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daß die Menge außerordentlich erregt sei und daß die Führer die Massen nicht mehr in der Hand haben. Als die Demonstranten nun durch die Frankfurter Allee zogen, entstand an einer Straßenecke eine Stauung. Die Polizei wollte dem normalen Verkehr einen Durchlaß schaffen, und nun wurden die Polizei­beamten von einzelnen Demonstranten mit Zurufen wie Bluthunde", ,, Arbeitermörder" usw. belegt. Daraus entwickelte sich erst der weitere Tumult, in dessen Verlauf die Beamten von ihren Gummi­früppeln Gebrauch machten. Daß es dabei nicht ganz zart zuge gangen ist, fann man begreifen, und nachträglich wird sich schwer feststellen lassen, wer eher die Nerven verloren hat, die Polizei oder die Demonstranten. Die Montagspost" verlangt von der Polizei, daß sie die unbeteiligten Bassanten schützen und den Verkehr sicher: ſtellen soll. Wie soll die Polizei das machen, wenn sie daran ge hindert wird? Schießen soll sie nicht, aber der Gummifnüppel soll auch nicht in Tätigkeit treten?

Sind die Polizeibeamten Bluthunde"?

Ganz allgemein wäre zu diesen Borfällen noch folgendes zu sagen: Wir sind gewiß nicht mit allen polizeilichen Maßnahmen ein­verstanden, und wir wissen, daß sich unter den Polizeioffizieren noch manche Leute befinden, die die Aufgabe, die sie im republikanischen Staatswesen zu leisten haben, noch nicht recht begreifen konnten. Es gibt sicherlich auch höhere Polizeibeamte, deren politische Nei­gung mehr der Rechten als der Linken zugewandt ist. Von den unteren Polizeibeamten gilt das im allgemeinen nicht. Wir wollen doch niemals vergessen, daß auch die Schutzpolizisten Pro= letarier sind, daß sie aus derselben Klasse kommen, der die Arbeiter und Angestellten angehören. Sie haben einen ungeheuer schweren Dienst zu verrichten; es geht nicht an, sie den Beschimpfungen und Tätigchkeiten solcher Leute auszusetzen, die in jedem Polizeibeamten den Bluthund" und den Arbeiter mörder" sehen. Wir erwarten eine strenge, aber doch objektive Untersuchung der bedauerlichen Zusammenstöße in der legten Zeit. Aber wir wenden uns mit Entschiedenheit dagegen, daß von einem demokratischen Blatt Behauptungen nachgesprochen werden, die nicht dadurch glaubhafter erscheinen, daß sie zuerst in der kommunistischen Presse abgedruckt wurden.

Das Recht auf die Straße.

Schließlich noch eins: Die Sozialdemokratie hat schon lange vor dem Kriege für das Recht auf die Straße gefämpft. Ihr ist es zu danken, daß wir jetzt die Möglichkeit zu politischen Demonstrationen auf der Straße haben. Dieses Recht auf die Straße darf aber nicht dahin ausarten, daß eine fleine Minderheit die große Mehrheit der Bevölkerung terrorisiert. Das lassen sich die Kommunisten in dem Lande, wo sie selbst die Herrschaft haben, nicht im geringsten gefallen. Vor einigen Tagen meldete ein anderes Ulstein- Blatt, die Bossische Zeitung", daß es vor der Bauarbeiter­börse in Mostau zu schweren Zusammenstößen zwischen mehreren tausenden arbeitslosen Arbeitern und der Miliz gekommen sei. Auch dort gab es Verlegte, eine größere Zahl von Demonstranten wurde in Haft genommen.

Was die Berliner Borgänge betrifft, so steht selbst nach der Roten Fahne" fest, daß der oberste Polizeibeamte, der dabei zu gegen war, der Polizeivizepräsident Dr. Weiß, auf die Beamten im Sinne der Mäßigung und Besonnenheit einzuwirken versucht hat. Der Polizeipräsident selbst war aber, wie gesagt, gar nicht anwesend, die Beschuldigung, er hätte anders als sein Stell­vertreter gehandelt, fällt damit in sich zusammen. Zu den stärksten Bedenken würde es jedoch Anlaß geben, wenn sich als wahr heraus­stellen sollte, daß dem Bizepräsidenten der ihm unterstellte Apparat aus der Hand geglitten ist. Stimmt das, dann muß natürlich sofort das Nötige getan werden, um ein reibungslos sicheres Funktionieren der Befehlsgewalt bei der Polizei sicherzustellen.

