Einzelbild herunterladen
 

Freitag

8. Juni 1928

monummos One suis patro

Unterhaltung und Wissen

Lucie.

Bon Hermann Effig.

no

Nachdem Lucie das Kind geboren hatte, lag fie elend auf dem Bette. Sie sah hinüber auf die Kommode, wo der Junge ohne Leben lag.

Ohne Leben, noch vor einer Heinen Beile hatte er sie mit den Füßchen gestoßen, daß fie laut aufschrie vor Schmerz. Ein paar trübe Tränen ftanden in ihren glanglofen Augen.

Es erfüllte sie mit Angst, daß durch den Knaben, auf den sie immer gehofft hatte, das feste Band zwischen ihr und dem Geliebten nun doch nicht geknüpft war. Sie schluchte auf und versant in die Tiefe des Kissens.

-

Endlich tamen rasche Schritte ihrem Bette näher.

Das war er. Oh, er wollte seinen Buben anpaden und als seinen Besitz, ihr stolzes Geschent, empfangen. Sie wagte nicht, sich zu rühren. Er trat ein mit dem Arzt und der Hebamme.

-

Gie horchte gespannt, was er zu dem Jungen fagte. Sie hörte fein Wort, fondern fühlte, wie sich der Mann, ein unmägbares Ge wicht, zu ihr aufs Bett setzte, seine Finger über ihre Wangen ftrei­chelnd hingleiten ließ.

Eine Weile stockte ihr Atem, dann heulte sie wild bie letzten Ge­burtswehen hinaus.

-

Die nächsten Tage vergingen durch viel Geschwätz der Hebamme, die den Jungen mit müheloser Unterhaltsamkeit unter die Erde auf sein stilles Plätzchen, draußen auf dem St. Matthäi- Friedhof, plan­derte. Für die Böchnerin tam es vor allem darauf an, wieder ein schönes Weib zu werden, das den Mann entzückt, darum fagte die weife Frau: ,, damit er Ihnen nicht davonläuft," und schnürrte und wickelte ihren Leib.

Es war herb, einen Mann zu haben, wie den Zigeunerbaron. In den Maientagen fummte es fich so leicht und füß: Der Mond und die Störche, die haben uns getraut." Aber jetzt, wo tein Junge da war, schien es zum Berzweifeln. Wenn er fie genug hatte?!

Auch lief ihr Gatte mit ernfter Stirne und trogigen Baden herum. Es schien, daß er nur gezwungen zum Bette tam, als scheute er sich, den leiseften Geruch von ihr zu bekommen.

Aeußerlich verlief das Wochenbett ganz forgenlos. Was die junge Frau nur wünschte, war da. Außer thm. Nie fand er Zeit für sie, und dann, wenn er tam, faß er nicht länger als fünf Minuten neben dem Bette

nobumbas Bas prach er dann. Er redete von dem Jungen, von dem fleinen Grab, welches er nach feinem Geschmack schmückte..

Da der Knabe zum Namen nicht mehr gefommen war, die Sange  hatte ihm den Halswirbel gebrochen, fo fonnte man ihm feinen Grab­stein errichten. Aber einen Baum pflanzte ihm sein Vater.

Einen Goldregen mit träftigem Stamm und guten Aussichten in den Zweigen.

Bas follte es bedeuten, daß er einen Goldregen auf ein Grab wähltet?

Wohl, er wird schön blühen im Frühling. Denn niemals war der weichherzige Mann fo hart, daß er das Fehlen des Kindes einem Goldregen vergleichen wollte. Oder vielleicht doch? Die Mutter be­fann sich darüber heftig.

Wenn der Umstand, daß fie für fein Kind zu forgen hatte, einem Goldregen gleich lam, dann mußte fie, hatte er die Absicht, fte jetzt im Stich zu lassen.

Lucie fieberten die Schläfen.

Was hatte fie für eine Zukunft vor sich, wenn das glänzende Leben mit diesem Manne ein Ende nahm. Sie wäre nur gerne rasch aufgestanden, um burch die Schönheit ihrer Erscheinung ihn wieder zu feffeln.

