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Armes China  , du hast zuviel freunde".
Ein Völkerbundsjubiläum. Vor der 50. Tagung des Vaies.
Senf. 1. Juni.  (Eigenbericht.) Am 4. Sunt tritt der Bol kerb und sr«t zu leiner S0. Ta- gung zusammen, häufige außerordentlich« Einberufungen in den ersten Jahren des Völkerbundes lassen ihn schon jetzt, kaum mehr a!» acht Jahre nach seiner ersten Sitzung am 16. Januar 1920 in Paris  , dieses Jubiläum erleben. Es ist nichts vorgesehen, um dieser S0. Tagung ein besonderes Gepräge zu geben, auch Ihr Inhalt birgt keine für dien Völkerbund grundlegenden und wichtigen Fragen, deren Behandlung die 50. Tagung zu einem wirklichen Markstein in der Geschichte des Völkerbundes und seines Rate» machen könnte. Sang- und klanglos wird der Rat ohne den deutschen   und den sronzöstschen Außenminister eine jener einförmigen und nicht recht erquicklichen Tagesordnungen erledigen, wie si« in den letzten Jahren häufiger geworden sind. Seit der Erledigung der großen aktuellen Ewscheidungen(Oberschlesien   Wiederaufbau Oester­ reichs   Irak   griechifch-bulgarifcher Streit und dem großen Kampf um die neue Aufammensetzung des Rotes im Juni 1926) leistet der Dölkerbimdsrat mehr lausende Tagesarbeit und Aujräumuugsarbeit. als Aufbau und Ausbau. An den Ausbaudqs Paktes wogt man feit der endgültigen Zlbsage Englands an das Genfer   Protokoll in dar öS. Ratstagung im März 1926 erst in neuester Zeit in der Sicherheitskommission schüchtern zu ariimern. Die Abrüstungs- kommisfion ist von den Weltmächten zu einem m i l i t ä- rischen Diskutierklub, von Sowjetrußland zu einer neuen Tribüne sefner Demagogie gemacht worden. Daran kann die 50. Ratstagung nichts ändern, aber sollte nicht wenigstens die Wlkerbundsverfammlung im September daran denken, die zweiten 30 Ratstagungen mit neuen konstruktiven Ar- beiton zu füllen? Minderheitsbeschwerden der verschiedensten Art. der ?1lbomcr gegen Griechenland  , der deutschen   Oberschlesier gegen die Polen  , der polnischen Minderheit in Schlesien   gegen Deutschland  werden diesmal den Rat daran erinnern, daß viel mehr als 50 Ta- gungen nötig sein werden, um den völkischen Minderheiten ihr Recht zu goranlieven, um den Geist nationaler Verträglichkeit und Gleich- bevecbtigung überall in Europa   zur Herrschaft zu bringen. Die polnisch-litauisch« Frage wird mich diesmal kaum zu endgültiger Losung gebracht werden: die ungarische vpkanlensrag«. seit l9ZZ ständiger Gast im Rat. schetnt-v« rf a h r« n e r als je. nachdem das rumänische Parlament dos neue, vom Rot empfohlene schiedsgerichtlich'' Berfa Kren abgelehnt hat. Ungarn   ist in dieser Frage in der glücklichen Lage, das Interesse seiner Minderheit wohl­gemut mit der Förderung des schiedsgerichtlichen Gedankens gleich- setz«, zu können. In der anderen Frage, dem Maschinen-
gewehrschmuggel, hat«s da» etwa« anrüchig. Glück, fein« Papiere sozusagen in Ordnung zu haben. Wenigsten« soll es so sein. Das Dreierkomit«« zur Untersuchung des Maschinengewehr- schmuggÄs vom Januar so verloutet zuverlässig hat festgestellt. daß man Ungarn   zum unndesten juristisch nicht beweisen kann, diese Maschinengewehre bestellt zu haben. Mna kann sehr viel über dieses Umerfuchungsergebnis denken, man mag denken, daß es wohl inhaltreicher ausgefallen wäre, wenn sofort im Januar gr- wiegte Kriminalisten in Szent Gotthard und nicht zuletzt in Turin  , dem Abgangsort der Maschinengewehr«, nachgeforscht hätte« ohne Beweise kann jedoch weder innerstaatlich m-ch international gerichtet werden. Aber wird sich der Rat mit der