Nr. 221* 45. Jahrgang
3. Beilage des Vorwärts
Gonntag, IG. Juni 192&
Zur neuen Wirtschaftspolitik. Des Hansa-Dundes alter Wein in alten Schläuchen. Es ist überflüssig, darauf hinzuweisen, dah der neue Reichstag neue wirtschaftspolitische Aufgaben zu lösen hat. Seine Mittel müssen andere sein als die der vergangenen Rechtsblockregicrung: es kann nicht einfach die Bilanz des Soll und Habens der Unter- n c h m e r durch Begünstigung des Besitzes und der Unternehmun- gen besser gemacht werden: es muß organische Wirtschasts- Politik gemacht werden, die auf lange Sicht die Bilanz der Volks- Wirtschaft verbessert. Der sich demokratisch gebärdende Hansa- Bund, der zu seinem und der Gesamtwirtschast Glück kaum mehr ernst genommen wird, ist anderer Meinung. Er hatte gestern in Berlin seine Hauptversammlung, und in einer Denkschrift an die neue Reichsregierung, natürlich von der bei Fischers und Mosichs gewohnten Länge, hat der Hansa-Bund seine Forderungen für die kommende Wirtschaftspolitik angemeldet. Der Hansa-Bund war auch diesmal fix bei der Hand: aber nur deshalb, weil die Wünsche des Hansa-Bundes die erste programmatische Aeußerung des Privatkapitals für die kommende Wirtschafts« Politik darstellt, muß sein Programm mit einigen Worten behandelt werden. Das Loch im kommenden Reichshaushalt, der von ter vergangenen Rechtsblockregierung auf tws gründlichste aller Reserven beraubt wurde, und der bekanntlich durch die erhöhten Reparationszahlungen aus dem Reichshaushalt entsprechend ge- ringere Rückflüsse aus den verpfändeten Einnahmen enthalten wird, wird vom Hansa-Bund auf 500 Millionen Mark geschätzt. Charak- teristisch für die Ernsthaftigkeit, mit der der Hansa-Bund arbeitet, -.st aber die von ihm sofort kategorisch getroffene Fest. »t e l l u n g, daß der Fehlbetrag durch Steuererhöhung unter gar keinen Umständen aufzubringen sei. Danach kommt das o l t e S t e u e r l i« d des Hansa-Bundes vom Ausgabenabbau und darüber hinaus noch von einer weiteren Steuerbefreiung der„Wirtschaft". Sein Programm für Ausgaben- abbau ist entweder nicht neu oder unrationell. Unrationell ist sicher bei der gegenwärtigen Konjunkturlage die Forderung einer ent- scheidenden Einschränkung der Bauvorhaben der öffentlichen Verwaltung. Wenn der Abbau der Zuschüsse des Reiches an die Sozialversicherung verlangt wird, so tut der Hansa-Bund so, als ob diese Zuschüsse überflüssig wären oder irgendwie für die Gesamtwirtschaft, wo sie tatsächlich zur Ver- mögensbildung beitragen, verloren wären. Natürlich wird in erster Linie eine Senkung der Besitz st euern angestrebt, wozu eine Bindung in der Höhe der Realsteuern, eine Tarifrevision der Einkommensteuer, die endgültige Beseitigung der Vermögenszu- wachssteuer und die generelle Beseitigung der Kapitalertragssteuer verlangt wird. Da der Hansa-Bund sich schon' immer darin gefallen hat, eine Filiale des Reichsverbandes der Deutzen Industrie und der Ver- einigung der Deutschen Arbeitgeberoerbände zu sein, wird noch eine umfassende Reform der deutschen Sozialpolitik ver- langt. Obwohl klar ist, daß nur deshalb der Staat Sozialpolitik treiben muß, weil„die Wirtschaft" nicht tut oder nicht tun kann, ivas sie für den Massenwohlstand sollte, formuliert der Hansa- Bund für die kommend« Sozialgesetzgebung das Gesetz. ,chie Emp- findung der eigenen