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Die Nacht in der Opiumkneipe. Die gelbe Schminke ist gut verrieben, die Augenhöhlen haben ihre natürliche Rundung verloren und find etwas schlitzig geworden, auch die Perücke sitzt sest. Ti To, der Wirt des chinesischen Boardinghauses, in dem ich eine Nacht zubringen will, ist zufrieden mit mir. Zeitig leg ich mich zu„Bett", und so können die anderen fünf, die noch mir komnien, nicht ahnen, daß ich unter der schmutzigen Decke eine für einen echten Chinesen verdächtige Ueberlebensgröße besitze,«sie kümmern sich nicht um mich, unterhatten sich noch ein wenig, drehen das Gaslicht aus und schlafen ein. Sie schlafen fest. Die Arbeit eines anstrengenden Tages liegt hinter ihnen. Wenn das Radiumgeleucht auf der Armbanduhr schwächer wird, ist es wieder Tag, und die Chinesen werden auf- stehen. Tee trinken, in den Docks arbeiten, sich zanken, sich wieder vertragen: was für Witze sich Chinesen wohl erzählen werden? Auch dieser Tag wird wie die anderen Tage sein, diese Nacht ist wie die onderen Nächte in ihrer asketischen Einfachheit dieses Zimmers, dos wie eine schlecht« Gefängniszelle aussieht... Halb drei. Zwei flüstern miteinander. Wovon? Bestimmt doch vmn Opiumschmuggel. Warum? Erstens ist Opium immer inter- essant, und wir Reporter lieben das. Zweitens hat hier erst neu- lich die Polizei eine Streike nach seinen Spuren unternommen und dabei Erfolg gehabt. Dos Opiumverbot, das der Londoner Magistrat 1S1K erlassen hat, ist in Kraft geblieben, wird aber noch vielfach übertreten. Um drei. Das Geflüster hat aufgehört. All« schlafen wieder. Keiner ist auf den Gedanken gekommen, das Fenster zu öffnen. Die Lust wird schlecht. Mir auch bald. Da stehe ich auf. Und streiche m der Richtung, in der ich den Ausgang vermute, durch das Haus. Aus einigen Türspatten dringt Licht. Zwei sind so weit ge- öffnet, daß man durch sie hindurchsehen kann. Ein Chinese saugt gierig an einer Opjumpfejse. Ein langer Europäer liegt wie im Delirium am Boden, neben ihm die Pfeif«. Die Gaslampe flackert, zitiert, verstärkt den Eindruck, als ob Leben hier verlösche nach einer hohen Fieberkurve des Entzückens. Es fft— furchtbar? Was wissen wir? Es ist so traurig alles in der Hafennacht. Wie es tagt, wird hinter den schiefen Mauern an einem Schiffsmast gerade der Blaue Peter hochge, zagen: der internationale Wimpel des ausfahrenden Schiffes. Das halbe Leben arbeitslos. Im Gesamtbild des Hafens verliert sich die Menge der Chi- tiefen. Fest ansäflig sind in London kaum lausend(aber Zehn- tausende fahren als Heizer auf britischen Schiffen, wo sie nicht be- liebt sind bei den Klassengenossen, weil sie in ihrer Bedürfnislosig- keit die Löhne drückend ihre Häuser verteilen sich aui wenig« Straßen nur. ihre Läden und Ca lös vermeiden jede aufdringliche Reklame, ihr« Söhne sind in den chinesischen Freiheitskrieg kämpfen und sterben gegangen, ihr« Frauen bekommt man überhaupt nicht zu Gesicht. Verläßt man ihr Revier und geht man d tri wärt? bis zur Towerbridgs den Hafen entlang, den in seinen Grundzügen die Themse bildet, verschwinden sie bald ganz und der„Docker" be- herrscht das Feld. Aber auf diesem Feld ohne Erde wächst Ihm nicht viel. Die Handelsschiffahrt, vom Willen der Naturmächte gleichermaßen abhängig wie von dem der Politiker und