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Bürgerfartell- ist nicht!

Eine Stimme aus dem Zentrumslager.

Im bürgerlichen Lager ist in den letzten Tagen wieder­Holt einem festeren Zusammenschluß der bürger­lichen Mittelparteien das Wort geredet morden, um ein Gegengewicht gegen die um mehr als zwanzig Ab­geordnete verstärkte sozialdemokratische Reichstagsfraktion zu schaffen. Zentrumsabgeordneter Joseph Joos   fetzt sich in dem München  - Gladbacher Bestdeutschen Boltsblatt" mit diesen Vorschlägen auseinander. Er fagt:

"

Die Zentrumspartei   braucht sich nicht den Siegern anzubieten, noch weniger aufzudrängen. Eine Regierungsbildung ohne sie wird nicht möglich sein. Koalitionspolitisch hat der Jammer für Sozial Demokratie und Deutsche Volkspartei   begonnen. Vor Jahr und Tag hätten es beide leichter gehabt. Die Zentrumspartei   wird die Sorgen der Deutschen Volkspartei   nicht mindern fönnen, auch nicht auf dem Wege der Bildung eines Kartells bürgerlicher Mittelparteien" als Gegenpol gegen eine überstarfe Sozialdemokratie, die noch dazu unter fommunistischem Druck steht. Was bürgerlich ist, das ift für uns nicht gleichbedeutend mit dem, was eine Deutsche   Wolfspartei meint. Unser Antifozialismus ist ein anderer als der, den wir landläufig finden. Das Zentrum geht immer auf das Positive. Dabei wird es bleiben, ob in dieser oder in jener Koalition.

Auch der Deutsche  ", das Blatt der christlichen Ge­mertschaften, rückt deutlich von einer bürgerlichen Einheits­front, wie sie manche Unternehmerkreise wünschen, ab. Er spricht die Hoffnung aus, daß der Teil der Unternehmer, der mit Silverberg übereinstimmt, bereit sein wird, aus dem Wahlausfall die notwendigen Schlußfolgerungen zu ziehen, und fährt dann fort:

Andererseits lassen sich aber Stimmen voll ernster Besorgnis aus dem Unternehmerlager feststellen. Man befürchtet, daß ein meiteres Abgleiten der Wirtschaft auf die schiefe Ebene fozialistischer Tendenzen sich faum verhindern lassen wird". Diese Formulierung ist zu groß, denn was 3. B. die ,, Deutsche Bergmerfszeitung", welcher der eben zitierte Satz ent­nommen ist, und die ihr nahestehenden Unternehmerkreise unter fozialistischen Tendenzen verstehen, das bezeichnet ein normaler Staatsbürger meist als Mindeffmaß notwendiger Sozialpolitif, die mit Sozialismus recht wenig zu tun hat. Es ist möglich, daß im neuen Reichstag mit der Sozialdemokratie in der Regierung Wirt­schaftspolitik in vielen Fällen mehr unter Arbeitnehmer­gefichtspuntien gemacht wird als bisher. Es gibt so manchen Mißstand, der beseitigt werden muß. Eine derartige Wirtschafts­politik wird der Gesamtwirtschaft nicht schaden, sondern nur nügen, wenn auch der unverdiente Gewinn mancher Unter­

nehmer vielleicht verringert und Unternehmerwünsche nach Steuerab.

bau, wie sie insbesondere von demokratischer Seite immer wieder laut werden, feine Erfüllung finden."

Das sind zwei Stimmen aus dem Zentrum, aber es ist nicht das Zentrum selbst, das gesprochen hat. Die vergangene Wahlperiode hat gezeigt, daß das Zentrum auch einem Bürgerblod nicht abgeneigt ist, menn es glaubt, daraus Borteile ziehen zu fönnen. Man wird abwarten müffen, ob es jetzt, wenn nicht befehrt, so doch belehrt ist.

Kommunisten vor die Front!

Die letzte Hoffnung der Reaktion.

