s,. Unterhaltung unö Wissen
Auf der Kuris Die Dünenwelt. Im Nordosten Deutschlands , zwischen Haff und See, liegt ein schmaler Landstreisen von erhabener Schönheit, die Kurische Nehrung . Sie ist ein Kind des Meeres und des Windes. Die Wellen haben Felsblöcke zerschlagen, die Bruchstück« aneinandergestoßen und ge- rieben, bis nichts von ihnen blieb als seinster Sand. Und dann trugen sie die Millionen und aber Millionen Sandtörnchen zu- saminen und häuften sie höher und höher in Jahrtausende longer Arbeit. Niemals rastend, niemals ermattend. Und als nun endlich die Sandbank über die Oberfläche des Meres hinausragte— wie ein Kind, das seiner Mutter über den Kopf gewachsen ist—, da setzte der Wind fort, was die Wogen begonnen hatten. Er türmte aus den geschliffenen, gelblichen Körnchen Berge auf von imposanter Größe, die Dünen. Sanft steigen sie von der Seeseite her an und fallen dann— manche aus einer Höhe von über 60 Metern— steil zum Haff ab. Sie haben einen Grat, so schmal und scharf wie eines Messers Schneide. Der Wanderer, der hier oben nordostwärts strebt, hat zu seiner Rechten das graugrüne Haff, von vielen weißen und rotbraunen Segeln belebt. In der Ferne sieht er noch die Rauchsahn« des Dampfers, der vor einer Stunde vorbeifuhr. Wendet er sich zur Linken, so schweift sein Blick über die Paststraße am Fuße der Düne, über den Kiefernwald hinter ihr bis auf die bläulich schimmernde So«. Wo der Wald fehlt, und an seiner Stelle«ine ebene Heide- fläche sich ausbreitet, ist von hier oben auch die niedrige, mit Strand- Hafer bepflanzte Seedüne zu sehen. Zwischen ihr und dem Nadel- wald liegt meist noch ein schmaler, mit Birken und Erlen bestandener Streifen. An manchen Stellen verbreitert er sich und ist dann von einem schier iinfmrchdritt glichen Dickicht bewachsen. Hier hausen die Elche, die letzten einer aussterbenden Rasse. Das herrlichste einer Nehrungswonderung aber bleibt die Dünen- weit. An einsamer Stelle dort zu liegen, nichts weiter zu sehen als gelben Sand ringsum und das blau« Himmelsgewölbe darüber und zu träumen, das ist ein Erlebnis, das nur die Feder eines Dichters zu schildern vermag. �ossiten. Das Dorf liegt an der breitesten Stelle der Nehrung. Der Weg, der durch schattigen Wald vom Haff.zur See führt, ist etwa drei Kilometer lang. Südlich von Rossitten hat die Gegend das Gepräge der Nehrungslandfchoft verloren, man sieht Wiesen und Felder. Nördlich von ihm aber setzt sich der unterbrochene Dünenzug wieder fort. Was der gelegentliche Besucher des Dorfes meist zuerst auf- sucht, ist die B o g e l w a r t e. Die Kurische Nehrung ist eine der .Hauptstraßen des Vogelzugs, dessen wissenschaftlicher Erforschung die Vogelwarte dient. Tausende von Tieren bissen sich im Spätsommer und Herbst auf der großen„Vogelwiese" zur Ruhe nieder. Ein Teil wird gefangen,„beringt"»ich dann wieder fliegen gelassen. Der Ring trägt die Inschrift:„Vogelwarte Rossitten , Germania ." Wird nun auf seinem weiteren Flug oder am Ueberwinterungsort der Vogel geschossen oder gefangen, und gerät der Ring in die Hände eines Menschen, der ihn nicht achtlos fortwirft, so erhält ihn die Vogel - warte in den meisten Fällen mit Angabe des Schußortes zurück- gesandt. Auf diese Weise gelingt es ollmählich, die Fluglinien unserer Zugvögel festzustellen. Es kommt oft vor, daß der Fremde in Rossitten sich eine ge- braten? Taube zur Mahlzeit bestellt, dagegen eine junge Krähe vor- gesetzt bekommt und es nickst einmal merkt. Denn diese Vögel mit der unangenehmen Stimme, die anderswo durchaus nicht geschätzt werden, erfreuen sich bei den Rossittenern großer Beliebtheit und werden von alt und jung gern gefangen und gegessen. Der Krähen- fang geht auf folgende Weise vor sich. Ein paar angebundene Lock- vögel sitzen am Boden. Neben ihnen, leicht mit Sand bedeckt, ein Netz, das sich