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bas vom 5. bis 11. Januar 1919, die denn auch offiziell unter der Bezeichnung ,, La seman trágica"( Die tragische Woche) in die Geschichte Argentiniens aufgenommen wurde. Die Ereignisse dieser Woche hatten die Arbeiterschaft derart mit lähmendem Entsetzen erfüllt, daß sie tatsächlich betäubt und unfähig war, irgend etwas zur Abwehr des Reaktions­terrors zu unternehmen. Ganze Schiffsladungen ausländi­scher organisierter Arbeiter sind damals deportiert wor­den. Das ist die schwerste Zeit der Arbeiterbewegung in Argentinien gewesen, die schließlich zu dem Beschluß des Ge­mertschaftstongresses im gleichen Jahre führte, mit der Sozia listischen Partei zusammenzuarbeiten. Durchgeführt ist aber dieser Beschluß nicht worden. Die revolutionären Wogen in Europa hatten ihre Sprizer auch an die Gestade des Rio de la Plata geworfen und bei dem Proletariat Hoffnungen er­wedt, die aber undurchführbar waren und so lange ein schöner Traum bleiben müssen, als es politisch zersplittert und ge­werkschaftlich zerrissen ist.

gung ist das Fehlen eines bodenständigen Proletariats. Das größte Hindernis der argentinischen Arbeiterbewe Eingeborene und eingewanderte Arbeiter sind gezwungen, Beruf und Arbeitsstellen fortwährend zu wechseln. Das Syſtem, Arbeiter jahrelang zu beschäftigen, wird hier ver­worfen, denn der einwandernde Arbeiter iſt willig und an­spruchslos. Qualitätsarbeit wird nicht verlangt. Jeder Unternehmer will möglichst schnell reich werden. Die Vor­bedingungen find dazu in der gewaltigen Größe des Landes, jeiner geringen Bevölkerungszahl und in dem unermeßlichen Reichtum des Bodens vorhanden. Dieser Stand der Dinge übt einen entscheidenden Einfluß auf das politische und soziale Leben und Werden der Republik aus. Der Arme will reich, der Reiche noch reicher werden. Die Armen sind die merk tätigen Maffen in Stadt und Land, die Reichen die Nach­tommen der in der Kolonialzeit allmächtig gewefenen Pa­trizierfamilien und die ausländischen Kapitalisten, von denen die ersten der Republik die Präsidenten und Regierungen, die anderen aber das Geld zur wirtschaftlichen Entwicklung geben. Die Armen sind aber politisch zersplittert, haben nur zum geringen Teil eine gesunde Weltanschauung und fördern so die Ziele ihrer Unterdrücker und Ausbeuter. Wir haben hier erwartet, daß die Aprilwahlen der Arbeiterschaft die Grund­lage zu einem festen Zusammenschluß geben werden, damit endlich der Weg für die kraftvolle Entwicklung der argentini­schen Arbeiterorganisationen freigemacht werden fann. Ob die Wahlen diese Hoffnung gestärkt haben, werden wir als­bald berichten.

Aus Hugenbergs Küche.

Brauns Interview, wie es war und was der Tag" daraus macht.

Die Berliner Tageszeitung Der Tag" hat am 26. Mai unter der Ueberschrift Braunsucht Rüdendedung bei Frant. reich" eine Darstellung eines Interviews des befannten franzö­fischen Journalisten Sauerwein mit dem preußischen Ministerpräfi denten Dr. Braun gegeben, in der behauptet wird, Ministerpräsident Dr. Braun habe für den Fall einer llebernahme der Mitverantwoor hung im Reich durch die Sozialdemokratische Partei offenbar um eine genügende Unterstüßung( der Franzosen ) gebeten. Sauerwein fage diese Unterstügung in der Form zu, daß er die franzöfifche Regierung auffordere, noch vor dem Jamar 1930 Koblenz, alja die zweite zone zu räumen. Daburdy miürde bie Sozial. demokratie in Deutschland sehr gestärkt werden". Der Tag", deffex Darstellung übrigens audy in einige Provingblättern übergegangen ift, folgert daraus, daß Sauerwein aus der Unterredung mit bem preußischen Ministerpräsidenten den Eindruck gewonnen habe, eine Große Koalition in Deutfdyland bedürfe nach der Auffaffung Brauns der Unterstügung durch Frankreich .