Kausleute, bringt es mst sich. daß. tagelang überhaupt nicht» zu tun ist, dann wieder Hochbetrieb flutet. Derbrennen die Farmer in Südamerika «inen Teil der Kornernte, wie es ja tatsächlich geschehen ist, damit auf dem Weltmarkt die Getreidepreise in die Höhe getrieben wer- den, dann sind es nicht nur die hungernden Kinder Europas , die darunter zu leiden haben. Wenn in der Schiffahrtsbörf«, wo mit Vermittlung des Brokers das Frachtangebot des Schiffsbesitzers mit dem Frachlbedürfnis der Verfchiffers in Uebereinstimmung gebracht wird, Laderaum gekauft wird und Schiffsruten bestimmt werden— dann bat das Tag«. Wochen und noch Monate später sein Echo aus dem Mund der„Ganger" auf den langen Hafenkais. Die Ganger, «ine Art Obleute, heuern an Docken, halbtagsweise an, wen sie brauchen, wenn ein Schiff einläuft und gelöscht oder geladen werden will. Es ist eigentlich immer ein Ueberangebot an Dockern da. Und schon dos Glück, einen nur halbtägigen Arbeitsabschluß zu machen, bat im allgemeinen nur, wer im Besitz einer Preferenzkarte ist. Der Docker arbeitet kaum jemals länger als eine halb« Woche. Unter» stützung bekommt er erst bei längerem Arbettsousfall und auch dann mir wenig. Leise, wie«In großes Versprechen, fährt so ein Schiff ein. macht sest, läßt die Quarantöne'laage fallen, sich von Behörden und Agenten der Compani« wichtig« Unterschriften geben, den Bauch aufreißen. Ladung entnehmen, Ladung wieder hineinstopfen, schluckt, ein unersättliches Tier, einen Eisenbahnwagen nach dem anderen, läßt an den Zahnlücken des Geländers, an denen das Fallreep hängt, noch ein paar Passagiere durchschlüpfen, läßt sich sauber putzen und scheuern, mit de», Blauen Peter bewimpcln. diirchkliit- geln, durchsuchen, durchdampfen, um dann wieder leise weiterzufahren, indes vom letzten Steward bis zum ersten Offizier die Be- sotzung verärgert fft, kaum an Land gekommen zu sein. Mst der Hoffnung aus Segen war es aber auch bei den Dockern nicht allzu viel, und niemand weiß, was morgen sein wird... „Trinken wir noch«inen Porter zum Trost!" Wo denn? In Kellern und Klubs. Ab zehn Uhr abends darf in England öffenttich kein Altohol- getränk mehr ausgeschenkt werden. Selbst dort, wo aus dem Plan von London zwischen den blauen Flecken, welche die Lage der Docks verraten, die Linien ganz eng aneinanderrücken, so daß man in den Straßen, die sie bezeichnen, das verruchteste Hafenleben er- warten könnte—. selbst da sst es in der Nacht still und traurig, leer und dunkel. Das etwas nördlicher gelegene Whitechopel haben die dort eingewanderten Ostjuden kutttviert. und sogar das achtund- achtzigste Haus der Hantrury Street, tn dem Jack, der Ausschlitzer, gelebt haben soll, lehrt nicht mehr das Gruseln. Was imn die mehr nach der Themse zu gelegenen Hafengassen anbetrifft, so hat sich hier in der jüngsten Zeit vieles verändert. Gewiß, auch jetzt wird noch nach zehn Uhr geschimpft und geboxt, doch geschieht es unter. irdisch, heimlich, in Kellern, ohne Orchestrionbegleitung. ohne Radau. Man kam, in diese Keller schon mal hineinkommen, wenn man nicht allzu fein angezogen sst, und man wird sehen, daß es ziemlich übel zugeht, ohne alle Romantik, ganz anders als im Kino, ganz anders als tn Romanen. Wie sst es nun oben? Nie wagt str den Quartieren der Londoner Docks ein Mädchen einen Mann anzusprechen, obwohl die Not oft leicht genug dazu verleiten könnte. Di« brutale und einfache Formel, nach der sie hier ihr ängstliches Leben führen, heißt: Lieber einen Mann weniger im Bett als«in Jahr mehr im Gefängnis. So streng wird das An- sprechen bestraft. Der Manr. muß den Ansang inachen. Das er- laubt die Polizei. So ist es wie auf einem großen, häßlichen Friedbos. So sst « wie in allen anderen Armenvierteln von London . Haus neben