durch einen raschen Handgriff ausbreiten läßt und dann einige Ouadratmeter überspannt. Im Gebüsch versteckt sitzen die Jäger. Zeigt sich ein Krähcnschworm in der Luft, so beginnen die gefesselten Tiere z» schreien. Ihre Genossen hören sie und sollen rund um sie her ein. Nun wird das Netz über die Krähen geschlagen, und was nicht darunter geraten ist, entflieht erschrocken. Einen der Gefangenen nach dem anderen holt mau dann hervor und drückt ihm mit den Zähnen den Schädel ein. Ansichtskarten mit der Auf- schrift„Krajcbietcrs" zeigen den Einwohner bei dieser appetitlichen Beschäftigung. Pillkoppen. Das Nein« Fischerdörfchen liegt etwa zehn Minuten seitab der Poststraße einsam verträumt an der Haffküste. Nicht immer haben die Pillkopper Fischer hier gewohnt. Im Anfange des 18. Jahr-
Seilage des Vorwärts
hen Nehrung. Hunderts noch lag ihre Siedlung an einer andern Stelle der Küste. Aber der wehende Sand, die Wanderdüne, hat sie von dort ver- trieben. Sie sahen den gelblich weißen Berg, einem gefräßigen Untier gleich, langsam auf ihre strohgedeckten Holzhäuschen zu- schleichen. Jedes Jahr kam er ein paar Meter näher. Und eines Tages wäre dann der feine Sand über die Türschwell« des Hauses gerieselt, das der Düne am nächsten lag. Er wäre höher und immer höher gestiegen, hältc zuerst die Fenster verdunkelt und schließlich das ganze Gebilde von Menschenhand verschlungen. Zwar sind die Dünen, die das heutige Dorf umranden, auch heute noch nackt und kahl: aber ein junger Kiefernwald an der Seeseitc, Hort hinter der Seedüne, verhindert ein weiteres Anwachsen der Sandmassen. Den größten Teil der Lebensmittel müssen sich die Bewohner Pillkoppens, wie die aller Nehrungsdörfer, vom Festland herüber- holen. Denn Getreide kann auf dem Sandboden nicht angebaut werden, und auch die Kartoffelernte liefert nur spärlichen Ertrag. An den Marttggen segeln dann die Nehrunger in stattlicher Flotte zu den Marktflecken des Festlandes, veräußern dort ihre Fische und kaufen ein, was sie brauchen. Auch das Heu für die Winter- süttcrung muß von den Niederungen jensens des Haffs geholt werdeii. Hoch beladen gleiten Ende August die großen Kähne heran. Infolge ihres Tiefganges können sie aber nicht bis an das flache Ufer gelangen, sondern müssen etwa hundert Meter draußen ankern. Dann fahren die Leiterwagen bis an die Achsen ins Wasser hinein, damit das Heu umgeladen und in die Scheune gebracht werden kann. Zur Winterszeit wird es hier noch einsamer, als es im Sommer schon ist. Solange das Eis noch nicht hält, find die Fischer an ihre Hütten gefesselt. Ist es aber fest, so bringen sie ihre Segelschlitten hinaus oder fahren mit Pserden über die glqtte, blanke Fläche, sei es zum Fischen, sei es zum Einkauf in die Fest- landsdörscr. Man sogt, daß sich der Nehtnnger schon dann aus? Eis wogt, wenn der darauf geworjene schwere Handschuh nicht durchbricht. Ist diese Behauptung auch übertrieben, so illustriert sie doch den Wagemut der Nehrungsbewohner. Die bei starkem Frost entstehenden Risse bilden für ihn kein Hindernis, wenn sie nicht ungewöhnlich breit sind. Spalten bis zu einem Meter nehmen die Pferde im Sprung und reißen den Schlitten hinter sich nach über den klaffenden Riß. Oft kommt es aber auch vor, daß Tiere e'mbrcchen. Dann gilt es, sie rasch loszuschirren und mit langen Stangen aufs feste Eis zu heben. Ein Mann allein kann das nicht schaffen, und bis er Hilfe herbeigeholt hat, sind die armen Geschöpfe meist längst erfroren. Von alledem erfährt der Sommergast nichts. Denn der Reh- runger ist wortkarg, und man mutz schon etliche Schnäpse oder steife Grogs mit ihm getrunken Kaben, bevor er aus sich heraus- geht und ins Erzählen kommt. Nidden . Wenn man auf der Nehrung die Poststraße entlang von Süden her gen Nidden wandert, so hat man währepd der letzten 10.Kilometer immer den