Hierzu stellt der Amtliche Preußische Breffedienst fest, daß diese gesamte Darstellung, wie der Wortlaut des vorliegenden Artikels des Herrn Sauerwein im Telegraaf " vom 24. Mai 1928 auch ohne meiteres beweist, vollkommen unrichtig ist. Zunächst ist reſtauſtellen, daß die vort Sjemni Gauerwein erbetene Unterredung sich lediglich um innerpolitische Fragen und insbesondere um den vermutlichen Ausfall der damals noch bevorstehenden Wah­I en gedreht hat. Der preußische Ministerpräsident hat es absolut vermieden, in dem Gespräch das Gebiet der auswärti gen Politit zu berühren. Der Artikel des Herrn Sauerwein ist daher auch gar feine Wiedergabe dieser furzen innerpolitischen linterredung in der üblichen Form eines Interviews, sondern Herr Sauerwein faßt in einem politischen Artikel offenbar die Gesamteinbrüde zusammen, die er bet eigenen Beobach­tungen in Deutschland empfangen hat. Der ganze Abschnitt des Artikels über die Räumung der zweiten Zone und die Beziehungen Frankreichs zu der kommenden deutschen Reichsregierung überhaupt stellt sich für jeden unbefangenen Leser des Artikels sofort lediglich als die persönliche Meinung des Herrn Jules Sauer mein dar, der auch gar nicht etwa den Eindruck erwecken will, als ob ihm diese Gedankengänge vom preußischen Ministerpräsidenten Dr. Braun infiltriert worden seien.

Hiernach kann die Auffassung, Ministerpräsident Dr. Braun ,, erbitte Unterstützung durch Frankreich für die kommende Große Koalition im Reich und zur Stärkung der Position der deutschen Sozialdemokratie" nur erkirälich sein, wenn entweder dem Tag" der Artikel selbst im Original nicht vorgelegen hat, oder wenn eine Tendenz hineingelegt werden sollte, die weder in der Unter­haltung ihre Grundlage findet, noch aus dem Sauerweinschen Ar­titel selbst auch nur mit einem Anschein von Berechtigung herge leitet werden kann.

Beleuchtungsproben". Entschließung der Arbeitsgemeinschaft der Berliner Preffe. Die Arbeitsgemeinschaft der Berliner Bresse , in der die Verleger und Redakteure der Berliner Zeitungen zufammen­geschlossen sind, hatte Veranlassung, sich auf Grund bestimmter Vor­fälle erneut mit der Frage der Beleuchtungsproben" zu beschäftigen; fie hat ihren Standpunkt dazu wie folgt festgelegt:

Die Arbeitsgemeinschaft der Berliner Presse ist der Auffaffung, daß die Breffe zwar die Aufgabe hat, über Beranstaltungen, bei denen ein Intereffe der Deffentlichkeit obmaltet, zu berichten, daß fie es aber med er wünscht noch erwartet, die Erfüllung diefer Aufgabe verbunden zu sehen mit irgendwelchen Bewir. tungen, insonderheit, wenn bei den Veranstaltern damit etwa die Borstellung einer Gegenleistung verbunden ist.

Die Arbeitsgemeinschaft der Berliner Presse muß daher für ihre Mitglieder die Teilnahme an derartigen Bewirtungen ablehnen, un­besc; adet der Wahrnehmung der Berichterstattung. Sie erwartet, daß thr durch Berzicht auf derartige zufägliche Einladungen eine aus­drückliche Ablehnung im Einzelfalle möglichst erspart bleibt,

Was wird in Bayern ?

Die Bayerische Volkspartei am Scheideweg.

München , 30. Mai. ( Eigenbericht.)

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nicht die voraussichtlich führende Stellung der Soziale de mofrafie innerhalb der neuen Reichsregierung den bayeris schen Löwen zur besonderen Vorsicht mahnte.

Infolge der neuen Verbindung mit dem Zentrum ist es heute die offizielle Auffassung der Bayerischen Volksparteiführung, daß unter den gegenwärtigen Umständen die Bayerische Bolts­parlel unter gar keinen Umständen Schwanzstüd einer irgend­wie gearteten deutfchnationalen Opposition sein und dadurch die Die Bayerische Volkspartei wird also, mas mur irgendwie geht, neugebaute Brüde zum Zentrum wieder zerstört werden darf. daransezen, um mit dem Zentrum den Anschluß an die neue schwerlich sein, jedenfalls weiß man in München , daß er für die Bayerische Volkspartei nicht einfach ist, und um ihn nicht zu fom­plizieren, hält man mit der Regierungsbildung in Bayern einstweilen völlig zurück. Man market die Entscheidung

