Nur kurze Tagung des Landtags. Am Donnerstag Vertagung bis 10. Juli. — Vorher Miß- traveasanträge. Anschloß Wolbecks, Klaggenfrage. Dem Landtag liegen drelItitztrauensantrSge vor. zwei Anträge gegen das Gesamttabinett, die von den Kommunisten und von den Deutschnotionalen eingebrocht vordsn sind, und ein non den Deutschnatianalen eingebrachter Sondermißtravensantrag gegen den Kultusminister Becker. Zur Abstimmung«erden nur zwei Anträge gebracht«erden, nämlich der kommunistisch« gegen da« Gesamtkabinett und der deutschnational« gegen de» Kultusminister Becker. Ueber den kommunistischen Antrag wird, da er als erster eingebracht wurde, auch an erster Steve abgestimmt »erden: damit erledigt sich der deutschnationale Antrag gegen das Kabinett. Der Asltestenrat beschloß, in« Ausschüsse in der alten Stärke bestehen zu lassen. Ferner wurde die Reihen« folge festgesetzt, in der die Fraktionen Anspruch auf die Aemter d«s Ausschußvarsitzenden haben. Bor der Abstimmung über die Miß. trauensooten sollen ein« Reihe von Dorlagen zur Beratung komme.,, so der Staatsvertrag mit Waldeck und die Flaggennotver- ordnungen. Am Donnerstag wird sich dann voraussichtlich der Landtag bis zum 10. Juli vertagen. Den, Gesetzentwurf über die Bereinigung WaldecksmitPreußen ist der mit Waldeck abgeschlossen« Staotsvertrag beigefügt. In der Begründung weist das Staatsministerium aus di« nicht unerheblichen Lasten hin, die sich aus dem Staatsoertrag und dem Schlußprotokoll für Preußen ergeben. Trotz dieser Lasten und trotz dem Wegfall einer eigenen preußischen Stimme im Reichsrat glaubt sich das Staatsministerium für die Genehmigung einsetzen zu sollen, da diesem ersten Anschluß eine» Landes an Preußen nach der Staats- un, wälzung besondere politische Bedeutung bei- zumessen sei. Die zur Durchführung des Staatsvertroges erforder- lichen Mittel werden im Haushaltsplan 1029 angefordert werden.
Oer Erfolg der Landbundhche.
Eliernbeiraiswahlen in Leipzig . Sieg der wettlichen Schule. Leipzig . U. Juni.(Eigenbericht.) Bei tat Sltarnbeieatswahlen am Sonntag erzielten: Ehristliche Elternverelne«. �. ZI 085 Stimmen, 294 Sitze Weltliche ElternrSt«(SPD .) 21 4«3. 200. Proletarische Elternräte(KPD .). 6 252. 73. Mithin besteht ein« Mehrheit von 372 weltlichen Vertretern gegen 204 christliche Vertreter. Bemerkenswert ist„eben einer zurückgegangenen Wahlbeteiligung, die nur 60 Proz. betrug(im Barjahre 70 Proz.) und auf die kurz vorhergegangene Reichstags- wahl wesentlich zurückzuführen ist. der S t i m m e n r ü ck g a n g der Chri st lichen. Der Anteil der christlichen Stimmen an der Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen betrug noch im Jahre 1024 52 Proz. Bei der jetzigen Wahl betrug er nur knapp 44 Proz. An 30 von 56 Schule« bestehen nun weltliche Mehrheiten._ Cm Jubiläum und ein Malheur. Die ehemaligen Angehörige« des 1. Garderegiments feierten über Wochenend in Potsdam da« 240, ährige Jubiläum de» Regiments. Man kann dies« Kriegervereine, die naturgemäß stark von ihren monarchistischen Erinnerungen leben, ihre Feste feiern lassen, wie sie fallen, solange sie nicht di« Geschmacklosigkeit begehen. die Reichewehr zu politischen Zwecken zu mißbrauchen. Di« Koier der ehemaligen Angehörigen des Leib-Sarde- chusoren-Regiments acht Tag« vorher hatte durchaus da» Gesicht«wer gegen die Republik gerichteten monarchistischen Demon- stroiio«, und nach einem Bericht der Jst reu z- Z«i tung" folltesich riire Abteilung des Potsdamer Reiterregiments an einem Teil der Feier beteiligt haben. Da» war aufs schärfst« zu tadeln. Das Reichs- mehrmimsterium hat inzwischen die„Kreuz-Zeitung " Lügen gestrast, indem es darauf hinwies, daß das Reiterregiment sich in den frag- lichen Tagen gor nicht in Potsdam befand. Die Feier desl. Garderegimentsist nach dem Bericht der .Lreuz-Zeiwng"— dem Reichswehrministenum wird diesmal das Den�nti erspart bleiben— ohne Zwischenfall verlaufen, und man brauchte sich nicht mit ihr zu befchättigen, wenn nicht das Blatt des Grafen Westarp dem Hofprediger Dr. Bogel bei seiner Ansprache mährend des Fetdgottesdienstes ein Wort in den Mund legte, dos der Rochwelt erhalten bleiben muß. Es lautet: .Unsere Ehre ist zerschlagen! Aber mag es auch noch so au». sichtslo» erscheinen, so glauben und bekennen wir uns doch zu dem asten Alliierten von Fehrbellin , Hohensrtedberg, Qeuthen, Katzbach und Leipzig . Es gilt, hilf dir selbst, dann Hilst dir Gott ." Der alte Alliierte von Fehrbellin wird über die Skepsis seine« Hofprediger, nicht wenig erbost sein. Oder zieht« auch Dr. Bogel vor, da» Blatt de» Grafen Lügen zu strafen?