Gie fühlte es, er ftrebte fort, wenn er von dem Gräblein draußen so verfunten rebete. Es war gewiß, daß er die ganze Kraft feiner Liebe mit dem Baum an dem Stindergrab einmurzelte.

Ihr mit großem wirren Haar umbauschtes Haupt brannte. Sie mußte wissen, ob er sie noch liebte. Am heutigen Abend frug fie ihn, sobald er nur so nahe bei ihr war, daß sie sich an ihn hängen und ihn zu fich herabziehen konnte.

Mit diesem feften Borfah erwartete fie den Abend. Der Abend Cam langsam und schleichend. Sie lag in der Däm­merung in einem schneeweißen Bette, das sich fahl aus dem Dunkel heraushob wie leuchtender Phosphor. Und nichts rührte sich im Zimmer.

Schon die kleine Arbeit, am elektrischen Knopf drehen, um Licht im Zimmer zu haben, war zu viel Ablenkung von der Erwartung. Das grelle Abbild des Fensters durch die Straßenlaternen oben an der Decke war die einzige betäubende Helle. Sonst blieb es dunkel und wurde finstere Nacht, bis er fam.

Als sie ihn endlich vom Flur eintreten hörte, zitterten ihre Finger, als suchten sie mit irgendeinem Dinge Beschäftigung. Ihr Blut wurde aufgeregt, mit scharfen Augen fauerte fie gegen die Türöffnung des Nebenzimmers. Sie machte sich fertig für seine Umarmung, die fie ganz im Dunkeln haben wollte. Sie stellte sich vor, daß sie ihn hierbei gleich fragen fonnte, ob er sie noch wirklich lieb habe. Es waren schon einige Wochen seit der Entbindung verstrichen und sie fühlte die Kraft in ihren langen Armmuskeln. Benn er die Worte in fein Ohr geflüstert betam, so mußten sich seine Gedanken wild vor ihr aufbäumen, dann zog sie ihn herab.

Wie er jetzt unter der Türfüllung in schwarzem, großem Umriß sichtbar wurde, fühlte sie eine ihr Blut anhaltende Angst, ihr Plan würde mißlingen und es übertam fie eine Scheu, den Mann nach feiner Liebe zu fragen.

Auch schritt er gleich auf den Kontakt zur Lampe los, setzte einen Gegenstand auf das Bett. Die entstandene Helle blendete ihre Augen, und ganz fad gestaltete fich die Ankunft des Geliebten, ( Schluß folgt.)

Aus dem Liebesleben Victor Hugos  .

19

Bon Josef Kliche.

Zu den in Deutschland   bekanntesten Bertretern der älteren französischen   Literatur gehört noch immer Victor Hugo  . Wer von uns bereits im Schwabenalter sich befindlichen erinnert sich nicht noch der frohen Zeiten, wo er seine jugendliche Phantasie bei dem berühmten Glödner von Notre Dame  " spazieren führte und so ein farbenbuntes Gemälde aus dem Baris von 1482 in fich aufnahm. Der spätere foziale Romancier Hugo   ist bei uns leider viel weniger befannt geworden und auch von dem Politiker Hugo   war in den deutschen Uebersetzungen fast nie die Rede. Und doch hat es diesen einmal gegeben. Mit aller hohen Leidenschaft sogar. Acht Jahr zehnte sind jezt vergangen, feit der Dichter im internationalen Sturm­jahr 1848 als Wortführer der demokratisch- sozialen Partei gegen das bamalige herrschende Regime seine Spigen Pfeile schoß. Schoß und

Beilage

des Vorwärts

Der Palast des Minos  .

Kulturblüte eines verschollenen Volkes.