Der große und eindrucksvolle Gieg, den die Sozialdemokratie am 20. Mai auch in Bayern errungen hat, wirft sich auf den Bayerischen Landtag und damit auf die Landespolitik des weißblauen Freistaates in recht eigentümlicher Weise aus. Trotzdem die sozialdemokratische Landtagsfraktion einen Mandatsgewinn von rund 40 Broz. buchen kann, ist der berüchtigte Regierungs bürgerblod der bayerischen Reaktion nicht nur nicht geschwächt, fondern verstärkt aus der Wahl hervorgegangen. Die Ursache dieser auf den ersten Blick merkwürdigen Tatsache liegt darin, daß der verflossene Landtag und die held- Regierung aus allen Barteien zugunsten des Bölkischen Blocks, der auf Hitler verschwerlich sein, jedenfalls weiß man in München , daß er für die jenen Hitlerprozeßwahlen im April 1924 hervorgegangen war, die Reichsregierung nicht zu verjähmen. Dieser Weg mag bea pflichtet war und damals 23 Mandate erringen tonnte, empfindliche Berluste gebracht hatte. Die Niederlage der weißblauen Re­gierungsparteien am 20. Mai besteht nun barin, daß fie mit Aus­nahme des Bayerischen Bauernbundes , dem spezifisch lokale Berhält nisse starten Auftrieb brachten, im wesentlichen auf dem Verlust­stand des April 1924 flehen geblieben find, während die Sozialdemo fratie als einzige Partei um nahezu die Hälfte gestärkt ins bayerische Barlament einzicht. Praktisch liegen die Dinge also so, daß der 20. Mai endlich die schon vor drei Jahren fällig gewesene Korrektur der in der Hitlerhypnose abgehaltenen Wahlen gebracht hat.

Durch den bauernbündlerischen Gewinn hat sich die Grundlage der alten Regierungstoalition in Bayern verbreitert. Trohdem herrscht noch feinestvegs Gewißheit darüber, wie in Bayern fünftighin regiert wird. 19

Erhebliche Teile der Bayerischen Volkspartei haben sich in den Monaten des Wahlkampfes und was ihm an legter gemein­letter ,, gemein­fames" Regierungstätigkeit unmittelbar vorausging, in eine so scharfe Animofität gegen den Bauernbund hincingelebt, daß ihnen die Selbstüberwindung zum neuerlichen Zusammengehen in einer Regierung mit dem Bauernbund außerordentlich schwer mitd. ,, mit Leuten, welche der Bayerischen Boltspartei Lüge, Schwindel über Schwindel und Berrat am ganzen werftätigen Bolk vorwerfen, sollen sich die Bolksparteiler wieder in einer Regierungsfoalition zu fammenfegen...", so schrieb vor wenigen Tagen das führende Blatt der Bayerischen Volkspartei , der Bayerische Kurier". Diese Hemmungen wären aber bei der politischen Wandlungs­fähigkeit der Bayerischen Boltspartei sicherlich zu überwinden, wenn

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Ostelbisches Jdyll.

" Baltet fest am Gebet!"

Man erinnert sich der Devise, mit der der Landbund in die Wahlen hineinstieg. Buderbrot und Beitsche! Wer deutschnational mählt, bekommt einen Taler, wer es nicht tut, fliegt auf die Straße. Graf Rangau, der seine Liegen fchaften bei Bronsdorf, Kreis Segeberg , hat, gehört zu den Großagrariern, die sich diese Parole nicht zweimal haben fagen lassen. Er erschien in einer sozialdemokra= Er erschien in einer sosialde motra tischen Wählerberiammlung als einer der ersten mit einem Hofgefolge von einem Inspektor, einem Berwalter, einem Förster und einer Anzahl Eleven. Was dann noch später an 2andarbeitern und Zeitpächtern fam, murde aussortiert. Zu welchem 3med, fann man sich denken. Die Schleswig- Holsteinische Boltszeitung" ver­öffentlicht nun eine zuschrift, die diesen Grafen etwas näher beleuchtet:

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in Berlin a b.

Inzwischen hält die Presse der Bayerischen Bolts.

partei ein großes Palaver über die Möglichkeit und Un­möglichkeit einer neuen Orientierung auch in Bayern ab.

Borangegangen ist der Bayerische Kurier", der wenige Tage nach der Wahl die bisher bei ihm ganz ungewohnte Parole ausgab, daß man sich gegen den radikalen Sozialismus de Bolichewismus nur durch eine verantwortliche Mitwirkung de gemäßigten Sozialismus( die Sozialdemokratie) am Staat 10 wehren tönne.

