Oonuersiag 7. Juni 1926
Unterhaltung unö ÄNissen
Vellage des Vorwärts
Frauen am Fenster. Do« Ztudi Sims. Der jagt« durch hessisches Land. Ich faß in der Ecke eines Abteils aelehnt und schaute durch drs geöffnete Fenster. Stätten der Arbeit mit rauchenden Schloten; Dörfer, die sich im Glast der Sonne breiteten: schaffend« Menschen und spielende Kinder; dunkler Wald. Felder, Wiese», Blumen und Blüten hielten die Augen wach, die der schwüle Mittag und der monotone, einschläfernd« Singsang der rollen« den Räder immer wieder zu schließen versuchten. Manchmal warf ich einen Blick auf die junge Dame, die mir gegenüber fafy. Sie faszinierte muh...... Diese vollen, sinnlichen Lippen, diese mandelförmigen, melancholischen Augen mit den dichten Wimpern, das inattfchwarz schillernde Haar und die sonnengebräunte chaut.— Wo hatte ich diesen Frauentyp schon gesehen? Vergangenes wurde nah... Ich sah mich als Soldat auf nissischen Bahnhöfen, in Dgeslubcn... Hörte im Geiste schwermütige Volksweisen— die Balalaika. — Vielleicht war sie' elne Russin?-'« Eben legte sie ihre Lektüre gu? her. Hand.. lfm. ihr«? Munh zer- flosi ein flüchtiges Lächeln, als sie merkt«, doh ich sie beobachtet«. Ich dacht« an ein zärtliches„Abenteuer des Schienenstranges''.—> Ueberlcgte«ine Weile, ob ich sie ansprechen sollt«. Da—«in lang« gezogener Pfiff der Lokomotive. Der Aug fuhr in eine Bahnhofs- h'tlle.„Bad Nauheim ,. schrie ein Schaffner. Das erhoffte Er- febnis zerrann wie sine Fata Morgans, denn das hübsche Mädel stieg aus und sank draußen auf dem Dahnsteig«in«u arideren in die Arme.— Vergessen lag ihre Zeitschrist im Gepäckneß. Ich nahm sie herunter. Es war eine jener teuren Wochenschriften für die„Dame'. Mode, Theater, Sport— serviert für die Welt, die sich langweilt. „Frauen am Fenster", lautete der Titel eines bebilderten Artikels. Aristotratinnen. Frauen von Großindustriellen und reichen Finanziers waren in den Rahmen eines Fensters gestellt. Sie lehnten in weichen Polst crstühlen im dolce fax vievte— Nichtstuerinnen, deren einzig« Beschäftigung die Pflege ihres Körpers, das Verhandeln mit der Sch:?eiderin und die Gestaltung ihres Amüsements ist. Frauen auf einem Hintergrund, der Reichtum, Glanz und Wohlleben ausströmt. Der Text un, diese Photo» war ein begeisterter Hymnus auf die Frau. Das Fazit: Selbst den ärgsten Spötter flieht der Sarlasmus imd der nüchternste Geschäftsmann vergißt die Zahlenreihen seines .Hauptbuchs, sieht er die ewig jungen Gesidzter der Frauen von heute im Rahmen eines Fensters.— Ich schüttelte unwillkürlich den Kopf und l�gts d>« Zeitschrift wieder fort. Was wußte der Schmock, der diese„Plauderei" schrieb, von den Frauen von heute? ?lm Nachmittag schritt ich durch ine Straßen der großen süd« dem scheu Stadt. In meinem Innern klangen Stimmen auf. die nicht mehr schwiegen. Immer wieder trat vor mein geistiges Auge— „Frsiksn am Fenster". Und ich ging anders als sdnst an den Villen des vornehmen Wcftcn? vorüber. Meinen Blicken boten sich Dings, die ich früher nie ül ihrer starken Eegensäßlichkeit erkannte. Die Fenster zeigten mir nicht nur Frauen der Hautevolee, sondern auch jene Mädchen, die vom frühen Morgen an auf den Beinen sind; die abgerackert am späten Abend die einfache Mansarde aufsuchen; in den traumlosea Schlaf sinken, de« harte Arbeit gibt, und einem neuen Tag entgegen, wachsen, der sie wieder in den Dienst für die Herrschaft zwingt. Niedrig bezahlte Geschöpse, die