Beilage
Freitag, 1. Juni 1928
EM is pull Der Abend
Das Kaiserattentat und seine Urheber./ Von Bruno Altmann .
Am 2. Juni 1878, also faum einen Monat nach der Demon| strationsschießerei Hödels, hat Karl Nobiling ein Attentat gegen Wilhelm I. verübt. Bei ihm darf man von einem Attentat sprechen, denn die Absicht, den Kaiser zu ermorden, geht aus der Tatsache hervor, daß er als guter Schüße nach ihm zielte, ihn traf, und daß er hinterher vorbehaltlos zugestand, den Monarchen töten zu wollen. Wilhelm I. wurde verwundet. Nobiling jagte sich selbst mit seiner Schrotflinte eine Kugel ins Hirn und erlitt dabei so schwere Berlegungen, daß er ein paar Monate später starb.
In dieser Zeit zwischen Tat und Tod lag er in der Krankenzelle des Untersuchungsgefängnisses und redete, wenn er überhaupt redete, meistenteils recht fonfuses Zeug. Er gewann das Bewußtsein nie mals in dem Maße wieder, um in größeren Zusammenhängen zu treffende Auskünfte zu erteilen. Bestimmt formulierte Fragen Lonnte er zumeilen beantworten. Viel mehr als ja und nein brachte man aus ihm nicht heraus. Gelegentlich entsann er sich auch noch auf Vorgänge, die in Verbindung mit seinem Attentat Interesse gewannen. Zu einem abschließenden Verhör über sein Vorhaben und dessen Motive fonnte man aus dem Mann, der mehr lallte als sprach, mehr in Erinnerungsbruchstücken herumtastete als wirkliche Befinnungen fertig brachte, nichts herausbekommen. Es existiert nur ein einziges Protokoll, das mit Nobiling aufgenommen wurde. Untersuchungsrichter: Ist das Attentat denn allein beschlossen oder mit anderen?"
Nobiling: Ich habe es noch mit anderen beschlossen." Untersuchungsrichter: Waren es sozialdemokratische
Parteigenoffen?"
Nobiling: ,, Nein!"
Der Untersuchungsrichter wollte noch mehr fragen.. Nobiling verlor das Bewußtsein. Man stellte noch wiederholt Bersuche an, ihn zu vernehmen. Es war immer vergebens. Die Behörden haben fich redliche Mühe gegeben, Nobiling gesundheitlich soweit herzustellen, daß er wenigstens gelegentlich vernünftige Auskünfte erteilen fonnte. Es ist ihnen nicht gelungen. So ist man denn auf die Nachprüfung seiner Vergangenheit angewiesen, um festzustellen, was ihn bewogen haben mochte, das Attentat auf den Kaiser zu verüben.
Nobiling politisch ganz anders darstellte. Einer ganzen Reihe von Leuten hat Nobiling erzählt, daß er der Nationalliberalen Partei am nächsten stehe. Es ist schon richtig, daß der Mann sozialistische Versammlungen besucht hat. Er ist aber dort als Oppositionsredner aufgetreten. Das wurde der Deffentlichkeit verschwiegen. Nobiling war den Dresdener Sozialdemokraten bekannt. Sein Auftreten charakterisierte das dortige Barteiorgan im Juni 1877, also ein Jahr vor dem Attentat, anläßlich einer Diskussionsrede als gehäffiges Gebaren eines Gegners".
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Alles gegeneinander gehalten, sagen die politischen Aeußerungen nichts Bestimmtes. Der Mann war troß seiner 30 Jahre politisch vollständig unreif. Es ist überhaupt eine Frage, ob er die Fähigkeit zur Unterscheidung politischer Systeme gehabt hat. Seine Tat verdient sicher mehr nach außenpolitischen Motiven gewertet zu werden. So gesehen wird sie auch verständlich.
Schiffbrüchig und verzweifelt.
Nobiling hatte mancherlei Pläne. Er war als Hilfsarbeiter im Landwirtschaftlichen Ministerium tätig und konnte sich dort nicht halten. Er arbeitete dann im Dresdener Statistischen Seminar und verlor auch da seinen Bosten. Nirgends fonnte er so recht Fuß faffen. Und nun stand Nobiling da als Schiffbrüchiger, als Verzweifelter mit der Syphilis behaftet und von dem Bewußtsein geplagt, seine Freundin, die in der Charité lag, angesteckt zu haben. Nein, den Mann hat kein politisches Motiv aufgewühlt und fein Fanatismus ist in ihm wach geworden. Nobiling war eine Herostratennatur. Für diese Menschen war die damalige Zeit sehr gefährlich. Vor ein paar Wochen hatte Hödel seine Schüsse gegen den hörden und der Presse, daß hierbei eine Attentatsabficht vorgelegen Wagen des Kaisers abgegeben. Die bloße Unterstellung der Behabe, hatte den minderwertigen Burschen in wenigen Tagen zu einem habe, hatte den minderwertigen Burschen in wenigen Tagen zu einem davon nicht auch er, Nobiling, profitieren? Ihm gebührte mindebielgenannten Exemplar der menschlichen Spezies gemacht. Sollte stens doch der gleiche Lorbeer wie dem Hödel, zumal er entschloffen war, nicht nur einen theatralischen Streich wie jener, sondern ein ernst gemeinten Gewaltaft gegen sich selbst zu verbinden. So knallte wirkliches Attentat auszuführen und diese Tat mit einem ebenso
seine Flinte am 2. Juni 1878, als Wilhelm I. Unter den Linden spazieren fuhr. So brachte er sich selbst die Schußverlegung bei, an der er am 10. September starb.