In seiner Trauer über die Wahlniederlage der Deutschnationalen entschlüpft dem Reichsboten vom 23. Mai ein interessantes Geständnis. Es heißt da in einer Wahlbetrachtung:

Ob nun mohl nachträglich bie, melche ihre Stimme den Splittern gegeben haben, grenzenlose Wahlnot empfinden? Faft wäre es an der Zeit. Denn fie haben in Bahrheit die Linte, Die Kirchenfeinde, gewählt. Wie damals Hindenburg   nicht durch uns, sondern durch die kommunisten gewählt ist, denn hätten fie nicht Thälmann   aufgestellt, sondern mit für Marg gestimmt,[ o märe es anders gefommen! So ist es auch heute auf unserer Seite gegangen. Ja, von Herzen hoffe ich, daß diefe grenzen Lose Wahlnot den Leuten auf dem Gewissen brenne.

aus:

Wie damals, so heute. Der Reichsbote" spricht es ganz offen Es wird auch in Zukunft mit Wasser gefocht werden. Und in den Begeisterungsmein der Linfen   wird manches Tröpflein Baffer geschüttet werden. Es tönnten Eimer voll Waffer hineingegossen werden, wenn alles, was rechts von Kommumisten und Sozialisten steht, Korpsgeist hätte. Das ist nicht der Fall. Aber, daß Sozialisten und kommunisten Feinde sind, daß die Kommunisten gerade in den alten Bezirten der Sozial­demokratie so ftarten Zulauf gehabt haben, das dürfte das Ber­hängnis ein wenig im Laufe hemmen

Das Verhängnis sind die Sozialdemokraten. Man fürchtet im reattionären Lager ihre positive Politit und setzt die legte Hoffnung auf die negative Politik der Kommunisten.

Giegreich wolf'n wir..

Aber nur halb und halb!

Die Deutschnationalen haben bei der Wahl vom deutschen   Bolt gründlich eins auf die Nase bekommen. Infolgedessen ziehen sie ihr Schlachtroß aus dem Stall, um ihre fiegreiche Parteifahne über den Rhein   zu tragen. Frankreich   ist unten durch), liest man in der Kreuzzeitung  ", es hat Italien   zum Feind, es hat England zum Feind und deshalb immer nun mal wieder:

Betrachtet man diesen Wandel der Weltpolitik, in dem für uns das wichtigste Ereignis der Abstieg Frankreichs   ist, so fragt man fich, ob unser Drang nach einer Berständigung mit Frankreich  nicht schon etwas antiquiert ist.

Aber wir wollen trotzdem bestimmt teinen Krieg mit Frank reich", versichert das Blatt der Halb und Halben treuherzig weiter. Was wollen fie denn? Keine Berständigung, teinen Krieg bleibt bleibt nur die Berewigung der Rheinlandbelagung!

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Die nationale Parteiopposition hat ihre schwarzweißrote Visiten­farte abgegeben.

Wien   baut ein Stadion. Eröffnung am Republiftag.

Wien  , 25. Mai.  ( Eigenbericht.) Der Sozialdemokratische Gemeinderatstlub hat heute befchloffen, dem Antrag zuzustimmen, daß im Brater ein Gebiet von 12 Heftar zur Errichtung eines Stadions angetauft wird. Die Tribünen werden 50 000 Zuschauer faffen. Das Stadion foll am Staatsfeier­tag, des 12. November, dem Gründungstag der Republif, feierlich eröffnet werden.

1997 Protektionsfinder. 19

Iser

... menn Keudell nicht mehr da ist, weiß ich wirklich nicht, wie aus dem Zungen noch mal ein Ministerialrat werden soll..."

Schatten über Georgien  .

Zum 10. Jahrestag seiner Unabhängigkeitserklärung.

Bon georgischer Seite wird uns geschrieben:

Jahrestag der Erklärung der nationalen Selbständigkeit Georgiens  . Am 26. Mai dieses Jahres pollzieht sich zum zehnten Male der

Bon hundertjähriger russischer monarchistischer Unterjochung hatte. fich das georgische Bolt im Jahre 1917 durch die Revolution befreit. Durch eine allgemeine Bolts abstimmung hatte es sich ein Barlament und eine fozialdemokratisch- menschemistische­Regierung gegeben.