Verantwortung des einzelnen für sich und sein« Familie" müsse mehr als' bisher gepflegt werden. Da es dem Hansa-Bund auch hier nur aus Ausgabenabbau zugunsten des Be- fitzes und gegen die Versicherten ankommt, braucht man sich mit seinen widersprüchlichen Forderungen nicht zu beschäftigen. Dasselbe gilt für die dem Jargon aller deutschen Scharfmacher entnommene Forderung zur Beseitigung der„zwangsweisen Bestimmungen der Löhn« durch den Staat", die den„natürlichen Erfordernissen einer gesunden Wirtschaftsführung" widersprechen. Endgültiger Abbau der Zwangswirtschaft, grundsätzlich« Einschränkung der Be- tätigung der öffentlichen Hand dürfen natürlich in dem Wirtschafts- Programm der Hansa-Bund-Fragen nicht fehlen. Daß man sich den historisch amüsanten Witz leistet, gemischtwirtschaftliche Unterneh- mungen der öffeMlichen Wirtschast zu konzedieren, das zeigt, daß der Hansa-Bund einige Jahrzehnte geschlafen hat: denn die öffentliche Wirtschaft ist längst darüber hinaus, die Hilfe des Privatkapitals für ihre Unternehmertätigkeit noch nötig zu haben. Bei der entscheidend wichtigen Zoll- und Monopol- politit werden die platonischen Forderungen von Genf über Zoll- abbau. Ein- und Ausfuhroerbote, Ausbau der Handelsverträge, ein- fach wiederholt. Von einem Abbau etwa der Eisenzölle ist keine Rede und gegen das bisher gegen die Monopole noch gar nicht wirksam gewordene Kartellgericht wird noch eine Revisionsinstanz gefordert, die offensichtlich, da sie wieder„die Wirtschast" gegen Staatseingrife schützen soll, von den Interessenten selbst zu besetzen sein dürste. „Durch Freiheit der Wirtschaft zur Freiheit des Vaterlandes" — mit diesem Ladenhüter des Hansa-Bundes, der offenbar von der Kritik des Engländers Keynes und des Deutschen Schmalcnbach keine Ahnung hat, schließt das Hansa-Bund-Programm. Viel Ehre werden die Koalitionsgenossen der Hansa-Bund-Parteien mit diesem Programm für die„neue" Wirtschaftspolitik nicht einlegen können.
Oer preisdruck nach oben. Don April bis Mai hat sich die vom Statistischen Reichsamt er- rechnete Ziffer für den Großhandelsindex verhältnismäßig sehr stark, nämlich von 139,5 auf 14.2 Proz. erhöht. Die hauptsäch- lichen Teurungsquellen liegen bei der Landwirtschaft und der monopolistisch geleiteten Schwerindustrie. Agrarstroffe insgesamt stiegen von 133,5 auf 135,9 Proz.. darunter die Viehpreise, die an sich sehr niedrig lagen, von 99,5 auf 105,3 Proz. Der Index für Kohle ist von 127.9 aus 131,4, der für Eisen von 126,2 auf 127,9, der für Textilrohstoffe von 164V auf 167,1 Proz. gestiegen. Der Index für industrielle Fertigwaren hat sich erheblich weniger, nämlich von 157,6 auf 158,4 erhöht. Luftverkehr wächst weiter. Wie der Vorsitzende auf der Generalversammlung der Deut- schen Lufthansa A..G. mitteilt«, hat der Personenverkehr, der im letzten Jahr um 64,1 Proz. gestiegen war. um weitere 20 Proz. zugenommen. Der Zuwachs im Frachtenverkehr, der 1927 um 123 Proz. stieg, ist rtvch größer, doch wurden hierfür keine Ziffern angegeben. Für einen künftigen Ozean ver kehr leistet die Ge- sells-baft bereits wichtige Vorarbeiten, indem neue Flugzeug« mit besonders starken Moloren und erhöhten Sicherheitsvorrichtungen bereits in Bau gegeben seien. Das Flugnetz der Gesellschaft ist bereits größer, als das aller anderen europäischen Staaten zusammen.
