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Rr. 283 45. Jahrgang

3. Beilage des Vorwärts

Kontinente im Wirtschaftskampf.

Weltwirtschaftliche Umschau.

In der letzter Zeit ist auf wichtigen Gebieten eine Zusammen­flußbemegung des amerikanischen   und englischen Kapitals erkennbar geworden, die um so auffallender ist, weil sie gegen Kontinental Europa   gerichtet ist. Vor furzer Zeit war es noch wesentlich anders. Die monopolistische Gummi und Zinnpolitit Englands begegnete unter der Führung des Bräsidents haftskandidaten Hoover der schärfsten Abwehr Ameritas. Hier ist nun eine große Wendung eingetreten. England hat das Stephenson- System für die Beschränkung der Gummierzeugung auf­gegeben, und auch in der Zinnpolitik fand es sich zum Zusammen

gehen mit dem amerikanischen   Kapital bezeit; die bolivianischen Zinnvorkommen, die bisher einer englischen Kapitalgruppe ange­hörten, werden fünftighin unter Teilnahme des amerikanischen  Kapitals ausgebeutet, wodurch das amerikanische Kapital, ment auch in beschränktem Umfang, einen direkten Einfluß auf den 3inn martt ausüben fann. Auch auf dem Gebiet der finanzfapita listischen Zusammenarbeit trat eine Wendung ein. Während die 1921 gegründete englisch  - amerikanische International Acceptance Bant, die 1924 gegründete United States   and Foreign Securities Corporation, die 1925 gegründete American and Continental Cor­poration hauptsächlich der Kreditgewährung an die tontinen­tal europäische, vornehmlich an die deutshe Industrie dien ten, hat die jüngst entstandene

Britisch- Amerikanische Finanzierungsgesellschaft

einen gänzlich anderen Charakter. Diese Gesellschaft wurde vom Borsitzenden des englischen Chemietrusts, Sir Alfred Mond  , gegründet. In ihrer Leitung befinden sich die Führer de: größten amerikanischen   Unternehmungen, der General Motors  == Gesellschaft, des Bethlehem  "-Eisentrusts, des Chemietrusts Du Bont, der Großbant Chase National Bank usw. Das Aktienkapital beträgt zwar nur" zwei Millionen Pfund Sterling, hinter der Gesellschaft stehet aber schier unermeßliche Kapitalkräfte. Man spricht von der Aufbringung von nötigenfalls bis zu 500 Millionen Pfund oder 10 milliarden Mark.

Diese Finanzierungsgesellschaft ist nun nicht zu dem 3med ge­gründet, Aktien zu Anlagezmeden zu kaufen oder Kredite an be­stehende Industrien zu gewähren, sondern neue Unternehmungen zu gründen und bestehende Unternehmungen bzw. ganze Industrie­zweige zu rationalisieren. Nachher sollen dann die im Besiz d Finanzierungsgesellschaft befindlichen Aktien verkauft und der Er­lös für die Gründung bzw. Reorganisierung anderer Unterneh­mungen verwendet werden. Das Wichtigste aber: diese mähtige Gesellschaft soll ihre Tätigkeit auf die Vereinigten Staaten und England bzw. auf die von ihnen abhängigen Gebiete be= schränken.

Der Eisenkrieg gegen Kontinental- Europa  .

Mr. Schwab, dem Präsidenten des amerikanischen   Bethle­hem- Trusts und einer der Gründer dieser Gesellschaft fällt die von Sir Alfred Mond   in den Vordergrund gestellte Aufgabe zu, die englishe Eisenindustrie mit amerikanischer Kapitalhilfe zu reorganisieren. Bekanntlich ist die englische   Eisen- und Stahlindustrie technisch start zurückgeblieben und arbeitet seit Jahr und Tag mit hohen Verlusten. Der Anschluß der englischen   Eisen- und Stahlindustrie an die europäische   Rohstahl­gemeinschaft fonnte nicht zustandekommen, weil er stets an dem Problem der Belieferung der englischen Dominions und Kolonien scheiterte. Der englisch  - amerikanische Zusammenschluß hat nun den Anschluß gänzlich vereitelt.

An dessen Stelle foll jetzt eine amerikanisch  - englische Eisenfront treten. Angeblich wurde bereits eine englisch- amerikanische Ber ständigung für die überseeischen Absatzgebiete bei dem jüngst er: folgten Besuch der amerikanischen   Eiſenindustriellen erreicht. Auch wird die Errichtung neuer Eisenwerte durch das amerika­ nisch  - englische Kapital geplant.