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Ein abschließendes Urteil über den Vorfall in der Frankfurter Allee wird erst gefällt werden können, wenn der Polizei- Vize­präsident Dr. Weiß vom Kölner Polizeifongreß zurückgekehrt ist, wo er heute einen Vortrag hält. Morgen früh wird Dr. Weiß in Berlin zurüderwartet, dann wird er selbst dienstlich gehört werden, so daß erst morgen mit einer amtlichen Verlautbarung des Polizeipräsidiums zu rechnen ist.

Die Fraktion der 152.

Die sozialdemokratische Frattion des Reichstags ist zum Mon tag, dem 11. Juni, zu ihrer konstituierenden Sigung einberufen, in der natürlich auch die Frage der Regierungsbildung zur Beratung femmen wird.

Rüftung zur Elternbeiratswahl.

Der Pfingstferien wegen finden in dieser Woche noch an vielen Schulen die zweiten amtlichen Elternversammlungen statt, in denen bestimmungsgemäß der Wahlvorstand gewählt wer den muß. Bei der Elternbeiratswahl 1926 hatten die Chriftlich­Unpolitischen vielfach allein oder mit Mehrheit den Wahlvorstand besetzt. Sie wendeten dann in vielen Fällen, wie damals der Bor­wärts" öffentlich festnageln konnte, das Verfahren an, alle Gegen listen unter fadenscheinigen Gründen für ungültig zu erklären, so daß die christlich- unpolitische Liste ohne Wahl als gewählt erklärt wurde. Dadurch wurde den Christlich- Unpolitischen ein Vorsprung gesichert und es entstand der Eindruck eines großen Sieges". Diese Dinge müssen diesmal verhindert werden. Es ist nötig, daß die Freunde des Schulaufbaues" auch in jedem Wahl­Dorstand in genügender Stärke vertreten sind. An allen Schulen muß die Liste Schulaufbau" vorhanden sein.

Neuer Streit um Wilna . Polen gegen die litauische Verfaffung.

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Warschau, 4. Juni.

Im Zusammenhang mit der Beröffentlichung der neuen litau­ischen Berfassung, in der Wilna als die Hauptstadt Litauens proflamiert wird, hat der polnische Außenminister 3alesti am 31. Mai dem litauischen Ministerpräsidenten Woldemaras eine Note überreichen lassen, in der er erklärt: Die polnische Re­gierung sieht in dieser Erklärung eine inhaltloje, jeder rechtlichen Bedeutung und praktischer Folgen bare Demonstration. Sie fann die gegenwärtig zwischen Polen und Litauen geführten Ber­handlingen nur erschweren. Die von der polnischen Regierung über­nommenen Verpflichtungen, die Unantastbarkeit der litauischen Re­publif zu achten, legen der polnischen Regierung die Pflicht auf, ihr Sorgehen diefem Grundsatz anzupassen.

Der Vortrag des sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Offo Meier über das Thema Ein Arbeitstag im Parlament" findet heute abend 19,10 Uhr( 7,10) im Rundfunt statt.

Die Presse in der Demokratie.

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Eine Preffetagung in Köln .

Köln , 4. Juni.

Der Reichsverband der deutschen Bresse, die Reichsorganisation der deutschen Redakteure, veranstaltete im Rahmen seiner dies= jährigen Bertreterversammlung eine öffentliche Kundgebung in der großen Messehalle, die unter dem Leitwort Presse und Bolts. ft a a t" stand. Kultusminister Dr. Beder begrüßte namens der preußischen Staatsregierung den Reichsverband zu seiner Tagung im Rahmen dieser einzigartigen Ausstellung am Ufer unseres heiligen Stromes" und führte dann weiter aus: In der Fülle der Anregungen, die uns die Pressa vermittelt, finden wir immer er­neuten Anlaß, rüdwärts zu schauen und uns des Wandels der Dinge zu freuen. Besonders deutlich wird uns dabei die Entwicklung des Berhältnisses zwischen Staat und Presse. Mit der Schaffung des demokratischen Staates ist sie aus der Rolle des Aschenbrödels in die Rolle einer schicksalsbestimmenden Macht hinein gewachsen. Ihre Verantwortung hat sich unabsehbar gesteigert. Im demokratischen Staat tommt auch der schöpferische Führer nicht um die Aufgabe herum, erst einmal die öffentliche Meinung zu schaffen, von der er sich nachher leiten läßt. Da die schöpferischen Kräfte aber nicht immer mit amtlicher Stellung verbunden sind, wird häufig der nichtbeamtete Wortführer der öffentlichen Meinung wegweisend

مهم

nichts zu machen in Hamburg

Güh, Hein, da föhrt se den Stahlhelm aw!"

Der Marschall mit reinem Gewissen. Tschangtfolin verläßt Pefing.- Ein Attentat.