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Drei Jahre später ist Georgien   durch die russischen roten Ottobertruppen wieder besegt worden, wodurch die Bevölkerung der elementaren Rechte eines Staatsbürgers, der Freiheit der Berson, der Rede, der Presse, der Versammlung und des Gewissens, fomie des Rechtes auf nationale Selbständigkeit beraubt wurde.

Aber trotzdem wird das rote Mostau, mag es noch so sehr auf seine roten Truppen pochen, diesen Erfolg nicht in Ruhe ge nießen, Mostaus Tat mird immer wie ein großer buntler Schatten über Georgien   liegen und die mostomitischen Gewalt. haber ewig begleiten, ihnen feine Rube geben.

stimmte, hinnehmen, daß in ihrer Rede der Ruf des Arbeiterführers orgien?" Wels plagte: llnd das durch eure roten Truppen eroberte Ge­

Solch ein dunkler Schatten steht auch heute vor den russischen Rommunisten auf, wenn sie sich jetzt als Freiheitsfämpfer gebärden und für Bessarabien   ein Blebizit verlangen. Ein dunkler Schaffen, der mahnend auf das gefesselte Georgien   weist, das schon längst ein Blebiszit für sich verlangt.

Wie oft hat das georgische Bolt diese Forderung umsonst gestellt? Das heutige militärische Mostau will nichts banon hören.

Infolge dieses roten 3manges hat sich das georgische Bolf weimal zum Aufstand erhoben, aber jebesmal wurde es burch die llebermacht der russischen Truppen blutig unter brudt

Und fo geht es fort. Diese Helben der britten Internationale verwerfen immer die Bocarnoverträge, verwerfen auch den Bölker­bund.

Das ist kein Wunder. Denn ein Eintritt Rußlands   in den Bölferbund würde ein Blebizitrecht für die durch die russischen Truppen eroberten Länder und deren Unabhängigkeit bedeuten. Mit ber Unabhängigkeit des Kautasus und insbesondere Georgiens  würde bas militaristische Mostau eine große strategische Bafis für seine roten Truppen gegen den europäischen Kapitalismus" Petroleum in Bafu, Mangan und sonstige Reichtümer in Georgien  .

So hörte auch der rote Kommissar Tschitscherin  , als er bei feinem Aufenthalt in Litauen Litauens   Selbständigkeit mit großen pathetischen Ergüffen über Weltfreiheit und Selbständigkeit der Nationen feierte, wie man ihm mahnend zurief: Du euch Ier! Hast du nicht selbst durch Bajonette bas litauenähnliche Georberlieren. Es würde aber auch große Reichtümer verlieren: das gien gewaltsam erobert, unterjocht?"

Ebenso erlebte Herr Diagajchwili- Stalin, diefer ab pfiffen, als er sich auf einer Versammlung in Tiflis   zu ihrer trünnige Georgier, daß ihn georgische Arbeiter aus= und georgischer Befreiung" vom ,, menschemistischen Joch" beglüd­wünschte. Seit jener Zeit spricht dieser versteinerte Grufior" ( Georgier) nicht mehr von Georgien  , noch zeigt er sich in feiner

Heimat!

Auch Klara 3ettin, diese fanatische Anhängerin des Mos Lauer Asiatismus, mußte, als fie in ihrer Reichstagsrede ein Loblieb über die ,, Bemühungen" Mostaus um die Freiheit der Bölter" an

Nach dem Urteil in Kolmar  . Ueberraschung in Paris  .

Paris  , 25. Mai.  ( Eigenbericht.) Mehr noch als das Rolmarer Urteil haben in breiten politischen Kreifen die Rückwirtungen überrascht, die dieses Urteil im ganzen Elsaß   ausgelöst hat. Die Heftigkeit der Protest fundgebungen, zu denen es am Donnerstag nicht nur in Kolmar  , fondern auch in anderen elsässischen Städten gekommen ist, hat in Paris   felbft Kreise, die bis zuletzt glaubten, die autonomistische Be­wegung mit Gewalt niederschlagen zu können, zu der Erkenntnis gebracht, daß die französische   Politik im Elsaß mitschuldig an der bort herrschenden Unzufriedenheit ift. Selbst ein Blatt wie die Liberté" muß 3. B. zugeben, daß die Verstimmung des Elsaß  in erster Linie durch die Drohungen, auch ungeschicklich­feiten der französischen   Berwaltung verursacht worden sind.