sich nach Lieb«, Ehe und Mutterschaft sehnen. Junge Mädchen, dauernd im Besehlston herumgestoßei». die heraus wollen aus diesen, Milieu in— ein eigenes, kleines Heim. Wie viele Sehnsüchte bleiben ohne Erfüllung? So manche Haus» angl stallt« dient sahraus, jahrein; wird alt und grau; bis dann einmal im„Generalanzeiger" zu lesen ist:..Fünfundzwanzig Jahr« leistet« sie„treue Dienste".... Lange Geschäfts stießen— Frauen am Fenster mll abgespannten Gesichtern... Friseusen, die Ondulierscher« in das Haar der Kunden tauchend: Büglerinnen mit schweren, heißen Eisen tn den Fäusten; Verkäusorinnen, gSschäftig Auslagen der Fenster ordnend: Sunststopfe- i innen. Tippmädels. Modistinnen. Wo endet dir Weg??lm Kol« ixirienbsrg der schaffenden Frau— in den großen, grauen Fabriken. Ich selp: ein« Arbeiterin an der Bohrmaschine. Seit sieben Uhr reckt sich ihr nackter Arm im gleichen Rhythmus: stiert das Auge auf das Stück Stahl, das sich in das Metall frißt. Vielleicht denkt die blasse, blonde Frau, die dort am Fenster steht, an den Geliebten, an das blaue Kleid, das zu Hause im Schrank hängt, an den Sonntag. Einer gaiven Woche Sehnen hängt an diesem freien Tag, der Freude und Liebe spenden soll. Und ihre Hände, die seil vielen Tagen den gleichen Griff zum Ueberdrusse leben, bereiten sich zu wundervollem Geben.. Armenviertel.— Tote Großstadtseitenstraßen, deren unbtseeste Melancholie nur hin und wieder durch eine Frau am Fenster belebt wird. Schrieb nicht der Schinock in der mondänen Zeitschrift von den ewig jungen Gesichtern der Frauen von l>«ute? Hier stftt«in« Prole« tanermutter an der Nähmaschine: quält sich, ein« schon aus vielen Flicken zusammengeseßte Hose wieder ganz zu bekommen. Hunger und Glend dörrten Ihre Brüste, gruben ttese Falt«n und Runzeln in das schmal«, abgezehrte Gesicht. Keuchender Husten verrät die kranke ltunge. Sie ist mit vierzig Jahren eine Greisin. Einziger Lichtblick ihres Lebens— die spielenden Kinder auf dem dunklen Hofe. Es ist Nacht geworden-— Eine schmale, schlechtgepslasterte Gosse. Häuser mit roten Laternen über den Türen. Animierknetpen.— Frauen liegen verschlafen in den Fenstern. Sie sind lebend« Köder für satte Bürg«, die ihre Lüsternheit in diese Winkel zieht. Sie schrecken aus. wenn der Tritt eines Passanten hallt. Dann steht, wie eingesroren, ein Lächeln in den Gesichtern dieser Mädchen und blutrote Lippen rufen:„Komm!" Ein Lächeln, das einer Grunass« gleicht.— Ein Ruf, der Anklage gegen die Gssellschast bedeutet.— Hinter Schmink« und Puder grinst Kummer und Krankheit, Siechtum und Tod. Arme Schiffbrüchig« des Lebens, die kein rettendes Ufer sehen. So sah ich Frauen am Fenster. Ewig junge Gesichter—? Nein! Die Not unssrer Tag« spiegelt sich w Ihren Zügen und macht sie herb. Weit davon entfernt, zu glücklichen Müttern zu reifen, als Mütter zu leben, sind si« eingespamü in die kapitalistisch« Wirtschaft. Erst der Sozialismus wird sie ihrer wahren Bestimmung entgegensühren. Di« Frau von heute ist nicht die mütterliche, sondern dl« schaffend« Frau. Frauen am Fenster— Mojaikbilder aus dem Kolossalgemälde: Kapitalismus.___ Dl« größten voflzvflevuagen. Italienischen Blättern zufolg«. empfängt der Papst tagtäglich die umjongreichste Post der Welt. Es komman täglich durchschnittlich rund 27 000 Briese und Zeitungen in den Vatikan . In der Zahl folgt hierauf der Präsident der Är- einigten Staaten von Amerika und an dritter Stelle der König von England.