Feststellung be- gnügen, daß heutzutage in Europa  fünf Waggons Moschlucugewehrc plötzlich Irgendwo als Heimo l- loses Gut auftauchen rönnen, ohne daß«s ausrelchende Mllel gibt, ihre Besitzer und ihren Zweck festzustellen? Das Dvoierkomitee hat u. a. auch noch einen Bericht abzugeben, tn dem über die Befugnisse des Ratspräsidenten gesprochen werden soll. Von kann� ruhig prophezeien, daß auch« nicht sehr gehaltreich sei» wird und für die Zukunft Organs schafft, die Europas   Wassenhersbellung und Waffenhandel unter Auisichi halten. Es ist noch nicht so weit, daß Europa   oder der Völkerbund oder die Welt«inen einheitlichen Orga» msmus darstellen, dessen Organe nach festen Regeln und Gesetzen miteirnrnder und füreinander lebcnyjs ist noch nicht so weit, daß es «ine europaisch« Gerechtigkeit gibt, vi« so einwandfrei ist. daß man ihr einen polizeilichen Machtapparat zur Verfügung stellen könnte, ohne Gefahr zu laufen, daß«r von politischen Gruppen für Sonder- zwecke mißbraucht würde. Mag die 50. Ratstagung Anlaß geben, mit bitteren Gefühlen an das hohe Z i s l de» Völkerbundes zu denken, eben das Ziel. Kund d«r Völker zu fein, so ist sie doch gerade mit ihren wenigen hoch­politischen TaguiUsordimngzpunUen und den viel«» laufenden Ar- betten, Flüchtlingsfürsorge. Opiumkontrolle. Anleibengewährung ein Symbol dafür, daß«5 immerhin schon so etwas gibt wie ein internationales Eloaring-Houf«,«in Forum, da« von verun rechtsten Völkern angeritten werden kann und im Sinne des Friedens arbeitet. Im Vergleich zu vergangenen Zeiten liegt darin bereits ein u n- bestreitbarer Fortschritt. Oeutschlanös Delegation abgereist. Die deutsch  « Delegatton für die Tagung des Völkerbundsnats. die unter Führung des Staatssekretärs von Schubert si«hf und der außerdem die Ministerialdirektoren Gau  « und von Dirtsen, Gesandter Frcytag. Geheimrot von Weizöcker und mehrer« Sach- bearbeiter de« Auswärtigen Amts, sowie Geheimrat Guelich vom preußischen SLittiusministerium angehören, hat heute abend Berlin  mit dem fahrplanmäßigen Zuge vorlassen.
Das Problem der Erwachsenenbildung. Oevtscher Dolkshochscholtag ia Dresden  . Dresden  . 1. Juni.  (Eigenbericht.) In Dresden   findet gegenwärtig der Deutsche   Volkshoch- schultag statt, zu dem der Reichsverband der deutschen   Volks- Hochschulen all« in den deutschen Volkshochschule» arbeitenden Lehrer und Hörer eingeladen hat. Den eigentlichen Veranstaltun­gen ging«in Begrüßungsabend voraus, auf dem der Reichsminister a D. Dr. Külz über die Pflicht«, de» Reiches, der Lander und der Gemeinden auf dem Gebiet des Bolkshochschulwefens sprach. Er bedauert lebhaft, daß im deutschen   Etat ein so beschämend ge. ringer Vertag für die Arbeit der Erwachsenenbildung ein- gesetzt fei. Leider vergoß er zu erwähnen, daß die dafür verant- wörtlichen Parteien da» Geld der deutschen   Steuerzahler lieber zum Bau von Panzerkreuzern und für ähnliche Zwecke verwenden. Im übrigen forderte Dr. Külz ein« weitgehende Unterstützung der Volk». Hochschulbewegung durch Staat. Länder und Gemeinden, verlangt« aber glcichzeiilg, daß die Volkshochschulen auch weiterhin ohne jede Bindung und Vceluslussung durch den Staat arbeiten sollten. In einem zweiten Referat sprach Universttätsprvfessor Dr. F r e y e r(Leipzig  ) über.Akademisch« Bildung und Volksbildung�. Er glaubte feststellen zu können, daß die Wissenschaft heute in einem Wandlungsprozeß begriff«, sei und den Weg zum Leben zurückfinde. Damit sei die Voraussetzung für einen Zu- sommenklang und«in Zusammenwirken von Akademikerbildung und Volksbildung gegeben. Außer diesen