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Spielmann Roßbach. Mysterienspiele in pommerschen Kirchen. Das Urteil im Stetliner Fememord ist gesprochen worden. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß die beteiligten Roßbachleute Mörder sind und Beihilfe zum Mord geleistet haben. Die Tat wurde, wie der Gcrichtsvorsitzendc erklärte,mit beispielloser Roheit, Hinterlist und Gemeinheit verübt". Auf Grund vager, unbestätigter und unbeweisbarer Gerüchte wurde ein.Lomerad" gemordet. Der Mörder ist der ehemalige Leutnant Heines Derselbe Heines ging nach dieser Tat mit seinem Chef, dem ehemaligen königlichen Oberleutnant Roßbach mit einer sogenannten S p i e l s ch a r E ck e h a r d" auf Reisen, um fürB o l k s o e r s ö h n u n g" und D o l t s g« m e i n s ch o f t" zu werben. Di« SpielscharEckehard" ist in Pommern sehr bekannt. Sie zog von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dors, überall gut ausgenommen und unterstützt von Deutschnationolen, Gutsbesitzern und Pastoren. Heines, der neben Roßbach Führer dieser Spielschar war, durfte u. a. im Kolberger Dom und im evangelischen Gemeindehaus in Käslin Gastspiele geben, ebenso in vielen anderen Kirchen. Trotz der eindringlichen Warnungen und des energischen Protestes der ostpommerschen Presse, denen diese Roßbach-Truppe schon vor dem Prozeß mir Recht verdächtig war, konnte die evangelische Geistlich- keit es nicht loflen, dem Mörder Heines diegeheiligten" Räum« für feine Propaganda zur Verfügung zu stellen. Gespielt wurde in den Kirchen außer den üblichen M y st e r i« n- spielen ein von Roßbach selbst gedichtetes Stück: Die Fahne. Teilweise verschleiert, aber doch erkenntlich, propagiert dies Stück die Pflicht zum Verschweigen dessen, was man ehemals unter derFöhne" erfuhr und heute oerraten könnte. Da man öffentlich und direkt nicht mehr an all« ehemaligen Freischärler her­ankann. versucht� man nun, ihnen die sogenannt« Pflicht den früheren Kameraden gegenüber im Gewände eines geistlichen Mysterienspiels von den Altären der Kirchen herab zu predigen. Nach Abschluß des Stettiner Fememordprozesses gegen Heines hat Roßbach seinen Komödiantenberuf in Ostdeutschland wieder mit großem Eifer aufgenommen. In großen und kleinen Ortschaften läßt er immer wiederDie Fahne" spielen und wiederum geschieht das in den Kirchen(Stolper Marienkirche u. a.). Vater- ländische Verbände, Frauenoereine und andere nationalistische Orga- nisationen laden mit mächtigen Plakaten zum Besuch seiner Gast- spiele. Die katholische Geistlichkeit hält sich wohlweislich zurück, die evangelische aber unterstützt ihn ganz offen. Aber die Herren Super- intendenten von Köslin , Kolberg , Stolp und anderen Städten werden sich vor ihren Gemeindekirchenmitgliedern und vor der Oeffcntlichkeit wohl kaum entschuldigen brauchen, daß sie«inen Roßbach in den Kirchen spielen lassen: denn der Grund der Fememorde war ja die Vaterlandsliebe". So darf der ehemalig« Freikorpsführer sein Mysterienspiel in den pommerschen Kirchen unentwegt weiter vor- führen bis er keinen Zulauf mehr hat. Hoffen wir, daß er das übrige Deutschland verschont und bald nach Amerika iibersiedelr, wohin ihn ein geschäftstüchtiger Iantee angeblich engagieren will.