Das Haus, in dem Ferdinand Lassalle am IL April 1825 geboren wurde, ist«in schönes, zweistöckiges Bürgerhaus und steht auf dem Korlsplaß im Zentrum der alten Stadt. Im gegenüber liegt die Sparkasse,«in moderner roter Ziegelbau in fataler Gotik. Einige Schritte weiter, und man kommt in die dunklen schmutzigen Gassen, durch die im erbarmungslosen Licht des Tages verwelkte und hoffnungslos« Frauen streichen. In anderen Gassen hat sich der Kleinhandel und das Kleinhandwert eingenistet. Und so ist alles dicht beieinander: der Ruhm und die Schande, die Verschwendung und die Berechnung, die Unsterblichkeit und der schnell« Verfall. Straßenbahnen klingeln vorüber. Die alten Türm« gotischer Kirchen und die schönen Fassaden barocker Bürgerhäuser sind sichtbar. Di« Oder verströmt sich um di« Inseln, aus denen alte Kirchen aus- ragen. An dem Haus Karlsplotz Nr. 2 verkündet eine Tafel: Ferdinand Lassalle , Cnvecker der Zlrbeiterfloss«, wurde hier in diesem Haus« geboren. Dies« Tafel ist unscheinbar. Diel sichtbar« sind die Schilder der Neuzeit au diesom Haus«. Di« Gebrüder Wey! machen auf ihre Herren- und Arbeiters eiderfÄirik aufmerksam. Herr Elkan Weiß, der Besitzer, zeigt an Wäsche und Kurzwaren. Ei» Herr G u t t m» a u verkaust Zigarren, ein Kohlenhändler Kohl« und in der Wurstfabrik und Frühstllcksstube— in Breslau gehört fast zu jeder Sklächterei«in« Frühstücksstub«— in der Frühstücksstube des Hauses kann man warme Würstchen essen. Das alles macht melancholisch. Di« neu verputzte und rot angestrichene Fassade irritiert. Der Treppenausgang zeigt alte Holzstusen, über die der junge Lassalle noch gesprungen sein mag, als«r an der Breslauer Universität die Klingen feiner Beredsamkeit prüfte und kreuzte. Er war mit Wilhelm Wolfs, dem Freunde von Marx, befreundet. Es wird Zeit, daß sich die deutschen Arbeiter dieses Hauses annehmen und»eben dem Karl-Marxckzaus in Trier ein Ferdinand-Lassalle- Haus in Breslau errichten. Lassall« stürzt« nach kaum lOjähriger Laufbahn in da« Grab. Er wurde in Breslau beerdigt neben seinem Later, Heymann Lassalle, und seiner Mutter, Rosalie geb. Heizfeld. Ein« Tafel sagt an: Hier ruht, was sterblich war, von Ferdinand Lassalle , dem Denker und Kämpfer. Er wurde wie ein Verbrecher verscharrt. Die Breslauer Polizei hielt den Friedhof besetzt, um Demonstrationen der Arbeiter zu unterdrücken. Die alte Mutter Lassallss, einige Freunde, darunter Georg Herwegh , ein Polizeiinspektor und einige Schutzleute, da« waren die Zeugen am 14. September 1864, als man Lassalle begrub. DI« deutschen Arbeiter aber sangen damals: Zu Breslau «in Kirchhos, Ein Tot« im Grad, Dort schlummert her Ein«, D« Schwerter un » gab. Da«, was unsterblich Ist an Lossalle, die Idee dar modernen Arbeiterbewegung eroberte sich Breslau erst nach seinem Tode. Am{ 4. Mal 1868 wurde hier die erste sozialdemokratische Versammlung «inberufen. Rund 50 Jahre später stellten die Breslauer Arbeiter durch Paul Lobe den PröfAiemen de» Reichstag « der deutschen