Kartoffelwucher mit Staatsmitteln Getreidehandelsgefellfchast sabotiert Stabilisierung der Kartoffelpreise.- Betrogene Bauern.
Zur Beseitigung der kolossalen Schwankungen der Roggenpreise wurde im Jahr« 1926 unter erheblicher Subventionierung aus öffent- lichen Mitteln die Gctreidehandelsgesellschaft gegründet. Sie bekam die Aufgabe, nach Möglichkeit die Roggenprcise auf einer Höhe zu halten, daß der Roggenpreis im Vorkriegsver- hältnis zum Weizenpreis steht und daß die Rcggenerzeugungskosten auf leichten Böden gedeckt werden, ohne Gefährdung der Er- nährungsoerhältnisse. Dieser Ausgabe ist die Getreidehandelsgesell- schaft in keiner Weise gerecht geworden. Sie war ständig, unter Erzielung erklecklicher privatwirtschastlicher Gewinn«, bemüht, die Roggenpreise recht hoch zu halten. Während vor dem Kriege die Preise von Roggen und Weizen sich wie 80: 100 verhielten, stehen sie jetzt wie 100: 921 Das einzige Mal, als die Getreidehandelsgesellschaft im Frühjahr 1927 die Roggenpreise etwas zu drücken versuchte, geschah dies nur, um gegen den sozialdemokratischen Antrag auf Sus- Pension der Roggenzölle zu agitieren. Diese selbe Gesellschaft, die sich auf dem Gebiet der Roggenpreis- stabilssierung so mit Ruhm bedeckt hat, will nun ihre Tätigkeit auch auf die Preisregulierung der Kartoffeln ausdehnen. Auf dem Kartoffelmartt liegen die Verhältnisse in mancher De- Ziehung ähnlich wie auf dem Roggenmarkt. Auch hier führt eine überreiche Ernte, wie z. B. die des Jahers 1925, zu äußerst niedrigen Preisen, während nach knappen Ernten, wie im letzten Jahre, die Preise auf ein Vielfaches steigen. Der Hauptunterschied zwischen dem Kartoffel- und Roggenmarkt ist jedoch der, dah eine erfolgreiche Stabilisierung der Roggenpreis« nicht nur ein« Regelung des inner- deutschen Marktes, sondern auch des R og g« n a u ß e n ha n- dels zur Voraussetzung hat. Die Kartoffelpreise bilden sich dagegen ausschließlich im Inland. Hier wäre, wenn es gelänge, aus reichen Erntejahren größere Kartoffelbestände in die folgenden Jahr« schlechter Ernte zu übertragen, die Stabilisierung der Kartoffel- preise möglich. Kartoffeln lassen sich allerdings nicht in frischem Zustande längere Zeit lagern. Sie müssen ent- weder eingesäuert oder, was noch wichtiger ist, getrocknet werden. Um Einfluß auf die Preisbildung der Kartoffeln zu erlangen, muß die Möglichkeit bestehen, in reichen Erntejahren mindestens 3 Millionen Tonnen Kartoffeln zu trocknen und dadurch dem Markt zu entziehen. Es muß ferner die Ver- fügung über die Trockenkartoffeln den einzelnen Trocknereien ent- zogen werden und einer zentralen Trockenkartoffelstelle über- tragen werden, die nur dann Trockenkartoffeln auf den Markt wirst, wenn die Kartoffelpreise zu hoch steigen und dann mit ihrer Marktbelieferung zurückhält, wenn die Kartoffelpreise unter eine bestimmte für die Landwirffchaft notwendige Preisgrenze zu sinken drohen. Eine solche zentrale Trockenkartoffelbewirtschaftung muß serner über recht erhebliche Kredite verfügen, um nicht aus Geld- mangel zum Derkauf zu unrechter Zeit genötigt zu sein. Bis jetzt haben die Trockenkortoffeln ihre Aufgabe, auf diese Art stabilisierend aus die Kartoffelpreise zu wirken, nicht erfüllt, weil es jeder Kartoffeltrocknerei frei stand, so viel Kartoffeln zu trocknen wie sie