Keug und Leu. Mvalitäi zwischeu den Eroberen» von Peking . Peking . 11. Juni. General Feng hat entgegen seinem Abkommen mit Gene- neral Jensischon die Regierungsgebäud«. die Bonken, die Post und da» Gebäude des Präsidenten der Republik besetzt. Dadurch beherrscht General Feng die Stadt Peking . Jensischon droht, seine Truppen aus Peking zurückzuziehen, wenn die Nankingregierung General Feng nicht Befehl gibt, die besetzten Gebäude zu räumen. Vierfacher Mord! Die Tat eines Verzweifelten. Magdeburg , tt. Zani. 3a tan Dorfe Osterweddingen bei Magdeburg tötete heute der 41jährige Feuerwehrmann Karl Schwan die Sricgerwitwc Eichwauu. bei der er seit 1010 wohnte, ferner deren 1 4 j S h r i g e Tochter. Seine beide« eigene« Sin- der. e« töjährlge» Mädchen und«inen jrjährigen Sohn verwundete er schwer. Sie sind zwar lebend los Kranken- hau» nach Magdeburg gebracht worden, doch besteht keine Hoffnung. sie am Leb« zu erhalte». Der Täter wurde im Stall der Jtaa Eichmann erhängt aufgefonde«. Auf einem hinterlassenen Zettel erklärte der Mörder. baß er dt« Tat an, Derzwelflvng begeh«,«erde. Der Täler. der mit der Fron Eichmona in Uv stieben lebte, ist als jähzornig bekannt. Er kam in angetrunkenem Zustande noch Hanfe und man glaubt, daß er sich dann zu der Tat hinreißen ließ.
Oer Schuß ist hinten hinaus gegangen!
Die Opposition im Landtag. Parteienaufmarsch zur Regierungserttärung.
J«, Landtag «röfsnete gestern Abg. Herold(Z.) die allgemeine Aussprache über die Regierungserklärmig mit folgender Erklärung der Kootitionsparteien: Die dtui koalierten Parteien billigen die Erklärung, die am 0. Juni d. I. durch den Herrn Mmisterpräsidenten Dr. Braun namens des Staatsministeriums abgegeben worden ist. Sie stimmen den Richtlinien der Regierung zu, die auf die soziale und kulturelle Hebung der breiten Volkskreise und die För- derung der Wirtschaft hinzielen: sie hoffen mit dem Staatsnüniste-- rmm auf eine gedeihliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit tan Landtag . Sie sind insbestmder« avch ihrerseits bereit, z« ge- gebener Zeit in ein« Beratung über die Erweiterung der Regierungsbasi» unter den vom Staatsministerium dafür angegebenen Aoraussetzungen einzutreten. Abg.«. Mnterfelß lDnot.) betont, daß nach der Verfassung der Landtag den Minister- Präsidenten zu wählen hat. Danach hätte di« Regieruu, .zurücktreten müssen.(Sehr wahr! bei den Dnat.) Em Irrtum sei es, daß die Wähler der Regierung ihr Vertrauen ausgesprochen hätten. 0 150 000 Wähler hätten für die Rogienmgsparteien gestimmt, aber 9 650 000 für die anderen Parteien.(Hört, hört! bei den Dnat.) Die Landtogsmehrheit der Regierunqskoalition sei nur auf den Ausfall der für Splitterparteien abgege- benen Stimmen zurückzuführen. Die Vcrbreitimq der kurz vor den Wahlen abgegebenen Regierungserklämng mit Hilse von Steuermitteln sei nichts anderes als amtliche Wahlbeein- s l u s s u n g gewesen.(Sehr richtig! bei den Dnat.) Warum de- kämpfte diese Regierung denn die Farben S ch w a rz w e i ß r o t? An Schwarzrotgold hätten doch höchstens die paar Demokraten ein Interesse: die Sozialdemokraten wallten doch ihre rote Fahne hoben.(Große Unruhe links.) Wir sprechen dieser Regierung unser Mißtrauen au»!(Lebhafter Beifall bei den Dnat. und Händeklatschen, das vom Präs. Bartels gerügt wird: Zischen links.) Abg. Pieck(Komm.): Mit Recht hat der Vorredner hervorgehoben (Aha!