Spalausgabe des Vorwärts
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Was ist des Menschen Vaterland?
Irgendwann hat Nobiling ein Gedicht in Nachbildung des be= fannten Liedes ,, Was ist des Deutschen Baterland?" fabriziert. Das mar ein Jahr vor dem Attentat. Er hat es einem Dresdener sozia listischen Blatt zugeschickt, die Redaktion hat den Abdrud verweigert. Nun summte ihm jezt, da er fast immer besinnungslos im Unterfuchungsgefängnis lag, dieses Gedicht in seinem halbzerschmetterten Schädel herum, und er schrieb es in frigeliger Schrift auf Papier : ,, Was ist des Menschen Vaterland? Ist's das glorreiche Frankenland?
Das Land Dantons , Marats , Boltaires?
Das Land Rousseaus und Robespierres?
Das aller Welt das Licht gebracht nach tiefer Knechtschaft, Schmach und Nacht?
O nein, sein Vaterland muß größer sein."
Nach dem Vorbild des Arndtschen Liedes stellte Nobiling nun in jeder weiteren Strophe einleitend die Frage: Was ist des Menschen Vaterland?" Der Hinweis auf jeden einzelnen Staat wird dann immer als unbefriedigende Antwort abgewiesen, so Großes den Bölfern im Dienste der Menschheit auch nachgerühmt wird. Zum Schluß beantwortet Nobiling selbst die Frage: Was ist des Menschen Vaterland?
So nenne endlich mir das Land! Someit der Menschen Zunge flingt And man der Freiheit Lieder fingt, Wo alles gleich ist, alles recht, Bo teiner Herr ist, feiner Knecht. Das soll es sein, das soll es sein, Die ganze Menschheit soll es sein, Dann kann die Freiheit ruhig sein, Ihr Hüter werden alle sein.
Was Teffendorf unterschlagen hat.
Das waren die Zeugnisse, die der Staatsanwalt Tessendorf für Nobilings angebliche sozialdemokratische Gesinnung beibrachte. Er unterschlug alle die Aeußerungen und Kundgebungen, in denen sich
,, Die technische Stadt."
19480
Von der Jahresschau Deutscher Arbeit in Dresden . Das erste Kugelhaus der Welt. Die Außenwände bestehen fast nur aus Eisen und Glas.
Ein ,, Amerikahof" in der Heidelberger Universität. Mit den Mitteln der vom amerikanischen Botschafter, Dr. Schurman, jetzt Ehrendoktor der Heidelberger Universität, veranstalteten Ameritaspende soll voraussichtlich im nächsten Frühjahr der Ausbau der Heidelberger Universität begonnen werden. Es ist beabsichtigt, das Kollegienhaus, das Seminarienhaus, den Herenturm( den ältesten Turm der Stadtbefestigung) und die ehemalige lutherische Administrationskanzlei zusammenzubauen und zu ergänzen. Diese Gebäude werden dadurch zu einem Hof vereinigt, der zu Ehren der Spender den Namen„ Ameritahof" erhalten soll. Die Baukosten dieses Projektes, das in einjähriger Bauzeit durchgeführt werden soll, betragen schäzungsweise 1,5 bis 2 Millionen Mart. Die neuen Gebäude werden hauptsächlich den Philosophen, Juristen und Theologen dienen und daneben auch Hörsäle für alle übrigen Fakultäten für Vorträge allgemeiner Art erhalten.
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Der Bau des Suezkanals dauerte vom 25. April 1859 bis 19. November 1869. Es arbeiteten ständig gegen 25 000 Arbeiter daran.
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Das Marmara- Meer ist das kleinste Meer der Erde. Bei flarem Wetter ist von jeder Stelle desselben ein Teil der es umgebenden Festlandsküfte sichtbar. Das Tote Meer( Palästina) und das Stein huder Meer ( Provinz Hannover ) sind noch fleiner als das Marmara Meer , doch sind dies keine richtigen Meere, sondern Binnenseen.