Den Deutschnationalen tropfen natürlich ob fother theo. retifd) aufgeworfenen Untreue der Bayerischen Volkspartei an einer Rechtstoalition die Augen. Sie verfolgen mit einer geradezu groteska fomischen Alengstlichkeit jede Zudung des auf Abwarten gestellten Volksparteitörpers und wittern in allem, was geschieht und was nicht geschicht, die Taktif, die ein neuerliches Zusammengehen mit ihnen erschweren soll.

Die Entscheidung in Bayern aber drängt gar nicht, da die ami. liche Feststellung des Wahlergebnisses infolge des etwas famplizierten Wahlsystems noch gut zwei Wochen auf sich warten laffen wird. Der Zusammentritt des Bayerischen Landtages , der auch. die De mission der bisherigen Regierung bringt, erfolgt nicht vor dem 19. Juni. 1

hat dieser oberste Vertreter der evangelischen Kirche in Pommern die ihm unterstellten Geistlichen dazu genötigt, Kanzelmißbrauch in fchlimmften Sinne des Wortes zu treiben. Die evangelifde Kirche als offizielle Filiale der Deutschnatio nalen Bolkspartei und da wundern sich die Herren nod), Daß weite Kreise, denen das Gemiffen verbietet, für die Deutsch­nationale Boltspartei zu stimmen, einem derart mißgeleitetes Institut den Rüden kehren!

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Wie der Herr, so das Geschert. Da ist der Pfarrer Schlicp aus Bormert a bes, der seinen Generalfuperintendenten offenbar no übertumpfen wollte. Alle, die gegen die Bekenntnisschule find, find die Feinde Jefu, ließ er von der Stangel herab feine Schelle era tönen. Der Generalsuperintendent wie Bfarrer Schliep haben offer. tonen. Der Generalfuperintendent wie Pfarrer Schliep haben offer­bar ganz vergessen, daß die preußischen Konservativen vor dem Kriege alles andere als begeisterte Anhänger der Bekenntnisschule

waren, und daß noch zur Zeit, als der Deutschnationale Schiele dos Reichsinnenministerium leitete, ein namhafter Teil der Deutsch nationalen und Autoritäten innerhalb der evangelischen Kirche sich gegen die Bekenntnisschule aussprachen, weil man por dent 3entrum Angst hatte.

Der Gutsbefizer scheint alle Ursache zu haben, mit derartigen politischen Druckmitteln sich die Einwohner gefügig zu machen. Die Wohnungsverhältnisse in Bronsdorf spotten jeder Be- Gott als Wahlschlepper! Nicht nur protestantische schreibung In einer Landarbeiterwohnung auf dem sogenannten Geistliche haben sich eine derartige Blasphemie zu schulden kommen holm, die von einer franken Bitme bewohnt wird, beren laſſen. Da ist der Stadtpfarrer von 5 pa ichingen, per am Tage Mann nach einem langen Krantenlager in derselben Woh vor der Wahl im Kirchenanzeiger einen Utas erließ, in dem es nung verstorben ist, ist das Dach voller Löcher im Umfange hieß: Auch der Wahlzettel tommt einmal vors Gericht Gottes! Don 40 bis 50 Zentimeter. Eine Kaze faß auf dem Hausboden und Wähle nach deinem christlichen Gewissen!" Geschmacklos, aber immer­blinzelte durch eines dieser Löcher hinaus in die Sonne. Die Behin noch eine vorsichtige Wahlbeeinflussung. Pfarrer Stehle in handlung der Zeitpächter und der Inhalt der Bachtverträge Stod a ch dagegen spannt seinen Herrgott dirett vor den find so haarsträubend, daß hier unter allen Umständen sofort Bandel Parteitarren. In einem Rundschreiben warnt er die Pfarr­geschaffen werden muß. Bächter, deren Vorjahren jahrhundertelang angehörigen davor, ihre Stime einer ausgesprochen firchenfeind in Bronsdorf ansässig waren, werden einfach wirtschaftlich ruilichen Partei"( mie er fie versteht natürlich) oder einer Partei zit niert und vertrieben, Landarbeiter, die dreißig Jahre und geben ,,, die je nach Laune und Vorteil bald für, bald gegen die darüber auf dem Gute Pronsdorf tätig waren, werden ohne Grund Kirche stimmt: Ein solcher Wähler oder eine solche entlaffen und aus den Wohnungen hinausgewor Bählerin schließt sich ganz von den heiligen. fen. Daß unter diesen Umständen der Gutsherr vor einer politischen Satramenten aus und tann nie ein Ehrenamt in Aufklärung der Bewohner dieses Bezirks die größte Angst hat, ist der Kirche befleiben... Caßt euch nicht irreführen, der erklärlich. Es ist veranlaßt, daß die Staatsregierung sich um die Herrgott findet und richtet jeden. Abstellung der haarsträubenden Zustände in Bronsdorf bemüht."