Seit der deutsche Archäologe Heinrich Schliemann   das alte Troja   und die Märchenschäge von Mytene hob, hat die Archäologie einige weitere hochbedeutsame Ausgrabungen hinter sich gebracht. Wir denken dabei genau so an den Orient( ägyptische Rönigsgräber, Grabungen in Palästina) mie an die fesselnden Ergebnisse der ruffi­schen Forschung in der Mongolei   und an anderen Orten Afiens. Nummehr hat auch durch den Engländer Sir Arthur Evans   das Rätsel von Rreta" feine teilweise Auftlärung gefunden allerdings nur teilweise! Denn von dem vorgeschichtlichen Volk der Minoaner auf der Insel Streta( etwa 200 v. Chr.) sehen wir nur den äußeren Glanz, die architektonische und fünstlerische Lei stung, die Blüte des Ingenieurwesens. Bon dem Geist dieses Boltes wiffen wir nichts, noch nichts.

Streba ift der Schaumplais ber aften griechischen Fabel vom Minotauros, jenem Ungetüm, halb Mensch, halb Stier, das in einem Babyrinth lebte, aus dem niemand herauszufinden ver. mochte, der einmal einbrang. Mit Hilfe der Königstochter Ariadne  und des von ihr zugesteckten Wollfadens drang der Athener Theseus in das Gängegemirr vor und erschlug das Ungeheuer, das bis dahin alljährlich von seinem Heimatstaate sieben Jungfrauen und sieben Jünglinge als Tribut gefordert und erhalten hatte.

-

-

Die Sage hatte( wie faft alle Sagen) einen wahren Kern. Die Ausgrabungen des Sir Evans förderten in Knoffos einen riefen­haften Balast die Residenz des Königs Minos  , Baders der Ariadne zutage, der labyrinthartige Anlagen aufweist. Neberall finden sich Abbildungen des Stiers; Trintgefäße sind da, die wie ein Stiertopf geformt sind; Fresten an den Mauern zeigen uns die Minoaner in einer dem Altertum sonst nicht eigentümlichen Sportart: Stierringfampf" möchte man diesen Sport nennen. Der Abdrud eines Tonsiegels fäßt auch einen Minotaur erkennen, also eines der oben beschriebenen 3mittergeschöpfe. Die vorgeschicht lichen Bewohner Kretos scheinen in der Stierverehrung Besonderes geleistet zu haben.

Natürlich finden fich Infchriften. Sie find aber noch nicht ent aiffert, und fo muß diefes uns unbekannte, auf hoher Kulturstufe stehende Boft durch seine Bauten und feine Kunft zu uns sprechen. Der von Evans freigelegte Balaft des Königs Minos   von Kreta  hat einen großen Sentralhof, ein pradytvoll angelegtes Treppen haus, Wandmalereten überall, eine Ummaffe von Rorridoren, Gän den und Simmern und außerdem moderne Abzugstanäle!

Etwa im zweiten Biertel des 16. Jahrhunderts v. Chr. zerstörte ein Erdbeben den Balast. Er ward wieder aufgebaut, womöglich

-

traf und auch verwundete und brei Jahre später wegen folcher Dinge gar in die Berbannung gehen mußte..

Indes soll nun in diesen Zeilen weniger von dem Dichter und Politiker die Rede sein, vielmehr soll ein bißchen aus dem inter­effanten und reizvollen Liebesleben des genialen Franzosen ge­plaudert werben.

Ein bunter Kreis schöner und fluger Frauen rantt sich um das Leben Bictor Hugos. Begleitet seinen literarischen und gesellschaft lichen Aufstieg und befonnte die Jahre seines Alters. Freilich, an fangs war der Dichter nach dieser Seite hin recht unzugänglich. So verführerisch das Baris der damaligen Jahre für bie Literaten und Künstler von Rang auch war, Hugo   tehrte stets den forretten Ehe­mann heraus. Bereits mit fiebzehn Jahren hatte er sich mit der hübschen Adele Foucher verlobt, einem Mäbchen, das zwar von dem

noch herrlicher als zuvor. Die Kretenser ließen es sich nicht nehmen, ihr lebendiges Interesse an der Tier- und Pflanzenwelt ihrer Heimatinsel bildlich darzustellen. Eine der hübschen Fresken stellt ein blaues Aeffchen dar, das über Felsen klettert, auf denen blü­hende Papyrusstauden, Zwerglilien, Krokus und heiliger Efeu wachsen. Auf einem anderen Gemälde steigt zwischen Klatschrosen, Wicken und Schwertlilien hinter einem Steinblod ein blaugrüner Bogel mit roten Tupfen auf der Brust auf.