Haus steht wie Elendblock neben Elendblock. Licht fehlt, Platz fehlt, Lachen fehlt. Die Zimmer sind winzig klein. Die Lust ist schlecht. Nicht nährkrästig das Essen. Sparsamkest mutz an allen Ecken und Enden wallen. Kleine Kinder kriechen durch Schmutz. Kommt der Docker abends müde nach Haufe, kann er sich freuen, wenn die Frau Geld genug hatte, ihm ein warmes Essen zu kochen. Aber jedenfalls kommt er nach Hause. Die Kelle, kneipen sind mehr ein« Angelegenheit der Seeleute. Zeitig gehen die Familien zu Bett. Ost haben sie bloß«ins. Nur im Umkreis der Kanadadocks kommen weit mehr als Hirn- dert jung« Menschen allabendlich ziemlich spät nach Hause. Sie kommen aus ihrem Klub. Jungen und Mädchen spielen dort, lesen, hören Vorträge. Am Montag und Freitag dürfen die Jungen sogar mit den Mädchen Zusammensein, am Montag, um miteinander Whist zu spielen, am Freitag, um miteinander zu tanzen— und ihr habt hier gleich ei» Beispiel von der permanenten englischen Revolution, denn ,chas mit dem Zusammentanzen," sagte mir der Kapitän,„das ist ein Experiment, hat sich aber, wie zu- gegeben werden muß, bewährt. Aber auch schon vor diesem Experi. ment der Koedukation"— man merkt noch beute dem Kapitän einen gewissen Horror vor dem Wort an—„kamen die jungen Menschen gern zu uns, froh, dem häuslichen Elend auf einige Stunden entlaufen zu können..." Was sich ja nun allerdings verstehe,, läßt. Charlies Museum. ..Eee«, mmoch zwei Porter..." „Na, Sie sind doch bloß eine Frau!" „Die andere liegt draußen..." Dieses tragikomische Gespräch Härle ich bei Charli« Brown. Charlie Brown» Haus. Ecke Westindia Dock Rood und Earford Street, nimmt nämlich eine Ausnahmestellung ein. Hier fließt das Bier reichlich, warten Mädchen darauf, angesprochen zu werden, schließlich sind sie auch selber mal ansprechend, und vor ollem ist«s der ganze Rahmen: Da stehen und hängen aus Tischen, an Decken und Wänden kunstvolle� Schiffchen, ausgestopsl« Tiere, die es gar nicht gibt. Schlangen, Schildkröten, B iffelköpis, Kannibolenschädel, Bärenfelle, ein zweiköpfiger Hirsch, ein zwölfbeiniges Kalb. Bei diesen herrlichen Sachen muß der Polizist ein Auge zudrücken, falls er nicht will, daß es ihm blau geschlagen wird, wenn auch noch nach zehn Uhr ein Schnaps ausgeschenkt wird. Bor Eharlie hoben die Seeleute Respekt, und sie mögen ihn gern. Sie haben ihm auch alle diese wunderlichen Sachen mitge- bracht, die da herumhängen. Warum soll man dem vervückien Huhn, wenn es so etwas sammelt, nicht ein« Freude machen? Das verrückte Huhn hinter der Tek«, hemdsärmelig, fett und bieder, gehört mit zu den schwerreichen Leuten von London ... Im ersten Stock, in einem an sich ziemlich geschmacklos möblier- ten Zimmer, hat. was nur ganz wenigen bekannt ist, Eharlie«in« äußerst wertvoll« Sammlung bronzener und elsenbeinerner Kunst auigehauft: Götter und Menschen, Gläser und Porzellane, Waffen und