>Ruf« bei den Soz.), daß der Wahlausfall kein Vertrauens- votum für die Regierung ist Di« Mehrheit der Regien, ng»- koalition ist nur aus den ungehenren Linksruck der Wähler- massen zurückzuführen, die den bürgerlichen Parteien davon» laufen, wovon heute noch allerdings di« Sozialdemokratie den Hauptgewinn gehabt hat. Aber die Radikalisierung der Werktätigen durch die Politik des Schwerkapitols und der Truste macht Fortschritte, sie wird über die Sozialdemokratie hinweggehen, meik diese die schwerkapitalisiische Politik überhaupt erst ermöglicht. (Sehr wahr! bei den Komm.) Für die Kommuni st en sei eine Regierungsgemeinschaft mit den Sozial- demokraten undenkbar, solange die Sozioldemokrotie zur Grundloge ihrer Politik die Erhaltung de» kapitMtischen Staat«« mache. Schärfer noch al» den Sozialdemokraten gelte der tommu- nistische Kampf den Rechtsparteien.(Händeklatschen bei den Komm.) Abg. Cichhaff sv.pp.) erklärt, seine Freunde seien der Meinung, daß der Berfassung gemäß ein« Neuwahl des Ministerpräsidenten notwendig wäre. In dem Ausfall der Wahlen könne die Volkspartei eine Vertrau enskundgebun� für die heutig« Regierung nicht erblicken. Die Bolkspart«, könne dieser Regieruno ihr Der- trauen nicht aussprechen. Wörtlich fuhr Abg. Eichhoff dann fort:„W,r haben immer auf dem Standpunkte gestanden. daß im Reich und in Preußen ,m Interesse einer reibungslosen Zusammenarbeit gleichartige Regierunge« zu bilden sind. Auch an dieser Stellungnahme hallen wir gerade heute fest. Die Erttärungen de» Herrn Ministerpräsidenten über feine künftige Politik sind derart allgemein gesaßt, daß ihr« politi- (che Wertung nur von ihrer praktischen Ausführung ab- höngig gemacht«erde« kann. Mit der praktischen Ausführung ähn- sicher früherer Erklärungen des Herrn Ministerpräsidenten sind wir. wie die Regierung und das Hau» wissen, in der Vergangenheit pieisach nicht einverstanden gewesen. Zu einer eingehenderen Stellungnahme zu de» Erklärungen des Ministerpräsidenten liegt im Augenblick ein Anlaß für uns nicht vor." Abg. Vieftex(D.Hannov. P.)«klärt, di« Deutschchannov«, sche Partei spreche der gegenwärtigen Regierung da« schärfste Mß- trauen au». Abg. Laden dorff(Mrtfchaftspt.) Der Ausgang der Wahlen ist kcinesmeq« eine Bertrauenskund- gsbung für die Weimarer Koalition gewesen: man müsse auch die schweren Verluste des Zentrums und der Demo» k raten berücksichtigen. Mit der Rogierungsvolitik diestr Koalition seien nur di« Geschäfte der Sozialdemokraten auf Kosten de» Zemrums und der Demokraten besorgt worden. Dk
Wirtschojtspaetei könne, der jetzigen Regierung ihr Der- trauen nicht aussprechen. Abg. Sude(Nat.-Soz.): Die Nationlsozialisten werden für den deutschnationalen Mißtrauensantrag stimmen, aber auch für den der Kommunisten. Abg. Haas(Soz.): Als Herr von Wintsrseldt von der Unehrlichkeit der Regierungs- Politik sprach, war ich versucht, seine Kritik auf die Bürgerblock- regierung im Reich« und die Stellung der Deutschnationalen zur Frage de» Republikschutzgesetzes, zur Aufwertung und zur Außen- potittk zu beziehen. Die Berufung der Deutschnationalen aus den lebendigen Geist de» Christentum» ist gänzlich ummge'.'rochl. Wer wie sie gegen die Berteilm, g der Steuerlasten nach der wlrtschastlichen LeifiunzssShigkeit. jede« Zollabbau und damit für die per- «eueruug der cebensmiltel der Aermften ist. verrät wenige. christlichen Gast. 3n unserem Programm fleht nichts vom Christentum: doch beweisen unsere Taten auf sozialpolitischem Gebiete, daß wir mehr von ihm in uns haben, als die. die sich immer auf da» Christentum berufen.