Republik. Die Gründer der Partei waren Zigarrenmacher. Schmied«. Cisondreher. Schneid«, Handschuhmacher, Klempner. Tisch!«. Die Bruderkämpfe zwischen den Lassalleanern und Cisenachern waren erbittert und erinnern, wenn man die alten Berichte liest, an die heutigen Kämpfe zwischen den Sozialisten und Kommunisten. Die Breslau « Polizei zeichnet« sich durch besondere Brutalität aus. Aber die Arbeit« marschierten. Der Umsturz 1318 machte die Wege ftei. 1868«ine von 17 Mitgliedern besuchte sozialdemokratische Per- sammlung: 1928 im Wahlkreis Breslau 366673 sozialdemokratische Stimmen! Das werktätige Volk erobert sich langsam Stadt und Land. Die Stadtkrone wird einmal das Volkvhaus sein und nicht, wie setzt noch, die Kirche, da» Polizeipräsidium, das Schloß oder die Wolkenkratzer großer Konzerne. Heut« ist Breslau eine Stadt, in der Mittelalt« und Neuzei!, Reichtum und Armut sich gegenüber stehen wie die Spitzen ge- schliffen« Dolch«. Reben Prachtbauten des Mittelalters laufen in ihrem Schatten die atten Gassen mit verwahrlosten Häusern, die nur von außen romantisch sind Dort wohnt da» Proletariat und das Lumpenproletariat und ihr einziger Reichtum, die vielen schmutzigen und blassen Kinder. Hi« und da«heben sich schon moderne Ge- schäftshäus« in jenen kühnen, berauschenden Linien, die eine neue Blüte d« Architektur anzeigen. Ei« sind«in« Wohltat gegen die verschnörkelten Lauten des kaiserlichen Deutschland «, da» sich hier im Hauptbahnhof«in neckisches Ritterschlöhchen errichtete, in dem die Dampfröss« wiehern. Breslau ist«ine beweglich« Stadt. Man findet viele polnische, tschechische und jüdisch« Namen(aus diesem Grunde wohl war«s viele Jahrzehnte long preußisch« als Potsdam ), aber die Beweg- lichkeit ist oft nur Bewegung in den Fesseln. Die Industrie leidet au d« Abschnürung des natürsichen Marktes nach dem Osten, der Handel ist gelähmt, nachdem Posen und Oberschlesien verloren ge- gangen sind. Einen tiefen Einblick in die soziale Lage der Arbeiter gibt ein Bericht der Krankenkasse. Rund 166000 Lohnempfänger waren 1327 versichert. Mehr als 400 000 Krankheitsfälle wurden behandelt, üb« 1 Million Rezept« ausgeschrieben, die Bolksseuchen: Tuberkulose und Syphilis stiegen. 72000 der Versicherten waren erwttbsunfähig trank. Durch die neue Eingemeindung hat sich Breslau Raum ge- schaffen für die neuen Siedlungen, die einmal gebaut werden müssen. um die verwahrlost« Innenstadt zu entlasten. Don den setzt de- stehenden Siedlungen ist die in Aimpel wohl die schönste. Zimpel liegt jenseits der Od« und ist eine schön« Gartenstadt, die bald 10000 Menschen faßt und deren Stolz di« neue Friedrich-®,«»- Schule ist.«In Musterbeispiel sachlich« und schön« Architektur, ein Darbild für die neuen Gemeinschastsdauten, di« errichtet werden müssen. Di« letzten Wahlen brachten mit den Kommunisten und den Mietern ein« proletarische Stadtmehrheit. An der Einsicht der Neuen Dertretung wird es liegen, ob sich das Bild Breslaus in den nächsten Jahren grundlegend verändert. Die Vorbedingungen einer Neuord- nung d« Stadt sind in den Gewerkschaften, den Genossenschaften, den Sportvttbänden und kulturellen Vereinigungen gegeben. In den mittelalterlichen Klassenkämpfen stürmten 1418 einmal die Zünfte das Rathaus und man zeigt den Fremden heute noch die Axthieb- narben zum Sitzungssaal. Heute nimmt man die Axt, um di« Balken für das Richtfest neuer Siedlungen und Wohnhäuser zu behauen. Max Barth el.