Schmuck. Münzen und Spiel«, Indien , China , Mexiko — und die Londoner Museumsdirektoren, die von de? Herrlichkeit wissen, blicken neidisch nach Osten. Manchmal kommt einer mrgewoirdert, was ab, zukaufen, hat aber nie Erfolg. Eharlie gibt nichts raus. Die Seeleute und Docker haben andere Sorgen als die um Elfenbein und Bronze, wissen auch gar nichts von der kostbaren Sammlung über ihren Köpfen. Wichtig ist ihnen Cbarlies Ale. Wichtig ist Charlies Whisky. Wichtig ist, daß dos Mädchen ein Zimmer hat, aber es geht auch so. Wichtig ist. daß morgen neue Schiffe kommen. Wichttg sst, daß der Ganger«inen zum Kisten- karren, der Kapitän zum Fahren nimmt. Wichtig ist der Blaue Peter. Und wenn gar nicht» klappt? Dann stellt man sich vier Straßenecken weiter am Beeches Square mit an, wo der Staat die Eilsschreibungen vornimmt zur Auswanderung nach Australien und Kanada . �___ Erich Gott getreu. Delinquentenmühe. Von Friß Neck-Malleczewen. Am IE März Neunzehnhundcrttrndfechs, als eben die Revolu- tion zerschlagen war, fuhren wir in den Kapitelsaal zu Angelique Rosens Hochzeit. Der Tag war«in nagelneuer Frühlingstag und schon ganz warm, und wir fuhren im offenen Wagen durch diesen Frühlingstag über den Thronfolgerboulevard, und es war sehr an- genehm, dos wir zum ersten Male nach der Assäre in der Mond - schurei wieder die weiße Uniform trugen. An der Ecke des Tollebenboulevards l>ält mit einem plötzlichen Ruck der Wagen. Freuichchen... Du, was hältst du? Weißt du nicht, daß es Zeit ist?" Da antwortet der Kusscher nun durchaus nicht. Ruit was denn? Es quillt da aus der Nikolaistraß« eine ganze Menschen- kolonne: in Sektionen zu acht graugekleidete Menschen... gefesselte Menschen, und an jedem Sektionsflügel geht je ein Soldat mit auf- gepflanztem Bajonett. Nun, was denn weiter? fragen sie. Es waren Revolutionäre, die in den nächsten Tagen in den Sandbergen an der Düna erschossen werden sollten. Ach bitte, es fällt mir gar nicht ein, darüber zu spintisieren! Ich habe nun drei Revolutionen«riebt, bitte ich Sie zu bedenke». ich weiß, daß man solch« Dinge mindestens von zwei Seiten be- trachten kann und vergesse durchaus nicht, daß ich selbst auf der«inen stehe.... Aber was wirklich merkwürdig war an diesem Falle: eine alte Mütze flog, als wir den Zug passierten, in unseren Wagen, mitten aus diesem Zug heraus war sie gekommen. Vielmehr der Teil einer Mütze, ein mit Droht versteifter Mützznboden, und er flog gerade in den weißseidenen Schoß von Nastascha Plate?, deren Brautführer ich war. Es war ja nun ganz klar, daß einer dieser Delinquenten sie nach uns geworfen hatte, und unklar war nur, ob ihm gerade die Hände ungesessell geblieben waren oder wie es sonst hatte kommen können. Und klar war es nur nur, daß er sich geärgert hatte, well er sterben mußte, und wir beide im Wagen waren doch junge Menschen und fuhren durch den Frühlingstag und wollten Angelique Rosen verheiraten, und die Sonne schien auf uns beide und aus meinen weißen Kürassierkoller und meinen Stahlhelm,. und nachher würde man sich dann doch die Nase begießen und de» alten Herren Räubergeschichten erzählen von Liao-Iang und von Mukden, und dann würde das immer lustiger werden, bis man in aller Seligkeit gerode einschlafen würde, wenn man die grauen Kerle da in den Zentralgefängnissen zum Sterben weckte.