(Sehr wahr! link») Im übrigen scheint da« Verlangen der Deutschnationalen gegenüber 1025, unter allen Umständen in die preußische Regierung hinein- zukommen, durch den Wahlausfall merkwürdig gedämpft zu sein. Allerding» bemüht sich auf der anderen Seite Herr Pieck mit seinem Mißtrauensvotum, für die Deutschnationalen di« Kastanien au» dem Feuer zu holen. Es ist richtig, daß auch di« Kommunisten an Stimmenzahl gewonnen haben, und die„Rote Fahne" schrieb unmittelbar nach dem Wahlkampf, daß nicht Worte und Agitation allein, sondern auch Taten nunmehr für die Kommunisten zeugen müßten. Soäter hat allerdings Herr Eberlein das Gegenteil davon bekundet. Und Herr Pieck hat heilte ausdrücklich am Schlüsse seiner Rede erklärt, daß den Gewerkschaften und der Sozioldemokrotie verschärfter Kampf gebühre. Noch schärfer sollen allerdings die Rechtsparteien angefaßt werden. Wir bekennen, daß wir im alten Landtag und im Wahlkamps davon nichts gespürt haben. Da ging der Kampf ausschließlich gegen die Sozialdemo- k r a t i e und der sofort von den Kommunisten ein- gebrachte Mißtrauensantrag gegen die Staatsregierung zeigt, daß das auch in Zukunft so bleiben soll. Herr Gchwenck von den Kommunisten wird allerdings als neugewählter Präsident des Landtages Gelegenheit zu praktischer Mitarbeit haben. Die Bolkspartei steht nach ihrer heutigen Erklärung der Regierung immer nach mißtrauisch gegenüber: gleichwohl will sie der Regierung das Vertrauen nicht absprechen. Die Regierungserklärung hat der Bolkspartei zur BUlorbeit die Tür geoffnel. Wir verlangen indes, daß der Einfluß der Sozialdemokratie sich nach Bloßgabe des Wahlergebnisse» durch- fetzt, gleichgültig wie die Regierung der Zukunft aussieht. Trotz allen Geschreies über sozialdemokratisch« Futterkrippenposilik hat die Sozialdemokratie im Wahlkampf den größten Erfolg gehabt. Die Republik gehört den Republikanern. Wir lassen keinen Zweifel darüber: Mehr noch als bisher müsse» Arbeiter in die maßgebenden Posten de» Staate, hineinkommen. Hier ist da» Unrecht de» alle« Staates gegenüber der Arbeiterschaft wieder gutzumachen. Wir erwarten auch, zehn Jahre nach der Revolutinv, nunmehr die baldige Verabschiedung einer neuen Städte- und Landgemeindeordming, die stch von der allen allerdings durch«inen «esenttich fortschrittlicheren Inhalt unterscheiden muß.(Sehr wahr! bei den Soz.) Di« Wahlen haben durch dos Anwachsen der Arbeiterparteien sehr deutlich die Stimmung gegen die kapitalistische Ausbeutung»- Wirtschaft aufgezeigt. Die Konsequenzen können nur sozial« Taten und die Heranziehung der Arbeiterschaft zu den öffentlichen Aemtern tri größerem Umfang als bisher fein. In diesem Bestreben wird die Regierung die Unterstützung der erheblich verstärkte« sozial- demokratischen Fraktion finden.(Lebhafter Beifall bei den Soz,) Abg. Dr. Lauscher(Ztr.): Hchte der Rechenschaftsbericht, der Staqtsregierung wirklich nichts Positives entHallen, dann ist es verwunderlich, daß die deutsch- nationale Presse ihn ihre« Lesern ängstlich verschwiegen hat. Der Erfolg der Wirtschaftspartei ist lediglich auf ihre skrupellose Agitationspraxis ,u setzen, di- frei pon jedem B«. antwvrtlichkeitsgesühl ist. Es mich unsere Aufgab, sein, nicht mehr der verlorenen Vergangenheit nachzutrauern, sondern darüber zu sprechen, was in Zukunft ,u tun ist. insbesondere auf den, Gebiete des Hohnungswesens. Der Redner setzt sich sodom, für die wirt- schaftliche Hebung der gefährdeten Grenzgebiete ein. Hieraus wird die Besprechung abgebrochen und auf Dienstag, dem 12. Inn !. 12 Uhr, vertagt. � Auj der Tagesordnung stehen außerdem»uug« tUümt Säctiatm.