Ein schwarzweißroter Amtsrichter. Oer Landgerichtspräsident sieht leinen Anlaß... Der Amtsgerichtsrat B u ch h o l tz bei dem preußischen Amts- gericht in Wetter a. d. Ruhr gefiel sich darin, bei festlichen An- lässen eine schwarzweißrot« Fahne in seinem an der Rathcnau- und Marktstraßen-Eck« gelegenen und zur Dienstwohnung gehörigen Gärten zu hissen. Das letzteinal geschah dieses am 4. März, dem sogenannten Volkstrauertag. Die Di«nstwohmmg und der Gartett liegen unmittelbar neben dem Anitsgerichtsgebäude. Die Republikanische Beschwerdestelle Berlin unterbreitete diesen Tatbestand dem Landgerichtspräsidenten in Hagen i. Wests., der jedoch mit Bescheid vom 3l. März 19Z8 erklärte,es ist für mich kein Anlaß zum Einschreiten im Aussichtswege gegeben". Auf weitere Be- schwerde hat nunmehr der Oberlandesgerichtspräsident in Hamm unter dem 29. Mai 4928 der Republikanischen Beschwerdestelle Berlin solgenden Bescheid erteilt:Airs Ihr« Beschwerde vom 23. April d. I. babe ich nach Prüfung des Sachverhalts das Erforderliche im Auf­sichtswege veranlaßt." Die-lOvstündige Arbeiiswoche. Arbeitskampf auf dem Rostocker Schlachthof. Der Schlachthof Rostock gehört zu den G re n z s ch l a ch t- Höfen. Es werden bis zu 1909 dänische Rinder pro Woche geschlachtet. Die Anlagen sind klein, die seuchengesetzlichen Bestimmungen werden nur wenig beachtet. Di« Stadtverwaltung läßt olles laufen, um das gute Geschäft nicht zu stören. Die Be- Hörden, denen die Mißachtung der Schutzbestimmungen für Men- schon und Tiere bekannt ist, unternehmen ebenfalls nichts. Die Organisation hatte vor längerer Zeit«in« Arbeitszeit bis 199 Stunden pro Woche festgestellt. Di« Meister haben lange Zeit mit Erfolg chr« Gesellen von der Organisation fern- gehaltem Für den Hirsch-Dunckerschen Gesellenbund wurden Mittel zur Verfügung gestellt, um den Verband niederzuhalten. Dennoch ist«z gelungen die Beschäftigten zu organisieren und Lohnforde. rungen zu stellen. Jetzt versuchen die Meister durch Maßregelung die Bewegung unmöglich zu machen. Verhandlungen sind gescheitert. die Beschäftigten haben die Kündigung eingereicht. Wird in den nächsten Tagen keine Verständigung erzielt, dann wird der Schlacht- hos für Auslandsschlachtungen stillgelegt werden. Dieser Kamps wird auch den Behörden nicht gleichgültig sein können, denn ihr Verhalten l)ot mit dazu beigetragen, daß die Meister sich jede Kühnheit erlauben konnten. Di« Kündigung des'Altgesellen(Bot- sitzenden des Gesellenausschusie») hat dem Faß den Boden aus- geschlagen. Zuzug ist fernzuhalten. Proteststreik der Marseitter(Seeleute. pari ». 7. Juni. Die organisierten Seeleute in Marseille haben Mittwoch abend eine Versammlung abgehalten, in der in einer Entschließung die sofortige Freilassung der in Bordeaux und Dun- kirchen gefangen gehaltenen 14 Matrosen der C o r d o b a" und ihre Uebersührung noch Marseille verlangt wurde. In der Versammlung wurde beschlosien, in einen 2 4 st ü n. digen Proteststreik einzutreten. Wenn dieser keinen Erfolg hoben sollte, sollen die verwandten Organisationen, insbesondere die. jenigen der Hafenarbeiter, zur Unterstützung aufgefordert werden. AuSsperrungin derBaumwollmdustrieinLancafhire London. 7. Juni. In Nelson(Lancashfh:). wo ungefähr 19990 Arbeiter der Baumwollspinnereien ausgesperrt sind, haben weitere 5999 Arbeiter die Kündigung erhalten, die in zehn Tagen wiiljam wird,

Die ägyptische Helena " von Richard Strauß . Llraufführung im Dresdener Siaaisiheaier.