Nun ja. solch ein Unbekannter hotte sich geärgert über sein zweifelhaftes Leben und sein unzweifelhaftes Sterben und da hatte er fein schöbiges Mützenskelett nach uns geworsen, daß es gerade in Nataschas weißseidencn Schoß gefallen war. „Geben Sie her... ja, bitte, nicht fortwerfen, derlei bringt Glück!" Infolgedessen habe ich die Mütze behalten. Und wenn sie mir heute, nach beinahe zwanzig Iahren, in die Hände gefallen ist, was kann ich dafür, daß ich von Zeit zu Zeit den Drang bekomme, in den Requisiten meiner Jugend zu wühlen, wie andere den „Sapoj"') bekommen? Das merkwürdigste an dieser Mütze ist übrigens, daß unter dem Futter der Boden mit altem Zeitungspapier ausgeklebt ist, mit alten vergilbten Zeitimgsfetzen. Man kann nur noch Bruchstücke lesen, dort, wo die Falten etwas übrig gelassen haben. Was man da lesen kann in dieser papierenen Hirnschale des Toten? Erste Kolumne: „Eisbrecher Permak... drei Meinbürger... Alkohalvergif- tting.. moskausche Dorstadt... sechsundsünfzigjährige Prostituiert« Isakowna..." Räch st«Kolumne: Zur Ankunft des kaiserlichen Hofzuges... Dwinsker Bahnhof. Generalgouverneur Sakomelski und andere hohe Militörc... Empfang erschienen... Ferner hotten das Glück, von Se. Majestät angesprochen zu werden... Erzbischos Agathangel... auf einer geschnitzten Schüssel Salz und Brot überreicht... Weiter:„Baltisches Geschwader... Kreuzer Korejez.-, Kaiserstandorte... Salut von hundert Kanonenschüssen..." Wieder eine:.„Kaiserliche Pacht... Polarstern ... Newa - brücke... ständig unter Dampf. Leben des Zaren... Oranien- bäum... Gardcrcgiment Preobrashensk... Zwangsansiedlung im Gouvernement Olonetz..." * Wenn man den Fetzen auseinanderzerren wollte, so könnte man wohl noch mehr russische Geschichte lesen, hat schließlich keinen Witz. Die«ine Partei ist schlafen gegangen und die andere, repräsentiert durch den verschollenen Besitzer der Mütze, hat am Morgen des siebzehnte» März Nennzehnhundertundsechs in den Sandbergen an der Düna aus kaiserlich russischen Dreiliniengewehren sechs Schüsse bekommen... visp in die Brust und einen in den Leib und noch «inen mitten ins Gcsscht. über dem einmal dieser Fetzen da gesessen hat. Um die gleiche Stunde, als wir von den Whisttischen ous- standen. Ach Gatt, was ist schließlich dabei? Bor zwanzig Jahren die eine Partei und vor bald sieben Jahren die andere und morgen vielleicht wir und dann wieder die andere. Die Mütze sst ein unappetitliches und sentimentales Residuum. Ich werfe die Mütze ins Feuer. Die Mütze wenigstens fährt gen Himmel. Und Angelique Rosen, die wir damals verheirateten, hat inzwischen acht lebendige Kinder zur Welt gebracht.