Die englische Eisenindustrie kämpft seit langem für die Ein­führung von Eisenzöllen. Diese Bewegung hat durch die amerika­ nische   Beteiligung einen mächtigen Antrieb erhalten. Insbesondere macht der amerikanische   Trustpräsident Schwab eine energis he Pro­pagaida für die Einführung von Schutzöllen gegen die Eiseneinfuhr der fontinentalen Stahlpattiländer. Mit den Gewinnen, die de Schutzzoll den Engländern im Inlandges häft bringen würde, tönn ten sie nach Schwabs Ansicht neue Märkte im Ausland erobern, sobald Englands Eisenindustrie rationalisiert ist.

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Gonntag, 17. Juni 1928

Ruhrgas und Gaarfohle.

Will der preußische Handelsminister den Ruhrzechen die Gaarinteressen opfern?

amerikanischen Beziehungen stehen in engem Zusammenhang. Solche Beziehungen bestanden schon früher dadurch, daß ein Glied des englischen Chemietrusts, der Nobel- Konzern, mit dem größten amerikanischen   Chemietrust Du Pont   auf dem Gebiet der Spreng­stoffversorgung in engster Verbindung stand, das zweite Glied des englischen Chemietrusts die Brunner und Mond Co. aber mit dem zweitgrößten amerikanischen   Chemietrust, Bereinigte Chemische Werke( Allied Chemical), dessen Jahresgewinne 100 Millionen Mart übersteigen. In letzter Zeit ist zwischen den beiden amerikanischen   Chemietrusts eine Annäherung zustande geschließen. Der preußische Vertreter habe darauf hingewiesen, daß tommen: Du Pont   erwarb größere Posten Aktien von Allied Chemical.

Die wichtigsten gemeinsamen Interessen liegen aber auf dem Gebiet der Farben und des Stidstoffs. Als Gegenmaßnahme gegenüber der deutsch  - französischen Farbenverständigung( 3. G. Farben- Ruhlmann) soll ein lebereinkommen zwischen den englisch  . amerikanischen Farbstoffinteressenten demnächst zustande kommen. Die Stickstoffproduktion des englischen Chemietrusts befindet sich noch in den Anfängen, obwohl die Werke in Billingham 1928 ihre Er­zeugung gegen 1924 verachtfachen werden. Die beiden amerikani­fchen Großtrusts stehen nun im Begriff, Stickstoffanlagen von größtem Umfang zu errichten: Du Pont   mit einem Rapital Don 140 Millionen Dollar für eine Produktion von 1,2 Millionen Tonnen Stidstoffdünger, Allied Chemical fogar für eine Jahreserzeugung von 1,5 Millionen Tonnen, was die gegen­wärtige Leistungsfähigkeit der deutschen   Leunawerke und der nor= wegischen Norst- Hydro- Gesellschaft übertreffen soll.

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Kunstöl­Auch auf dem Gebiet der Kohlenverflüssigung wird ein amerikanisch  - englisches Zusammenwirken mit der Spitze gegen Kontinental Europa   erwartet. Selbst in dem von Hoover geleiteten Kampf gegen das deutsch  - französische Kali­monopol ist der amerikanisch  - englischen Zusammenarbeit eine michtige Rolle zugedacht. Bekanntlich hat der englische   Chemietrust die großen Kalilager des Toten Meeres   in Palästina erworben und beabsichtigt deren Ausbeutung. Auch hier fann er wohl auf die energische Unterstüßung des amerikanischen   Kapitals rechnen.

Englisch  - amerikanische Elektrofombinationen.

Auch ohne Spige gegen die kontinental- europäische Industrie find wichtige kapitalistische Verflechtungen zwischen der amerikanischen  und englischen Industrie zustande gekommen. Die wichtigste betrifft die Elektrizitätsindustrie. Hier wurde die Gründung eines großen Elektrizitätstrusts mit maßgebender Beteiligung des amerikanischen  Kapitals in die Wege geleitet. Die britische Thomson houston Co. befand sich bereits früher einmal in amerikanischem Besitz; ein zweiter Elektrizitätskonzern, Metropolitan Vickers   Co. wurde fürzlich von dem amerikanischen   Großtrust General Electric  Gesellschaft ermorben; die beiden follen nun fufioniert werden. Ein dritter, bisher rein englischer Trust, English Electric Co., soll sich demnächst dem neuen Trust anschließen. Die treibende Kraft hinter dieser Bewegung ist der Vertrauensmann des amerikanischen  Kapitals Frank Doder, der zur wichtigsten Persönlichkeit in der eng­lischen Elektrizitätsindustrie geworden ist. Dem neuen Trust wird der rein englische Hirst Konzern, das größte elektrotechnische Unternehmen Englands, gegenüberstehen. Das amerikanische  Kapital versucht nun auch diesen Konzern in den zu schaffenden Elektrizitätstruft hineinzubeziehen; die seit längerer Zeit geführten Verhandlungen führten bisher noch zu feinem Erfolg. Starte englisch  - amerikanische Kapitalverflechtungen bestehen über den

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schwedischen Kreuger- Trust,

von dem der ,, Vorwärts" in den letzten Tagen ausführlich berichten mußte, zustande gekommen. In der mit dem Kreuger- Trust auch schon verbundenen schwedischen Elektro- Lur- Gesellschaft hat das englisch  - amerikanische Kapital eine Erhöhung des Aktienkapitals um 54 Millionen Kronen durchgeführt.