Die Kleidung der Minoaner läßt sich erraten aus der Figur des Krugträgers" auf dem gleichnamigen Fresto. Der junge Mann mit dem filbernen Gefäß trägt einen großfarierten kurzen Rod( etwa wie die Schottenröckchen), dazu einen eng schließenden Das über den Rüden. Die Frauen ſcheinen sich dagegen, mit langen, volant besetzten Röcken, einem engen Schnürleib und start ausgeschnittenem Mieder bekleidet zu haben.

Daß vorgeschichtliche Verbindungen zwischen Kreta   und Aegyp­ ten   bestanden, ist bekannt. Der tretensische Hafen für das Nildelta  scheint Romo   gewesen zu sein, denn dorthin führte eine sehr gut gepflasterte Straße. Ein Riesenviadukt zeugt von den Ingenieur­fähigkeiten des verlorenen minoanischen Voltes. Rasthäuser( Kara­wanfereien, wie man im Orient sagt) finden sich in Abständen an der Straße; am Kopfende des Ueberlandweges steht ein großes Gebäude mit vielen Räumlichkeiten. Man findet da einen Pavillon, Stallungen zu ebener Erde, ein Bad mit Steinfliesen für Fuß­waschungen, einen Baderaum mit Tonbadewannen und eine unter­irdische Kammer, in der eine Quelle entspringt. Man ist versucht, fich in dieser Rammer einen Jünger des Pfarrers Kneipp   bei seinen Wafferturen vorzustellen. Das Ganze ist zweifellos ein Hotel gewesen, und zudem ein sehr modern anmutendes Hotel. Abgesehen von anderen Annehmlichkeiten und einem hohen Komfort, weisen die Zimmer zementierte Böden auf, die leicht zu reinigen sind. Der Pavillon diente ohne Frage als Speisesaal für den wegmüden trebenfischen Geschäftsmann und den Ankömmling aus Aegypten  . In diesem Spetsesaat befindet sich ein Wandfries, der einen heute noch als Leckerbissen geschätzten Bogel darstellt: das Rebhuhn. Und außerdem ist es absolut sicher, daß damals von 3500 Jahren- die Bäder dieser Gaft- und Raststätten der Minoaner mit Heiß­wasserversorgung eingerichtet waren!

-

Leider wissen wir noch nichts von dem staatlichen Leben und der gesellschaftlichen Struktur auf der Insel des Sagenfönigs Minos, der Ariadne und des Zwitterfabelwefens, des Minotauros. K. M.

Kannst du ein Buch empfehlen?"

Ergebnisse eines Preisausschreibens.

Im Juni 1927 erließ der Börsenverein ein Preisausschreiben an die höheren Schulen und die Mädchenberufsschulen: Kannst du ein Buch empfehlen?" Die Schulverwaltungen von Preußen, Württem­berg, Sachsen  , Thüringen  , Mecklenburg- Schwerin, Hessen- Darmstadt, Anhalt, Oldenburg  , Braunschweig  , Lippe und Lübeck   hatten den Aufruf genehmigt, und so wurde er an nahezu 3000 Schulen bekannt­gemacht.

Seit turzem liegen mm die Ergebnisse vor, die außerordentlich interessant und charakteristisch find. Etwa 16 Broz. aller Schüler und Schülerinnen, die sich auf 437 Schulen verteilen, haben sich an dem

Schaffen des Dichters wenig verftand, das dieser jedoch verschiedener Breisausschreiben beteiligt. Die höhere Beteiligung der Mädchen lag

anderer Borzüge wegen schäßte.