Troposphäre und Stratosphäre. Was wir von den Lustschichten wissen. Die vielbesprochenen Versuche unserer Flieger, in immer höher« Luftschichten«mporzugelangen, der kühne Plan, mit der„Luitrakete" über die Atmosphäre der Erde hinauszufliegen, haben das Interesse für die höchsten Luftschichten immer mehr gesteigert, und man hat auch bereits ein« ganze Anzahl neuer Erkenntnisse gewonnen, über die I. Bartels in den„Nalutwisseisschasten" berichtet. Man unterscheidet in der Atmosphäre.zwei Schichten: eine untere, die T r o p o s p h ä ne, in der sich die Witterungsvorgäng« abspielen und die Temperatur nach oben abnimmt, und eine obere, die Stratosphäre, in der die Temperatur in vertikaler Rich- tuna nahezu gleichmäßig ist oder longsam ziininmn. Die Grenzfläche zwischen beiden liegt am Aequator lö Kilometer, am Pol etwa 8 Kilometer hoch. Mit dieser verschiedenen Höhenlage hängt es zu- sammen, daß die Stratosphäre über dem Aequator kälter ist als in gleicher Höhe über dem Pal. Die höchsten Ballonausstiege, bei denen mit meteorologischen Instrumenten Messungen vorgenommen wur- den, erreichten in Batavia eine Höhe von ZI Kilometer. Datei war die tiefst« mittlere Temperatur minus 85 Grad in 17 Kilometer Höhe: in einem Fall wurde minus»2 Grad in 15,5 Kilometer Höhe gefunden. Wenn man etwas über den Zustand der darüberliegende» Schichte» erfahren will, ist man vorläufig noch auf indirekt« Schlüsse angewiesen. Unter den Vorgängen, die von dein Dorhondenjei» einer'Atmosphäre in sehr großen Höhen zeugen, ist die Dämmerung schon lange systematisch beobachtet worden, ohne jedoch' genauere Angaben zuzulassen. Einfacher liegen die Verhältnisse be! den leuch- tenden Nochtwolken. bei denen es sich venrnttlich um sein verteilte Eluptionsprodukte handelt. Man hat silberhelle Wolken nach um Mitternacht in einer Höhe bi« zu 83 Kilometer beobachtet. Sternschnuppen erscheinen durchschnittlich in einer Höhe von 12tt Kilo. meler, gelegentlich auch von 170 Kilometer: sie bestehen aus Eisen oder Stein und sind ost nicht größer als eine Erbse. Das Polarlicht geht nach den photogra,»metrischen Messungen niemal? unter 77 Kilometer herab. Man hat Strahlen gemessen, die bis über 1 0 0 0 Kilometer hinaufreichten. Heber den Zustand dieser höchsten Atmosphärenschichten ist man vorläufig noch auf Verinutun- gen angewiesen, aber es ist«in rascher Zuwachs unseres Wissens zu«rhofsen, durch den viele der noch hypothetischen Aussage» an Sicherheit gewinnen werden.
Lichlcmpsindüchkcil augenloser Tiere. In der bayerischen Akademie der Wissenschaften wurden bemerkenswerte Beobochkungen über das Zwisihenhirn alz Lichtsivnesorgan mitgeteilt. Donach reagieren Elritzen auch noch nach vollständigem Verlust beider Augen auf Licht: sie färben sich bei Belichtung dunkel und bei Verdunkelung hell, so sie lasse» sich auf Lichtrsizc dressieren. Bringt man sie in einem schwach erhellten Raum unter und belichtet sie kurz vor jeder Fütterung und wahrend derselben mit einer stärkeren Lampe, so lernen sie in wenigen Tagen, daß die Belichtung flir sie Futter be- deutet: sie reagieren dann schon auf den Lichtreiz ollein ohne An- Wesenheit von Futter, suchen dieses auf die Belichtung hin, schnappen nach ollen Seiten und springen sogar aus dem Wasser, wenn sie ge- wohnt sind, das Futter an der Oberfläche zu erl>atten. Diese Reaktion wird nicht durch einen allgemeinen Houtlichtsinn, sondern sie läßt sich nur von einer bestimmten Stelle des Kopses auslösen, die der Loge des Zwischenhirns entspricht. Hier ist bei Reptilien das Parietal- organ(Scheitelauge), das man auf Grund seines Baues schon lange als rudimentäres Aug« anspricht. Das bei Fischen an der«nt- sprechenden Stelle liegende Pari eml organ steht auf einer primitiveren Stuf« und hat keine Augenähnlichkeit. Versuche an Elritzen leh'«". daß die Lichtempfmdlichkeit nicht aus dieses Organ beschränk sondern anscheinend den, ganzen Zwischenhirn zukomntt
•) Säuferwahnsinn.