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In der Schallplattenindustrie ist der größte amerikanische   Schall­plattentrust Victor Talking Machine 50 Millionen Dollar Ka­pital mit dem größten englischen   Grammophontrust Columbia", pital mit dem größten englischen   Grammophontrust Columbia", der auch den deutschen Grammophontonzern Karl Lind ström 2. G. beherrscht, in eine enge tapitalmäßige Ber­A. bindung getreten. Im Nachrichtenwesen sind in letzter Zeit zwei mächtige Weltfrufts für Radio und Kabel, ein englischer unter Führung der Marconi  - Gesellschaft mit einem Aktienkapital von 53 Millionen Pfund Sterling und ein amerikanischer mit einem Kapital von 300 Millionen Dollar, zustande gekommen. Sie stehen porläufig noch als Konkurrenten einander gegenüber, doch rechnet man auch auf diesem Gebiet mit einer Berständigung.

Ein englisch  - amerikanisches Chemiebündnis. Bor furzem hat die Generalversammlung des englischen Chemietrusts, der bekanntlich unter Leitung von Sir Alfred Für Kontinental- Europa fönnen sich diese Zusammenschlüsse Mond durch Zusammenschluß der vier größten englischen Chemie- ebenso wie das oben geschilderte Zusammenwirten des englisch fonzerne entstand, stattgefunden. Bei dieser Gelegenheit machte Sir amerikanischen Rapitals insofern ungünstig auswirken, als fie die Alfred Mond   die Mitteilung, daß die Verständigung mit der Ronkurrenzverhältnisse auf dem Weltmarkt zu deutschen chemischen Industrie gescheitert sei. Dem| Europas   Ungunsten verschieben fönnten. Das berührt natürlich gegenüber betonte er mit Nachdrud die engen Berknüpfungen, die auch die Intereffen der europäischen   Arbeiterschaft auf das aller mit der ameritanischen chemischen Industrieden belgischen stärkste. Solvay   Konzern, der meitgehend unter amerikanischem Einfluß steht, entstanden sind. eingerechnet

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A. 5.

Der Großhandelsinder ist in der Woche vom 13. Juni um 0,3 Diese beiden Tatsachen, das Scheitern der Verständigung mit auf 141,2 Prozent zurüd gegangen. Agrarftoffe sind um 0,8, der deutschen   J. G. Farbenindustrie, das wahrscheinlich auch auf industrielle Rohstoffe und Halbwaren um 0,3 Proz. gesunken,

Wir erhalten aus Hessen   eine Mitteilung, die die Politik des preußischen Handelsministerium von neuem auch dann in einem sehr bedenklichen Licht erscheinen lassen, wenn diese Mitteilungen nicht absolut mit vollen hundert Prozent richtig sein sollten. Danach hat vor der ersten Aufsichtsratssitzung der Hekoga( Hessisch  - kommunale Gasversorgung) zwischen einem Vertreter des preußischen Handels­ministeriums und dem hessischen Ministerium eine Besprechung über die Ferngasinteressen des hessischen Staates stattgefunden. Bei dieser Besprechung soll der preußische Bertreter empfohlen haben, so schnell wie möglich mit der Ruhrgas A.-G. in Effen, der früheren A.-G. für Kohleverwertung, auf der von der Ruhr angebotenen Preisbafis einen Gaslieferungsvertrag zu jetzt bereits eine engere Verbindung zwischen dem Saargebiet und der Ruhrgas 2. G. hergestellt sei,(!) durch die die Ferngasintereffen der Saar  , die für die Zukunft der faarländischen Kohlenwirtschaft von größter Bedeutung find, Be­rücksichtigung fänden.

