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BERLIN  Donnerstag 31. Mai

1928

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntag s. Zugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Erpedition: Berlin   SW68, Lindenstr. 3

A

Spätausgabe des Vorwärts

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Nr. 254

B 125 45. Jahrgang.

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Die Suche nach der ,, Italia  "

Unbestätigte Nachrichten- Morgen Abflug der ersten Hilfsexpedition

kingsbay, 31. Mai.( 2 Uhr früh.)|

Bis zur Stunde ist hier noch keine Nachricht von der Jtalia" eingetroffen. Es herrscht Nordwind und Schneefall.

Seattle  ( Washington  ), 31. Mai.

Nach einer drahtlosen Nachricht einer Radiostation in Alaska   ist dort gehört worden, daß die ,, Citta di Milano" eine private Nach­richt nach Rom   gegeben habe, die von Nobile unter­zeichnet set. Die Station in Alasta berichtet, die Meldung be­fage, daß die ,, Italia  " aufgefunden sei.

Wie aus Rom   auf Anfrage mitgeteilt wird/ war dort eine Bestätigung der Nachricht bisher nicht zu erhalten.

Die Station in Alaska  , die die Meldung über das Auffinden der Italia  " funkte, ist die drahtlose Marinestation in Cordova. Es wird jedoch angenommen, daß die Meldung von dem Auffangen drahtloser Nachrichten der Citta di Milano" an Rom   auf einem Aufnahmefehler beruht. Anscheinend stammen die Meldun

Ben von Robiles Bruber und nicht, wie zuerst angenommen

wurde, von dem italienischen Forscher selbst.

Stocholm, 31, Mai.

Außer der gestern von der norwegischen Regierung beschlossenen Hilfsaktion für die Italia" durch den bekannten Nordpol­flieger Rijsser Larsen hat nun auch die schwedische Re= gierung endgültig beschlossen, eine Hilfsexpedition nach Spitz­bergen zu entfenden, und zwar unter der Leitung des Marine­fliegers Rapitän Thornberg, der sich gestern in Oslo   aufhielt, um mit Rijffer Larsen zu verhandeln. Die schwedische Expedition foll bereits am morgigen Freitag starten. Die Maschine, die Thornberg benutzen will, hat einen Aktionsradius von 1300 Kilometer.

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Wie aus Oslo   weiter berichtet wird, hat die deutsche Flugzeugfabrif Dornier Wal   eines ihrer fräftigsten Dornier Wal- Flugzeuge zur Verfügung der norwegischen Regierung gestellt. Die Maschine liegt zurzeit in Friedrichshafen   am Bodensee flar zum Abflug. Wenn die norwegische Expedition und die schwedische Expedition sich als nicht hinreichend erweisen sollten, wird die Dornier- Maschine direkt von Friedrichshafen   nach Spit bergen fliegen.

Nächtliche Selbstmorde.

Auf dem Dachboden erhängt.- Vor dem Autobus. Einen grausigen Fund machte heute früh ein Mieter auf dem Boden des Hauses Kaiser Friedrich- Str. 170 in Neukölln. An der Dachluke hing mit einer Schlinge um den Hals die Leiche eines älteren Mannes. Der entsetzte Mieter benachrich­tigte sofort die Polizei, die in dem Toten den 55jährigen Kunst­maler Paul Kessel feststellte. K., der im zweiten Stockwerf des Hauses wohnte, hatte sich bereits am Montag aus seiner Woh­mung entfernt und war seitdem verschwunden. Heute fand man ihn als Leiche auf. Die Beweggründe für den Selbstmord find noch

unbekannt.

Ein aufregender Borfall spielte sich in der vergangenen Nacht im Tiergarten an der Ecke der Charlottenburger   Chauffee und dem Krollsteg ab. Ein unbekannter. etwa 25. bis 30jähri­ger Mann lief plötzlich auf den Fahrdamm und warf sich vor einen in Richtung Charlottenburg   fahrenden Autobus der Linie 9. Der Führer des in voller Fahrt befindlichen Autobusses fonnte nicht mehr rechtzeitig halten, und die Räder gingen über den Oberförper des Selbstmörders hinweg. Mit schweren inneren Verlegungen wurde der Lebensmüde nach der Charité ge= bracht, wo er heute morgen, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben, starb. Der Tote ist 1,65 groß, hat blondes Haar und ein bartloses Gesicht. Er trug einen graubraunen Anzug, ein rötlich gestreiftes Oberhemd mit steifem Kragen, einen schwarzen Selbst­binder und gelbe Halbschuhe.

Bauunfall am Kurfürstendamm  . Zwei Arbeiter verletzt.

Auf dem Grundstüc Kurfürstendamm 202, Ede nese­bedstraße, wo zurzeit Bauarbeiten ausgeführt werden, stürzte heute mittag ein Gerüft zusammen. Zwei Arbeiter, der 33jährige Gustav Appelt aus der Markelstraße 2 in Steg­ litz   und der 22jährige Mathias Steinmann aus der Holstei­nischen Straße 55 wurden mit in die Tiefe geriffen und ver­leht. Die Verunglückten wurden durch Wagen des Städtischen Rettungsamtes in das Wilmersdorfer   Krankenhaus in der Achenbach 1 straße gebracht.