wollte und weil schtießlich die zu langer Lagerung nötigen Kreditmöglichkeiten für die einzelnen Kartoffeltrocknereien fehlten. Infolgedessen waren die Trockenkartoffelpreise niedrig, wenn die Kartoffelpreise tief standen, hoch, wenn d'e Kartoffeln teuer waren. Eine Gründung zu verfehlten Zwecken. Vor kurzer Zeit wurde nun unter Mitwirkung der Kartoffel- baugesellschaft in der„ftartoffelflockenzentrale" ein Derwertungs- kartell gegründet, das dem Chaos der Trockcnkortoffelpreise ein Ende machen soll. Di« der Zentrale angegliederten Trocknereien müssen sich oerpflichten, bereits im Herbst- die voraussichtlich produzierte Trocken- kartofselmenge anzugeben und ihr« gesamt« zum Verkauf bestimmte Produktion an die Zentrale abzuführen. Die Zentrale übernimint aber den Verkauf der ihr angelieferten Kartoffeln nicht selbst. Sie ist vielmehr nur Treuhänderin und Abrechnungsstelle der einzelnen Trocknereien. Die Verwertung soll in den Händen der Deutschen Getreidehandelsgesellschaft, mit der die Kartoffelflockenzentrale einen enffprechenden Vertrag abgeschlossen hat, liegen. Die Getreidehandelsgesellschaft soll die ihr gelieferten Kartoffelslocken nach Möglichkeit bis zu 50 Proz. bevorschussen, hat aber dann völlige Freiheit über den Zeitpunkt des Verkaufs. Ihre Aufgabe ist nur,„durch eine angemessene zeitliche Verteilung der Verwertung und unter Berücksichtigung der jeweiligen Marktlage eine Herabdrückung der Marktpreise tunlichst zu vermeiden. Der Zweck des Abkommens ist die Wahrung des Interesses der Kartoffeltrockner an der Erzielung möglich st g ü n st i g e r Preise". Bereits diese kurze Charakterisierung, die die neuen Pläne der
Getreidehandelsgesellschaft zeigt, daß es sich hier ebenfalls, wie in dem bisherigen Tätigkeitsbereich der Eetreidehandelsgesellschaft, um eine Unternehmung mit rein prioatwirtschastlichen Zwecken handelt. Aufgabe soll nur die Vermeidung einer Herabdrückung der Preise für Kartoffelflocken sein. Es wird nicht von der großen agrorpolitischen Stabilisicrungsaufgabe ge- sprochen. Es wird nicht von der Ausgabe der Kartosfelflocken- Wirtschaft, eine Ueberhöhung der Kartoffelpreise zu verhindern, ge- sprochen. Eine Erzielung„möglichst günstiger Preise" bedeutet natürlich Preisbemessung nach dem teuersten dem Kartoffelflocken-. kartell angeschlossenen Produzenten und eine entsprechende Rente für billiger arbeitende Fabriken. Durch eine solche Preis- bemessung werden alle Rationalisierungserfolge in der Kartoffel- trocknung allein den Kartoffeltrocknern, nicht auch den Flockenab- nehmern, also der schweinemästenden Landwirffchaft, zugute kommen. Gegen die bäuerliche Landwirtschaft. Das Kartoffelflockenkartell richtet sich durch seine Zielsetzung schroff gegen die schweinemästend«, also vor allem die bäuerliche Landwirtschaft, der sie ein wichtiges Produktionsmittel verteuern will. Getragen wird sie zum Teil von der an der Kartoffelirocknung interessierten o st elbi schen Großlandwirtschast, zum Teil von der Kartoffelslockenindustrie, da etwa 60 Proz..der ge- samten Kapazität der Trocknereien, die insgesamt 2 Millionen Tonnen Frischtartoffeln verarbeiten können, nicht in den Händen der Land- wirffchaft, sondern von genossenschaftlichen und gewerblichen Trock- nereien liegen. Es zeigt sich hier erneut die durchaus verschiedene