Das ging so bis zum einunddreißigsten Lebensjahre; bis zu dem Tage, an dem sich sein Herz an dem Feuer der Schauspielerin Juliette Drouet   entzündete. Die Drouet, die, nach einer Aeußerung Théophile Gautiers, die schönste Frau von Baris gewesen sein soll, war ihrer feits zum Angriff auf das fittenstrenge Herz Hugos übergegangen, und man weiß nicht, was sie dabei mehr zog, ob die menschliche Persönlichkeit oder der damals schon vorhandene Ruhm des Dichters. Genug, die schöne Schauspielerin wurde die Freundin Hugos und beide haben in diesem gegenseitigen Berhältnis eine Reihe von Jahren ungetrübtes Glüd gefunden. Auch später, als der Rauch der Leidenschaft verflogen war, blieb eine reine Freundschaft zurück, die bis ins hohe Alter andauerte.

Behn Jahre lang hatte der Dichter an der Drouet   seine volle Befriedigung gefunden. Bis er dann 1844 die blonde, erst vierund­zwanzig Lenze zählende Frau Biard fennenlernte. Diese war die Frau eines Pariser   Malers, von dem in jenen Jahren häufig die Rede war und der mit seiner Gattin in den gleichen Kreisen wie Hugo verkehrte. Auch dieses Verhältnis ging eine Anzahl Jahre. Freilich, welche von den beiden lehtgenannten Frauen innerlich dem Dichter am meisten zugetan war, ist unflar. Tatsache aber ist, daß, als Hugo 1851 wegen seiner politischen Befehdung des dritten Ra­poleon Paris   verlassen und ins Ausland gehen mußte, nicht Frau Biard ihn begleitete, sondern die noch immer nicht vergessene Madame Drouet  . Nicht uninteressant ist übrigens, daß auch die Kammerzofe der Drouet ebenso wie ihre Herrin lebhaft für den Dichter und seine Dichtungen schwärmte und daß auch zu dieser, Blanche Marie geheißen, der Romantiker der Literatur zu einem

Romantiker der Liebe wurde.

Fast zwanzig Jahre mußte Victor Hugo   fm Eril verbringen, ehe er im Herbst 1870 wieder nach Paris   zurückkehren durfte. Die politischen Verhältnisse hatten sich inzwischen gewandelt; der durch seinen Staatsstreich neunzehn Jahre zuvor heraufgekommene Napo­leon war jetzt am Ende seiner Herrlichkeit und seit einer Woche Kriegsgefangener der preußischen Truppen. Am politischen Horizont metterte und frachte es. Und als dann das äußere und auch das innere friegerische Geschehen vorbei und Frankreich   ein für allemal Republik   geworden war, ba befleidete auch der inzwischen aller Welt befannt gemordene Dichter wieder hohe politische Aemter; er, der als Haupt der romantischen Dichterschule galt, ward zum Senator

gewählt.

Indes, Alter, Ghren und Würden haben den Bielgefeierten nicht abgehalten, auch zufünftig bei schönen und jungen Frauen sein Glüd zu suchen, feine Mußestunden zu verbringen. Und neben mancherlei 3wischenspielen mard dann seine lehte Liebe eine Frau, die wie er unter dem politischen Regime zu leiden gehabt hatte. Sie hieß Madame Garreau, war die Mitme eines standrechtlich erschossenen Kommunisten und erst achtzehn Jahre alt. Hilfefuchend war sie zu dem Dichter gekommen und ber, längst über siebzig, fehnte sich nach diesem frischen feurigen Weibe mit dem gleichen Gefühl mie der alternde Goethe nach der jugendlichen Ulrike von Levezom.

Diese Frau Garreau hat mit ihrer Liebe die letzten Lebensjahre des am 22. Mai 1885 breiundachtzigjährig gestorbenen Dichters verschönt. Und sie selbst hat ihre feelische Erfüllung in diesem Ber­hältnis gefunden. Bictor Hugo verherrlichte alles, mas mein ner ftorbener Mann und ich so überaus geschätzt hatten: Freiheit, Mensch­lichkeit und politischen Umsturz

So hat sie später von ihm gefprochen.

vom 10. bis 15. Lebensjahr, während und nach der Pubertät, vom 16. bis 20. Lebensjahr, die stärkeren geistigen Interessen bei den Knaben fich offenbarten. Die Preisverteilung Gutscheine für

-

Bücher im Gesamtwert von 3000 mart- ging von dem Gesichtspunkt aus, ob die Begründung der Buchwahl Sinn für literarische Werte und tiefergehendes Interesse für Bücher erkennen ließ, und ob die sprachliche Formgebung der Beantwortung einigermaßen gut genannt

werden konnte.