London , 4. Juni. ( Eigenbericht.) Marschall Tich angisolin hat in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag Peking verlassen und auf seinem Wege nach der Mandschurei Tientsin passiert. In einem vor seiner Abreise er­lassenen Manifest spricht er die Hoffnung aus, daß China im Ge­folge seiner Führung der Staatsgeschäfte nicht der Zerstörung an­heimfallen, und daß der Bolschewismus, den er unterdrüdt habe, nicht wieder sein Haupt erheben werde. Der abdankende Mar: schall erklärt, daß er sich unschuldig an dem Berlauf der Ereignisse fühle und daß sein Gewissen vor der Welt und vor zukünftige: Generationen rein dastehe.

Am Sonntag nachmittag hatte der größte Teil der Truppen Tichangtfolins Beting verlassen. Irgendwelche Zwischenfälle haben sich bei der Zurüdnahme der Truppen nicht ereignet. Befing ist ruhig und die Straßen werden von Polizei und Gendarmen patrouilliert. In Peking selbst wurde eine provisorische Re gierung gebildet, die bis zur Ankunft der nationalistischen Truppen die Regierungsgeschäfte führen wird. Wie aus den letzten Tele­grammen aus Beting hervorgeht, besteht die Hoffnung, daß der Rückzug der Nordtruppen und die Besizergreifung der Hauptstadt durch die nationalistischen Truppen sich ohne Blutvergießen voll­ziehen wird.

Tokio , 4. Juni.

Wie offiziell berichtet wird, wurde auf Tschangijolin ein Bo m benattentat verübt, während er sich auf der Fahrt von Peking nach Mukden befand. Tichangtfolin erlitt leichte Berlegungen, während mehrere Herren seines Gefolges getötet oder verwundet

wurden.

Feldgottesdienst des Stahlhelm. Hamburger Bundestag.

Hamburg , 4. Juni.

Es sollen 125 000 Stahlhelmer daran teilgenommen haben. In der Hier ging der Stahlhelmtag ohne ernstere Zwischenfälle zu Ende. Nacht zum Sonntag fam es an verschiedenen Stellen zu Rempeleien.

Acht Personen wurden verhaftet. Reichsinnenminister p. Keudell, Graf Bestarp und vier Hohenzollernsprossen nahmen daran teil. In den Arbeiterquartieren hingen piele rote Fahnen. Sonntag vor­mittag fand ein Feldgottesdienst" statt.

Raubüberfall auf eine Händlerin.

Durch Geistesgegenwart der Frau vereitelt.

Ein bewaffneter Räuber wurde heute vormittag in der Bestalo 33 iftraße in Charlottenburg auf frischer Tat fest­genommen. In einem Zigarrenladen in dem Hause Nr. 28 ¡ erschien gegen 11 Uhr ein junger Mann und verlangte einige

für den leitenden Staatsmann. Hierdurch wird dem Journaliſten eine einzigartige Stellung verliehen und das Schrifttum neben Wissenschaft, Kunst und Technik in die Ebene der geistigen Urproduktion eingeordnet. In der Politik ist der führende Journa list nur noch selten Vertreter einer individuellen Meinung, er vertritt zumeist eine Weltanschauung, eine Partei, die Ansicht irgendeiner Mehrheit von Personen. Daraus ergibt sich eine früher unbekannte 3usammenarbeit mit dem Staat, d. h. mit der Re­gierung, eine Rollektivverantwortlichkeit, die über alle Parteischranken hinweg Staat und Presse nicht nur in äußerer Schicksalsgemeinschaft, sondern auch in einer bewußten geistigen Haltung gegenüber dem gemeinsamen Dienst am Boltsganzen vera bindet.

Chefredakteur Dr. Dopijat zeichnete die Entwicklung des rheinischen Journalismus. Er zeigt eindrucksvoll den Erfolg großer und starker Persönlichkeiten: Josef Görres, der die journalistischen Grundfäße zweier Jahrhunderte vorschauend festgelegt habe, Karl Marg, der Redakteur an der Rheinischen Zeitung " war, die als eine der ersten Tageszeitungen die soziale Betrachtung der Dinge einführte. Josef Brüggemann und Josef Dumont , die in der Kölnischen Zeitung " die Standarte des rheinischen Libera­lis mus trugen, Josef und Julius Bachem , die in der Köl­nischen Volkszeitung" ihre Weltanschauung im sogenannten Kultur­tompfe verfochten. Und doch überragt die Leistung am Schluß dieser Entwicklung alle Persönlichkeitsleistungen bei weitem. Sie ist eine Kollektivleistung sondergleichen. Ich meine die Haltung der rhei­nischen und westfälischen Bresse in der Zeit nach dem Kriegsende vor allem im schweren Jahre 1924. Wir gebenken in dieser Stunde aller derer, die in diesem Kampfe Leben und Gut in die Schanze ges schlagen und in den Tag für Tag fich häufenden Schwierigkeiten die große Linie der deutschen Politik behauptet haben.

