcht ein. Welche Macht übten sie nicht über die bissigen Hunde aus! Aber noch größer war seiner Meinung nach ihre Macht über die leblosen Dinge, denen sie Bewegung oerlichen, und mit denen sie das Aussehen der Welt oeränderten. Dies be- sonders setzte ihn m Erstaunen. Hatteu schon die hohen Gerüste aus Latten und Stangen seine Blicke auf sich ge- zogen, so war das noch nichts dos Merkwürdigste, was diese Geschöpfe, die Stöcke und Steine in große Entfernungen schleuderten, machen tonnten. Erst als diese Gerüste, indem sie mit Fellen und Geweben bekleidet wurden, sich in Zelte verwandelten, da kannte Wolfsbluts Erstaunen keine Gren« zen. Vor allem machte der ungeheure Umfang der Zelte Eindruck auf ihn. Sie stiegen auf allen Sellen um chn herum empor, wie mächtige, schnell wachsende Formen des Lebens- Sie erstreckten sich, soweit er sehen konnte, und er fürchtete sich davor. Sie sahen unheimlich auf ihn herab, und wenn der Wind sie schaukelnd hin und her bewegte, so duckte er sicfo und ließ sie nicht aus den Augen, immer bereit, fort» zuspringen, sollt«» fte narjnchen, sich aus ihn zu stürzen. ___(Fortsetzung folgt*