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Wir haben aus dem Saargebiet zuverlässige Mitteilungen dar­über, daß Berhandlungen mit der Ruhr noch zu feinerlei Er gebnis geführt haben. Wenn man schon darüber erstaunt sein darf, daß ein Vertreter des preußischen Handelsministeriums über­haupt in Darmstadt   Ratschläge für die Durchführung der hessischen Ferngaspolitik geben fann, wenn es trot unserer fürzlichen Ent­hüllungen möglich sein sollte, daß das preußische Handelsministeriume fich zugunsten der privaten Ruhrzechen in die Geschäfte der Ruhr­gas A.-G. weiterhin einmischt, so wäre es unfaßlich, daß Bertreter des preußischen Handelsministeriums, obwohl ihnen der Standpunkt der Ruhrzechen gegenüber dem Saargebiet bekannt ist, die Ruhrgas. geschäfte in Hessen   fördern und dabei die Saar interessen ant die Wand drücken lassen. Es dürfte fein Zweifel darüber sein, daß eine auf die Interessen des Saargebietes ernsthaft Rücksicht nehmende Verſtändigung mit den Ruhrzechen erst dann möglich ist, menn eine Verständigung des Saargebietes mit Hessen   vorangegan­gen ist. Wir müssen den preußischen Handelsminister, Herrn Dr. Schreiber, fragen, ob er von den Verhandlungen in Darmstadt  Kenntnis hat und ob er mit den dort gegebenen Anregungen

einverstanden ist.

Im übrigen scheint die Absicht der Ruhrzechen, die Hekoga durch die Gewährung des Selbstverbraucherrechtes an fich zuz fesseln, durchgeführt werden zu sollen. Das Mainzer   Gaswerk soll in die Hände der hessischen Dachgesellschaft übergehen und wahr­scheinlich der Träger dieses auf ungesetzliche Weise zu übertragenden Selbstverbraucherrechtes werden. Die Absicht der Ruhrzechen war bekanntlich, durch einen Proformavertrag die nach den Selbstver= braucherbestimmungen erforderliche Majorität nach außen auszu weisen, um auf diese Weise der Hekoga ein besonderes günstiges An­gebot für den zusätzlichen Ruhrgasbezug machen zu können. Für diese Zwecke scheint das günstig gelegene Mainzer   Werk in Aussicht genommen zu sein.

Die Arbeitslage in Brandenburg  . Schlechterer Baumarkt nach Vollendung alter Bauten.

Der Arbeitsmarkt in Brandenburg   blieb in der vergangener Woche im wesentlichen unverändert. Der Baumarkt zeigte ins­besondere für Berlin   infolge Fertigstellung der Bauten einen ab­geschwächten Beschäftigungsgrad für die betreffenden Berufe. Die Lage ist an anderen Orten günstiger. Gleichbleibend gut blieb der Beschäftigungsgrad für die Baustoffindustrie. Recht erheblich murde der Arbeitsmarkt in der Gesamtheit durch verstärkte Arbeitsa losigkeit in der Konfettions- und in der Schuhindu­strie belastet. Es darf erwartet werden, daß nach der mmmeh: erfolgten Bereitwilligkeit von größeren öffentlichen Mittein für den Wohnungsbau von der Stadtgemeinde Berlin   der Baumarkt in ab­sehbarer Zeit eine wesentliche Förderung erhalten wird und vorzugs weise mit dazu beitragen kann, die Schwankungen und Hemmunger des Arbeitsmarktes in der Gesamtheit auszugleichen.

Die Gesamtzahl der Unterstützung beziehenden Pera fonen betrug in der Berichtswoche 115 605( 115 063), davon ents fallen auf die Arbeitslosenunterstützung 99 155( 98 323), Krisenunter­stügung 16 450( 16 740).

Unklare Lage im Waggonbau. Bierfache Gewinne bei Rathgeber- München/ Stillegungen in Westdeutschland.

Bie schnell einige Baggonwerte die schmere Krise von 1925/26 überwunden haben, zeigt der Abschluß der Waggonfabrik Rath­geber A.-G. in München  . Das Unternehmen hat in dem am 30. April abgeschlossenen Geschäftsjahr 1927/28 seine Betriebsgewinne mit 830 000 m. um rund 50 Proz. steigern fönnen, während sich die Unkosten noch nicht um ein Drittel erhöhten. Aus dem um das Bierfache erhöhten Reingewinn von 246 000 m. wird seit vier Jahren wieder die erste Dividende von 7 Proz. ge zahlt. Der augenblickliche Auftragbestand sichert den Betrieben bis zum Oktober volle Beschäftigung und auch die weiteren Aussichten für die zweite Hälfte des Geschäftsjahres 1928/29 merben als günstig bezeichnet.

In scharfem Gegensatz hierzu steht die Meldung, daß in Wests

politische Gründe zurückzuführen ist, und der Ausbau der englischmährend industrielle Fertigwaren um 0,1 Broz. angezogen haben., deutschland   zwei Werke still gelegt werden sollen. So hat jetzt die

Wer

Preußengold wählt

als ein Kenner zählt

Edel- Cigarette

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