beiden Referaten wurden eine Anzahl Begrüßungsreden des sächsischen Lolksbildungsministers. des Dresdener   Oberbürgermeisters usw. gehalten. Zlm ersten Verhandlungslage sprach zunächst Regierungsrat Dr. Kaphah»(Dresden  ) über die großstädtische Abend» Volkshochschule  . Er wünscht« als Hörer dieser Bolkshoch- schule Menschen, die mitten in den sozialen Konflikten der Gegen- wart stehen und an deren Lösung mitarbeiten wollen. Die Volks- Hochschule soll diesen Menschen Kenntnisse und Erkenntnisse oer- Mitteln, ii, allen weltanschaulichen Fragen aber Neutralität be­wahren. Hier wandle sich der Referent gegen ein Abgleiten der Volkehochschul« in de» Bereich der Fachschulen und fordert« zum Schluß Errichtung von Bolkshochschulheime» in den Großstädten. Der zwettc Redner Eduard Weitsch  , der Letter der Volks- Hochschule Dreißigacker  , sprach«ingehend und im wesentlichen«rf Grund feiner praktischen Erfahrungen über die Bedeutung der Volkshochschulheime für die Erwachsenenbildung. Auch er lehnte jede weltanschauliche Bindung der Volkshochschukorbeit ob. Dieser Ausfassung trat in der Diskussion in sehr wirkungsvoller Weise Jensen, der Leiter der Volkshochschule   Tinz, entgegen, der erklärte, auch vom pädagogischen Standpunkt aus fei eine wirk- liche Erziehung und Leitung der Menschen nur vom festen Boden einer bestimmten Weltanschauung aus möglich. Am Sonnabend wird u. a. noch der sozialdemokratisch« Ab- geordnet« Graßmann über Arbeiterbildung und Volksbildung sprechen._ Klappsrstorchkneg in Thurmgen. Hodanns Slufklärmigsschrifiea wieder freigegeben. Auf Veranlassung dos aus Ltteraturprozessen bekamtten Stutt­ garter   Staatsanwalts Cuhorst   wurden sin Dezember 1027 van der Rubolftädler Sto>rts<um>altschast die beiden Wcher des Berliner  Stadtarzt«» Dr. H o d a n n:Geschlecht und Liebe in biologischer und gesellschaftlicher Beziehung� undBringt uns wirklich der Klapperstorch?" wegen angeblicher Unzüchtigkett vorläufig b e- schlagnahmt, obwohl da» ülapperstorchbuch in dm» Schweizer Schule« amtlich eingeführt«st. Eine große Anzahl Wissenschaftler. Aerzte, Iugenderzieher wandten sich nach Prüfung der Werke scharf gegen diesen Eingriff in das freie wissenschostliche und erzieherische Schaffen. Die Justizbehörden toten jedoch nicht einmal entscheideiche Schritte, um das ordentlich« Verfahren durchzuführen, d. h. entweder Anklage gegen Verfasser und Verleger zu erheben oder aber die Ein- stellung des Verfahrens zu veranlassen. Als vier Monate nach der vorläufigen Beschlagnahme noch immer kein weiterer Schritt erfolgt mar. stellte dio Sozialdemokratie im Thüringer Landtag   eine Groß« Anfrage an die Regierung, ob sie diese» Verfahren und seine Methoden bWge oder gar veranlaßt habe. Der Jusnzminister Leutheußer hatte es nämlich für angebracht gehalten, im Landtag mst seinem Urteil in da» schwebend« Verfahren einzugreisen und das erch gültige Verbot der Bücher als selbstverständlich hinzustellen. Roch der sozialistischen   Interpellation, die übrigens noch nützt beantwortet ist. haben noch zahlreiche Juristen gegen die Beschlagnahm« öffentlich protestiert. Endlich, also nach fünf Monaten.ist am Donners- tag die vorläufige Beschlagnahme aufgehoben und das Verfahren eingestellt worden, da sich kein Sachverständiger fand, der die Beschlagnahme als gerechtfertigt bezeichnen wallte. Dos ganze Verfahren gegen Hodann und seinen Verleger er- innert stark an dunkelste Vergangenheit- Reben den sieben Prozessen gegen die Sozialdemokraten Hermann, Loeh und Worch ist dieses Verfahren ein wetterer Justizskandal der Aera Leutheußer.