parfümerie der Tierwelt. Von M. A. v. Lütgendorff. In Südamerika lebt«in Marder, d» etwa so groß wie uns« Iltis ist. Er Ist«in hübsches Ti« mit glänzend schwarzem Fell, über das sich zwei leuchtend weiße Rückenstreifen hinziehen, und mit einem weichhaarigen, schwarzbuschigen Schwanz. Wer als Neu. lina so ein Tier zum erstenmal sieht und ihm zu Leib« gehen will, weil sich der zierliche Rauber etwa In den Hof geschlichen hat, v«> steht zunächst gar nicht, warum man ihn auf einmal mit Gewalt zurückreißt und ruft:„Um Gottes Willen, kommen Sie dem Tier nicht nahe, es fft ein Zorrinol" Läßt man sich ober nicht zurück- halten, so merkt man nur zu bald die Ursache des Schreckens. Wäh- reud o« Zorrino schnell davonhuscht, oerbreitet sich ein gräßlicher Genich. der wochenlang nicht verschwindet und besonders dann lange anhält, wenn das Tier in einen geschlossenen Raum ein- gednmgen mar. Hatte der Neuling gar das Pech, selbst von dem feinen Strahl getroffen zu werden, den da» geänqstigt« Ti« Ihm entgegenspritzte, so hat er«ine Lehre«mpsangen. di« er nie im Leben vergißt. Denn nun muß er sich vor den Menscken zurück- ziehen, sich waschen und imm« wieder waschen und jein« Kleider ausräuchern oder schwefeln, um wenipstsns den schlimmsten Geruch loszuwerden. Die Natur hat dem kleinen Zorrino in den Drüsen. die den Stinksast erzeugen, eine Waffe gegeben, die oft wirksamer als ein starkes Gebiß und kräftige Muskeln ist. Der Mensch flieht ihn, und ebenso gehen ihm di« meisten Tiere au» dem Weg: denn er kann seinen Saft auch noch aus einer Entfernung von mehreren Metern sicher ans Ziel spritzen. Vom südamerikanischen Stinttier erzählt man sich sogar, daß die Reisenden von dem Geruch aus dem Schlaf«wachen, wenn ein nächtlich wanderndes Stinktier, erschreckt von einem daherfausenden Cisenbahnzug. seinen Saft gegen die Waggons spritzt. Mit einer ähnlichen Waffe ist auch der nordamerikanssche Skunks versehen, dessen prächtiges Fellwerk früh« viel weniger ausgenützt werden konnte, weil es nur in den seltensten Fällen gelang, das Tier zu töten, ohne daß es sich durch Ausspritzen seines Stintsafte« zu wehren versucht hätte. War das aber einmal geschehen, so war der Pelz wertlos, weil der furchtbar« Geruch nicht wehr wegzubringen war. Heute tötet man den Skunks ge- wöhnlich elektrisch. Man lockt das Tier an ein« Futterstell«, die mit einer elektrischen Batterie verbunden ist: sobald der Skunks den Platz betritt, trifft ihn«in starker elektrischer Schlag, und ehe er Zeit hatte, seine Waffe zu gebrauchen, ist er getötet. E« gibt übrigens Kleintiere, den«, ähnliche Waffen ebenfalls zur Verfügung stehen: die Wanzen. Unvorstellbar, wie ein Tier von der Größe eines Marders riechen müßt«, hätte es Mengen von Riechstoffen zur Verfügung, die soviel größer wären, wie sein« Körpergröße die der kleineu Wanze übertrifft. Der Genich unserer Baum- und Beerenwanzen, den wohl jeder kennt, ist aber nach harmlos im Vergleich zu den Gerüchen, die eine im Malaiischen Archipel «nheimtsch, Blattwanze(Leptocorte» acut«) erzeugt, wenn sie pch in Gefahr glaubt und ihre Gtinkdrüsen öffnet. Eine einzige solche Wanze ist imstande, die Luft in einem Umkreis von mehrere»