Der Temps" gehört im Gegensatz zur Liberté" zu den Blättern, die aus den Vorgängen im Elsaß   nichts gelernt haben. Nach seiner Auffassung handelt es sich hier um ein Urteil der Klarheit und einen Beginn der notwendigen Entgiftung der elsässischen Nerven. Das Blatt erklärt dabei den elfäffischen Parti­fularismus für eine geistige Bereicherung des französischen   nationali­fularismus für eine geistige Bereicherung des französischen   nationali stischen Lebens und verspricht die Aufrechterhaltung der religiösen Sondergeleggebung. Demgegenüber warnt er die Elsässer vor zufünftigen Berbindungen mit pangermanistischen Organisationen", troßdem der Prozeß erwiesen hat, daß eine solche Verbindung niemals bestand. Im übrigen sieht das Blatt ein be sonderes Berdienst des Prozesses darin, daß er die schändliche Ber. bindung zwischen Kleritalen und Kommunist en ins rechte Bicht gerüdt habe.

Amnestieantrag in der Kammer eingebracht.

Paris  , 25. Mai.

Wie die Abendpreise mitteilt, hat der Abgeordnete von Hagenau  Michel Walter( ath. Dem.) heute in der Kammer eine Ent­jchließung beantragt, in der die Regierung ersucht merden soll, so

der Charatter des heutigen roten Sowjetrußlands, Das alles ist das echte imperialistische Streben und

Entsprechend dieser militaristischen Natur können die roten

Ruffen nicht ab ft en, tönnen sie nicht ein aufrichtiges Mitglied ber Abrüstungstommission bei dem Bölkerbund sein.

Der große dunkle Schatten mird aber immer ein ewiger Verfolger dieser roten heuchlerischen Moskauer Rufer nach der großen Weltfreiheit" bleiben; er droht, beumuhigt und erschrect immer und immer!

schnell wie möglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den den im Colmarer   Prozeß Berurteilten polle Amnestie gewährt merde und bis zur Annahme des Gefeßentwurfs die Berurteilten sofort in Freiheit zu sehen und sie nicht einem Aufenthaltsverbot zu unterwerfen.

Wie Havas berichtet, hat derselbe Abgeordnete meiter den An trag eingebracht, die beiden Abgeordneten Ridlin und Roffé auf Grund der verfaffungsmäßigen Bestimmungen für die Dauer der Session in Freiheit zu segen.

Verzicht auf japanischen Schuh. Nordamerika   will mit der 3nvasion nichts gemein haben.

Tokio  , 25. Mai.

Das japanische Außenministerium hat ein Telegramm des Ge­sandten Joschisava veröffentlicht, monach der nordamerikanische Gesandte im Namen feiner Regierung die Maßnahmen der japa­nischen Regierung zum Schutze der japanischen Staatsange­hörigen in China   nicht billigt und die japanischen Trupper ersucht, amerikanischen Staatsbürgern und der nordamerikanischen Gesandtschaft teinen Schutz angedeihen zu lassen. Dieser Schritt hat in Japan   unzufriedenheit hervorgerufen.

Aus Beting wird gemeldet, daß eine japanische Truppenabteilung gestern den Garten ber ehemaligen österreichisch ungarischen Ge fandtschaft besetzt und Maschinengewehre eingebaut hat.

Japan   gegen Nordchinesen.

Tflugtau, 25. Mai Der japanische Oberkommandierende, General asumitfu, hat die nordchinesischen Truppen in Tsingtau   aufgefordert, sich sieben Meilen von der Stadt zurückzuziehen, ohne die Dauer der Maßregel zeitlich zu begrenzen.

An Stelle des abberufenen russischen Militärattachés Cunem in Berlin   wurde der bisherige Oberfommandierende des Leningrader Militärbezirts Kort ernannt.