Die Ergebnisse sind vor allem deshalb bemerkenswert, weil sie

einen Einblick in das Milieu und in die Erziehungssphäre der Jugend­lichen der höheren Schulen vermitteln. Zunächst bei den Mädchen. Hier herrscht durchschnittlich noch das sentimentale, wirklichkeitsfremde Mädchenbuch, der Backfischroman. Kaum, daß einmal ein Buch aus einer anderen Interessenzone, etwas Naturwissenschaftliches oder Kulturgeschichtliches, genannt wird. Dieses traurige Ergebnis läßt nur zu deutlich die geistige Vorbildung der Mütter, der älteren Schwestern, der Freundinnen dieser qutbürgerlichen Jugend ahnen. Hier erwächst der sozialistischen, fortschrittlich gesinnten Frau, deren Kind das Lyzeum besucht, ein weites, noch vollkommen unbebautes Betätigungsfeld. Sie wird dafür Sorge tragen müssen, daß ihre eigene Tochter die Verlogenheit und Kitschigkeit dieser typischen bür­gerlichen Backfischliteratur rechtzeitig erkennt, und sie wird auch auf gleichaltrige Gespielinnen werbend und aufklärend wirken können, wenn sie selbst sich bemüht, verständnisvoll und kritisch das Veraltete und leberlebte, das Sentimentale und Unfruchtbare von dem Wert­pollen, Zeitgemäßen, geistig Anregenden auf dem Gebiet der Jugend­bücher zu sondern. Jede sozialistische Buchhandlung wird ihr bei diesem Bestreben gern helfen und ihr jederzeit kostenlos einen Einblick in die Jugendlettüre gewähren.

Etwas erfreulicher ist immerhin das Bild, das sich bei den höheren Knabenschulen offenbart. Hier herricht vom 10. bis 15. Jahr das Tierbuch, der Abenteuerroman, die Reiselektüre, und in dieser Vorliebe zeigt sich ein ausgeprägter Sinn für das Leben des For­Schers, des Entdeckers, des Abenteurers. Auf der anderen Seite allerdings find gerade bei 13- bis 16jährigen sehr stark betonte natio­nalistische Büge vorhanden, die das allgemein- politische Milieu der Höheren Schule verraten. So schreibt ein 13jähriger u. a. pon Mannestreue und Führertreue" in einem Stil, der stark an Stahl­Gymnasiast preist in begeisterten Tönen die verlorenen deutschen Kolonien und fordert zu ihrer Rückgewinnung auf. Wenn diese Sehn­sucht auch der gleichen Luft am Fremden, Abenteuerlichen entsprungen fein mag, aus der heraus feine jüngeren Kameraden sich in Reise­bücher vertieften, fo zeigt sich hier doch bereits, daß dem Jungen niemand zur Seite steht, der ihn über weltpolitische Zusammenhänge, über Fragen der modernen Bolitit aufklärt. Es zeigt sich ferner, daß nicht nur das Elternhaus, sondern auch die Schule selbst, die häufig genug Bücher dieser Art in ihren Schülerbibliotheken ausleiht, voll­tommen versagt, indem sie dem Schüler, der ein solches Buch in die Hand bekommt, nicht das geringste fritische Rüstzeug mitgibt.

belm- und Werwolfaufrufe erinnert, und ein ein anderer jugendlicher

Der fliegende Cowboy. Die Romantik des reitenden Cowboy wird durch das Flugzeug zerstört. In den großen Renntierpferchen von Alaska   und Nordkanada werden neuerdings Flugzeuge ver­mendet, um die Herden zu überwachen, die viel schneller und ,, über fichtlicher" arbeiten als die reitenden Cowboys.