Ein neues Bühnenwerk von Richard Strauß , feit Iahren mit Spannung erwartet:Die ägyptische Helena ", Oper in zwei Akten. Das außerordentliche Ereignis, dem die internationale Musikwelt entgegensah, ist die gestrige Uraufführung in Dresden mehr nach dem äußeren Bild, das sie bot, geworden, mehr noch ein kunst-gefellschaftliches als ein eigenllich künstlerisches Ereignis. Aus aller Welt waren die ersten Männer vom Opernfach versammelt, die Prominenz des einzelnen sozusagen sich verlierend in einem Publikum noch Prominenterer, alle angezogen vom Klang des Namens, der heute der erste Musikername der Welt ist. Doch an dem Maßstab gemcsien, zu dem dieser Name auch den Hörer ver- pflichtet, hat der Eindruck, der vom Wert ausgeht, enttäuscht. Das liegt an der Dichtung: aber es liegt nicht weniger an der Mustk. Die erste Berührung mit dem Dichter Hugo von Hof- m o n n s t h a l, vor mehr als zwanzig Iahren, der Griff nach seinem, durchaus nicht für die Opernbllhne gedachtenElektra "- Drama, ist für den Opernkomponistsn Richard Strauß von schicksal- haster Bedeutung geworden. Ohne Hofmannschal keine Strauß-

Elisabeth Rettberg als Helena. Oper. Zwei Persönlichkeiten, grundverschieden noch Art und Anlag«, doch eben auf Grund solcher Verschiedenheit einander ergänzend und bereichernd, ganz einig in ihrer Auffassung von dem, was der wo- dernen Opernbühne noltut die Zusammenarbeit dieser Zwei be- deutet in der unglücklichen Geschichte der deurschen Oper gewiß eine der glücklichsten Lösungen des Problems, um das es immer wieder geht: von Oper zu Oper die Zwiespältigkeit der Gattung, ihre kon- stutionelle Brüchigkeit vergessen zu machen. Die Einheit von Hand- lung und Musik, von Wort und Gcfang ist von relativer Vollkommen- heit auch in diesem neixpn Werk. Unkräftig wie die Dichtung ist der Ton, in dem der Komponist sie klingen macht. Oder ist es Richard Strauß ', des auch innerlich längst Arrivierten, Unjugend und ein wenig nun wohl doch schon nachlassende Produktivität, die in Hofmannsthals Dichtung, ja, bis in die Wahl des Stoffes zurück- gewirkt hat? Helena, um die in griechischer Sagenzeit der Trojanisch« Krieg geführt wurde, seit Ofsenbach fast nur noch als Operettenfigur leben- dig, wird als seriöse Operngestalt, zugleich als schönste Frau der Well rehabillliert. Als schönste, nicht als treueste. Darum Handell

sich's, um den Sieg ihrer Schönheit über ihre Untreue. Dieser Sieg ist gewissermaßen das Motiv der Opernhandlung: aber diese Hand- lung, im Grunde nur seelischer Vorgang, begibt sich im Inneren des Gatten Menelas . Wieder, um ihr zu folgen, ist erste Be- dingung, Bellenbergs Menelaus zu vergessen. Aber auch dieser Opern-Menelas soll durch Vergessen kuriert werden. Was geht vor? Als er zu Beginn des ersten Aktes die Insel der ägyptischen Zauberin Aithra betritt, scheint sein Entschluß, die Frau, die ihn betrogen, zu töten, unerschütterlich. Am Ende des zweiten Aktes ist er mit ihr, nun zu ewig ungetrübtem Glück, neu vereint. Da- zwischen liegt allerlei märchenhaft-abentsuerlicher Spuk, Märchen- Haft, doch mit psychologischer Bedeutung und symbolischen Hinter- gründen. Menelas wird verwandelt, Helena wird verwandelt: und wenn auch Geschehenes sich nicht ungeschehen, aus Ehebruch nicht rückwirkend Gattentreue, aus Helena sich kein Fidelio machen läßt, Zaubertränke tun, wie bei Wagner, das ihre, die Handlung an ihr Ziel zu führen. Wie in derGötterdämmerung ", wie in Tristan": kein Wunder, denn es ist die Welt Wagners, in der. wie nirgends sonst, der Opernkomponist Richard Strauß heimisch ist. Doch, wie bei Wogner, spürt man hinter den Zauberrequisiten einer unwirklichen Opernwelt den Willen zu reeller Psychologie, hier vorstoßend bis in die Bezirke Freudscher Psychoanalyse. Kein Wunder, denn Freud zittert in der Luft, die der Dichter Hofmonns- thal atmet. Das Menschliche soll märchenhaft verklärt, das Zauberhafte psychologisch gesichert werden. Rur leider, der Vorgang, der solcher- art mit dem Vorsatz zu zweifacher Verdichtung betraut