Interessenrichtung von landwirffchafilchem Klein- und Groß- betrieb einerseits und von landwirtschaftlichem Kleinbetrieb und Industriekapital andererseits. Die Kartoffelflockenzentrale kann allerdings zu einer für die g«- samt« kartoffelanbauende Landwirffchaft und für die Kartosfelver- braucher segensreichen Einrichtung ausgebaut werden, wenn sie ihre bisher rein privatwirtschaftlichen Ziele dem volkswirtschaftlichen Ziel der Kartoffelpreisstabilisierung unterordnet. Ihre Aufgabe wäre dann allerdings nicht„die Interessen der Kartosfeltrockner an der Erzielung möglichst günstiger Preis« zu wahren", sondern durch Forcierung der Trocknung nach reichen und Abdrosseiung der Trocknung nach armen Erntejahrcn, durch Ausdehnung der Kanoffel- flockenfabriken auf eine Kapazität von mindestens 3 Millionen Tonnen unter rücksichtsloser Förderung billigster Trocknungsmethoden und Stillegung veralteter teuer produzierender Flockenfabriken, serner durch großzügig« Trockenkartoffellagerung nicht für einige Monat«, sondern für ein oder etoentuell mehrere Jahre aus die Kartoffelpreise stabilisierend einzuwirken. Einem solchen Unternehmen wäre nicht nur die Unterstützung der Landwirtschaft, sondern auch aller sonstigen an der Entwicklung der Landwirffchaft interessierten Wirtschaftskreise und politischen Parteien gewiß. Rlihbrauch öffentlicher Mittel. Einem fortschritt-hemmenden Unternehmen mit rein privat- wirffchastlichen Zwecken, wie der eben geschilderten Kartoffelflockenzentrale, muß jedoch das größte Mißtrauen entgegetige- bracht werden. Ganz besonders dann,'wenn dieser rein privatwirk- schaftliche Nutzen nicht mit privatwirtschaftlichen Mitteln, sondern mit Hilfe öffentlicher Kredite erzielt werdsn soll, die durch Staatszuschüsse verbilligt und an die Getreidehandelszesellschaft weitergegeben werden sollen. Die Kartoffelflockenzentrale scheint auch daran interessiert zu sein, daß die im Notprogramm für Kartofseltrocknung vorgesehenen Gelder durch sie verwendet werden. Sowohl die Verwendung der öffentlichen Gelder der Getreide- Handelsgesellschaft als auch noch mehr des Notprogromms für die Zwecke der Kartoffelflockenzentrale, stellen jedoch einen ausge- sprochenen Mißbrauch dieser öffentlichen Mittel dar, gegen den aufs schärfste protestiert werden muß. Schiele weiß immer noch nicht— Der Reichsausschuß zur Durchführung des landwirtschaftlichen Notprogramms hat nach der Entgegennahme des Berichtes der alten Reichsregierung über die Förderung des Absatzes von Schlachtvieh und Fleisch und nach einer scharfen Kritik an den für den Landwirt zu hohen Zinslasten für die vor einigen Wochen abgeschlossene 100- Millionen-Landesbankenanleihe sich aufgelöst. Der verflossene Reichs- ernährungsminister Schiele ist bis zum letzten Augenblick seiner Amtsführung sich treu geblieben. Er hat erklärt, daß er auch jetzt noch nicht in der Lage sei über die Verwendung der 25 Millionen Reichsmittel, die zur Rationalisierung des Genossenschaftswesens ausgeworfen werden, zu berichten, weil die Verhandlungeti zwischen den Genossenschaften noch nicht abgeschlossen seien. Es scheint in der Tat so, als ob kräftigere Hände als die deutsch natio- naler Minister und ihrer bureaukratischen Helfershelfer die Rationalisierung der Genossenschaften in die Hand nehmen müssen.