Niddencr Leuchtturm vor sich. Er sst aus einer bewaldeten Düne erbaut und gewährt einen prächtigen Rundblick. Aber Nidden bietet dem Besucher auch noch andere Reize. Es ist der Badeort, der am meisten dos Gepräge der Nehrung zeigt: in dem von einer Steinmauer umfriedeten Hafen wie auch am übrigen Haffftrand die großen schweren Fischerkähn«, die zum Trocknen aufgehängten Netze, die sandige Straße, unmittelbar hinter dem langgestreckten Dorf der Kiefernwald und die Volkstracht d?r litauischen Frauen beim Kirchgang, weite, dicht plissiert« Röcke, weih« Blusen und bunte Kopftücher mit eingewebten farbigen Mustern. Rechnet man dazu noch die Annehmlichkeit der günstigen Dompser- verbindung und der llnterkunstsmüglichkeit, das Badcleben mit seinem fröhlichen Treiben, das man je nach Bedürjnis mitmachen oder fliehen kann, so erklärt es sich, daß gerade dieser Ort von Künstlern bevorzugt wird. Die Veranda des Gasthauses Hermann Blöde, das am Ende des Dorfes liegt, enthält eine reiche Somm- lung Bilder und Zeichnungen von Malern, die hier gewohnt haben. Bekannte Namen findet man darunter, z. B. Max Pechstein und Bischoff Eutin. Ob die Künstler lediglich aus Dank für den an- genehmen Aufenthalt diese Bilder ihrem Wirt verehrten oder ob sie einen Teil ihrer Zeche damit bezahlt haben, ist eine offene Frage. Doch nicht nur kunstverständige, sondern auch romantische Gemüter finden auf der Veranda hier ihr Genüge. Wenn des Nachts der Mondschein auf der stillen Wassersläch« ruht, von jenseits des Haffes die Leuchtfeuer von Windenburg und Kuwertshof herüber- blinken, dann mögen sie da sitzen, hinausschauen und an Lenau und Hein« denken. kalter Lange.
Die Verbrecherjagd. Von Trude(?. Schulz. Karl Wornke konnte man keine schlimmere Beleidigung zu- sägen, als ihn„Anstreicher" zu nennen. Er pflegte auf die Frage räch seinem Beruf schlicht und gelassen zu antworten:„Ich bin Maler." In seiner Freizeit pinselt« er mit der Leidenschaft eines Genies an Oelgemälden und Aquarellen. Doch der„künstlerische Lauch", der nach seiner Meinung über diesen Bildern lag, mußte beim Trocknen der Farben verdunsten. Jedenfalls hat kein anderer Sterblicher ihn je wahrgenommen. Man sieht aber, daß Karl Warnk« Ehrgeiz und Selbstgefühl besaß. Es schmerzte ihn tief, daß er als verkanntes Genie sich sein Brot damit verdienen mußte, Zimmer„auszumalen". Das war eine der Vokabeln, mit der sich Karl die Bitterkeit seines Daseins versüßt«, �in dem nordöstlichen Stadtviertel, in dem«r lobte und wirkte, gab es zwar keine Pruttkräume mit Wandgemälden zu schmücken, und Karl mutzte sich im allgemeinen damit begnügen, Fußböden mit brauner, Zimmerdecken mit weißer und Wände mit bunter Farbe zu überziehen. Auf die oberen Abschlußstreifen der Wände verwandt« er dann allerdings sehr viel Kunst und pinselte die schwierigsten Schablonen auf. Doch um diese Arbeit genügend würdigen zu können, hätten die Bewohner der Zimmer auf Lettern l?ben müssen. Dem, der nur schlicht aus dem Fußboden stand, fehlte die richtige Perspektive für diese Meisterwerke. Einmal zwar hatte Karl das Glück gelacht. Ihm war der Auf- trag zuteil geworden, die gute Stube des Milchmanns aus der Langen Straße mit rosenumrankten Schäferszenen zu dekorieren, und er entledigte sich seiner Aufgabe so vollendet, daß alle, die die Malerei bewundern durften, davon hingerissen waren. Aber schließlich mußten die Nußbaum-Muschel-Möbel doch wieder in �dem Raum untergebracht werden, und von den Schäfern und Schäferinnen blieben im günstigsten Falle nur noch zunehmende oder abnehmend« Viertel übrig. Durch den Trumeau und das Vertiko wurden zwei zärtliche Liebespärchen sogar vollständig verfinstert, und von ihrer Existenz zeugten nur noch Protuberanzen in Gestalt von stotternden Armen, Leinen und Bändern. Man kann es also der Frau des Milchmannes nicht einmal