Der preußische Minister für Wissenschaft, Runst und Bolfs bildung teilte mit, daß er den Chefredakteur Dr. Dovifat auf den neugegründeten Lehrstuhl für 3eitungswissenschaft an der Berliner Universität berufen habe.

Eine faufafiche Schweiz .

Unabhängigkeitsfeier der Armenier.

Der 28. Mai, der Tag, an dem vor zehn Jahren die Unabhängig feit Armeniens proflamiert wurde, ist der Nationalfeiertag ber Armenier. Die armenische Kolonie in Berlin und die hiesige Gruppa der sozialistischen Partei Armeniens beging ihn mit einem Festabend, zu dem sich zahlreiche Freunde Armeniens , darunter auch eine ganze Reihe Deutscher eingefunden batten. In ihren Reden brachten alle zum Ausdruck, wie berechtigt und politisch notwendig die Selba ständigkeitsbestrebungen der transfaukasischen Völker find. Heute find leider alle Versprechungen Rußlands aus dem Jahre 1918 von der Sowjetregierung vergessen und Armenien , Georgien und Azur­beidjan sind von Rußland wieder ebenso vergewaltigt und unter­jocht wie unter der zarischen Regierung. Der Vertreter Georgiens gebrauchte in feinen Darlegungen die schöne Wendung, daß es eine ,, tautasische Schweiz " zu begründen gelte. Nur dadurch kann diesen Randstaaten die notwendige tulturelle und wirtschaftliche Ent widlungsmöglichkeit geboten werden. Der greise Eduard Bern stein, der an der Veranstaltung aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnte, schickte ihr seine Grüße und besten Wünsche. Mit Borführungen von Nationaltänzen, Rezitationen und Theaterauf­führungen wurde der Festabend beschlossen.

3igaretten. Als er sah, daß die Geschäftsinhaberin, eine Frau St., nach dem Weggang anderer Kunden allein da war, zog er, nach­dem er zum Schein sich Zigaretten und Labat angesehen hatte, plötz­lich ein einschüssiges Terzerol, schlug auf die Frau mit dem Rufe Hände hoch! Die Kasse her!" an und verlangte die Herausgabe des vorhandenen Geldes. Die bedrohte Frau behielt jedoch die Geistes­gegenwart und lief hilferufend an dem Burschen vorbei auf die Straße hinaus. Der Kunde" eilte hinter ihr her und versuchte jetzt sein Heil in der Flucht. Passanten nahmen aber sofort die Ver folgung auf, holten den Flüchtigen ein und übergaben ihn der Polizei. Die Kriminalpolizei stellte ihn fest als einen 20 Jahre alten Hand­lungsgehilfen Hans Stender, einen Wanderburschenaus Hamburg , der erst seit fünf Tagen, wie er behauptet, in Berlin weilt. Er fam aus der Hafenstadt, teils zu Fuß, teils auf Laft­wagen, hierher, angeblich, um Arbeit zu suchen. Als er feine fand und ihm das Geld ausging, faßte er den Plan, sich mit Gewalt neue Mittel zu verschaffen.

Leberfall auf ein Postamt.

Ein frecher Ueberfall wurde auf ein Bostamt in Neubabels. berg verübt. Ein junger Bursche stürmte in den Schalterraum, hielt dem allein anwesenden Beamten einen Revolver entgeger und forderte Geld von ihm. Der Beamte verlor die Geistesgegenwart nicht, schlug das Schalterfenster zu und rief um Hilfe. Darauf er­griff der Räuber die Flucht, wurde jedoch nach einer wilden Jagd durch den Park in einem Friseurladen in Nowawes , in den er ge­flüchtet war, von Schußpolizisten festgenommen. Der Täter, ein 20 Jahre alter stellungsloser Kaufmann, behauptet aus Not ge­handelt zu haben.

Die Stenotypistin Berta König aus Berlin wurde vom Reichs­gericht wegen versuchten Landesverrates zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die 14 Monate der Untersuchungshaft wurden ihr an­gerechnet, da sie sich in großer Notlage befand.

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Der englische Farbenindustrielle Mond wurde zum Lord ernannt.

Am Mittwoch

beginnen wir mit dem Abdruck der Erzählung

Der gelbe Diwan

von E. Williams. Diese Erzählung gehört zu den besten Erzeugnissen der kriminalistischen Darstellungskunst. Die spannenden Vorgänge fesselln die Aufmerksamkeit vom Anfang bis zum Ende. Wir sind sicher, daß auch diese leichtere literarische Kost den Beifall anserer Leser finden wird.