Die Nordpolflieger in Berlin  .

Wilkins und Eyelson mit dem amerikanischen   Botschafter Shurmann.

Enthüllungen bei der Ufa  .

Das Strafverfahren gegen Direktor Jacob.

In der Angelegenheit des Ufa  - Direktors Jacob war, mie bereits berichtet, schon vor einigen Wochen beim Landgericht I eine Boruntersuchung eingeleitet worden, da ihm der Vorwurf ge= macht wird, daß er als Leiter der Verleihabteilung der Ufa vor Uebernahme dieses Unternehmens durch den Hugenberg­Konzern unlautere Provisionen bezogen habe. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft I ist die von Landgerichtsrat Stäckel geführte Boruntersuchung dieser Tage ergänzt worden. Auf Grund einer Anzeige der neuen Ufa- Leitung hat die Staats­anwaltschaft die Ergänzung der Boruntersuchung nach der Richtung hin beantragt, daß Direktor Jacob die Ufa in nachteiliger Weise in das amerikanische   Geschäft verstridt habe und daß dabei für ihn wesentliche Vorteile herausgesprungen seien. Es wird Direktor Jacob u. a. auch Untreue vorgeworfen. Der Ange­schuldigte Jacob behauptet dagegen, daß die von ihm geleitete Ver­leihabteilung am vorteilhaftesten gearbeitet habe und daß seine Geschäftspolitik die richtige gewesen sei. Seine Handlungen seien durch Aufsichtsratsbeschlüsse gedeckt worden, insbeson dere auch durch die Delegierten der Deutschen Bank. Jacob vertritt die Ansicht, daß alle Vorwürfe ungerechtfertigt seien und lediglich zur Unterstützung des von der Ufa   gegen ihn angestrengten Zivil­prozesses in Höhe von 1,6 Millionen Mark dienen sollen.

In eingeweihten Kreisen rechnet man bei Durchführung des Prozesses mit außerordentlichen Enthüllungen. Direk tor Jacob will sich mit allen Mitteln dagegen wehren, daß er als alleiniger Sündenbock hingestellt werde. Die Gerüchte von einer Haussuchung bei Jacob find nicht zutreffend. Ebenso ist es nicht richtig, daß der Untersuchungsrichter bereits Haftmaßnahmen in Er­wägung gezogen hat. Er will vielmehr erst den weiteren Gang der Ermittlungen abwarten. In dem Zivilprozeß der Ufa gegen Direktor Jacob steht am 18. Juni Verhandlungstermin beim Landgericht an.

18 Arbeiter verletzt.

Budapest  , 31. Mai.

Vorschläge zur Kriegsverhütung.

Belgische Kritik am deutschen   Entwurf.

Das Sicherheitskomitee des Bölkerbundes hatte auf seiner letzten Tagung den Bertreter Belgiens   beauftragt, der nächsten Sizung ein Referat über die fünf Kriegsverhütungsvorschläge Deutsch­ lands   zu erstatten. Dieses Referat liegt nunmehr vor.

Der Belgier urteilt bei aller prinzipiellen Zustimmung step­tisch über die praktische Durchführbarkeit und Wirksamkeit der deutschen   Anträge. Zum ersten Vorschlag, der die Unterlassung aller Maßnahmen, die eine Verschlimmerung eines Staatenkonfliktes herbeiführen könnten, bis zur Entscheidung des Völkerbunds rates vorsieht, wünscht der Belgier   eine Präzisierung dieser Maß­nahmen, da seiner Ansicht nach nur wenige Staaten sich auf eine allgemeine Formel verpflichten würden. Der zweite deutsche Vor­schlag verlangt die Unterlassung der Mobilisierung. Hier er­achtet der Belgier   eine internationale Kontrolle für nötig. Sehr ausgiebig behandelt der Referent den weiteren Vorschlag, bei schon ausgebrochenen Feindseligkeiten einen Waffen still stand zu ge­bieten. Er meint, daß ein Staat mit dem Willen zum Krieg auf diesen Waffenstillstand nicht eingehen würde. Ein solcher Waffenstillstand müsse auch die Zurückziehung der Truppen aus demilitarisierten Zonen des eigenen Landes in fich schließen. Andererseits gebe diese Forderung dem at eine Hand­habe, den Angreifer und Kriegswilligen zu erkennen. Sehr fraglich erscheint dem Referenten, ob die von Deutschland   geforderte Ein­stimmigkeit des Rates für diese Sonderfälle gut und nach dem Bölkerbundspattvertrag möglich sei.

In einer Dampfwäscherei in der Königsgaffe ist heute ein Die Einsponngeschäfte vor Gericht.

Benzinfaß infolge unvorsichtiger Handhabung explodiert. Dabei wurden 18 Arbeiter verletzt, von denen drei mit lebensgefährlichen Brandwunden ins Krankenhaus ge­bracht wurden.

Todesurteil gegen Journalisten.

Berichte 2. Seite.