verdenken, wenn sie am Ende erklärte, daß die großen Kosten für diese Gemälde doch eigentlich umsonst aufgewendet seien und eine elegante Tapete mit Blumen- ranken ebensogut ihren Zweck erfüllt hätte. Karl blieb also«in verkanntes Genie. Eines Tages aber wurde durch die Tageszeitungen fein Name m Sperrdruck der Welt ver- kündet. Ein Blatt nannte ihn sogar„Herr Kunstmaler Warnke" imi> schilderte in zehn Zeilen zu je neunzehn Silben eingehend den scharfen Blick seines geübten Künstlerauges. Karl Warnke platzte beinahe vor Stolz, als er den Bericht las, und kaufte sich umgeh. ad einige Dutzend Mimmern der Ausgabe, so daß infolg« der über- raschenden Umsatzerhöhung die Heraiisgeber des Blättchens zu einer Auflagenerhöhung schritten, was ihren Bankerott wesentlich beschleunigte. Dies aber ist das Erlebnis, dos Karl zu feiner Berühmtheit verhalf:-- An einem Montag mittag im April trat Karl Warnke in das Geschäft seiner Frau. Denn da die Kunst selten reichlich klingenden Lohn abwirst, war auch Frau Warnke genötigt, ihr Schcrslein zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Es war. an dem Gesamt- cinkommen gemessen, sogar ein außerordentlich großes Scherflein. Aber Frau Warnke erwähnte dies« Tatsache nie, da sie in Wahrhett ein gutes Eheweib war. Sie verkauste Seife, Soda. Brennspiritus. Scheuerbürsten. Streichhölzer und ähnliches. Herr Warnk« hielt sich an den wohl- riechenden Teil ihrer Handelsartikel, der aus parfümierter Seife und einigen Flaschen Eou de Cviogne bestand, und sprach stets nur von dem„Parfümeriegeschäft" feiner Frau. In dieses Parfümeriegeschäft, in dem es immer pervers noch Petroleum roch, kam also, im sarbenbespritzten Malerkittel, der rnittaghungerige Karl. Ein junges Mädchen, das soeben ihren Ein- kauf beendet hatte, wandte sich zur Tür. Karl blickte in ein pikant geschnittenes blasses Gesicht, das von tieffchwarzem Haar umrahmt '""„gBer war denn das?" fragte er vorsichtig und möglichst wenig interessiert seine Frau, als die Schöne den Laden verlassen hatte. Frau Warnke überhörte die Frage. Sie polierte emsig an einem Silberstück und zeigte es dann ihrem Manne:„Sich mal, ein ganz neues Fünfmarlstück." Sie hatte für sehr blankes Silber eine kindliche Lorliche, die Karl sonst verspottet«. Doch— vielleichl. um seine augenblickliche Gedankensünde zu verheimlichen— diesmal nahm er dos Geldstück entgegen. Während er es scheinbar ver- stöndnisvoll bewundernd betrachtete, lächelt« ihm em schönes Mädchengesicht, überkrönt von schwarzem Haar, aus dem S-lber- alanz zu. Er starrte so lange daraus, bis sein« Frau sich schließlich nervös erkundigte:„Was ist denn mst dem Geld los? Es ist doch nicht etwa falsch?" Da wachte Karl aus seinen Träumen auf.„Nein," stottert« er. nein, es scheint doch nicht." Dabei drehte er das Geldstück wie prüfend in seiner Hand. Doch plötzlich wurde ihm mit Schrecken cifenbar, daß er«ine sogar ziemlich plumpe Fälschung vor sich hotte. es war überflüssig, daß er sich noch durch das bleierne Klappern auf der Tischplatte davon überzeugte. In den wenigen Sekunden war Karl bereits ein leidenschaftlicher Liebhaber der unbekannten Schönen geworden. Nun hatte seine Spannung ein Ventil gefunden. Aus feiner Enttäuschung und der Verlegenheit, die er seiner Frau gegenüber empfand, entstand ein wilder Zorn.„5ch fragt« dich schon einmal, wer das Mädchen war!" donnerte er feine entsetzte Gattin an.„Natürlich ist das Geld falsch." Mein Gost," schrie Frau Warnke erschreckt,„ich kenne sie ja gar nicht!" Aber da war Karl schon im Sturmschritt zur Tür hinaus.' Es hatte geschneit, in großen, weichen Flocken, die auf der Erde in zähem Schmutz zerflossen waren. Wohin konnte sich die Käuferin gewendet haben? Schräg vor dem Laden war das Straßenpflaster aufgerissen. In dem schlammigen Erdreich erkannte Karl Abdrücke eines außerordentlich zierlichen Damenschuhs. der sich immerhin von dem Geschäft her fortbewegt haben konnte. Ohne die Gründe, die ihn dazu veranlatzten. näher zu prüfen, beschloß Karl, die angedeutete Richtung einzuschlozen. Die Straße war auf einer ziemlich langen Strecke von keiner Kreuzung unterbrochen. Falls die betrügerssche Käuferin in eins der nahen Häuser geschlüpft war. bestand wenigstens im Augenblick keinerlei Hoffnung, fle zu erwischen. Doch vielleicht war sie in die