Quadratmetern gründlich zu verpesten, Und wer gerade in der Nähe weilt, ist zur schleunigen Fluckt gezwungen. Im Gegensatz zu vielen Tieren, die sich durch die Absonderung übelriechender Sekrete wirksam schützen, erzeugen zahlreiche andere Äer« wohlriechend« oder wenigsten» für ihre eigenen Artgenasien anziehende Stoff«: sie wollen nicht abschrecken, sondern anlocken. Geschlechtsdüfte nennt dte Wissenschaft solche Gerüche, weil sse ge- wöhnsich nur dann auftreten, wenn sich bei der Tierart die Daarunaslust einstellt, und weil sie dazu bestimmt sind, da» and«e Geschlecht aus die NSb« einer stärkeren oder besseren Halst« auf- merksom zu machen. Bei vielen Infekten erkennen sich die Arten und Geschlechter geradezu an ihren Geschtechtedüften. Bei den Schmetterlingen fand man die den Duft erzeugenden Organe zwischen den feinen, bunten Flügelschuppen angeordnet; damit die Düfte ungehindert ausströmen können, sind überall da, wo ein solches Organ sitzt, di« Schupven mit unzähligen feinen Oefsnunge.i durchlöchert. Duftdrüsen tn Gestalt dünnster Pinselchen sitzen auch an den Beinen oder am Hinterleib der Folter; ihre Lockkrast ist so groß, daß di« männlichen Tiere oft aus weit« Fern« ein Weibchen ouffuchen, dessen Duft sie spürten. Da d« Mensch viel schlechter entwickelte Riechorgane als die meisten Tiere besitzt, kann er viele tierische Geschleä�sdüfte überhaupt nicht wahrnehmen. Schmett«-- lingsdüfle aber lassen sich ojt erkennen, wenn man die Flügel zwischen den Fingern zerreibt, und auch der Lockgeruch jenes bunten Käsers, den man als Moschusbock bezeichnet. Ist recht deutlich zu riechen. Kurt Floericke sah sogar ostpreußische Fischer ihren Tabak mit den wohlriechenden Käfern„parfümieren". Weit schlimmer ist d« in Indien herrschende Brauch, Reisspeisen mit Zwei stark- riechenden Wanzen(A-Spongopue und Erthresina) zu würzen. Eine besonders wichsige Rolle spielen die Geschlechtsdüfte im Liebesleben d« höh« organisierten Tiere. Gewisse Schlangen und auch der Alligator strömen vor der Paarung Gerüche aus, die ihresgleichen reizen und anlocken. Vielleicht können auch manche Vögel Riechstoffe erzeugen— am häufigsten findet man di« Ge- ruchsanlackung ober bei den Säugetiere», besonders bei denen, die Moschurdüffe verbreiten: das asiatische Moschussi«, der amerika nische Bisam, cder Moschueochse sowie das südamerikanische Wasser- schwein, dessen Moschusdrüs« auf der Nase sitzt. Stark und sehr charakteristisch ist ferner der Bnmstaeruch de» Bibers, den eine in Drüsensäcken gebildete käseähnliche Masse, da» Bibergeil, ausströmt. Bon diesem Sekret setzt d« männlich« Biber aus seinen Wegen kleine Teilchen ab, damit das Weibchen der Spur bequem und sicher nachgehen kann. Die Dustsubstanz der Zibetkatze verhilft den Ein- geborenen Afrikas zu einem Miten Geschäft. Man hält die Katzen als Haustiere, badet sie von Zeit zu Zeit recht warm und„melkt" sie dann, indem man die vuiidrüsen ausdrückt. Das Sekret, dos zur Herstellung von Parfümerien oerwendet wird, ist sehr teucr. und daher kostet«ine zobm« Zibetkatze in ihrer Heimat genau soviel wie ein« milchgebende Kuh. Bei Ziegen, Schafen und Raubtieren treten zur Zeit der Paarung ebenfalls mancherlei auffallend« Vrunstgorüche aus— allerdings keine, die sich zu Parfüms eignen. wie der berüchtigt« Bockgeruch beweist. Lelm Hirsch liegen die sack- artigen Drüsen, die die Geruchstoffe erzeugen, ganz in der Nähe de« Augenwinkel», während man sie bei d« Gemse hinter dem Gehörn findet.