Preußen dieni Wirischast und Volk. Zur Einweihung der Kali-llmschlagstelle in Harburg . Es gehört zu den Traditionen der deutschen Unternehmer, zu glauben, daß sozialdemokratisch geführte Regierungen nur wirt- schaftsfei*dliche Politik machen können und daß der Staat zur Wirtschaftsführung unfähig sei. Die preußisch« Regierung hat die deutschen Unternehmeer wieder eines anderen belehrt. Sie hat außerordentlich schnell, mit vollem Erfolg, für die Export- intcressen der deutschen Kaliindustrie eine Großtat vollbracht. Nach anderthalbjähriger Bauzeit hat das Preußische Han- delsministerium dem Aufsichtsratsvorsitzenden des Deutschen Kalisyndikats, Dr. Körte, den Schlüssel zu einer vom preußischen Staat finanzierten, im neu erschlossenen Gelände des Harburger Hafens neu errichteten Zentralkaliumschlagsstell« überreicht, die der deutschen Kaliinduistrie kaum zu überschätzende Lagerverluste erspart, die Kaliqualität erheblich verbessert, dadurch die Konkurrenzfähig- keit erhöht und nicht nur den gesamten Kaliexport über Hamburg zusammenfaßt, sondern auch die Umschlags- und Verfrachtungs- kosten erheblich senkt. Die Vertreter des Deuffchen Kalisyndikats waren gezwungen, anzuerkennen, daß hier schnelle und mustergültig« Arbeft geleistet worden ist, unter teilweis« revolutionierenden tech- nischen Neuerungen bei der Ein- und Auslagerung der vorläufig bis zu 100 000 Tonnen In Harburg zu lagernden Kalimossen, und für die Oeffentlichkeit glauben wir hinzufügen zu können, daß die Kalitransport GmbH., die dfn Export leitende Tochtergeselljchojt des
Kalffyndikats, mit den an P-.-uben zu zahlenden Pachten ein gutes Geschäft machen wird. Die deutsche Oeffentlichkeit wird das neue Denkmal, daß die Preußenregierung für den Staat als Unter- n e h m e r in den Harburger Hafenanlagen errichtet hat, nie über- sehen. Genosse Lüdemann, der Regierungspräsident von Lüne- bürg, hat den bei der Einweihung anwesenden Unternehmern, Be- Hörden und Vertretern der Presse deutlich gesagt, wie diese wirt- schaftsfördernde Tätigkeft des preußischen Staates verstanden sein will. Wenn statt wie bisher 1000 bis 1200 in der Zu- kunft nur mehr 50 bis 100 Arbeiter und Angestellte mit dem Um- schlag der zu exportierenden Kalimossen beschäftigt sein werden, so sei dieser der Privatwirtschaft zugute kommende Rationalisie- rungsakt, der aus öffentlichen Mitteln finanziert sei, ein Beispiel dafür, daß das neue Preußen mit derselben Entschiedenheit wie für das Privatkapital, auch für die von solcher Rationalisierung be- trosfenen Arbeiter zu sorgen habe. In Harburg sei gezeigt, daß Wirtschaft und Verwaltung keine Gegensätze zu sein brauchen, daß aber das neue Preußen das alte in der Förderung der gesamtwirtschaftlichen Interessen, zu denen die sozialwirt schastlichen gehören wie die privatwirtschaftlichen, übertreffen wol! und müsse. Sehr klar und prägnant kam der schöpferische Wirt- f ch a f t s w i l l e des neuen Preußen in der Rede des Staatsßekn- tärs im Preußiichen Handelsministerium zum Ausdruck, die d vielumstritten« Preuhenpolttil an der Wasserkante, besonders v