wird, bleibt dennoch dem, der vor der Bühne sitzt, unverständlich: oder uninter- essant. Es fehlt dem Geschehen an Plastik, den Gestalten, die aktiv oder passiv darein verwickelt sind, an Lebendigkeit, und es bleibt, ein wenig verstimmend, die Gesuchtheit eines Stoffes, der von gor so weit hergeholt ist. Jedenfalls, Hofmannsthals Dichtung ist nicht stark genug, die Musik zu großer Wirkung zu steigern, und Richard Strauß ' Musik nicht stark genug, sich und uns über die Schwäche der Dichtung zu täuschen. Diese Musik, selbstverständlich, ist die Arbeit eines Meisters, mit allen individuellen Kennzeichen einer Meister- schast, die gewiß einmalig ist. Aber kein neuer Ton, kaum ein neuer Einsall, keine überraschende, unerwartete Wendung verändert mehr das Bild des Komponisten, wie es längst feststeht feststeht in den Opern vonSalome " bisAriadne", in denen summarisch alles ent- halten ist, was an Strauß wahrhaft neu war und geschichtlich bleibende Bedeutung erlangt hat. Sekundäre Fachfragen beiseite. scheint es nur«ine immer stärkere Hinneigung zum schönen Gesang und zum schönen Klang, die den späten vom frühen und mittleren Strauß unterscheidet, eine Neigung, die ihn yun öfters hart an die Grenze des Kitschigen führt. Aber sein Stil, dieser wahrhast virtuose Stil, der einst die Welt geblendet hat, ist längst nicht mehr wandelbar, und nicht viel mehr als die Virtuosität ist heute zu bewundern, mit der er ihn mühelos beherrscht. Hier, im griechisch-mythologischen Milieu, sind es vor allemElektra " undAriadne ". die ihm gewisser- maßen das stilistische Vorbild liefern. AberElektra ", vor zwanzig Iahren geschrieben, ist auch heute noch ein unerhört kühnes Werk: dieägyptische Helena" wäre auch damals keine austührerifche An- gelegenheit gewesen. Die Uraufführung ist in ollen Teilen und von allen Beteiligten mit größter Liebe und mit dem Einsatz ihrer besten Kräfte vorbereitet worden. Unvergleichlich schön spielt die Dresdener Staat?-, ka pelle unter Fritz Busch . Die Frau, die auf der Bühne dig schönste der Welt sein soll und obendrein die schönste Stimme der Opernwelt haben muß, ist Elisabeth R et Hb er g: man hätte nicht leicht eine bessere finden können. Und Maria Ras dl als Zauberin Aithra übertrifft noch die Erwartungen, mit der wir, von Berlin her, ihrer gesanglichen und darstellerischen Leistung entgegensahen. Nicht ganz sa glücklich die Besetzung der männlichen Hauptrollen. Sehr schön die Inszenierung, wenn auch das Bühnenbild geraffte Borhäng«, Säulen, bunte Gruppierungen, olles, wie man es oft genug gesehen hat ein wenig im Geschmackvoll-kunstgewerblichen steckengeblieben ist. An die Regie stellt die Wiedergabe des Wertes keine ungewohnten Anforderungen. Die vier gewaltigen Probleme, vor die der Dresdener Regisseur, Otto E r h a r d t, sich gestellt sah, stehen nur auf dem Papier des Programmheftes, das ihm dafür zur Verfügung steht. Kisus Pringsheim.

Generalprobe für Hannover . Es gibt abergläubische Leute, die es gar nicht gern sehen, wenn eine Generalprobe allzu vollkommen ist. Dann fürchten sie für den Ernstfall das Konzert um so mehr. Die Arbeitersänger des 6. und 8. Bezirks, die am Mittwoch in derReuen Welt" generalprobtcn. können aber getrost nach Hamiover fahren, es gibt noch allerlei zu bemängeln. Was das Programm anbelangt, so hat Wilhelm Knöchel für seinen 8. Bezirk drei ganz philosophische Lieder ge> wählt, von denen das aus derLebensweise" von Wilhelm Knöchel(Richard Dehmcl) durch sein allzu gewichtiges, freudloses Pathos, namentlich durch die Nachbarschaft der beiden an-deren, nahe cm der Grenze des Wirkungslosen steht. In der soliden, fest in der Aufgabe verankerten Ausführung fehlt noch die frisch zupackende Ueberzeugungskraft, dasGran in Grau" überwiegt. Ein«igenl- licher Fehlgrist aber warDer Arbeitsmvnn" von Felix Malden, den Richard Bütte für seinen l>. Bezirk neben drei russisch « Volks- lieber gestellt hatte. Felix Molden hat sie meisterhaft bearbeitet. Darin wird der jüngst so jäh verstorbene Tondichter für