erste Querstraße eingebogen? Kail roste vorwärts, unbekümmert darum, daß er Menschen anrannte und Schimpfwort« hinter ihm herflogen. An der Ecke sah er sich um. In ziemlicher Entfernung erblickte er schwarzes Haar, ohne daß die Besitzerin zu unterscheiden gewesen wäre. Nichr sehr hoffnungsvoll hielt er darauf zu.! Aber das Glück war ihm günstig gewesen. Er verlangsamte seinen Schritt» um„sie" nicht aufmerksam werden zu lassen. Erst als er ganz dicht hinter ihr stand, legte er ihr die Hand auf die Schulter mit jener Geste, die Kriminalbeamte im Film in solchen Fällen haben. Jhalt," sagte er schwer und wuchtig. Das Mädchen drehte sich um. Ein blitzschnelles Erkennen schien über ihr Gesicht zu huschen, als sie Karl vor sich sah. Bewies es Schuldgefühl oder war es nur ein Zusammenzucken vor der unerwarteten Berührung? „Sie dachten wohl, Sie könnten uns ein falsches Fünfmarkstück andrehen?" fragte Karl höhnisch. Langsam überflutete eine dunkle Röte das Gesicht der Schönen.„Was," stammelte sie,„was denn, ich.. ich habe doch gar nicht.. „Sie haben," fuhr Karl unerbittlich fort,„mit diesem falschen Fünsmarkstück bezahlt." „Ja." sagte sie leise und blickte Karl dabei so hoffnungsvoll an, als könne der durch seinen bloßen Willen falsches Geld in echtes verwandein,„ja, und das ist wirklich falsch?" Als st« den unerschütterlichen Ernst in seiner Miene sah— der Zorn war jetzt daraus verschwunden— begann sie bitterlich zu weinen.„Ich muß das irgendwo herausbekommen haben." jammerte sie, ,jti ist mein letztes Gekdk"(Schluß folgt.) I
Bewegliche Leitern, eine Erfindung der Römer. Ucberoll wo einst die Macht Roms geherrscht hat, findet man heute die Zeugen der hochentwickelten römischen Zstiltnr. Unter diesen ver- dienen die Erzeugnisse der keramischen Industrie, die besonders am Rhein (Mainz , Ne»ß, Xanten ) in hoher Blüte stand, insofern unser Interesse, als die auf den Tonwaren eingepreßten Schrijtzüg« mit beweglichen Lettern hergestellt sind. Die Fabrikate der römischen Töpfrrkunst, wie Krüge, Töpfe, Schüsseln, Lampen und dergl., zeichnen sich durch eine außergewöhnliche Sorgfalt der Bearbeitung und große Schönheit in Form und Farbe aus. Bor allem die aus dem kostbaren schwarzen Ton(terra nigra) und der roten Siegel- erde(terra Hgillata) verfertigten Gegenstände erregen noch heute durch ihre gleichmäßig schöne Farbe und ihre scharf ausgeprägten Reliefdarstellungen unsere Bewunderung. Biel « dieser kleinen Kunstwerk« tragen sogar eine„Fabrikmarke", entweder den Stcm- pel des Fabrikbesitzers allein oder in Berbindung mit dem Namen des Arbeiters. Bei den von derselben Hand verfertigten Fabrikaten fällt es nun auf, daß die Fabrikstempel kleine Abweichungen zei- gen: hier stehen einzelne Buchstaben aus dem Kopf, dort fehlt ein Buchstab«, mitunter hat sich ein falscher Buchstabe eingeschlichen oder es. fehlt auf einer Serie von Waren etwa dem Buchstaben A immer der Querstrich. Dies läßt nur die eine Erklärung zu. daß die Römer bereits bewegliche Lettern für ihre Ziegelstempcl de- nutzt haben. Daß sie bei ihrem praktischen Sinn und ihrer tech- nischen Begabung nicht den nächstliegenden Schritt taten und die beweglichen Lettern nicht auch zum Druck von Büchern verwen- beten, mag seinen Grund dann haben, daß die Vervielfältigung von Schriftstücken durch Sklovenhand den Bedürfnissen jener Zeit voll und ganz genügte.