Klage vor dem Gtaaisgerichtshof. Die bayerische   Wirffchastspartei wehrt sich. Münch», 1. Juni. Der Landesausschuß Boyern der Reichspartei des Deutschen Mittelstandes nahm scharf dagegen Stellung, daß die Wirt- schaftspartei im Bayerischen   Landtag nicht ein einziges Mandat erhallen soll, während«in« ander« Partei mit weniger Stimmen vier Mandate zugeteilt bekommt. Der Landesausschuß be- schloß einstimmig, daß sich die Wirtschastspartei zunächst der Be-- fchwerde anschließt, die die Demokratische Partei beim Staatsgerichts- Hof eingereicht hat. Bolschewistische Lustizmeihoden. Ttochforschvngea über die politische Gestmumg der 2ln- geklagten vor 20 Jahre»! Moskau  . 1. Juni(Vom Vertreter des W. 1, 58.). Im weiteren Verlaufe des Schachty  -Prozesses wurden eine Reihe russischer Angeklagten vernommen, deren Aussagen für die Beurteilung des Prozesses nicht wesentlich sind. Dagegen ist die Der» nehmung des Angeklagten B e l e n k o insofern von Interesse, well sie erwies, daß es im Grunde v o l l st ä n d i g gleichgültig ist, ob die Angeklagten schon vor dem Untersuchungsrichter«in G«- st ö n d n i s abgelegt oder sich ieilwe'se schuldig bzw. unschuldig er- klärt heben, da bei ihnen jede Widerstandsfähigkeit ge- brachen erscheint. Die Vefragungen der Angeklagten gehen bis 1909 zurück und bezwecken, die Gesinnung der Angeklagten vor der Revolution km Sinne der Anklage festzustellen, um auf Grund
dieser von Zeugen teils zuverlässiger, teils unzuverlässiger Art fest- gestellten Ergebnisse die Schuldfvage b« noch der Revolution be­gangenen Delikten zu beurteilen. Besonders charakteristisch erscheint das Verhalten des Angeklagten Belenko. Ihm, der seit seiner Ver- Haftung fünfmal zwischen dem Bekenntnis und dem Abstreiten seiner Schuld geschwankt hat. wurde vom Vorsitzenden Wyschinsky die Gewissengsrage vorgelegt, ob etwaUnter- suchungsorgane" auf ihn irgendwelchen Druck ausgeübt oder ihn gar bedroht hätten. Belenko überlegte einig« Minuten und war sichtlich verlegen, was er antworten sollt«. Dann verneinte er die Frage.____ Armenien in Ooppelfeffeln. Zum zehnten Jahrestag seiner llnaSHSnglgkeitserklSruag- Wie überall, wo sich je eine Anzahl Armenier zusammenfinden, feiert auch die armenische Kolonie zu Berlin   am Sonnabend, dem 2. Juni, den zehnten Jahrestag der Unabhängigkettserklarung der armenischen Republik. Kaum ein anderes Volk hat so lange und so hartnäckig um feine Freiheit gerungen wie das armenisch  «. Aber auch schwerlich hat ein« zweite Nation so viele und so tiefe Eni- täuschungen erleben müssen. Kaum hotte Armenien  , jetzt vor zehn Iahren, seine Selbständig kell errungen, kaum hatt« die jung« armenische Republik   mit einer i o z i a l t st i s ch«» Regierung an der Spitze angefangen, den Grund eines neue» Lebens zu legen, ds ver- bündelen sich zwei Machlsoktore, der russisch  « Bolschewismus und der türkisch« Kemalismus   miteinander und brachten u. a. auch Armenien   ihrer gemeinsamen Orientpolitik zum Opfer: der eine
im Rom   eu der Wsltreoolution, und der andere im Namen der noti»- nalistische» Revolution, beide aber als typische Vertreter asiatischen Imperialismus. Die Miierten und namentlich England ließen Armenien   ohne Hilf«, die sie vorher feierlich zugesagt hatten. Roch 1919 hatt« R a d e k hier in Berlin   mit den Henkern des armenischen Volkes Enoer,-Talaat   und anderen iposchas SLaffenbrüder- fchaft geschlossen, die auch bald darauf von Lenin   und von Kemal sanktioniert wurde. Diesen ersten Ab machung an folgten andere, tn« später in geheimen und nicht geheimen Vertragsabschlüssen zu- sanm, engefaßt wurden. Der Moskauer Vertrag vom März uvd da» Karser Abkommen vom Oktober 1921 besiogelten die bolschowistisch- kemalistische Freundschaft. Moskau   brachte nicht nur da» ganze Türkis ch-Armenien   zum Opfer, dessen Seldftbestimmungsrecht Lenin mehrer  « Mals   feierlich deklariert hatte, sondern zugleich auch «inen Teil der 1918 in den Grenzen Transkaukastsch�lrmenl«,« in» Leben gerufenen armenischen Nationalstaates, indem nämlich die Moskauer   Machthaber, die angeblich für die Befreiung der Völker kämpfen, einige Landkreise der armenischen Republik ihren kemalistt- schen Verbündeten abtraten, während sst da» übrige Armenien  sowjetisierten". Seitdem ist Armenien   mtt Doppelsesseln gefesselt. Wen» aber auch geknechtet, ringt es dennoch, wie der sagenhafte Prometheus. um feine Freiheit. Auch sind die vollen Sympathien der Zivilist« rien Welt mit Armenien  . Mehr als einmal hat auch die Sozialistisch« Zrtbeuer-Imernationale Beschlüsse gefaßt, in denen sie die voll« Freiheit und die unumschränkte llnabhängigtett des ungeteilten Armemens gefordert hat. Armenien   wird si« sich noch erringen.