immer fortleben. Aber seine Komposition oerzerrt die leise, aber um so wirksamer« Ironie Dehmels mit ihren uferlosen dissonierenden Kolo- roturen und wahllosen, grellen Modulationen ins Ungemessene. Die tiefgreifende, revolutionäre Schlagkraft, die mit ein paar einfachen Strichen Richard Strauß in seinem gleichnamigen Sololied erzie.!, wird bei Molden herostatisch, dazu ganz unmöglich schwer. We.m auch die vielfach unsichere und unreine Ausführung durch verschie- dene. in Hannover zu umgehende Nebenumstände vielleicht mit be- «influßt worden ist, so bleibt auch der Rest noch ein« völlige Nieder- lag« für Werk und Sänger. Wozu sich oerrennen, Sehr zu begrüßen war die Wiederausgrabung des großzügigen klangprächtigenDas i st das Meer" aus der großen, ehemals so berühmten Symphonicode des Dresdener N'code, sodann des Grablied-" von Peter Cornelius, eines entzückenden Genie- blitzes in Dichtung und Musik(mit der unterlegten Melodie Schubert?) durch Fichte-Georginio Richard Bütte machte mit de­meisterlichen Ausführung der drei russischen Volkslieder sein anderes Unglück wieder r,ollstän>dig weit. Philipp Heid m't seinemBe-- liner Sängerchor" hatte d'e beiden vom Klavier(Knöchel) begleite- ten Schubertschen ChöreDörfchen" und G o n d e l s a h r e r" in ihrer schwebenden Leichtigkeit und scharf pointierten Halbporlando sehr gut ersaßt. Nur noch«lwas mehr Rückgrat,(Pcken und Konten imGondelfahrer", bessere» Hervortreten der Bässe, dann ist der volle Erfolg da. Die Pclline allerdings wird sich Wilhelm Knöchel l

mit seiner Fichte-Georginia niemals entreißen lassen. Welche Disz!» plin, technische Durcharbeitung, klassische Breite und Schärfe in allen Darbietungen! Zu wünschen wären noch hier und da etwas streudi- gere, lichtvollere Klangfarben! Der Gesamtchor unter Knöchel sang dann frisch und ausdrucksvoll UthmannsIch wart« Dein", übrigens keines seiner stärkeren Werke> aber melodisch reizvoll und im Schluß sehr glücklich. H. M. Bureauchef Lohengrin und Kommissar Atom. Nach dem Umsturz in Rußland mußte sich olles eine gründliche Verwandlung gefallen lasten. So bemühte sich die Sowjetregierung auch, neue Personennamen an Stelle der früheren bürgerlichen und christlichen Namen einzuführen. Hierbei kamen geradezu groteske Uebertreibungen vor. Die Kinder, die, in eine rote Fahne gewickelt, oktrobriert" wurden, erhielten entweder Namen, die an eine Rc- volutionsgröße erinnerten, oder solche von leblosen Gegenständen, wie Stuhl, Tisch, Holz usw. Heute, wo das Leben allmählich mieder tu ruhigere Bahnen zurückgekehrt ist, siudet man noch immer aus- reichenden Stoff für die Witzblätter. Zum erstenmal hat in diesem Jahr der Staatsverlag der Sowjetunion einen Namenskalender her- ausgegeben." Ueber dies« Veröffentlichung macht sich sogar ein Blatt wie die .Frasnajaniva"(Rotcs Feld") lustig. Der Kalender enthält, so schreibt die genannt« Zeitung, merkwürdigerweise auch christliche Namen, die in Rußland früher sehr beliebt waren, wie Vera, Olga, Sophie, Alexander. Neben diesenbourgeoisen" empfiehlt des Staotsverlag den Sowjetbürgern olle möglichen anderen Namen, die romantisch, phantastisch oder auch einfach lächerlich klingen. Mo» findet dort mythologische Namen, wie Hera , Isis, Benus, Artemis . Mors, Neptun. Auch die babylonische Astarte und die sagnhafte Lilith sind vertreten, daneben römische und italienische Nomen, wie Iuvenal , Caesar, Nero, Franciscus, Pius. Was soll man aber zu abstrakten Rufnamen, wie Ozan, Idee, Poem, Novelle, Roman. Re. oolution. Marseillais« und Eurasien sogen? Da das russische Publi- kum sebr viel für die Oper übrig hat, werden auch Namen wie Tra- viato. Orpheus und Euridike empfohlen. Bor allem aber enthält der Nomenskalender sämtliche Namen von Wagner-Helden und -Heldinnen, von Rienzi bis Parsifal . Es amtiert ein Genosse Lohen- grin Iwanow, der sich nach der Revolutionumoktobrieren" ließ, als Bureauchef in einer Moskauer Sowjetbehördc, während Ge- nossin Brünhild « Petrowa als Stenotypistin in einem Kommissariat tötig ist.