So sind sie, diese Herren Junker. Und deswegen fann man auch an allen Straßeneden von ihnen Platate finden: Haltet fest am Gebet!" Der Feldherr der Geschlagenen, Graf eft arp, weiß, weswegen er in seinen Rückblicken auf die Wahl nach einem Programm christlicher und staats­bürgerlicher Ideale ruft. Das schöne Mäntelchen soll von dem wahren Wesen der schwarzweißroten Reaktion ablenten.

Kanzelmißbrauch zu Wahlzwecken.

Erfolg: Zuwachs der Sozialdemokraten!

Vor dem Kriege betrachtete der preußische Junker den protestantischen Landpfarrer als seinen politischen Einpeitfcher. Eben so hatte es die bayerische Reaktion verstanden, sich in den Landgeistlichen eine zuverlässige Stütze zu schaffen. Das ist auch heute noch nicht viel anders, wie ja überhaupt weder die katholischen noch die protestantischen Kirchenbehörden immer die Zurückhaltung in politischen Dingen üben, die eine Vorbedingung für ihr Amt ngung für ihr fein sollte.

Es ist deshalb nicht weiter verwunderlich, wenu auch während der Wahlen die Kanzel öfters mit dem Rednerpult in einer öffent. lichen Wählerversammlung verwechselt worden ist. Wenn alle Fälle notiert worden wären, täme wahrscheinlich eine ganz erstaunliche Statistik heraus. Ein besonders traffer Fall wird aus Pommern gemeldet. Dort wurde in der Wahlzeit von allen Kanzeln herab ein Schreiben des Generalsuperintendenten, alio der höchsten Kirchenbehörde verlesen, in dem alle Wahlberechtigten aufgefordert wurden, nur der Partei ihre Stimme zu geben, die für die unumschränkte Erhaltung der evangelischen Bekenntnisschule ein­tritt. Da das mur die Deutsch nationale Boltspartei tut,

3mei Fälle von vielen! Intereffant wäre nun, festzustellen, wie solche Bressionsversuche gewirkt haben. Unser Parteiblatt in Regens­ burg , die Bolts macht", gibt einige Beispiele. In 2dens. burg, wo wie in den erwähnten Fällen die tatholische Kirche in den Dienst der Bayerischen Volkspartei gestellt wurde, stiegen die fozialdemokratischen Stimmen von 147 auf 360, mährend die Bayerische Boltspartei um rund 250 abnahm. Ji Regen, wo der Pfarrer den lieben Gott während des Gottes dienstes um eine gute christliche Wahl" anrief, brachte es die S0­zialdemokratie auf 555 Stimmen, während die Bayerische Boltspartei 222 Stimmen verfor. In Berntshausen verstieg sich der Pfarrer am Himmelfahrtstage zu öffentlichen Drohungen gegen die Sozialdemokratie. Erfolg: Steigerung der fozialdemokratischen Stimmen von 82 auf 140!

Man könnte derartige Wahlbeeinflussungen mit einem be­luftigten Lächeln hinnehmen, da sie auf die Dauer dest Bormarsch der guten jozialdemokratischen Sache nicht auf­halten werden, wenn sie nicht doch eine ernste Seite hätten. Es wäre ein leichtes, den betreffenden Geistlichen mit einem Geschütz zu antworten, das besser treffen würde, als ihre etwas künstliche Be mühung, eine ernste politische Bewegung durch Kinderschred. methoden aufzuhalten. Wahrscheinlich würden dann gerade die­jenigen, die die Kirche für den Wahlkampf mißbrauchen, am empör­teften tun. Es wäre also dringend zu raten, daß die vom Berant­mortungsbewußtfein getragenen Geistlichen fünftig dafür sorgen, daß die Ranzel das bleibt, was sie ihrer Bestimmung gemäß sein soll

in Hamburg haben beschlossen, Einladungen zu Beranstaltungen, bei Schwarzrotgold in Hamburg . Senat und Bürgerschaftsvorstand denen Flaggenschmud verwendet wird, nur anzunehmen, wenn die Reichsfarben Schwarzrotgold auf ihnen gebührend gezeigt werden. Den städtischen Behörden ist ein gleiches Berhalten zur Pflicht ges macht worden,